Unterstützen Sie unsere Arbeit Jetzt spenden!
Hallo Gast
Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
» Mittwochsgruppe    |    » Samstagsgruppe
     

Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?

  • 9 Antworten
  • 8224 Aufrufe
Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« am: 12 Januar 2017, 13:41:58 »
Guten Tag zusammen,

ich habe Mitte/Ende September mit Sportwetten angefangen. Es fing damit an, dass ich privat und mit Arbeitskollegen eine Bundesliga-Tipprunde laufen hatte und leider spielen wir das über eine App, wo Werbung für Wettanbieter zu sehen ist. Irgendwann haben mich die Quoten gereizt und selbst meine Freundin meinte, ich soll mal was setzen, vielleicht klappt es ja. Zumal ein Arbeitskollege von ihr kurz davor einen mittleren vierstelligen Betrag gewonnen hatte.

Und dann nahm die Sucht so langsam ihren Lauf ... am Anfang alles ziemlich harmlos, alle paar Tage ein System gespielt, im Normalfall nur 1. und 2. deutsche Bundesliga, auf jeden Fall nur Fußball. Nach einem Monat fast 200 Euro verloren, das der Freundin gebeichtet, und dann erstmal eine Woche pausiert. Sie war natürlich "nicht begeistert", aber es war noch alles ok.

Und dann ging es so langsam los ... andere Sportarten entdeckt, jeden Tag zig Wetten, ständig und überall, immer wieder zurück gefallen ... ihr kennt das ja alle. Ich hatte letzten Endes im letzten Jahr (in ca. 3,5 Monaten) etwas mehr als 1000 Euro verspielt.
"Zwischen den Jahren" habe ich sogar mein Konto für eine Woche sperren lassen, aber allein jetzt schon wieder im Januar ca. 200 Euro verzockt.

Ich bin in der Ausbildung, verdiene also nicht viel. (Ziemlich großzügige) Sponsoren meines Lebensstils sind meine Eltern (leben relativ weit weg von mir). Zur Zeit entstehen meiner Freundin und mir immer mehr Schulden, auch das war ein Anreiz zum Zocken für mich - ich weiß, größter Fehler ...

Nun habe ich einen Punkt erreicht, wo ich dem Druck langsam nicht mehr Stand halten kann. Und gleichzeitg glaube ich, dass es jetzt geraaaaade noch so "rechtzeitig" wäre, aufzuhören. Ich zocke noch nicht mal 4 Monate - jetzt ist es wohl leichter aufzuhören als erst bspw. in 6 Monaten. Zumal ich jetzt auch fast täglich ins Fitnessstudio gehe und ich merke, dass mir das hilft, im Kopf freier zu werden, mich abzulenken. Diese Chance will ich nutzen.

Die Frage ist: Wie stelle ich das an?

Ich will das auf jeden Fall meiner Freundin und meinen Eltern beichten, sie verdienen alle die Wahrheit. Ich habe nur Angst vor deren Reaktion, da sie auf solche Dinge alle erstmal ziemlich heftig reagieren. Dennoch ist es ja auch einfach eine Krankheit, eine Sucht (das kann ich mir immerhin schon eingestehen). Umso mehr benötige ich die Hilfe dieser Leute. Letzten Endes waren Sportwetten ein Ausweg für mich aus Alltagsproblemen, andererseits wollte ich damit versuchen, Geld reinzuholen, das wir gebrauchen können und natürlich hat es auch Spaß gemacht, war aufregend.
Das größte Problem ist für mich wohl, dass wenn ich aufhöre, ich weiß, dass erstmal definitiv kein weiteres Geld reinkommt, was wir benötigen. Allerdings kam ja bis jetzt auch nix rein, es ging nur immer mehr ins Minus. Das ist das wichtigste, was ich mir bewusst machen muss. Denn damit ist das Aufhören ja das einzig logische, was ich nun tun kann. Lieber bei "0" bleiben als bei der Hoffnung, viel Plus zu machen, stark ins Minus zu geraten.
ICH MUSS DEM J E T Z T EIN ENDE SETZEN. Und das mit Hilfe meiner Familie.

