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Ich muss die Reissleine ziehen - Kontrollverlust

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Ich muss die Reissleine ziehen - Kontrollverlust
« am: 29 September 2017, 00:03:37 »
Hallo zusammen!

Ich möchte kurz von mir erzählen:

Bin 30 Jahre jung und habe dieses Jahr im Januar, Februar mit dem häufigeren spielen in Spielotheken angefangen.

Vor einigen Jahren habe ich einmal 10 Euro in einen Merkur Automaten geworfen und auf 20 Cent gespielt, diese 10 Euro waren so schnell weg, dass ich dachte, was ist denn das für ein Scheiss!

Also spielte ich Jahrelang nicht mehr bis eben dieses Jahr.
Ich habe einen festen Job und sogar einen Nebenjob und verdiene schon ziemlich gut, weshalb ich eigentlich locker mit meinem Geld auskommen müsste.

Leider hat das spielen in letzter Zeit überhand genommen und ich bin diesen Monat öfters in verschiedenen "Spielhöllen" gewesen.

Das typische Schema: Gehe mal eben nach der Arbeit auf einen Kaffee in die Spielothek und setze mal "nur" 10 Euro ein.

Das Geld weg, man versucht eben noch mal nen 10er oder nen 20er, dann Gewinn... wieder runter gespielt... man Ärgert sich extrem und will ja wieder Geld zurück gewinnen und geht auf die Bank Geld holen... Aus dem Kaffee werden dann 2 Stunden und gefühlt hab ich gar keine Ahnung mehr was ich verspielt habe.

Dann diesen Monat einen Gewinn von über 500 Euronen gehabt, ich war happy, da ich meinen Verlust wieder drin hatte sogar mit Gewinn!

Natürlich habe ich diesen Gewinn in den nächsten Tagen wieder verspielt.

Dann kam ich dummerweise zu den Online Slot Automaten.. also Stargames, Thrills Casino etc...

Ein Kollege erzählte mir er habe dort über 2000 Euro gewonnen und die Chancen sind höher.

Das hat mir total das Genick gebrochen, nun spielte ich einige male daheim, habe das Konto ja superschnell per Sofort-Überweisung aufgeladen und spielte an Online Slots so viel - natürlich hatte ich Gewinne wieder runtergespielt - dass ich sogar Rückbuchungen per Online Banking getätigt habe, damit ich wieder spielen kann, denn ich wollte ja meinen Verlust wieder zurück gewinnen.

Nun musste ich natürlich, mit meinem aktuellen Gehalt  alles doppelt bezahlen, Rückzahlungen von Lastschriften die ich Rückgebucht habe um spielen zu können und auch Raten doppelt hoch bedienen, da ich meinen Verpflichtungen leider auch nicht im August nachkommen konnte.

Leider habe ich online gestern und heute bereits wieder 200 Euro (Ja nicht wirklich viel) verspielt und bin zum Entschluss gekommen endgültig damit aufzuhören!

Fazit: Durch die finanzielle Schlamperei musste ich so viel nachzahlen, dass ich nun nicht mal mehr die Miete bezahlen kann.  :o

Ich weiss dass es so nicht weitergeht und dass ich gerade in eine heftige Spielsucht schlittere.

Könnte jetzt nicht mal zu meinem Bankberater gehen, da dieser sich ja auch fragt was diese ganzen Buchungen auf meinem Konto sind.

Ich schäme mich wirklich zutiefst und bin der Meinung dass "Verantwortungsvolles Spielen" fast nicht möglich ist.

Sehr schnell ist man ständiger Gast in den Spielotheken und man sieht auch irgendwie immer die gleichen Menschen, die wohl das gleiche Problem haben.

Nun werde ich wohl einen Kleinkredit mit Laufzeit von 2 Monaten nehmen müssen, damit ich die Miete bezahlen kann und etwas zum leben habe. Werde 3 Monate brauchen bis ich mich wieder finanziell erholt habe.

Wenn ich nicht jetzt sofort die Reissleine ziehe dann gehe ich kaputt.

Viele Grüsse
Starwalker









« Letzte Änderung: 29 September 2017, 00:05:59 von Starwalker »

*

Offline Olli

  • *****
  • 6.759
Re: Ich muss die Reissleine ziehen - Kontrollverlust
« Antwort #1 am: 29 September 2017, 06:39:47 »
Hi Starwalker!

Herzlich willkommen!

Deine Geschichte habe ich schon hunderte Male gehört oder gelesen.
Jede Spielerkarriere fängt so oder so ähnlich an.

Nun bist Du hier, sodass das Folgende nicht unbedingt eintreffen muss:

Du wirst einen Kleinkredit aufnehmen. Da wäre die Miete, die die Höhe des Kredites bestimmt. Dann hier ein paar Verbindlichkeiten und dort noch ein paar.
Wenn Du aber so nachrechnest, dann könntest Du Dir ja erlauben, noch ein wenig oben drauf zu packen. Vielleicht kommt ja mit höherem Einsatz sogar so viel zusammen, dass Du den Kredit sofort wieder zurückzahlen kannst? (Das ist natürlich Blödsinn! Selbst wenn ein Gewinn käme, würde ein Spieler ihn wieder verspielen.)
Also nimmst Du den Kredit auf und fieberst der Buchung entgegen.
"Nur den Betrag x werde ich verspielen - mehr darf und werde ich nicht verspielen" - wirst Du Dir schwören.
Doch wenn es denn soweit ist, ist Betrag x ganz schnell woanders.
Nun, die Miete ist ja schon abgebucht - das Konto wieder auf 0.
Da wäre also noch Betrag y - der Dispo - den man ja zumindest ein wenig wieder nutzen kann.
...
Das Ende vom Lied ... alles ist wie vorher ... nur hast Du jetzt einen zusätzlichen Kredit an der Backe und weisst nicht, wie Du die nächste Miete bezahlen sollst ...

Wie gesagt ... das muss nicht eintreten. Doch Du erkennst sicherlich die gleichen Muster in dem Szenario, die Du in Deinem Beitrag auch beschrieben hast.

Wenn ich eines gelernt habe, dann dies:
Wenn ich meiner Sucht nachgehe, dann kann ich mir nicht vertrauen!

Doch da sind sicherlich Personen in Deinem Umfeld, denen Du vertrauen kannst.
Offenbare Dich ihnen. Lasse Dir durch sie helfen.
Nicht durch Geldzuwendungen, sondern durch Liebe, Freundschaft und Taten.

So brauchst Du auf allen Medien eine Schutzsoftware - Deine Lieben können Dir dabei helfen.
Du kannst schriftlich um Hausverbote bitten - oder um eine Sperre, abhängig eben vom Bundesland in dem Du wohnst.

Du brauchst jemanden, der Deine Finanzen überwacht, bis hin zu einen Geldmanagement.

Du brauchst Leute zum reden, damit Du der keimenden Spielsucht in Dir etwas entgegen zu setzen hast.
Das geht im privaten Umfeld - das funktioniert auch und vor Allem gerade in einer SHG.

Das ist noch nicht viel an Veränderungen - und doch ist es bereits eine ganze Menge.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Ich muss die Reissleine ziehen - Kontrollverlust
« Antwort #2 am: 29 September 2017, 16:25:51 »
Hi Starwalker!

Herzlich willkommen!

Deine Geschichte habe ich schon hunderte Male gehört oder gelesen.
Jede Spielerkarriere fängt so oder so ähnlich an.

