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Lebensbaum

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Offline andreasg

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Lebensbaum
« am: 19 März 2015, 12:29:41 »
Heute Vormittag habe ich endlich mein Fahrrad in Angriff genommen, d.h. das instabile Hinterrad rausgeschraubt und gesäubert. Die Tücke der "8" ist ja mehr dem Alurahmen - als meinem Übergewicht geschuldet?. Nun denn, das Rad ist schon 28 Jahre alt. ich erst 62. Zuvor hab ich nochj meinen Bart getrimmt, nun schaue ich jung und frisch auf eine neue Saison. Dem Physiotherapeuten teile ich gerne bei der Lyph- Drainage meine sportlichen Aktivitäten mit. Das war Gestern. Also: Fahrrad die Kellertreppe runter bringen, schrauben, putzen. Heute Morgen war mir nach Aktivität zu mute.
Jeden Tag, den ich keinen Arzt und Behandlungstermin habe entbehrt mein Lebensgefühl.
Gestern habe ich an unseren alten Werkstattmeister in der Spedition gedacht: als seine Pensionierung anstand, fing er das Trinken an. Erst als wir für Fernfahrten auf langen Strecken einen Beifahrer brauchten und der Chef ihm diesn Job anbot, kam er wieder auf die Spur und wurde und blieb trocken. Meine Hände sind noch mit Schmier belegt, die Hände brennen von der Kernseife her.
Ich freue mich wenn ich draußen bin und Binnenschiffe und Frühlingsblumen fotographiere. Daheim speichere ich diese Bilder ab, nach der Überarbeitung. An grauen Tagen überarbeite ich diese wiederholt. Ich lebe mein Leben am liebsten in Bildern. Vielleicht schreibe ich auch so, bildhaft. Meine Aufsätze brachten mir in der Schule so manchen Einser ein, immer meine Phantasien. Die Realität ist schmerzhaft. Ich wünsche mir, dfaß jemand kommt und macht meine Wohnung von Grund auf sauber. Der Wunsch dahinter, Zärtlichkeit zu tauschen, schwindet in diffusen Bildern. Also putze ich hier ein wenig, dort ein wenig. Meine Geranien stehen wieder auf dem Balkon, das alte Laub ist entfernt, neue Triebe kamen in der Besenkammer zutage. Vielleicht begreife ich auch, daß ich neue Lebensweisen entwickeln daft. Nur für Heute brauche ich mich nicht mehr ungeliebt, nur für Heute brauche ich mich micht mehr abgelehnt, abgesondert fühlen. Ich habe die Wahl, mich Heute auf den Weg zu machen, zum Fahrradgeschäft, in mein Stammmeeting, wohin ich will. Ich brauche nichts dafür zu tun.
Ich freue mich über diesen Tag, frei vom selbstzerstörerischen Glücksspiel.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline andreasg

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Re: Lebensbaum
« Antwort #1 am: 20 März 2015, 09:28:47 »
Eben auf dem Balkon habe ich meine Schuhe geputzt. Ein Paar ist glänzend frisch, nur die Hacken sind etwas schief. Das zweite Paar ist richtig durchgelaufen und das Leder löst sich auf. Es noch einmal zum Schuster zu bringen ist illosorisch. Ich bruche Schuhgröße 48 extra breit, eben für Orthopädische Einlagen und medizinische Stützstrümpe. Da sind locker 150 € fällig. Gut, ich hab' keine Spilschulden mehr, aber eine kleine Erwerbsminderungsrente und Sozialgeld zum Wohngeld. Ich kann nur hoffen, daß der milde Winter die Stadtwerke milde stimmt. 'Aber Geld ist immer sofort entschwunden, weil ich nur noch Lücken schließen kann. Es fühlt sich dennoch anders an, als wenn ich Spielschulden begleichen müßte. Es geht eben um die Position "einen nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen" die der Sozialverband einmal sehr bildlich einbrachte. Ich brauche vor meiner Wirklichkeit nicht davonrennen, nur einfach annehmen. Meine Füße und mein Körper sind immer auf der Flucht gewesen. Heute kann ich innehalten und einfach einmal stehenbleiben und die Sekunde, Minute und sogar Stunde genießen. Einen Tag lang das Gefühl zu haben, ich bin ein fester Bestandteil in unserer Gesellschaft, das ist immer noch ein zu hoher Anspruch an mich. 'Aber, ich kann es weiter und weiter üben. Gleich gehe ich 'raus, meiner Ex - Karetoffeln bringen, Tabletten für Blutdruck beim Hausarzt holen und zur Drogenberatungsstelle. Droge Spielsucht, wie ich sie verstehe. Aber gleich ist auch die partielle Sonnenfinsternis - über den Häuserfluchten. Die Neugierde ist duchaus ein postiver Aspekt meiner Wege.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline andreasg

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Re: Lebensbaum
« Antwort #2 am: 24 März 2015, 22:50:35 »
Bäume sind tief verwurzelt,  sie sind geerdet. Vielleicht nicht die Birke, die sich als mein Lebensbaum zeigen mag und nach Selma Lagerlöf's „Wunsersamen Reise“ bis hoch an den Polarkreis wächst und gedeiht.
So ist mir immer mehr gelegen, nach meinen Fluchtpunkten zu suchen:

Als ich im Sommer 1969 eine Fahrradtour durch Schleswig-Holsten unternahm, 17 jährig, mahnte sich mein Vater darum, daß ich einen Jugendherbersausweis beantragte, daß ich ein Bett und eine warme Mahlzeit bekam, vom Herbersvater. Die Tour führte mich auch durch Kappeln an der Schlei, dort wo mein Vater den Urlaub mit meinen beiden Schwestern verbrachte. Ich blieb in den Ferien  immer daheim, bei der Mutter. Gestern erzählte meine Schwester von ihrer jünsten Reise durch SH und wie wir Kinder Kappeln erlebten. Wenn ich an die Tour damals denke, die unendlich stille Heide,der besinnliche Aufenthalt vor der Gedenkstätte Bergen Belsen,  die Hügellandschaften, Panzerstraßen, vergessene blütenrankende Dörfer und abends ein paar Wote mit ebensolchen Radlern, dann zweifele ich an meiner Fluchtphantasie. Welches Erbe erhielt ich von meinem Vater, was habe ich aber verprasst? Weder als Kind, noch als Heranwachsender habe ich meinen Vater kennen gelernt. Das Begreifen, dessen, daß eine Fahrradtour mit Begegnungen und Erlebnissen ein Lebensquell ist, der Bäume Früchte tragen lässt, war mir damals fremd. De Resonanz verschwand im Spiegel des kleinen gekränkten Ich's, stetig und stetig, Geldstück um Geldstück, bis alles verspielt war. Wem soll ich sagen: "Vater, ich habe gesündigt im Himmel und auf Erden, ich bin es nicht Wert, dein Sohn zu sein": E ist immer eine stille Runde, die mir erlaubt, diesen Satz zu sagen. Bäume brauchen Wasser zum Leben, ich brauche Tränen um zu Leben. Wenn ich diesen Satz nur still ausdrücke, für mich, dann werde ich weich. Ist es der Altar, sind es die Meetings, oder das Nebelhorn in der Ferne, auf dem ich zurückkehre, zum Vater, zum liebevollen verständigen sorgenden Vater?  Was will ich alles tun, um zurück kehren zu können... Als ich in Uniform in der Heide am Anfang der Panzerstrße auf Übung war, hatten wir unseren Toilettenraum im Schweinestall. Der krasse Gegensatz zur Uniform. Schweine sind gescheite hochsensible und emotionale Wesen. Wer mag es sich erlauben, diese Spezies destruktiv zu brandmarken, nur weil sieAllesfresser sind, alles sich gefallen lassen, sogar sich belachen zu lassen. Ich möchte den Vater nur um Solidarität bitten.
Das Gefühl des miteinander Feierns lässt ein Festtagsgefühl wachsen. Der gute Anzug  passt noch, den ich zu Chorkonzerten trug. Heute singe ich wieder leise Lieder: "Du schöner Lebensbaum... (EG 96) Feiern dürfen auch im kleinen Rahmen stattfinden, wie der Genuß einer warmen Mittagsmahlzeit. Innehalten, Danke sagen und genießen. Ich mag nicht mehr an meine Fast-Food-Zeit denken, und tue es doch. Samstag war ich in einem Kreis von Menschen, die den aufrichtigen Wunsch haben, ihr zwanghaftes Essverhalten zu stoppen. Halt sagen, vor unerfüllter Sehnsucht nach einer stabilen Vaterfigur und Stärke darin gewinnen, nicht als übermächtige adipöse Figur aufzutreten. So stand ich Samstag vor einem großen altehrwürdigen Wasserturm in Braunschweig und blickte hoch über die wolkenverhangene Spitze. Unten ligen die Toten. Das Schild am Friedhofseingang weist auf die Opfer des Nazionalsozialismus hin. Die Tränen kommen wieder.