Habt ihr noch genauere Tipps für mich, welche Schritte ich unternehmen sollte?
Ich habe an einen Brief an meine Eltern gedacht und auch an meine Freundin, weil dann kann ich alles sammeln, was mir einfällt und die Leute merken dann hoffentlich besser, wie schlecht es mir dabei geht. Der Scheiß macht mich noch depressiv, wenn ich nicht damit aufhöre. Ich will wieder mehr Spaß an anderen Dingen im Leben haben, auch wenn ich neben dem Wetten noch einige andere Unterhaltung habe.
Ich bin ein intelligenter junger Mann, der so viel aus seinem Leben machen kann. Quasi jeder sagt mir das. Und anstatt dass ich einfach meinen Weg so weiter gehe, bin ich leider den Sportwetten verfallen. Aber wenn ich jetzt mit Hilfe meines Umfelds aufhöre, bin ich fest davon überzeugt, schnell wieder in die richtige Spur zu geraten.

Ich freue mich auf eure Nachrichten
Liebe Grüße

*

Offline Olli

  • *****
  • 6.759
Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #1 am: 12 Januar 2017, 16:41:44 »
Hi Jogern!

Herzlich willkommen!

Ich möchte mich mit einer Diagnose gar nicht erst aus dem Fenster lehnen.
Jedoch sagt mir mein Gefühl, dass innerhalb dieser kurzen Zeit sich vielleicht noch nicht eine fundierte pathologische Spielsucht gebildet hat.
Sicherlich jedoch bereits eine "Problematische".

Von daher kann ich Dich nur unterstützen genau jetzt noch die Reißleine zu ziehen, bevor es denn zu spät ist.

Tatsächlich empfinde ich das Outing als ein probates Mittel sich künftig vor sich selbst zu schützen.
Ob dies nun mündlich mit einer Liste vorzutragender Aspekte geschieht, generell nur schriftlich oder einfach "frei Schnauze" bleibt Dir selbst überlassen.

Der größte Schutz sind wohl die Ziele und die Werte für eine Abstinenz, die Du in Dir mit dem Outing verfestigst.
Weiterhin können die Angehörigen mit Dir zusammen ein Geldmanagement machen - befristet, bist Du Dich wieder aufrichtig gefestigt fühlst.
Auch kannst Du mit den Personen offen und ehrlich über Deine Gefühle und Gedanken sprechen und Dir so z.B. den Druck zu wetten nehmen.

Natürlich erhälst Du von Deinen Lieben auch Resonanzen.

Diese können Dich in Deiner Selbstwahrnehmung stärken.

Was so typische Suchtthemen angeht, wirst Du bei den Personen schnell an ihre Grenzen stoßen. Vielleicht sogar erntest Du Mißverständnis und Ablehnung zu einzelnen solcher Punkte.

Das ist aber nicht schlimm, denn es gibt Menschen, die sich mit so etwas auskennen.
Sei es, weil sie ihre Berufung zum Beruf gemacht haben - oder es am eigenen Leibe erlebt haben - zumindest so oder so ähnlich.

Von daher kann ich immer nur den Aussteigern nahe legen: geht in eine Selbsthilfegruppe!

Dort kann jeder das mitnehmen, was er gerade gebrauchen oder vertragen kann.
Den Rest darf man dort liegen lassen.

Jeder ist selbst verantwortlich für seine Genesung. Sei es alleine - zusammen mit der Familie - mit therapeutischer Hilfe oder der der SHG.
Du klingst mir sehr danach Veränderungen zu wollen.
Dann sei bitte auch nicht zu bange, wenn die Veränderungen "Neues" bedingen.

Ich finde die Suchthilfe unwahrscheinlich spannend, weil ich über andere Menschen immer wieder etwas Neues an mir entdecke.
Erstaunlich ist es dabei, dass ich zwar viele Dinge bereits "weiss", ich sie mir aber nie wirklich "bewusst" gemacht habe.

So bietet die Suchthilfe Potential sich selbst besser kennen zu lernen.

