Unterstützen Sie unsere Arbeit Jetzt spenden!
Hallo Gast
Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
» Mittwochsgruppe    |    » Samstagsgruppe
     

Bin ich am Ende des Ziels ?

  • 3 Antworten
  • 5742 Aufrufe
Bin ich am Ende des Ziels ?
« am: 31 März 2016, 19:45:22 »
Hallo Leute

heute habe ich dazu gerungen mich hier mal anzumelden.

Viele sagen sich bestimmt gerade : Ja das ist schon mal ein Anfang und der wichtige und richtige erste Schritt

Zu meiner Person und Vorgeschichte
Ist viel aber ich versuche mich kurz zu fassen


Ich bin 36 Jahre alt und lebe alleine
Nach 5 Jahren Beziehung von meiner Freundin getrennt
Von meiner Ex-Frau habe ich mich 2009 getrennt sind seit 2012 geschieden (ging von mir aus)
Habe 4 unterhaltspflichtige Kinder
Den Unterhaltsforderungen komme ich seit der Festsetzung der Höhe des Unterhalts nach und zahle diesen auch regelmäßig.

Ich spiele seitdem ich ca 15 Jahre alt bin.
Viele denken sich "wie soll das gehen"
mit 15 Jahren in einer Spielhalle ?
Es hat leider geklappt.
Lag daran das ich mit 15 schon recht groß war und älter aussah.

Wieso ich mit dem spielen angefangen habe kann ich gar nicht so recht sagen.
Vielleicht lag es daran das mir keine Beachtung geschenkt wurde seitens meiner Eltern oder meiner weiteren 6 Geschwister.   (waren mal 7 )

War nicht immer einfach und habe sehr oft Mist gemacht
Sachen wie z.B fahren ohne Führerschein, die Schule geschwänzt, geklaut und mehrmals von Zuhause abgehauen.

Heute frage ich mich nach dem "WIESO"


Kann ich mir selber nicht erklären.

Vielleicht um einfach nur Aufmerksamkeit zu bekommen die ich Zuhause nicht bekommen habe.

Ganz vorbei war es als meine "sogenannte Mutter" mir eines Tages, als mich die Polizei nach Hause gebracht hatte weil ich mal wieder abgehauen bin , gesagt hatte das ich anstelle meines verstorbenen Bruders gestorben wäre !
Ich habe Sie für wenige Sekunden schweigend angeschaut und Ihr brüllend geantwortet : Ja das wünschte ich mir auch ! und habe erneut das Weite gesucht.

Mein Bruder war 1 Jahr älter als ich und verstarb kurz vor seinem 12. Geburtstag.
Habe nicht mehr viele Erinnerungen an Ihn aber die die noch da sind sind gute.

Ich fahre bis heute noch jedes Jahr zum Friedhof ganz egal wo ich gewohnt hatte.
Aktuell ist eine Entfernung von ca 140 km ( eine Strecke)
Habe auch schon weiter weg gewohnt sodass ich eine Strecke von 380 km gefahren bin.
Keiner weiß bis heute das ich jedes Jahr dort war.

Auch nicht meine „Eltern“
Die wohnen gegenüber des Friedhofs auf der anderen Straßenseite.
Wenn ich da war dann nur abends in der Dämmerung der Nacht

Ich habe keinen Kontakt zu meiner Familie

War auf keiner Hochzeit von Familie oder Verwandten
Auf keiner Trauerfeier und auf keinem Geburtstag

Habe echt eine große Familie und eine noch größere Verwandtschaft mit denen ich zu keinem Kontakt habe.

In jungen Jahren bin ich wie bereits erwähnt von Zuhause ausgerissen.
Ich wollte einfach nur weg.
Ich habe mit 12 Jahren Nächtelang auf der Straße geschlafen.
Es war mir egal wie kalt es war oder wie groß der hunger gewesen ist.
Alles war mir lieber als zurück nach Hause.

Denn da hat der „Alte“ gewartet der auch gerne mal ausgeteilt hat und das ist nicht auf Worte bezogen

Naja irgendwann bin ich 18 geworden und hatte bis dahin vorher 1 Jahr lang bei meiner Oma gelebt.
Alles war super
Ich ging regelmäßig  zur Schule und hatte auch echt super Noten
Hatte einen Aushilfsjob in einem Supermarkt und habe mein erstes Geld verdient.