Es ist ein Ring der Liebe, der Menschen aus einer Zwangslage bringt und in Gelassenheit bei den Händen hält, aber auch ein Weg, der feste Schuhe braucht. Meine sind durchgelaufen und lösen sich allmählich auf. Es fühlt sich an wie die Birke am Nordkap, klein aber zäh. durchgetrewten. Manchmal schäme ich mich noch, weil ich immer noch auf der Suche bin. Ich fürchte den Weg des Neides und der Degradierung immer noch. Daß jemand auf mich neidisch werden könnte? Wie lange bin ich spielfrei.... Nur für Heute will ich keine Angst haben. Das Bekenntnis der Abhängigkeiten braucht einen liebevollen Raum.
Mein Vater war in Kriegsgefangenschaft. Er hat dort Französisch - und Deutschsprachige Schilder und Plakate geschrieben. Vielleicht schon etwas verbindendes, das Frieden schafft, so wie sein Auftrag vom Land Niedersachsen, eine  kleine Ausstellung mit Plakaten, die an die Schrecken des Holocaust erinnern, Anfang der 1960er Jahre in Bergen Belsen zu errichten.
Ich wünsche mir Situationen, in denen ich still sein kann und schweigend meinem Vater danken kann. Es ist wie im Abspann eines schwarz-weiß-Films: als der Abspann des Films: Schindlers Liste liefe, habe ich weder vorher noch später je einen Mann so weinen sehen, wie meinen leiblichen Vater neben mir. Wir haben  uns fest in die  Arme genommen.


« Letzte Änderung: 24 März 2015, 23:31:03 von andreasg »
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline andreasg

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Re: Lebensbaum
« Antwort #3 am: 01 April 2015, 19:13:52 »
Der Sturm ging über den Lebensbaum, Äste brachen im Fallwind stürzender Flugzeuge und der Baum steht immer, noch schwnkend und seine Wurzeln halten die Erde fest. Millionen Bäume bilden unseren Grüngürtel um die Mutter Erde, jeder ist wichtig, jeder trägt seine Krone.
Wenn irgendwo ein alter knorriger Baum seinen Stamm weitet und seine Laubkrone weitet, mag er ein hohes Alter erreicht haben, sein Holz ist aber morsch und muß verheizt werden. Die stürzenden Äste, morsche Äste womöglich lassen frisches Leben in die Krone tragen, der Baum hält dem Sturm stand. Gibt es weiter ein Ziel wachsen zu wollen, als frei zu sein und zu Leben?
Morsches Holz ist abgesoffen oder ist verqualmt, wurde verzockt oder versteckt sich im Moosgewand der Nichtigkeit.
Der Mensch, so er denn keine Gestalt und Hoheit hat, kann nicht gefallen. Er wird der Allerverachteste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. (Jes.52,13-15)
Wenn ich diesen Text in der Liturgie höre, denke ich immer an mein Leben. Den verwurzelten Egoismus. Ich klammere mich daran und komme zum Glauben, daß der Schmerz mich göttlich machen könne. Wenn der Berg meiner Unzulänglichkeiten auf mich stürzt, verleiht es mir Flügel, gespannt aus der Kraft meiner Aggressionen.
Die Spielsucht hat mich gelehrt, daß ich Abstürze pflege: "Hast du schon einmal länger gespiel, als du wolltest"? Nein, nicht einmal, abertausendmal!!! Diese Gabe, sich einen Absturz einmal genau zu betrachten, einmal die Kontrolle über sich, soll ich sagen über mein Handeln und Denken, meine Wutsteuerung verloren zu haben, nur ein einziges mal, hier und jetzt, im Augenblick....
Nur für Heute bin ich frei vom selbstzerstörerischen Glücksspiel. Keine Anführungsstriche, keine Klammersetzung, nur ich selber.
Die Rechthaberei nach einer Kränkung findet so ein sanftes Ende, bevor das Unglück geschieht. Der Sturm reißt die Schuld, die Scham, vielleicht die Angst vor der Angst aus meinem Herzen raus. Es ist eh' schon so groß, von Tabletten getragen, nö, eher von Lebensfreude und Aktivität. Ich bin seit drei Tagen damit beschäftigt, meine Selbsthilfegruppe zu verlassen: Groll und Ressertiments, die sich in den aushöhlenden Stamm fressen. Heute, nachdem mein Fahrrad wieder repariert ist und ich sehnlich den Frühling erwarrte, weil der Schnneregen am Fenster die Abendstimmung belegt, die Knie vom bückeden Hantieren schmerzen, erweckt in mir wieder eine Neugier nach dem, wonach mein Herz hinwill. Heute habe ich im Supermarkt den Rahmspinat vergessen. Gründonnerstag gibt es nun einmal Spinat mit Spiegelei! Donnerstag Abend ist Meeting. Das Leben hat eine Struktur und und wächst in Fantasienen , die Wirklichkeit werden. Selbst, wenn ich Sonntag Morgen, um 5:40 Uhr losradele, bei Schitwetter, um dem nahe zu sein, dem der Jesaja-Text prophezeit wurde.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline andreasg

