Glücksspielsucht > Tagebuch
mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
Rainer:
--- Zitat von: Balduin am 25 Oktober 2018, 13:12:36 ---kennst du die gesetzliche Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt? Da übernimmt ein Betreuer alle Rechtsgeschäfte z. B . im Bereich Finanzen, der Antrag wäre beim Gericht zu stellen., Du verlierst deine Kontogewalt und kannst auch keine rechtskräftigen Verträge mehr machen, das Geld zu leben teilt er dir zu.
--- Ende Zitat ---
Ein Spieler der spielen will der spielt und ein gesetzlicher Betreuer mag eventuell als Hindernis eingebaut werden, aber was Hindernissen betrifft, hiermit wissen wir im allgemeinen sehr gut zu verfahren >:(
Deswegen,
so Gradlinig wie wir diese Sucht ausgeübt haben, genauso Gradlinig muss auch der Weg aus der Sucht sein, alles andere ist eh nur Wischiwaschi -Augenwischerei bzw. sind Spielpausen.
(Öhm, meine persönlich Meinung ::))
Balduin:
100 % richtig, was du schreibst.
Und ein gesetzlicher Betreuer bringt nullkommnix bzgl. der Spielsucht.
Aber er schützt einen ggf. vor dem Abstellen des Stroms oder vor Obdachlosigkeit.
Suchtel:
Danke für eure Gedanken, Gobo/Marco, Balduin und Rainer!
Meine "Einstellung" ist definitiv noch nicht durchgehend die richtige :-\ Was ich allerdings verstanden und geschafft habe ist folgendes.. Ich habe meine endgültige Abstinenzentscheidung zwar offensichtlich immer noch nicht gefunden, aber ich muss und vor allen Dingen will sie aus eigenem Antrieb unbedingt finden..
Ein gesetzlicher Vertreter ist eine Idee, auch wenn er nicht die Ursachen bekämpft, sondern nur die schlimmsten (finanziellen) Symptome. Kontogewalt wieder an Familie oder Freunde abgeben ist mir tendenziell lieber, aber ich habe leider nichts in der Richtung unternommen. "Feuer frei" mit dem neuen Gehalt ist nicht mein Plan. und orgen habe ich das Gespräch mit meiner Therapeutin - ich hoffe für die Zeit bis Gehaltseingang den Kopf klar zu halten und die direkt die Mietrückstände und soweit es geht alte und aktuelle Rechnungen zu überweisen. Abzüglich Tanken und 100-200€ Bargeld.. Aber wenn ich schon selbst von "hoffen" rede ist klar - das ist ein Spiel mit dem Feuer.. Ich bin aktuell optimistisch die Überweisungen zu schaffen, aber ob dann das Bargeld wirklich für die richtigen Bedürfnisse und Vergnügungen bleibt und nicht doch früher oder später in die ein oder andere Paysafecard investiert wird, zweifel ich schon jetzt selber ab. Ich will das so gerne schaffe und mir selber vor Therapieantritt noch beweisen, dass ich es wirklich ernst meine..
Dazu passend habe ich hier im Forum von einem Mitglied einen spannenden Beitrag zum Thema "Disziplin" gelesen. Wie oft habe ich mir selber in den > 6 Jahren gesagt: "Reiß dich doch einfach zusammen, lass den Blödsinn und bezahle wie ein verantwortungsvoller, erwachsener Mensch deine Rechnungen". Ich will auch nicht die Krankheit als "Ausrede" dafür vorschieben. Und bis heute mache ich mir noch Selbstvorwürfe, wie ich in diese ganze Sache (oder auch meine komplette Lebensentwicklung der letzten Jahre) hineingeraten bin. Ich habe definitiv ein Problem mit Disziplin, in ganz vielen Lebensbereichen schaffe ich es nämlich nicht immer meinen Verpflichtungen oder selbst auferlegten Aufgaben nachzukommen . Aber ich bin auch definitiv suchtkrank, was mich besonders anfällig macht und das mit Sicherheit begünstigt. Doch am Ende bin ich ein freier Mensch und es sind meine Entscheidungen und Handlungen - die allerdings von ganz vielen Dingen beeinflusst oder teils manipuliert werden. "Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach". Ich glaube fast es ist andersrum, das Fleisch wäre willig, aber der Geist zu schwach? Oder ist sogar beides zu schwach, denn mein Körper vollführt rückblickend auf durchzockte/durchwettete Nächte (und Tage) die Aktionen und Mausklicks teilweise aus Gewohnheit/Routine/angelerntem Instinkt wie von alleine (Suchtgedächtnis..)..
