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Mein Tagebuch Goldfield
harvey:
Hallo Goldfield!
Herzlichen Glückwunsch. Vor allem, dass du nach dem Rückschlag so schnell wieder auf die Beine gekommen bist.
Auch ich habe bei meinen ersten (auch längeren Versuchen) Abstinenzen auf eine Therapie verzichtet. Durch die regelmäßigen Besuche bei der Gruppe habe ich es letztendlich erst geschafft, dauerhaft spielfrei zu bleiben. Deshalb mein Tipp: Geh am Montag zur Sprechstunde, schau es dir an (auch die Gruppe). Du hast nichts zu verlieren, im Gegenteil: Wenn du dich darauf einlässt, kannst du nur gewinnen.
Ich drücke dir die Daumen für deinen weiteren Weg, ich werde mit großer Neugierde mitlesen und mitkommentieren :)
Goldfield:
12 Tage spielfrei
Schönen Dank Harvey. Auf die Beine gekommen? Naja. Im Januar wurde ich mit jedem Tag euphorischer und war mir sicher, das mir mein momentaner Wille genug Kraft gibt, es zu schaffen. Mein Rückfall hat mir diese Illusion genommen. Da ist etwas in mir, das stärker ist als ich und ich stelle mich Tag für Tag neu diesem Kampf. Ich hatte im Kopf begonnen meine neuen Reichtümer zu verplanen und auszugeben- alles Quark. Das mache ich dann, wenn es so weit ist.
Die Beratungsstelle stellt sich leider tot. Montag war ich persönlich da - geschlossen. Ich hab mehrfach angerufen und keinen erreicht. Ich versuche es jetzt mal per Mail.
Vor vielen Jahren war ich mal im Außendienst tätig. Ich kannte jede Spielhölle an der Autobahn oder Raststätten mit Spielautomaten und auf dem Weg nach Hause war natürlich immer Stau. Ein typisches Muster war: Rein in die Raststätte und erst einmal Currywurst, Pommes, Mayo bestellen. Dann mit dem Mahl zu den Spielautomaten. Und da saß ich dann stundenlang. Wenn ich etwas gewann, war es immer eine Herausforderung die 2-Euro-Stücke irgendwo zu wechseln, oft kam ich mit prall gefüllten Anzugtaschen zum Auto zurück und versuchte dann in der folgenden Woche irgendwie unauffällig das Hartgeld auszugeben. Durch drei mal Currywurst-Pommes die Woche wurde ich auch immer dicker. Das änderte sich aber schlagartig, als ich dann ein letztes Mal aus einem „dicken“ Stau nach Hause kam und mir meine Frau eröffnete, künftig ohne mich weiterleben zu wollen. Da hab ich dann 2 Monate lang eigentlich nur geraucht und ratzfatz 15 Kilo verloren...
Ilona:
Hier findest du Adressen von Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen.
LG Ilona
http://www.gluecksspielsucht.de/adr/index.php
Olli:
Hi Goldfield!
--- Zitat ---Im Januar wurde ich mit jedem Tag euphorischer und war mir sicher, das mir mein momentaner Wille genug Kraft gibt, es zu schaffen. Mein Rückfall hat mir diese Illusion genommen. Da ist etwas in mir, das stärker ist als ich und ich stelle mich Tag für Tag neu diesem Kampf. Ich hatte im Kopf begonnen meine neuen Reichtümer zu verplanen und auszugeben- alles Quark. Das mache ich dann, wenn es so weit ist.
--- Ende Zitat ---
Das ist ein wirklich schöner Absatz mit einer ebenso schönen Erkenntnis.
Der Wille ... was ist das eigentlich?
Gelten wir Spieler nicht generell als willensstark?
Wieso funktioniert der "eiserne" Wille dann nicht auch auf dem Genesungsweg?
Der Wille ist (in Kurzform) das Begehren von Wünschen, die auf ein vages Gefühl bis hin zu einer festen Überzeugung verbunden ist, in seinem Wollen frei zu sein.
Ich selbst habe das Spielen aber ja immer mit der Tatsache für mich verknüpft, dass ich durch das Spielen meine Freiheit lebe.
So habe ich meinen Willen zum Spielen genutzt.