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Re: Lebensbaum
« Antwort #4 am: 03 April 2015, 15:51:06 »
Die "8" ist dem Fahrrad genommen worden, nun fährt das Rad wieder geradeaus. Nur die Gangschaltung ist nicht abgestimmt. Nur der erste und zweite Gang der 3 - Gangschaltung laufen richtig. Das heißt langsam fahren und mit Bedacht. Der Lebensbaum ist älter geworden. Der Sturm hat sich gelegt und in der Ruhe ächtzen noch schwer die Äste. Das Grün mag noch schwerlich knospen. Aber, mir ist danach wieder eine Strecke zu radeln. Heute, an diesem Vorfrühlingstag im Frühling. Gestern Abend war ich bei einer Tischabendmahlfeier. Eine andere Art den Gottesdienst zu feiern, als gewohnt. Mit Menschen an einem Tisch zu sitzen, zu speisen und zu kommunizieren. Für mich als Essgestörter - ein Affront. Die Pastorin am Eingang bemerkte wohl meine aggressive Zerrissenheit und legte mir einen Platz an einem Tisch mit älteren Damen und einem ebensolchen Herrn nahe. Das Tischgespräch entwickelte sich außerordentlich lebendig. Das mag daran gelegen haben, daß viele am Tisch sich mit Theologie beschäftigt haben. Mir mag es gut stehen, in so manchem Gottesdienst zugehört zu haben. Es hat mich doch sehr bereichert. Der Fußweg zum Meetingsraum beträgt von der Kirche aus 2 Minuten. Es war nun ein eher ruhiges Meeting. Es ist schwer still zu sein, es auszuhalten, wenn Ruhe einkehrt. Jetzt hier beim Schreiben ist es ruhig, bis auf das Klappern der Tastatur. Es ist in der Denk - und Konzentration, als höre ich jeden Herzschlag wieder und wieder. Am Karfreitag vor 21 Jahren habe ich Gott, wie ich ihn verstehe, meine Spielsucht übergeben. Wie verstehe ich Gott? Haben wir nicht Gestern über den Monolithischen Glauben und die Trinität diskutiert? Ich glaube - ich habe mich in dieser Geste .... es ist so schwwer auszudrücken, in Worte zu fassen und nieder zu schreiben. Mir ist bewußt, daß es nicht reicht, das Spielen als Suchtmittel einfach abzulegen. So, wie ich die Geldspielautomaten angefleht habe, nein! Es gibt viele wunderschöne Ecken und Winkel, in denen ich meine Mitte finden kann. Wenn ich zu meinem Psychotherapeuten gehe, befindet sich an der Straßenecke ein Geschäft für Fingernagelpflege. Zwei junge Frauen aus Asien betreiben dieses. Gleich hinter dem Ladeneingang haben si eine Gebetsniesche, vor der eine manchmal kiet und eine Kerze anzündet. Es rührt mich zu Tränen und ich werde weich in meinen Gesichtszügen. Gerade vorhin habe ich auf YT ein eooterisches? meditatives Video über den Lebensbaum gesehen. Wahrscheinlich sind es latent versteckte Ecken, in denen ich mich aufhalten kann, um nicht im Mittelpunkt stehen zu müssen. Wer mag verstehen, wenn ich am Abendmahltisch mein sündiges Leben bekenne? Ich brauche die Solidaritätsgescheinschaft mit Spielsüchtigen Menschen in der Genesung, weil ich leben will. Der gefühlte Tod in der Spelunke und der Spielstätte ist kein reales Ende.
Meine Ex - ex wollte vorbeikommen um 15:00 Uhr, zu Seiner Todesstunde, nun sitze ich hier und schreibe. Höre mir gleich auf YT die Bassarie: "mache dich mein Herze rein" an und radele dem Frühling entgegen.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline andreasg