Mein Gespräch mit meinem Chef hatte ich, allerdings hatte er nur recht kurz Zeit für mich. Das machte es mir einerseits etwas einfacher, weil ich so ziemlich direkt zum Punkt kommen musste. Dafür blieb ich auch eher oberflächlich - ich falle demnächst aus gesundheitlichen Gründen für einige Zeit aus. Er hat das nach kurzer Überraschung und Geschocktheit gut aufgefasst und mir extrem den Rücken gestärkt und wünscht sich mich danach genesen unbedingt im Team zurück. Abgesehen vom stationären Aufenthalt habe ich nichts über die Erkrankung gesagt und er hat dann am Ende nochmal nachgefragt, ob ich nicht darüber reden möchte. In dem Moment wollte ich das aber vorerst nicht und wir sind verblieben, dass ich mich gerne jederzeit damit bei ihm melden kann. Ich habe es Stand jetzt auch vor Therapieantritt noch vor, aber ich möchte dafür dann etwas mehr Zeit im Gespräch und nicht einfach nur "pathologisches Glücksspiel" hinklatschen, sondern etwas tiefer gehen. Auch weil ich da nach wie vor Sorgen habe, dass sowas (wenn auch zurecht) Bedenken hervorruft und ich mit etwas Details zu den Umständen eher Verständnis erwecken kann. Wenn ich ein konkretes Datum und die ganzen Unterlagen für den AG fertig habe, werde ich das womöglich das tiefere Gespräch suchen. Auch wenn meine Therapeutin (die mich ja auch schon während der der ambulanten Reha betreute) mir meine Entscheidung in der Beratung nicht abnehmen wollte, war Sie der Meinung, dass zu meiner Therapie und dem "Genesungsprozess" sicherlich auch noch gehören wird, noch mehr Offenheit im Umgang mit meiner Krankheit zu lernen. Das stimmt mit Sicherheit und ich habe den Wunsch irgendwann nirgendwo mehr Verschweigungen, Ausweichungen, Ausreden, "Notlügen" und Ähnliches im Leben nötig zu haben. Aber selbst abseits von der Sucht wird das im Leben mit Sicherheit noch ein gaaanz weiter Weg, bei dem ich das Ziel voll umfänglich womöglich nie erreichen werde. Aber zumindest Stück für Stück in die Richtung, vielleicht ist ja dabei der Weg das Ziel..
Auch wenn ich ja schon im letzten Beitrag in Selbstreflektion die Befürchtung hatte, diese stationäre Therapie (Details dazu, ob es da Internet gibt (ich hoffe insgeheim nein) und ob ich in der Zeit dann hier im Forum schreiben kann/mag werden erst noch folgen) vielleicht als Auffangschutz für Eskalation bis dahin nutzen, will ich sie definitiv antreten.
Erstens wäre selbst in diesem Fall die Chance da, mich dann in 3 Monaten intensiver Beschäftigung mit mir und der Sucht mich, mein Mindset und mein Verhalten entscheidend zu verändern zu können.