Ein Wille ist aber nicht einfach da ... es bedarf zunächst einer Willensfindung und einer Willenserklärung/-entscheidung bevor es an die Umsetzung geht.
Da ich schon mit dem Eintritt in das Teenageralter alle Grundlagen für mein späteres Spielen geschaffen hatte, musste also etwas gewaltiges her, was auf meinem Genesungsweg dem Spielen erfolgreich entgegen stehen konnte.
Bei mir war das ein langer Prozess über Jahre in meiner aktiven Zeit.
Da ich Euch hier zu mir damals mit einem gewaltigen Vorsprung versehen sehe, überfällt es mich immer wieder einmal auch mehr von Euch zu verlangen ... :-)
Nun, es hat mich mehr und mehr geärgert, dass ich lügen musste, um mein Spielen zu verheimlichen.
In meiner Umgebung wurde geheiratet und Kinder erblickten das Licht der Welt, während ich meine Zeit in dunklen Höhlen verbrachte.
Einige schafften sich Eigentum an, während ich auf 11 m² bei meinen Eltern wohnte, was ja auch wieder meine so arg ersehnte Freiheit einschränkte.
Ich wurde beschuldigt meine Eltern bestohlen zu haben, obwohl ich es gar nicht war.
Viele Staubkörnchen sammelten sich so zu kleinen und größeren Gesteinsklumpen, bis die Abstinenzgravitation :-) wirksam wurde und sich ein Planetisimal bildete.
Von nun an saugte ich die kleineren Gesteinsklumpen der SHG und der SHFs auf und ich gewinne auch heute noch an Masse dazu.
Ob ich ohne die SHG damals spielfrei geblieben wäre ... ich weiss es nicht.
Ich habe aber wie gesagt viel für mich daraus heraus nehmen können, um meine Willensentscheidung zu festigen.
Von daher kann ich nur jedem raten, sich darüber bewusst zu werden, wieso man eigentlich spielfrei werden möchte.
Es einfach zu sagen und damit nur die negativen finanziellen Aspekte ausblenden zu wollen, reicht da m.E. absolut nicht aus.
Sobald ein Schuldendruck weg ist, wäre damit ja auch der Abstinenzgrund weg.
Also gilt es sich zu fragen, welche Werte ich leben möchte und wie ich sie ggf. erreichen kann (z.B. nicht Lügen -> gelebte Aufrichtigkeit)
Welche Ziele kann ich für mich definieren - in kleinen Dosen - und wie kann ich sie erreichen. (z.B: Einholen von Informationen -> SHG)
Hier steht bisher nirgendwo etwas von Kampf, womit ich zu Deinem Zitat zurück komme.
Er wird auch weiterhin gar nicht benötigt.
Wenn das Suchtteufelchen uns packt, dann gibt es allgemeine und persönliche Strategien, wie ich ihm begegnen kann ohne zu kämpfen. (z.B. Abstinenzkarte im Portemonnaie, ein Abstinenzkalender, eine Telefonliste, der Link zum Forum in den Favoriten ... das Wechseln der Staßenseite ...)
Wie die Gravitation im Universum über den Radius zunimmt, beeinflusst auch die Nähe zum Spiel unser Abstinenzverhalten.
Schaffen wir es einen realen und geistigen Abstand zum Spielen zu schaffen, dann haben wir es auch einfacher seiner Gravitation entgegen zu wirken.
So ... genug Geschwollenes geredet ... :-)
Goldfield:
14 Tage spielfrei
Olaf, Du hast Recht, Geldnot darf nicht der einzige Motivator sein und ist er bei mir auch nicht. Meine Spielsucht hat mir eine Gleichgültigkeit gegenüber den kleinen Freuden des Lebens beschert. Das möchte ich gerne wiederhaben: Freunde empfinden, wenn ich Freunde wiedersehe oder einfach wenn die Sonne scheint.
Ilona, Danke für die Liste - die Beratungsstelle meiner Wahl, ist da enthalten und ich werde weiter beharrlich versuchen, einen Kontakt herzustellen.
Auch diese Woche will ich das Wochenende schadlos erreichen und bin mir sehr sicher, dass ich das schaffe...
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