Hallo,
ich bin selber zum Glück nicht spielsüchtig, wende mich aber an dieses Forum, weil ich verzweifelt bin und hoffe, dass mir jemand hier einen Rat geben kann. Mein Freund ist Spieler, gibt es manchmal selber zu, streitet es aber genauso häufig auch ab. Zusammen sind wir nun seit sieben Jahren - und genauso lange ist das Thema Spielsucht ein fast täglicher Begleiter für mich geworden.
Angefangen hat es bei ihm sehr früh, er ist immer mit Freunden zusammen in Spielotheken gegangen. Wir sind dann nach einer recht kurzen Zeit zusammengezogen. Zu Anfang war mir das Ausmaß natürlich nicht bewusst, ich dachte er macht das wirklich nur ab und zu. Eines Tages haben wir dann auf seinem Tablet und seinem Handy die Handy-Suchfunktion eingerichtet, für den Fall, dass sein Handy mal geklaut wird. Einige Tage später wollte er dann zur Uni fahren und ich dachte mir ich schau mal, wie diese App funktioniert. Ich habe mir absolut nichts Böses in dem Moment dabei gedacht. Ja, nun war er natürlich nicht auf dem Weg zur Uni, sondern saß in der Spiele nebenan. Ich war sehr wütend und bin selber hin. Ihm war es natürlich sehr unangenehm, aber Konsequenzen hatte es letztendlich natürlich keine für ihn.
Das ist der Beginn. Über die Jahre wurde es immer mal wieder schlimmer, dann wieder besser. Mal musste ich die gesamte Miete übernehmen, weil das Geld dafür verzockt hat, mal schien er alles gut im Griff zu haben. Es gab immer sehr viel Streit wegen der Spielerei. In mir ist ein Kontrollwahn gewachsen. Ich habe ihn sehr oft hinterher spioniert, konnte ihn nicht ruhigen Gewissens aus dem Haus gehen lassen. In mir ist die ständige Angst, dass er wieder dem Reiz der Automaten verfällt. Manchmal reden wir ganz offen über dieses Problem, besonders dann, wenn er es länger geschafft hat, nicht reinzugehen. Ich versuche immer Verständnis für ihn zu zeigen, versuche nachzuvollziehen, was ihn am Spielen reizt, um ihm zu helfen zu widerstehen.
Leider gab es sehr, sehr oft diese Momente, in denen er mich angelogen hat, vorgegeben hat etwas erledigen zu müssen. Durch meinen Kontrollwahn habe ich immer wieder Wege gefunden sein Handy zu orten, seine Bankkonten auf die typischen Geldabhebungen zu überprüfen oder Stichproben in den mir bekannten Lieblingsspielotheken zu machen. Viel zu oft habe ich mit meinem unguten Gefühl recht behalten.
Um ihm zu zeigen, dass dieses Thema eben nicht "seine Sache" ist, wie er ja immer meint, sondern eben auch mein Leben stark beeinflusst, habe ich alles versucht. Ich war wütend, dann war ich traurig, ich habe geheult, ich habe ihn ausgelacht, dass er so schwach ist, ich habe alles versucht. Und ganz oft habe ich ihm versucht zu erklären, was es in mir auslöst, wenn ich nicht weiß wo er steckt. Alles in mir ist dann unruhig, ich denke durchgehend daran, dass er vielleicht Spielen gegangen ist. Das macht mich vollkommen fertig und zermürbt mich. Mittlerweile hat er alle Möglichkeiten eingeschränkt, dass ich herausfinden kann, wo er gerade ist. Ich kann das absolut nachvollziehen. Meine Spionagearbeit dahingehend hat oftmals den Bogen weit überspannt. Aber ich wusste mir nicht anders zu helfen. Schlimmer als die Gewissheit, dass er Spielen ist, war immer noch die Unwissenheit und das Gefühl vielleicht belogen zu werden.
Und ja, es ist jetzt mal wieder soweit. Er ist unterwegs, nicht erreichbar, hat sein Handy vermutlich abgeschaltet, damit ich ihn nicht anrufen kann. Vor zwei Tagen hatte ich bereits schonmal den Verdacht, er könnte Spielen sein. Er hat zwar alles abgestritten, aber mein Bauchgefühl hat mich in mindestens drei von vier Fällen nicht getäuscht. Ich weiß nur nicht, wie ich mich ihm gegenüber jetzt verhalten soll. Ich will ihn nicht zu unrecht angehen aber ich kann doch auch nicht so tun, als ob alles normal wäre.
Vielleicht hat ja jemand einen Rat, wie ich an ihn herankomme. Ich liebe diesen Mann, möchte eine gemeinsame Zukunft mit ihm aufbauen. Aber nicht mit einer Spielsucht, die mir jeden Tag im Nacken sitzt und mir Beklemmungen und Magengeschwüre bereitet.