Kleiner Hinweis noch: Lasse Deine Freundin auf allen Medien, mit denen Du schädliche Seiten aufrufen könntest, k9webprotection installieren.
Wo keine Möglichkeit ist im Netz zu wetten, entsteht auch weit weniger Suchtdruck solche Seiten aufsuchen zu wollen!

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

*

Offline andreasg

  • *****
  • 1.967
Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #2 am: 12 Januar 2017, 17:07:14 »
Hallo Jogern,

der Anreiz der Sportwettwerbung triggert mich auch, einmal nur auf die Oberfläche einer Site zu schauen. Die Reaktion ist: blos wegklicken, da hilft mir dieses Forum ungemein.
Wenn Du Dich einmal durch die Beiträge der User liest, wird dir vielleicht Reskekt vor diesem Geschehen erwachsen.
Eine Selbsthilfegruppe kann etwas, das Ursprungsfamilie und Lebensgefährtin bei aller Treu nicht so können, das Verstehen untereinander. Ich bin in den Gruppen vielen jungen Menschen begegnet, diedas Glücksspiel abgelegt habe, Familie gegründet und beruflich Karriere gemacht haben.
Das ist für mich immer ein Motor, wachsam und spielfrei zu bleiben.

Viele Grüße und schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #3 am: 12 Januar 2017, 21:40:00 »
Hallo Jogern 

So hat das bei mir auch Angefangen !! Zieh die Reißleine sofort Mache es nicht wie ich. Ich habe in 10Jahren 50.000 verballert !!! Sei ehrlich zu deinen Eltern Sie Helfen dir dann Bestimmt. Sie Sollen dir bloß kein Geld Leihen um die 1000,00 Auszugleichen Nicht das du da mit die 1000,00 Verloren hast wider reinholen willst ! Ich habe auch von meinen Eltern Geld bekommen um mein Dispo Auszugleichen. Was habe ich gemacht habe das Geld auch verballert !

MFG

Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #4 am: 13 Januar 2017, 11:17:58 »
Vielen lieben Dank für eure Antworten :)

Jetzt mal ganz naiv und faul gefragt: Wie/wo finde ich solche Selbsthilfegruppen?

*

freitagessen

Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #5 am: 13 Januar 2017, 11:40:23 »

Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #6 am: 13 Januar 2017, 15:00:44 »
http://www.gluecksspielsucht.de/

hier zum Beispiel  ;)

Super, danke!
Hab tatsächlich direkt was "um die Ecke" gefunden, wo ich noch HEUTE hingehen werde. Ich werde euch dann berichten :)

Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #7 am: 13 Januar 2017, 22:03:13 »
Die Gruppe hat mir sehr gut getan, ich freue mich auf nächste Woche.

Meiner Freundin habe ich es auch gebeichtet, sie hat es mit Fassung genommen.

Nun geht es mir deutlich besser.

Ich danke euch allen für eure Antworten  :)

*

Offline Olli

  • *****
  • 6.759
Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #8 am: 14 Januar 2017, 07:00:02 »
Hi Jogern!

Na, das nenne ich doch mal die Gelegenheit beim Schopfe packen ... :-)

Schön, dass Dir die Gruppe gut getan hat.

Versuche bitte für Dich heraus zu finden, was Dir da so gut gefallen hat und halte daran fest.

So manches Mal ging ich damals aus der Gruppe raus und brauchte ein paar Tage, um das zu verarbeiten, was ich dort gehört hatte.
Obwohl die Schule längst hinter mir lag, hatte ich so wöchentliche Hausaufgaben, die mir nur einer stellte - ich selbst!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Das Ende des Zockens - wie gehe ich es an?
« Antwort #9 am: 21 Januar 2017, 17:41:00 »
Ich will euch nur mal stichpunktartig über den aktuellen Stand informieren:
- alle Leute, die das Thema angeht und die mir dabei helfen können, sind informiert, wissen die Wahrheit
- in der Selbsthilfegruppe gefällt es mir sehr gut, war gestern zum zweiten Mal dort
- meine Eltern helfen mir finanziell aus der schwierigen Situation
- ich bin seit 8 Tagen spielfrei

 

Wir danken dem AOK Bundesverband für die Finanzierung des technischen Updates dieses Forums