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Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse

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margin_call:
Guten Abend zusammen,

wieder ist fast ein ganzes Jahr vergangen. Ich wollte mich eigentlich schon viel früher melden, habe es aber irgendwie immer vor mir hergeschoben.

Das Wichtigste vorweg: ich habe weiterhin keine Spekulationen mehr gemacht. Es sind jetzt schon über zwei Jahre. Dass ich es nicht manchmal auch vermisse, wäre gelogen, aber wenn ich mir dann wieder auch die stressigen Momente vor Augen führe, den Zeitverlust wie auch das Geld, fällt es mir viel leichter, weiterhin spekulationsfrei zu bleiben.

Meine Therapie ist im Sommer 2020 zu Ende gegangen. In der SHG war ich seitdem noch nicht, habe mir aber fest vorgenommen, das an einem der nächsten Termine endlich mal nachzuholen (einfach, weil ich dann auch ein paar Gesichter aus den Gruppentherapie-Sitzungen wiedersehe).

Euch allen wünsche ich eine spielfreie Zeit.

Macht es gut und bleibt gesund,
MC  8)

Dennis47:

--- Zitat von: TheresaGrant am 02 Februar 2021, 10:00:16 ---Ihre Geschichte ist wie die eines Spielers in einem Casino, Spekulationen sind ein großes Risiko

--- Ende Zitat ---

Die Frage ist doch, womit man spekuliert. Es gibt im Leben so viele Situationen in der man etwas riskiert mit der Gefahr, etwas (besseres) zu gewinnen/erleben. Man spekuliert mit einer gewissen Zuversicht, das man am Ende der Gewinner ist.

Ob es dabei nun das Casino oder die Finanzmärkte sind. Letzteres ist moralisch minimal verwerflicher, da man hier mit Verlusten anderer Gleichgesinnter rechnet und sein Profit sieht. Beim Casino ist man getäuscht in seiner Sichtweise, das man jemals einem Gegenspieler gegenüber steht, der in diesem Spiel der Verlierer sein könnte.

FinanzJunky:
Lieber Margin Call,

Deine Geschichte hat mich sehr berührt und damit auch geholfen. Ich möchte Dir sehr danken!  :)

Ich habe die gleiche Suchtentwicklung, wie Du durchlaufen. Ich bin auch abhängiger Trader und verliere immer wieder die Kontrolle bis ich mehr verliere, als ich habe. Dieses Tradingproblem habe ich seit nun 20 Jahren. In Behandlung bin ich seit 2 Jahren und hatte zwei längere (einmal 2 Monate und einmal 10 Monate) Abstinenzen.

Bei meiner letzten Abstinenz habe ich dann über meine Frau endlich ein normales Investment-Depot aufgebaut, wo ich langfristig investiere. Wir entscheiden gemeinsam, aber den Zugang zum Depot hat nur sie. Tatsächlich habe ich mir den Zugriff auf meine Konten schon lange entzogen, sonst hätte ich es nie geschafft.
=> Das kann ich jedem Spielsüchtigen empfehlen: "Reißt die Brücken ein!" Wenn ihr keinen Zugriff auf Euer gesamtes Geld habt, dann könnt ihr es auch nicht verzocken.

Zuletzt habe ich vor wenigen Monaten Bitcoins gekauft.
Und ja, der Kurs hat sich einfach so vervierfacht. Ich saß also auf einmal vor einem Berg an Gewinnen und wußte nicht weiter. Das Geld macht mich ja eigentlich nicht glücklich.
Natürlich hat die Sucht mich dann wieder ergriffen. Erst fing ich nur ganz langsam an, ein Trade pro Tag, dann zwei...
Und dann kam es, wie es kommen mußte: Ich bin in alte Muster verfallen, habe unnötige Verluste gemacht, die selben Diskussionen und Verhandlungen im Kopf und dann kam wieder dieser Schmerz: Warum? Warum schon wieder? Ich war doch geheilt? Und wieder so viel Geld verzockt. :-(

Einer hat es hier schon geschrieben: Wir sind "Alkoholiker" und werden wohl nie geheilt werden. Wir können damit nicht umgehen. Zumindest kann ich für mich so sprechen, ich bin ein verkorkster Trader, der seine Gier nicht im Griff hat.

Zur Info: Ich bin gelernter Banker und zertifizierter Börsianer. Ich habe seit über 20 Jahren mit der Börse zu tun, würde mich als den Super-Experten bezeichnen.
Nur Traden kann ich nicht. Meine Gier und mein Temperament habe ich einfach nicht im Griff. Klassischer Kontrollverlust, der mich schon sehr viel Geld gekostet hat.

Auch ich kann von Glück reden, dass meine Frau mich nicht verlassen hat. Wir haben Kinder und sind soeben in unsere neue Wohnung eingezogen. Ich hatte viel Glück in meinem Leben, sehr viel Glück, trotz der Sucht oder gerade wegen der Sucht. Ich weiß es nicht. Aber ich bin dankbar.

Vor allem Dankbar für Deine Beiträge hier und dass du Deinen Weg mit der Welt und uns geteilt hast.
Ich habe jedes Deiner Worte gelesen und mit meinem Herzen gefühlt. Es hat mir Kraft gegeben, dass ich nicht alleine bin. Denn Tradingsucht ist wirklich etwas seltsames, dass man mit Glückspiel nicht vergleichen möchte. Auch wenn es genau das ist.

Du hast mir sehr geholfen wieder einmal einen Schluss-Strich zu ziehen. Bereits gestern habe ich alles verkauft und heute morgen das restliche Geld an meine Frau transferiert. "Die Brücke ist wieder zerstört." Ich kann jetzt nicht mehr traden und fühle mich glücklich. Ich habe vor Glück eben richtig geweint. Das hat befreit.

Ich danke Dir!
Halte durch und feiere Dich. Du bist ein großer Mann, ein mutiger Mann und zwei Jahre Abstinenz darfst Du feiern.

Ich hoffe, ich kann Deinem großartigen Beispiel folgen und werde mich hier zwischendurch auch melden.
Bin gespannt, wie Deine Geschichte weiter geht und natürlich interessiert mich auch Meine.  ;D

In diesem Sinne, lasst uns fröhlich sein!
bis bald,
FinanzJunky

Olli:
Guten Morgen FinanzJunky!

Vielen Dank für Deinen echt schönen Beitrag! Zeigt er doch Deine Veränderungsbereitschaft auf und Deine Zuversicht in die Zukunft.

Trotzdem möchte ich kliiiiiiiitzekleine Anmerkungen dazu machen, die Dich für weitere Prozesse motivieren sollen.


--- Zitat ---Das Geld macht mich ja eigentlich nicht glücklich.
--- Ende Zitat ---
und ...

--- Zitat ---ich bin ein verkorkster Trader, der seine Gier nicht im Griff hat.
--- Ende Zitat ---

Ich denke, dass Du Deine Interpretation der Gier einmal anschauen könntest.

auf Genuss, Besitz und Erfüllung von Wünschen gerichtetes, heftiges, ungezügeltes Verlangen (Google-Wörterbuch)

Verknüpfst Du die Gier tatsächlich mit dem Geld? Dem Gewinn? Oder doch eher mit dem Durchleben Deiner Emotionen beim Traden?

Wenn Letzteres ... woher mag dies kommen? Welche Bedürfnisse kompensierst Du damit?

margin_call:
Lieber FinanzJunky,

ganz herzlichen Dank für deine netten Worte. Auch du konntest mir mit deinem Beitrag weiterhelfen, denn die Situation mit deinen Bitcoin Investitionen, die du beschreibst, ist ein wichtiger Gedanke, der mir auch geholfen hat (und hilft), spekulationsfrei zu bleiben: egal ob man zwischendurch auch mal Gewinne macht / gemacht hat: am Ende haben du (und ich) es dann doch wieder verspekuliert...wozu sich dann also den ganzen Stress antun?!

Und geholfen hast du mir damit, weil ich das schon wieder ein wenig vergessen hatte, daher: danke für die Erinnerung!

Viele Grüße und einen tollen Wochenstart euch allen,
MC

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