Glücksspielsucht > Tagebuch
Raus aus der Sucht
chivreg:
Hallo zusammen,
das hier soll mein Tagebuch im Kampf gegen die Sucht sein. Warum ich ein Tagebuch schreiben möchte? Ich glaube, es hilft mir, meine Gedanken und Probleme niederzuschreiben und mir ggf. auch Feedback von anderen Leidensgenossen einzuholen.
Ein paar Eckdaten zu meiner Person:
Ich bin 28 Jahre alt und lebe in Bayern. Ich habe einen festen Beruf (auf Lebenszeit verbeamtet) und somit ein geregeltes Einkommen.
Glücksspielsüchtig bin ich seit mind. 5 Jahren und zwar nach Sportwetten. Dazu gekommen bin ich durch einen Kollegen in der Ausbildung und seitdem hats mich einfach nicht mehr losgelassen.
Geschichte meiner Glücksspielsucht:
Wie bereits geschrieben bin ich seit ca. 5 Jahren glücksspielsüchtig. Vor ziemlich genau 2,5 Jahren offenbarte ich dies meinen Eltern, die natürlich äußerst geschockt darauf reagierten. Meiner Lebensgefährtin, mit der ich immer noch zusammen bin, erzählte ich es damals nicht, aus Angst, sie würde mich verlassen.
Meine Eltern zogen mich damals wirklich aus der Scheiße, sie beglichen alle meine Spielschulden bei Banken und Freunden. Dieses Geld zahle ich ihnen in monatlichen Raten zurück und habe bereits 1/3 geschafft. Ich ging damals auch zur Caritas-Suchtberatungsstelle, jedoch begann ich bereits wieder mit dem Spielen, während ich dort war.
Letzten Mittwoch, aufgrund der finanziellen und psychischen Situation, offenbarte ich meine Spielsucht meiner Lebensgefährtin. Sie reagierte natürlich geschockt und enttäuscht, es gab viele Tränen (beiderseits) und wir wissen beide nicht, ob wir auf lange Sicht unsere Beziehung so fortführen können (sowohl sie, als auch ich). Derzeit leben wir noch zusammen.
Seit dem Mittwoch, den 18.10.17, bin ich glücksspielabstinent.
Meine derzeitige Gedankenwelt:
Ich möchte die Sucht in den Griff bekommen. Das ist mein oberstes Ziel, alles andere muss sich hinten anstellen. Das mag arrogant und egoistisch, vor allem meiner Familie und meiner Freundin gegenüber, klingen, jedoch kann ich mit dieser Sucht für niemanden ein liebenswertes Familienglied oder ein Partner sein. Ich spiele deshalb mit dem Gedanken, einen kompletten radikalten Reset meines Lebens durchzuführen, was bedeutet, dass ich alles hinter mir lassen möchte, was mich an die Glücksspielsucht erinnert. Darunter fiele auch, mir einen neuen Dienstort zu suchen, neue Hobbys zu beginnen und vieles mehr, worüber ich mir aber noch nicht sicher bin.
Meine finanzielle Situation durch das Glücksspiel:
Restschuld bei meinen Eltern: ca. 20.000 Euro, monatliche Rate: 330 Euro
Restschuld bei Banken: ca. 36.000 Euro (inkl. Zinsen), monatliche Rate: ca. 1100 Euro
Mein Ziel ist es, die Schulden bei Banken mittels einer Umschuldung übersichtlicher zu machen und meine monatliche Rate zu verringern, gerne auch mit der Folge, länger abzahlen zu müssen.
Meine ersten Maßnahmen zur Bekämpfung:
* Meine finanzielle Kontrolle über meine beiden Bankkonten habe ich komplett an meine Mutter übergeben. Ich kann also derzeit nicht mehr auf mein Bankkonto zugreifen. Ich habe gelesen, dass das vielleicht zu anfangs ein guter Schritt sein kann, jedoch sollte mir auf lange Frist wieder meine Verantwortung über mein Geld übertragen werden.
* Heute habe ich einen Termin zur Suchtberatung bei der Caritas. Dort möchte ich möglichst schnell auf eine ambulante, ggf. auch stationäre (ist hoffentlich nicht nötig) Therapie hinwirken.
* Einen Termin zur Schuldnerberatung habe ich ebenfalls, ggf. können die mir bei der Umschuldung helfen. Der Termin ist jedoch erst Mitte Dezember und ebenfalls bei der Caritas.
* Ich möchte mir neue Hobbys suchen. Hierzu fällt mir als erstes Sport ein, jedoch bin ich derzeit noch krankgeschrieben.