Nun bist Du hier, sodass das Folgende nicht unbedingt eintreffen muss:

Du wirst einen Kleinkredit aufnehmen. Da wäre die Miete, die die Höhe des Kredites bestimmt. Dann hier ein paar Verbindlichkeiten und dort noch ein paar.
Wenn Du aber so nachrechnest, dann könntest Du Dir ja erlauben, noch ein wenig oben drauf zu packen. Vielleicht kommt ja mit höherem Einsatz sogar so viel zusammen, dass Du den Kredit sofort wieder zurückzahlen kannst? (Das ist natürlich Blödsinn! Selbst wenn ein Gewinn käme, würde ein Spieler ihn wieder verspielen.)
Also nimmst Du den Kredit auf und fieberst der Buchung entgegen.
"Nur den Betrag x werde ich verspielen - mehr darf und werde ich nicht verspielen" - wirst Du Dir schwören.
Doch wenn es denn soweit ist, ist Betrag x ganz schnell woanders.
Nun, die Miete ist ja schon abgebucht - das Konto wieder auf 0.
Da wäre also noch Betrag y - der Dispo - den man ja zumindest ein wenig wieder nutzen kann.
...
Das Ende vom Lied ... alles ist wie vorher ... nur hast Du jetzt einen zusätzlichen Kredit an der Backe und weisst nicht, wie Du die nächste Miete bezahlen sollst ...

Wie gesagt ... das muss nicht eintreten. Doch Du erkennst sicherlich die gleichen Muster in dem Szenario, die Du in Deinem Beitrag auch beschrieben hast.

Wenn ich eines gelernt habe, dann dies:
Wenn ich meiner Sucht nachgehe, dann kann ich mir nicht vertrauen!




Danke Olli! Mit diesem Absatz sprichst du mir aus der Seele und so ähnlich habe ich es erst letzten Monat erlebt.

Plötzlich fragt man sich wieso man eigentlich so ein Vollidiot ist und wiedermal mehr verspielt hat als man eigentlich wollte.

Ich hatte bereits schon nicht mehr das Geld zum spielen, nur noch etwas Geld zum Leben... Bis zum Gehalteingang ging es noch 1 1/2 Wochen.

Dachte, ach komm ein Kaffee trinken und kurz mal nen Zehner versuchen...

Zack! Nach 45 Minuten bin ich aus der Spielothek, hatte 100 Euro dabei welches eigentlich zum einkaufen gedacht war und verlor alles in dieser Zeit.

Als ich aus der Spielhölle rauslief, fühlte ich mich dermassen komisch, ja irgendwie sogar fühlte ich mich betrogen - weniger vom Betreiber sonder von mir selber!

Ich musste im Anschluss meinen Disporahmen erhöhen, welchen ich aber mit dem nächsten Geld wieder ausgeglichen habe.

Paradox daran ist, dass ich dann von diesen 300 Euro, kurz nach dem ich sie auf der Bank geholt hatte, wieder sofort 90 Euro verspielt habe.

Der Kleinkredit wurde genehmigt und ich werde nicht mal mehr 2 Euro in so einen Automaten werfen, ich habe mich nicht unter Kontrolle!!
Lieber weiss ich dass ich Geld habe, mich zwar etwas einschränken muss, aber immerhin genug essen zu hause habe.

Wenn jemand damit angibt, wie viel Geld er gewonnen hat, dann beneide ich diese Person nicht mehr, sondern bemitleide diesen Menschen, der "Book of Ra" zu seinem Leben gemacht hat..

Re: Ich muss die Reissleine ziehen - Kontrollverlust
« Antwort #3 am: 29 September 2017, 17:46:50 »
Was mich immer so zum spielen bewegt hat, waren die gelegentlichen Gewinne, welche ich meist nach 10 Minuten spielen gemacht hatte:

Beispiel: 5 Euro rein, 80 Euro raus... 2 Tage später in der gleichen Spielhalle wieder verzockt.

Dann 10 Euro rein, 140 Euro gewonnen innerhalb paar Minuten... leider schnell wieder runtergespielt...

Sieht man sich die kleinen Einsätze an, den Gewinn zum Vergleich und den Zeitaufwand dann muss ja was im Hirn schalten, dass man denkt man bekommt es vielleicht beim nächsten mal wieder.

Beim ersten grösseren Gewinn von über 500 Euro innerhalb 30 Minuten, war ich dann plötzlich fast jeden Tag spielen...

 

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