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Re: Lebensbaum
« Antwort #5 am: 05 April 2015, 08:07:19 »
Gestern kam nach Sturm und Wetter wieder der Wunsch in mir hoch, die Fenster zu putzen. Ein kleiner Junge spielte mit seinem Flugzeug vor dem Haus und probte, ob die Osterglocken die Last seines Fliegers tragen können. Der Frühling strebt kräftig empor und nach den Fenstern waren noch der Wäscheberg, der Fußboden, das Bad und der Balkon an der Reihe.
Als ich dann nachmittags meinen Spaziergang startete, zogen dunkle Wolken am Himmel auf. Einen Becher heißen Kaffee in der Hand und eine Leckerei in der anderen saß ich auf einer Bank am Mittellandkanal undbetrachtete Tauben, Möwen, Enten, die ihren Frühlingsgefühlen Ausdruck gaben. So zog ich mit gewärmten Bauch und der Kamera in der Hand meinen einsamen Weg. Doch bemerke ich immer wieder den kleinen oft stummen Gruß der Begenungen entgegenkommender Spaziergänger. Wenn ich mich auf den Weg mache, bin ich nie alleine.
Die schmerzenden Knochen schickten mich früh ins frisch bezogene Bett. Um 3:30 Uhr, nach dem Toilettengang und einen kurzen Blick auf dem Balkon in die Mondnacht nahm mein Grübelzwang im Bett wieder Fahrt auf. Das hin und her, wie ich Gedanken und Gefühle ordnen könnte beendete um 4:28 Uhr der Wecker, die heiße Dusche half der Lebendigkeit des Gestes wieder auf. So schloß ich um 5:12 Uhr mein Fahrrad auf und eine Amsel sang ihr Lied von der Kstanie vorm Haus aus. Ich habe jüngst das Lied von Bert Brecht "die Karsamstagslegende" gehört und gelesen. Brecht beschreibt eine Drossel, die vom Baum frühmorgens singt. Wie leicht mir das Fahrradfahren wieder ins Pedal geht, wurde mir auch bewußt, als ich 5 Minuten eher in der Kirche - im anderen Stadtteil war. Ich liebe diesen Morgen, ich glaube, er ist mein Motor. Was habe ich für Ziele in meinem Leben? Ein besserer Mensch zu werden, Jahr auf Jahr der Spielfreiheit anzuhäufen und dann andere zu beleeren? Meine Spieler SHG hat mir das grundlich ausgetrieben. Meine Passion. Am Ende des Grübelns wird mir ein Lied gesungen, von einem Lebensbaum zu. Ich bin gerührt. Das Fremdsein, die Selbstabwertung schwinden. Natürlich habe ich auch mein Lied gesungen, so wie ich singe. Wohl darstellerisch, wie sich das für mich Spieler gebührt. Da stehe ich wie ein Baum und singe, daß das Herze schwillt, das kleine verzagte bekümmerte. Als ich den Pastoren Dank sagte und wir uns die Hände reichten, gda bin ich mir sicher kam ein Lächeln der Ehrlichkeit auf. Noch ist der Frühstückstisch micht gedeckt, noch trägt der Lebensbaum nicht sein Blätterkleid und Blüten, aber die Sonne scheint nun frank und frei durch blanke Fenster und kann gleich den Monitor des Rechners blenden. Aber, das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hat's nicht ergriffen.
Frohe Ostern
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

 

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