Und zweitens bin ich gerade sehr optimistisch mich nicht mit dem kommenden Gehaltseingang der Sucht hinzugeben. Entgegen so manch anderem Male in diesen kritischen Phasen bin ich gerade auch nicht schon voll von Gedanken der nächsten laufenden Wetten, sondern bereits fast erfüllt von dem Gefühl der zu meinem eigenen Wohle sinnvoll getätigten Überweisungen. Ich erinnere mich daran, wie zufrieden ich schon war, als ich vor dem PC saß und es mal geschafft habe alles sauber zu überweisen. Auch wenn das Konto dann noch nach dem Abheben von etwas Geld für den Monat auch schon vor dem Monatsersten leer war, saß ich mit bereits 15/100 ausgegebenen Euro unglaublich glücklich mit Freunden bei einer Portion Nachos mit Getränk beim Film im Kino.
Diverse Sachen bedrücken mich zwar aktuell wie z.B. bisher wegen Mietrückstand gemiedener Kontakt mit dem Vermieter&langsam nötiger Vorbereitung der Wohnungsübergabe (aktuell, wo es kalt wird, kommt genau jetzt trotz ordentlichem Lüft- und Heizverhalten wieder ein Problem mit Schimmel..), offene Rechnungen, Kreditratenverzüge u.v.m.. Ich habe aber die Woche Urlaub und es kommen schöne Sachen, wie Treffen mit Familie und Freunden und allgemein bin ich wieder in Aufbruchsstimmung. Wenn ich es jetzt noch endlich mal wieder schaffe meine Post zu öffnen und mir einen Überblick zu verschaffen.. Aber heute finde ich die Disziplin dazu, es muss sein!
Auch wenn es eher um den Therapieantrag geht, ist vielleicht auch der Termin mit der Therapeutin morgen der kleine externe Kick, der es mich schaffen lässt.
Liebe Grüße :)
taro:
Moin Suchtel,
der Entschluss spielfrei werden zu wollen mit den Handlungen um das wahr werden zu lassen ist schon eine ganze Menge.
Der Suchtdruck wird kommen, doch ist jeder überstandene Moment ein weiterer Schritt in die Spielfreiheit.
Die Momente des kaum auszuhalten Drucks sind meistens kurz. Mir hat es geholfen in solchen Momenten mit anderen Spielern zu telefonieren, warum ich jetzt spielen gehen muss. Beim Gespräch ist der Druck dann immer verflogen. Als ich mit dem Rauchen aufhörte habe ich alternativ in einem Forum schreiben wollen, warum ich den Dealer erliege. Ich fing an zu schreiben und fand alles erbärmlich. Der Schmachter ist dabei verflogen.
Taro
Balduin:
Hallo Suchtel,
das Drehen der Gedanken ums Geld ist bei mir ein Teil der Sucht. Wie der Magersüchtige sich den ganzen Tag mit Essen beschäftigt, beschäftige ich mich permanent mit meinen finanziellen Mitteln. Das führt bei mir wieder zum Spielen, weil Gewinne ja scheinbar meine Probleme lösen können.
Es sieht bei mir zwar besser aus, als bei dir, denn Miete und Energie waren bei nicht gefährdet, aber ich bin auch an die Grenze gegangen. Ich hab den Strom immer verspätet bezahlt, meine Centstücke zusammengekratzt um trockene Brötchen zu kaufen und meine Bekannten am Ende des Monats um kleinere Summen mit Ausreden angepumpt um noch ein bisschen was zu Leben zu haben.
Ich habe es dann auch immer so gehalten, dass ich anfangs des Monate meine Rechnungen bezahlt habe und dann den Rest verspielt habe.
Da das bei dir jedoch schief gelaufen ist spielst du mit dem Feuer und Obdachlosigkeit. Deshalb mein Rat: Gibt die finanzielle Kontrolle ab, schließ das Hintertürchen, dass du die Einnahmen doch verspielen kannst, mach es heute.
Auch wenn es dir diesen Monat gelingt, die Rechnungen zu bezahlen, mach es trotzdem für die nächste Zeit. Es ist so schwierig, in der heutigen Zeit mit negativer Schufa ein neue Wohnung zu finden.
Der Druck, der dir dann "zwangsweise" genommen wird, darf natürlich trotzdem nicht dazu führen, dass du deinem Weg zu Spielfreiheit nicht fortführst.
Viele Grüße
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