Das Leben schien perfekt
Naja…………..
Zumindest bis an dem Tag als ich mit meinen Großeltern bei meinen Eltern zu Besuch waren.
Mein Vater wollte uns zurück zu meinen Großeltern fahren.
Als ich ins Auto stieg fragte mich mein Opa ob ich denn nicht hier bei meinen Eltern bleiben möchte.
Ich habe kurz überlegt und gedacht ich gebe denen noch eine Chance.
Also bin ich geblieben und das war mein größter Fehler.
War noch nicht mit der Schule fertig.
Nun hatte ich das Problem das meine Eltern und Großeltern in verschiedenen Bundesländern wohnen und das zweite Halbjahr bei meinen Eltern bereits begonnen hatte.
Somit konnte ich mich nicht in der neuen Schule anmelden.
Also kurz überlegt und zu dem Entschluss gekommen auf eine Abendschule zu gehen und dort meinen Abschluss zu machen.
Meine Eltern waren selbstständig und ich musste natürlich auch in den Läden mitarbeiten und das auch schon in jungen Jahren.

Also Tagsüber im Laden gearbeitet und abends dann zur Schule.
Zuhause lief alles drunter und drüber
Ich konnte nicht mehr.

An meinem 18. Geburtstag habe ich meine Sporttasche geschnappt und ein paar Sachen eingepackt und ich war weg.

Hab mich richtig „frei“ gefühlt.
Zwar kein Geld und keine Wohnung aber weg und frei
Hab mir gedacht das das alles schon gut gehen wird
Ich brauchte mir keine Gedanken machen von der Polizei aufgeschnappt und nach Hause gebracht zu werden denn ich war ja volljährig.

Was mich jedoch stets begleitet hatte waren Gedanken
Gedanken an das spielen.
Ich habe in jedem finanziell möglichen Moment gespielt.
Egal wo ich war.
Immer nur in Spielhallen

Während des Spielens waren  Gedanken und „Sorgen“ weg.
Viele wissen mit Sicherheit was damit gemeint ist.

Ich habe „abgeschaltet“
Keiner da der mir blöd gekommen ist
Keine Vorwürfe
Keine Schuldzuweisungen
Keiner der mir ein schlechtes Gewissen machen konnte

Keiner wusste davon
Niemand
Nicht meine Geschwister, Freunde , Ex-Freundinnen,Ex-Frau
Wirklich niemand.






Heute sieht es so aus das ich es geschafft habe ca 7 Monate nicht mehr zu spielen…………………….zumindest bis letzten Samstag 
Habe echt lange durchgehalten und war stolz auf mich
Keine Ahnung  was mich dazu getrieben hat wieder anzufangen und dann noch direkt 800 Euro reinzuschmeissen

Vielleicht lag es daran das ich echt von jetzt bis gleich sofort aufgehört habe.
Die Augen geöffnet habe ich glaube ich mir selbst.
Ich hab ein Sparschwein von etwas über 15.000 Euro gehabt.
Ich bin nebenbei selbstständig und hab auch eine Festeinstellung bei Deutschlands größten Telekommunikationsanbieter ( möchte hier keine Werbung machen )
Somit flossen natürlich täglich Gelder in die Kasse und der Lohn von meinem Arbeitgeber war ja auch noch da.
Also immer flüssig gewesen um spielen zu können ohne einen Überblick zu haben.

Erschrocken habe ich mich als mein Lieferant bezahlt werden musste.
Habe eine Rechnung über 3200 Euro bekommen.
Ich wusste das die bezahlt werden muss und ich hatte ja noch mein erspartes als Notgroschen.
Ich hab das ersparte zuhause gehabt und nicht auf der Bank.
Also jederzeit greifbar gewesen.
Für die Rechnung meines Lieferantes hatte ich nur noch 1500 Euro !!
Zum Glück kam am nächsten Tag mein Gehalt sodass ich die Rechnung bezahlen konnte.

Ich habe Gott sei dank keine Schulden
Werder bei Firmen noch bei Banken
Habe immer alle Rechnungen und Unterhalt per Dauerauftrag bezahlt.

Nun habe ich wie bereits erwähnt letzten Samstag wieder gespielt.
Es ist bei Samstag geblieben und bis heute es nicht mehr getan.
Habe auch weiterhin auch vor die Finger davon zu lassen.

Heute bei der Suchtberatung angerufen und warte auf einen Termin für ein Einzelgespräch.

Das hatte ich vor ca einem Jahr bereits aber da war ein nach dem Gespräch ein Gefühl in mir zu etwas wichtigem in meinem Leben „lebewohl“ zu sagen
Und das wollte ich nicht.
Ich habe in den Monaten wo ich nicht gespielt habe selber mal auf die Probe gestellt.
Ich bin in eine Spielhalle gegangen.
20 Euro gewechselt und in einen Automaten reingeworfen.
Das Geld komplett rüberbuchen lassen OHNE die Walzen drehen zu lassen.
Als die 20 Euro gebucht wurden habe die kompletten 20 Euro wieder rausgedrückt ohne auch nur 1 mal die Walzen zu starten.
Ich bin raus gegangen und war „stolz wie Oskar“ auf mich
Die 20 Euro kleingeld habe ich nicht wieder in einen Schein gewechselt sondern habe das Kleingeld in eine Spardose mit Zählwerk geworfen.
Habe seit der Zeit wo ich nicht Spiele über 960 Euro in der Spardose 
Mein Erspartes von 4000 liegt momentan KOMPLETT bei der Bank
Habe alles eingezahlt was zuhause war bis auf 500 Euro die ich jeden Tag mindestens in der Tasche habe da ich zwischendurch auch Ankäufe tätige und diese in Bar dann zahle.

Seit vergangenem Samstag habe ich diese Maßnahmen ergriffen und bis heute nicht mehr gespielt.
Ist zwar noch nicht mal 1 Woche aber jeder der täglich spielt weiß wie schwer es ist auch nur einen Tag OHNE SPIELEN zu verbringen.

Ich weiß das ich ein Problem habe
Auch wenn ich nicht spiele oder versuche durchzuhalen sind die Gedanken ans spielen ein täglicher begleiter.

Diese Gedanken versuche ich durch viel Arbeiten auszublenden.

Was mir bis heute schleierhaft ist seit wann ich mich als spielsüchtig bezeichnen kann bzw wieso ich damit angefangen habe.

Mittlerweile weiß meine Ex Freundin das Spielsüchtig bin
Habe ich Ihr vor ca 2 Monaten aus freien Stücken erzählt
Auf der Arbeit kommt seit ca 2 Monaten eine Psychologin vom BAD vorbei.
Arbeitgeber bzw mein Teamleiter weiß aber nicht weswegen.
Unterliegt der Schweigepflicht und geht dem auch nix an.
Angegeben wurden psychosomatische Belastung im privatleben




Ja Ja man sagt er hatte es nicht leicht in seiner Kindheit bla bla bla
Verdammt nochmal jeder zweite auf dieser Welt hatte es vielleicht nicht leicht in seinem Leben/Kindheit aber hat deswegen jeder mit dem Spielen angefangen oder angefangen Drogen zu konsumieren ?

NEIN !!!

Also was ist bei mir/uns nur schief gelaufen ?

Was hat euch dazu getrieben zu Spielen
Was war bei euch der Auslöser
Was hat euch geholfen davon endgültig wegzukommen
« Letzte Änderung: 01 April 2016, 20:11:30 von aufdemwegzurbesserung »

*

Offline andreasg

  • *****
  • 1.980
Re: Was denkt Ihr war der Auslöser
« Antwort #1 am: 31 März 2016, 23:46:59 »
aufdemwegzurbesserung,

einfach kopieren und in den Tweed übertragen. Manches geht so einfach, die Ursachen gleichen es ab, nur das koplizierte ist, es verstehen zu wollen.
Ich habe gerne Deinen Bericht gelesen, keinen von vielen. Es könnte aus einem Buch stammen. Meine geschichte steht in dem Buch: "Lebenswege Anonymer Spieler" c/o GA ,ich glaube II. Auflage.
Da Eingestehen der Spielsucht und das Erkennen wie erkannt werden ist die Basais für die Genesung von der Besessenheit der Sucht.
Hier im Forum habe ich vor allem viel in der Plauderecke lassen können. Manchmal sind es nur bestimmte Phasen, besondere Ereignisse, aber sie spiegeln mein Leben von früh auf. Das Innere Kind zu verstehen braucht viel Geduld und Sanftmut.
Vielleicht ist es für Dich das konstruktive Medium zu schreiben, dann erfreue ich mich daran.
Auch wenn ich einst ohne Steuerungselemente Dienen Namen schreiben kann.

Schöne 24 Stunden
Andreas
« Letzte Änderung: 31 März 2016, 23:51:52 von andreasg »
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Was denkt Ihr war der Auslöser
« Antwort #2 am: 01 April 2016, 18:57:34 »
Hallo Andreas

Ja du hast recht damit das der Auslöser bei jedem etwas anderes sein kann.
Viele machen "eine Erfahrung" oder "erleben einen schlechtes Gefühl" was der Auslöser gewesen sein könnte.

Viele werden sich aber genau an dieses Gefühl/Erlebnis erinnern und sagen "da hat alles begonnen"

Genau das ist das was ich in meiner Vergangenheit vergebens suche.

Ich weiß nicht seit wann ich mich als "krank" bezeichnen kann geschweige denn kann ich sagen wie es dazu gekommen ist.

Zeige zwar dem Spielen die kalte Schulter seit letzten Samstag aber trotzdem kann ich nicht von mir behaupten das ich wieder "gesund" oder geheilt bin.

Es ist wie bei Alkoholikern.
Viele sagen einmal Alkoholiker immer Alkoholiker.
Sehe ich nicht so.
Wenn jemand seine Sucht besiegt hat habe ich großen Respekt vor dem Menschen !
Aber ab wann kann jemand von einem Sieg gegen die Sucht sprechen ?

Klar jeder Tag an dem man der Versuchung wiedersteht ist ein Sieg.
Mit der Sucht ( egal welcher Art von Sucht) ist es wie im Krieg .
Es gibt unzählige Schlachten die geführt werden und mit jeder gewonnen Schlacht kommt man dem Sieg natürlich näher.

Ich hoffe nur das WIR ALLE unseren inneren KRIEG und jede einzelne Schlacht gewinnen werden.

*

Offline andreasg

  • *****
  • 1.980
Re: Bin ich am Ende des Ziels ?
« Antwort #3 am: 02 April 2016, 17:31:29 »
Hallo,

ich weiß noch ziemlich dunkel, daß meine ersten Groschen in den Automaten des Schnellimbisses gingen... Später einmal, mein Vater war Graphik-Designer und arbeitete auf der Industriemesse und überließ mir als 16 jährigen den Ausstellerausweis, fand sich dort in einer Messehalle ein Refugium an neuwertigen Spielautomaten. Da ich eher wenig Anteil im persönlichen und auch im beruflichen oder an seinem Privatleben hatte, kompensierte ich dieses mit Spielhallenbesuchen, die ich als 16 jähriger schon 1,87 groß und stattlich unkontrolliert genossen habe... Ich gehöre aber zu den Spielern, die eine frühkindliche Störung haben.
Aufhören zu kämpfen!. Das war mein erster unverständlicher Satz, den ich las, als ich den Weg in meine Spieler - SHG gefunden habe. Was habe ich gekämpft um in der Gruppe nicht rausgeschmissen zu werden, weil ich trotz Gruppenbesuchen weiter spielte. Nach einer für mich unerträglichen und doch erwarteten Konfrontation erkannte ich die Zwanghaftigkeit des Spielens durch meine Angststörung. Wenn ich meine Ängste überwinde, meine Niederlage dem Spielen gegenüber einzugestehen, brauche ich nicht mehr spilen und der Kampf findet ein Ende. So mein Rückblick auf meine ersten 10 Monate...
Wie viel Kraft brauchen wir, um unsere Ideale aufrecht zu erhalten, das Leben genießbar zu erleben; wie sehr habe ich gegen mein Leben angekämpft. Nun finde ich Frieden indem ich hier und jetzt an meine Spielfreiheit denke. Das ist doch ein lohnenswerter Weg

Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

 

Wir danken dem AOK Bundesverband für die Finanzierung des technischen Updates dieses Forums