* Zum Thema Krankschreibung: ich möchte mich, sollte die Suchtberaterin dies für sinnvoll erachten, wieder gesundschreiben lassen, sodass ich wieder arbeiten gehen kann.
* Morgen werde ich zu einem Meeting der Anonymen Spieler gehen. Ich hoffe, dass dort nicht all zu viel dem Glauben an Gott beigemessen wird, da ich leider überhaupt nicht religiös bin. Ich erhoffe mir aber trotzdem, dass mir das hilft.
Vielen Dank fürs Lesen. Gerne würde ich auch Tipps lesen von Leuten, die vielleicht vor ähnlichen Problemen standen und diese gemeistert haben.
andreasg:
Hallo Chivreg,
Herzlich Willkommen im Forum,
mit Aufmerksamkeit habe ich Deine Vorstellung gelesen. Das liest sich alles gut strukturiert, während es die Sucht klre Struktutren ja nicht zulässt.
Der Gedanke, erst einmal eine Auszeit zu nehmen um an Dir zu arbeiten, mag Dir egoistisch vorkommen. Ich habe selber 3 Klinikaufenthalte nur für mich selber in Anspruch genommen, zwei langanhaltende in Klinikaufenthalte im wunderschönen Allgäu.
Was mich an Deiner Finanzplanung freut: Du setzt Deine privaten Gläubiger auf die Pole - Position, es geht hier nicht um lapidares Spielgeld mehr, sondern um Beziehungen, den Wunsch, Dich den Deinen wieder anzunähern.
Die Banken: O.K., die haben auch kein Geld, aber wenn verbeamtet bist, dürften Beratungsgespräche in diesem Haus Dir auch leicht fallen können.
Die Anonymen Spieler (GA), ich habe Deine Bedenken gelesen.
Es geht nur um den Aufrichtigen Wunsch mit dem zwanghaften Spielverhalten aufzuhören und es geht im Ersten Schritt um das Eingeständnis , die Selbsterkenntnis Spielsüchtig zu sein.
Wenn Du in ein Meeting gehst, dann gehe mindestens 5 Mal dorthin, bevor Du Dir ein Urteil bildest.
Erst dann entscheide, ob Du Alternativen siehst, ob Gott oder das Spielen stäker oder besser ist.
Ich will Dir nicht als Besserwisser begegnen, nur aufzeigen, daß es einfache Hilfe gibt. Einen Finanzplan aufzustellen und ihn auch gewissenhaft auszuführen, das sind für mich zweierlei Paar Schuhe. Genau hier kann eine Selbsthilfegruppe eine gute Wegbegleitung sein.
Liebe Gerüße und schöne 24 Stunden
Andreas
chivreg:
Hallo Andreas,
erstmal vielen lieben Dank für deine netten und warmen Worte. Nachdem ich heute mein Erstberatungsgespräch hatte (es ging fast 2,5 Stunden) bin ich weiterhin guter Dinge. Leider sagte mir die Dame da, dass es wohl am besten wäre, eine stationäre Therapie in Angriff zu nehmen, wovon ich natürlich erstmal nicht so begeistert bin. Ich hoffe, dass ich in eine ambulante Therapie kann, um weiterhin mein "normales" Leben fortführen zu können.
Zum Thema "Anonyme Spieler": Ich werde mir auf jeden Fall ein paar Meetings ansehen, bevor ich mich hierüber ein Urteil bilde. Ich hoffe, dass es vorrangig um die Sucht geht und ich hierbei Gleichgesinnte finde, die mich auf meinem Weg begleiten und die zu 100 % wissen, wovon ich rede.
LG
chivreg:
Hallo zusammen,
nochmal ich. Heute Vormittag habe ich mich um die Formulare zur Anerkennung der Beihilfefähigkeit einer Psychotherapie gekümmert. Für alle, die sich im Beamtenwesen nicht auskennen: Das ist der Antrag, mit dem man die Bezahlung dieser Psychotherapie beantragt. Postlaufzeiten sind ungefähr 2 - 10 Werktage..., also muss ich wohl etwas länger darauf warten.
Es tut mir aber gut zu sehen, dass etwas vorwärts geht.
Heute Abend gehts dann zum ersten Treffen der Anonymen Spieler für mich. Auch hier bin ich schon gespannt...
LG
andreasg:
Hallo Chivreg,
schön daß Du Dich gradlinig um Deine Wege kümmerst. Gerade die Wege der Bürokratie sind so oft mit eigenen Hindernissen gepflastert. Davon unbeeindruckt zu sein, und erkennen, daß die Behörden zum Wohl der Bürger arbeiten ist schon wichtig. Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg.
Auch für Heute Abend alles Gute
und
schöne 24 Stunden
Andreas
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln