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Erster Schritt in die SHG

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #120 am: 02 September 2019, 03:27:42 »
Guten Abend (oder Morgen),

Bei mir im Elternhaus gab es keine Suchtproblematiken, keinen Mißbrauch und keine Gewalt. Überbehütet war ich aber auch ganz sicher nicht, auch wenn nach außen hin gern der Eindruck vermittelt wurde.
Vernachlässigung... Ich würde auch hier ganz klar sagen: Nein.
Ich hatte ja schließlich immer was zu essen und ein Dach überm Kopf.
Dann fragte ich mich aber eben... "Was würde meine Schwester wohl dazu sagen?"
Da käme wohl ein ganz entschiedenes: "Ja."
Nun stellt sich mir grad die Frage: Warum dieser Unterschied?
Mhh.. es ist wohl doch etwas komplizierter. Meine Eltern (also meine Mutter und mein Stiefvater) erweckten zwar gern den Eindruck einer heilen Welt und guter Fürsorge nach außen (und tun dies auch heute noch), drinnen sah es allerdings anders aus. Mein Stiefvater ist das, was man im Jargon ein autoritäres Arschloch nennen würde. Das war, durch sein generelles Auftreten, zumindest in den Grundzügen bekannt, auch nach außen hin. Die meisten Leute mochten ihn nicht wegen seiner Art. Es ging aber weit darüber hinaus, er hatte zum Beispiel von Anfang an immer tolle 'Spitznamen' für uns beide - zwei Kinder von vier und sieben Jahren - die mit der Zeit immer übler wurden. Das hingegen hat natürlich nach außen keiner mitbekommen, und meine Mutter hat ihm nie widersprochen, und sich immer aus allem rausgehalten. Sein Ideal von Familie waren meine Mutter und seine beiden Töchter. Damit waren da allerdings zwei Personen zuviel...
Ich erinnere mich noch gut, daß meine Schwester ganz lange nur eine einzige Hose besaß, eine rote Jogginghose mit Knöpfen an der Seite, die waren damals in den 90'ern schwer 'in' - und selbst die hatte ihr meine Oma gekauft. Es hieß dann immer "Stell dich nicht so an, du hast genug."
Ich weiß noch, wie ich dachte, daß sie aber doch rechthat, und das irgendwie 'ungerecht' ist, aber ich habe mir schon damals nie darüber Gedanken gemacht, wie es für mich selbst war. Aber wenn ich jetzt ehrlich drüber nachdenke, ging's mir selbst wohl nicht wirklich besser.

Ich hatte trotzdem keine unschöne Kindheit, für mich war das immer ganz normal. Meine Stiefschwestern hatten zwar im Nachhinein betrachtet einen deutlich einfacheren Stand, aber das war mir, im Gegensatz zu meiner Schwester, damals wie heute recht schnuppe. Wir beide waren schon früh auf uns allein gestellt. Meine Mutter, und besonders mein Stiefvater, versuchten das immer mit unnötiger Strenge und sinnfreien Regeln zu kompensieren, die natürlich nur für mich und meine Schwester galten. Zu meiner Mutter sagte er "Warum läßt du das durchgehen?", wenn es um uns ging, bei seinen eigenen Kindern hieß es aber "Natürlich. Mach doch." Die 'Regeln' bei uns zu Hause waren schon krank. Nur gab es sie dann plötzlich nicht mehr, wenn es um meine Stiefschwestern ging. Wir sind da eben verschieden mit umgegangen. Meine Schwester hat das nie gut wegstecken können, das Verhältnis zwischen ihnen ist nach wie vor angespannt, das Wort "Mama" gibt es in ihrem Wortschatz nicht, zumindest nicht bezogen auf ihre eigene Mutter. Daß sie sich nie auf ihre Seite gestellt hat, sitzt tief. Seit sie Kinder hat, und meine Mutter damit Enkel, ist es besser geworden, aber richtig erholen wird sich das nie. 
Und trotz der Tatsache, daß sie von meinem Stiefvater immer als das auf Konfrontation gebürstete "Problemkind" hingestellt wurde, weil sie, im Gegensatz zu mir (ich bin ja sooo vernünftig... -.-), offen dagegen rebelliert hatte, bin ich heute derjenige mit dem Suchtproblem. 
An der Kindheit liegt es bei mir also nicht. Da wäre meine Schwester viel eher der Kandidat für.

Meine bessere Hälfte hegt eine tiefe Abneigung gegen meinen Vater, wenn meine Schwester allerdings etwas Negatives über meinen Stiefvater sagt, heißt es "Du übertreibst."
Der Grund dafür ist eben die Außenwahrnehmung. Mein Vater war nicht da, mein Stiefvater schon.
Meine Kindheit und Jugend ist auch etwas, worüber ich nicht rede, jedenfalls nicht im Detail. Selbst wenn ich mit meiner Schwester allein bin, und sowas zur Sprache kommt, halte ich mich zurück. Sie ist immernoch voll Abneigung, Wut und Enttäuschung. Aber was bringt das? Es ist Vergangenheit, und sollte dort bleiben. Besonders, wenn man sich heute untereinander kennt. Meine bessere Hälfte würde sehr empfindlich und drastisch auf sowas reagieren. Hat mir jemand 'wehgetan', ist er ab dann offiziell gestorben. Bei meinem Vater war das auch so. Er hat den Fehler gemacht, bei unserer Hochzeit nicht aufzutauchen. Da mich sowas ja verletzt haben 'muß' (was ich selbst dazu sage, zählt nicht), war er eben ab dann gestorben.
Es ist aber eben nicht alles schwarz oder weiß.
Ich habe es ja selbst nie als 'falsch' wahrgenommen - und heute sind alle erwachsen.

Es liegen Welten zwischen meiner Kindheit und der meines Partners, aber damals war das für mich 'normal', ich habe nicht drunter 'gelitten'. Daß allerdings jemand auf meiner Seite steht, ohne groß nachzufragen, weil man eben Familie ist, kannte ich nicht. 
Bei mir zu Hause hieß es immer "Tja, wird schon seine Gründe haben, also selber Schuld.", das ist bei denen genau das andere Extrem. Da wird nicht groß reflektiert oder hinterfragt, 'schuld' sind per se immer die anderen.

Noch heute hasse ich Fernsehen... ich verbinde das immer mit meiner Kindheit und den Worten "Halt die Klappe!".
Als meine bessere Hälfte letztes Jahr dann doch einen Fernseher kaufte, war meine Bedingung, daß ich kein Antennenkabel will. Netflix oder so... gut... aber kein TV.

Meine Schwester zog mit 15 aus, weil sie es nicht mehr ausgehalten hat, immer an allem Schuld zu sein. Meine Mutter fiel aus allen Wolken, als sie den darauffolgenden Sorgerechtsprozeß verlor - gegen meinen Vater, das will schon was heißen. Mein Stiefvater hingegen war froh, sie loszusein, und machte sich auch nicht die Mühe, das zu verstecken. Ich hab's auf meine Art ausgesessen, bis ich 18 war - dann flog ich unter einem Vorwand. Somit war er uns beide innerhalb von wenigen Monaten los - endlich ein freies Zimmer. Ich zog zu meiner besseren Hälfte, obwohl wir da erst ein paar Wochen zusammen waren - was sollte ich auch sonst tun? Ich ging noch zur Schule, jobbte nebenbei und hatte jetzt einen Schulweg von knapp anderthalb Stunden. Ich mußte auch vorher bei meinen Eltern schon Miete zahlen, das hier war aber trotzdem anders. Es kam eben alles sehr plötzlich.
Trotzdem hatte das auch etwas Gutes, denn mein vorheriger Umgang war teilweise nicht unbedingt gut für mich. Es war kurz vorher 'toxisch' geworden, aber das ist eine andere Geschichte.
Ein neues Leben und neue Leute am anderen Ende der Stadt... ich hatte es da rausgeschafft, für eine kurze Zeit war alles wieder in Ordnung.

Dabei blieb es natürlich nicht, sonst wäre ich nicht hier. Meine Spielerkarriere begann aber zu einem Zeitpunkt, an dem es mir eigentlich besser ging als je zuvor.

Vieles von dem, was Skip geschrieben hat, habe ich nichtmal verstanden... konfus und ohne Zusammenhang. Das sprudelte oft einfach nur raus - bevor der Satz beendet war, kam ein neuer Gedanke. Das war aber gar nicht wichtig... denn was ich daran mochte... So ungefähr sieht es bei mir drin auch manchmal aus, wenn ich mit mir allein bin. Die 'Themen' sind bei mir andere, die 'Struktur' hingegen nicht. Bandsalat mit Ketchup. Sie konnte das verdammt gut ausdrücken... ungefiltert rüberbringen... das hilflose Chaos im Kopf, wenn das Echo sich ins Unendliche ausdehnt.
Das steht bei mir im totalen Kontrast zu meiner äußeren Erscheinung.

Ich selber habe nie am Konfirmationsunterricht teilgenommen, viele meiner Freunde hingegen schon. Mein Grund, es nicht zu tun, war, daß ich es für Heuchelei hielt, eine Weile lang so zu tun, als würde ich an Gott glauben. Viele meiner Freunde sagten ganz offen, daß es ihnen nur um das Geld ging. Das fand ich irgendwie falsch. Ich konnte später auch nicht kirchlich heiraten - denn ich bin nicht konfirmiert. Nachholen wollte ich es nicht, aus demselben Grund: Es wäre nicht 'richtig' gewesen.
Dazwischen gab es allerdings eine Zeit, da hätte ich über sowas nicht groß nachdenken müssen. Ist schon komisch, was für seltsame Wertvorstellungen man hat... und wie sie von außen betrachtet in krassem Widerspruch zueinander stehen.

Wunder... mhhh... schwierig. Ich bin zweimal in meinem Leben einer Situation entronnen, an der ich dabei war, kaputtzugehen, aber unfähig war, dies einzusehen. Beide Male durch drastische Maßnahmen anderer, die von der eigentlichen Situation gar nichts wußten, und damit auch nichts zu tun hatten.
Natürlich war das immer nur der 'Grundstein', aber aus eigenem Antrieb hätte ich beides nicht beenden können, da bin ich mir heute sicher.
Auch sonst gab es Situationen, in denen ich wirklich Glück hatte, daß sie gutgegangen sind... oder unerkannt blieben.

Ich hatte keine Handlungsanweisungen, ich hatte auch lange keine Änderung der Sichtweise, denn das hätte ja nunmal eine gewisse Einsicht vorausgesetzt. Es war 'Trial and Error' für mich, eine aus heutiger Sicht äußerst riskante Herangehensweise, extrem dämlich und naiv. Kopf im Sand. Und ja, damit hatte ich dann auch diese Tiefs und 'Scheiß-Draufs'.... selbst heute noch in unregelmäßigen Abständen. Als ich das erste Mal in einem Forum landete, so ungefähr im Februar letzten Jahres, war so eine Zeit. Es war kurz vor 12 für mich, denn ja, zu meiner Schande muß ich gestehen... ich war fast eingeknickt, es hätte nicht mehr viel gefehlt, das war eigentlich innerlich schon beschlossene Sache, und nur noch eine Frage der Zeit. Aber das Schicksal eines Fremden aus Birmingham hat mir den Kopf zurechtgerückt. Eines Tages schaffe ich es vielleicht sogar mal, mich dafür zu bedanken. Nur ein paar Worte. Fanals konnte ich das nicht. Mur fehlten einfach die Worte dafür.

Noch ein Zufall, der zur rechten Zeit kam, denn ich hatte nichtmal aktiv nach sowas gesucht... auf die Idee bin ich ironischerweise nie gekommen. Vielleicht wollte ich es auch gar nicht... ich war ja nicht krank.
Als ich dieses Gefühl der Vertrautheit also das erste Mal hatte, war es definitiv nicht positiv. Ganz im Gegenteil, es hat mir förmlich den Magen umgedreht. Allein die Art, wie er seine Gedanken niederschrieb, der Unterton der Resignation. Stillstand, Perspektivlosigkeit. All das konnte man rauslesen, wenn er über seinen Tag schrieb. Ich war verwirrt... ich kannte das, ja, ich kannte das zu gut...
Ich hatte im richtigen Moment einen Spiegel vorgehalten bekommen - und mich ausnahmsweise gezwungen, auch hinzusehen, und nicht den einfachen Weg zu nehmen.
Zu lesen, wie jemand, den man nichtmal kennt, auf die nächste unweigerliche Katastrophe zusteuert, hat wehgetan. Bitte, halt durch! Oh Gott... ich wollte am liebsten hinfahren und den Typen einmal kräftig schütteln. Hätte nur nichts gebracht, er hätte mich wahrscheinlich nur blöd angesehen.
Aber es hat mir eins gezeigt: ich bin nicht anders als er, ich durfte das nicht tun, und ich möchte das doch auch gar nicht.
Auch heute gibt es noch Dinge, die klingen... auch zwischen den Zeilen. Es gibt die Positiven, die ein warmes Gefühl im Bauch erzeugen, weil sie einem helfen, sich nicht allein und fehl am Platz zu fühlen, und die Negativen, die einem die Eingeweide zusammenziehen lassen, weil sie an den eigenen hilflosen Schmerz erinnern... und damit denjenigen, der das gerade durchmacht.
Beides hat für sich genommen etwas Gutes.

Es ist eine Weile her, daß ich die Schritte dort las. Die meisten Leute sehen eben nur 'spirituellen Quatsch', wo sie eine Art Anleitung mit Universallösung erwarten. An dem Punkt machen sie dicht. Ging mir ehrlich gesagt erst genauso, das hat mich irgendwie überfordert. Ich erinnere mich an viele Fragezeichen bei mir. Sobald aber jemand in seinen eigenen Worten darüber schrieb, was er selbst darunter versteht, und wie er sein eigenes Verständnis letztlich für sich umgesetzt hat, ist es für den Moment (und in Bezug auf die besagte Person) einfacher zu fassen. Greifbar ist es aber trotzdem nicht wirklich. Wir sind eben alle verschieden. Somit gibt es hunderte von 'richtigen' Antworten auf dieselbe Frage... und somit ist es auch gar keine Frage mehr, sondern eher eine Anregung.
Das Problem ist nur... es ist 'flüchtig'. Heute denke ich... "ah... natürlich... klar", und morgen ist der Gedanke schon wieder weg. Zurück auf Null. Denn der Weg anderer ist ja nicht meiner. Zu intensiv und zu lange auf mich selbst zu gucken mag ich mal überhaupt nicht. Der Anblick ist eben nicht schön.

Eigentlich sollte das gar nicht so lang werden. Sorry für den erneuten Monolog. Ich sollte schlafen, der Wecker klingelt in zwei Stunden.

Gute Nacht allerseits.

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #121 am: 03 September 2019, 23:09:38 »
Moin Tal,

beim Lesen Deiner Kindheit schnürt sich bei mir alles zusammen. Tatsächlich fängt für mich die Vernachlässigung an, wenn die Liebe von einem Elternteil fehlt. Ohne Essen und ein Dach über den Kopf sterben Kinder einfach.
Meine Mutter war mit 14 Vollwaise, die 4 Schwestern sind auf unterschiedliche Familien aufgeteilt worden. Sie ist war dort eine Art Aschenputtel. Obwohl ich nur der Sohn bin, hab ich von der Zeit einiges abarbeiten müssen. Letztlich war es bei Ihr so ähnlich wie von Dir beschrieben.
Tatsächlich macht mich bei all diesen Geschichten der Partner der gute Mine zum bösen Spiel macht noch viel wütender. Nur weil Du einfach alles hinuntergeschluckt hast geht es doch nicht spurlos vorüber? Deine Schwester hat wenigstens gegengehalten. Für das Selbstwertgefühl ist das wesentlich besser.

Als ich einige Wochen bei GA war, sprach ein Freund lange und total wirr. Einige ältere Freunde schimpfen in Ihrer Wortmeldung sehr über das eben gehörte. Ich grübelte weiter darüber, der zweifellos wirre Beitrag hatte mich sehr berührt.
Nach einigem Grübeln erkannte ich, daß es genau so wirr in mir aussah, mich aber nie getraut hätte es so auszusprechen. Mit dem tollen Beispiel vor Augen traute ich mich beim nächsten Meeting es genauso zu machen. Da ich noch ein Kückenstatus hatte wurde ich zunächst nicht zerissen. Abends bekam ich einen Anruf zuhause. Ein Freund aus der Gruppe war dran und schrie mich an, das er noch nie so einen Nassen scheiß gehört hätte. Ich spürte beim zuhören, daß alles was er sagte nichts mit mir zu tun hatte, ich hatte eine Klarheit wie niemals zuvor. Skip hat mich mit Ihren Beiträgen sehr berührt. In den Meetings erlebe ich soetwas häufig. In den Foren werden solche Beiträge meist zensiert, sanktioniert und gelöscht. Witziger meistens gerade von denen, die ein paar Monate in die Meetings gegangen sind, Schlagworte auswendig gelernt haben und dann in den Foren schreiben als wenn Sie 150 Jahre trocken sind, mindestens!
Dieses berührt werden ist es ja gerade was die Meetings ausmacht. Ich muss ja niemanden erzählen was er tun muss, das kann ja auch niemand. Wichtig ist, daß hinter dem erzählten ein geliebtes Leben ist, das berührt mich, erzeugt den klingklang und schafft bei mir Raum von Veränderung.

Die Wunder die ich erlebt habe sind zum einen der Grund das ich noch lebe, das ich nicht im Gefängnis und ggf. in Sicherheitsverwahrung gekommen bin. Sie haben mir sozusagen kostenlos ein tiefes Gottvertrauen dazu gegeben.
Das wiederum schafft eine enorme Leitigkeit in mein Leben. Es kann mir nichts mehr passieren, weil ich schon mehr bekommen habe als ich verdient habe. Alles verdanke ich nur der Gnade Gottes, also brauch ich keine Angst mehr zu haben. Das ist die Voraussetzung für meinen Zustand "frei".
Das ich nach Jahrzehnten des Dialoges zwischen mir und Gott ich mich an einer Kirchgemeinde angeschlossen habe hat mein Leben nochmals unfassbar erweitert.

Wenn ich zutiefst überzeugt bin, das Gott etwas möchte, oder nicht möchte. Dann kann ich genau danach handeln. Das ist belastbar und kann probiert werden, auch gegen die Sucht.

Ich mag heute lange und intensiv auf mich selber schauen. Ich habe früh angefangen mich nur mit mir selber zu vergleichen. Bei dem Vergleich bleibt mir auch heute noch jeden Tag die Spucke weg. Mittlerweile kann ich mich auch ganz gut neben anderen sehen. In der Kirchengemeinde habe ich Menschen kennengelernt, die mich wirklich flashen. Da denke ich manchmal, was wäre für mich vielleicht möglich gewesen, wenn ich nicht erst den riesigen Umweg gegangen wäre.

Taro

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #122 am: 03 September 2019, 23:42:26 »
Moin Taro, lieber TAL,

bin über meinen Namen gestolpert und fand es nett, dass ihr geschrieben habt, ich hätte euch mit meinen Beiträgen berührt, auch wenn sie zuweilen ungefiltert und sehr verwirrend waren.

Naja, mir tut es leid, dass es zuletzt sehr zusammenhanglos geworden ist, aber ich habe da eben so eine Phase durchgemacht, weil ich überarbeitet und überstresst war. Mittlerweile geht es mir wieder gut und das Spielen interessiert mich auch nicht mehr. Meine Klage gegen das OC ist noch nicht komplett durch, aber der erste Gerichtstermin ging zu meinen Gunsten. War gar nicht so schlimm.

Ich glaube, was ihr beschreibt hat viel mit tiefliegenden Emotionen zu tun. Die Worte mögen oft lose und zuweilen strukturlos aneinander gereiht wirken bzw. scheint man von Thema zu Thema zu springen. Aber als ganzes betrachtet wird ein Gefühl übermittelt, weil ihr die gesellschaftliche Maske fallen lässt und dahinter kommt etwas Authentisches zum Vorschein, das eben irgendwie berührt, ohne dass man genau sagen kann, warum. Wir alle sind so bemüht, den gesellschaftlichen Ansprüchen zu genügen und irgendwie möglichst dazu zu gehören. Gerade heutzutage, wo solch ein Leistungs- und Erfolgsdruck zu herrschen scheint, verbunden mit ständig präsenter Werbung voller glücklicher, zufriedener, erfolgreicher Menschen... Aber das sind eben Ideale. Konfrontiert mit etwas wie der Spielsucht, was nicht ins Bild des kompetenten, zufriedenen, sportlichen, cleveren und ausgeglichenen  Erfolgsmenschen passt, wird man konfrontiert mit Selbstzweifeln, man stellt sich in Frage, überlegt, was man falsch gemacht hat, woran es liegen könnte, usw. Und in SHG oder solchen Foren wie hier spricht man dann viel offener und ehrlicher, statt sich hinter einer Maske zu verstecken. Und das berührt...

Na dann, ^^, bevor es wieder verwirrend wird, lasse ich es lieber mit dem Schreiben.

Ich schicke euch liebe Grüße!

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #123 am: 04 September 2019, 09:18:52 »
Danke für die Grüße. Ich freue mich, mal wieder von dir zu hören. Halt die Ohren steif!
LG Ilona
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

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Offline andreasg

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #124 am: 07 September 2019, 11:51:49 »
Hallo ihr Lieben,

als ich noch gespielt habe, hörte ich einmal und auch immer wieder von den Anonymen Alkoholikern (AA), da wurde im Radio, in der Zeitung von deren Treffen berichtet, von den Erfolgen der Gruppen - und der Gruppenmitglieder, und ich saß fest am Automaten, biss meine Zähne zusammen, und schmiß meinen Neid, und meinen Zorn in die Blechkästen... Wie gesagt: am 31.08.1989 habe ich eine Tür im Freizeitheim geöffnet, und die im Raum Anwesenden gefragt: "bin ich hier richtig …"? Es waren die Anonymen Spieler, damals noch (AS)  Ich komme gerade darauf, weil ich eine ziemlich zerfledderte Loseblatt - Sammlung zur "Arbeit in den Schritten" auf meinem Drucker liegen habe, bei denen es praktisch zwecklos ist, sie für eine weitere Verwendung einzuscannen. Also ist es besser, ich beschäftige mich mit den Schritten, und setze jetzt das Wort Beschäftigung an erste Stelle.

Gestern war ich in einer anderen Stadt, "da, wo mich keiner kennt", mit dem Auftrag, Öffentlichkeitsarbeit für eine Esssuchtgruppe (OA) zu machen,, passt ganz gut, denn ich setzte meinen adipösen Körper dort auf einen ziemlich senlieblen Klappstuhl, und der hielt mich aus, das will ja etwas heißen! In der Stadt fand eine Gesundheitsmesse statt, die von KIBIS - getragen wurde. Mein Platz war gleich rechts - am Stad der Anonymen Alkoholiker. Leider kam ich später, weil mein vorher gehender Zug nach meiner Meinug nicht fahrplangemäß, also 14 Minuten zu früh abfuhr, ich ging zur Info, und habe derart über die Gestaltung des Fahrplans hergezogen, daß die Bahnhofshalle ins Wanken geriet, nein das war überzogen, und die Dame von der Bahnauskunft, zeigte auch noch verdrossen auf das Kleingeschriebene im Fahrplan, und versuchte mir, so darzulegen, warum der Zug zwei Mal dort erscheint. Das war für mein zerrissenes Gemüt einfach Zuviel, und ich erinnerte mich, im Heute zu leben, aber im Grunde genommen, halte ich es nicht aus, wenn ich zu einem zugesagten Termin unpünktlich erscheine. Die Bahndame wendete sich abrupt von mir ab, und sie ließ meine Lavaströme als meiner Hirn - Kaldera strömen, ich sah ihr nach, ja, auch sie war kräftig gebaut, und auch sie spricht Deutsch, ich eben Fuhrmannsdeutsch! Nach einer Viertelstunde am morgenfrischen Bahnsteig konnte ich zum Handy greifen, und die Intiatorin des Standes anrufen, also ist digitale Technik doch zu Gutem Nutze. Soweit mein Chaos, das ich zur Öffentlichkeitsarbeit mitbrachte, und sich legte, als der Kaffee in der Kanne präsentiert wurde.


Der Stand auf der Gesundheitsmesse war an der Hauptkirche der Stadt, davor Gerüste, dahinter gelegentlich Geräusche von Bauarbeiten. Es war gefühlt eng, manchmal ging ein Animateur mit Weste und Zylinder durch die Gasse und lieferte überdimensionale Seifenblasen. Die Gasse war end, niemand konnte einen weiten Bogen um die Suchtprävention machen. Ich schaltete meinen inneren Scanner auf adipöse Gestalten, sahh die Menschen, sich das große Rollplakat schweigend anzusehen, und auch schweigend weiter zu gehen. Und doch stoppten viele, sahen sich die Flyer an, und "kann ich Ihen helfen", sagte zuerst der AA - Kollege, und dann sprach auch ich etwaige Klienten an. Immer wieder den Flyer in der Hand, immer wieder wie ein Marktschreiier, dann aber irgendwann angekommen - erzählte ich nur noch von meiner Erfahrung. Irgendjemand von einer Klinik sprach vor: " gibt es auch Hilfe für Spielsüchtige"? - iIch holte selbstredend mein geliebtes Tablet hervor, und schon hatte er sich die aktualisierte Anschrift und Telefonnummer des dortigen (GA) Meetings - (in Gründung) notiert. Ja, ich weiß, ich war ja für die Esssüchtigen am Stand... aber die Klinik hatte keine Esssüchtigen Patienten, was ich mir als Suchtbolzen nicht vorstellen konnte und immer noch nicht verstehe.


Wir haben viele Interessen angesprochen, ich hatte wirklich interessierte Betroffene, und dann kam natürlich auch die Klientel, die jemanden kannte, dessen Angehöriger ein Suchtprblem haben müßte, daß nicht zu kontrollieren ist. Seitlich von mir lagen Unmenge Infomaterialien für Angehörige von Alkoholikern (AlAlon) . Bitte um Entschuldigung, aber ich kenne das Thema ja aus den Spielsucht - Foren: "wenn nur mein Angehöriger mit dem Spielen aufhört , dann ist ja alles in bester Ordnung", - und genau das veranlasste uns zu einem Gespräch des gegenseitigen Verstehens über die CO - abhängigkeiten, die ich natürlich auch von mir kenne. "Wenn ich es nur allen Menschen recht machen könnte, würde ich endlich einmal die Wertschätzung erfahren, die ich als Kind so dringend vermisst habe", der unterdrückte Schrei nach Geborgenheit in mir. Mein Gedanke geht gerade zu einer Angehörigen einés Spelers, der ich in ihrer Heimatstadt einmal ein Denkmal errichten möchte, ja die kennt die Angehörigen, und damit die (Gamanon) - Meetings.

(Passt gerade gut zum Beitrag: im Radio erklingt Gerhard Terstegen's "Ich bete an die Macht der Liebe", gesungen von Kurt Moll), also an die reine agapische, Liebe, die ohne irgendwelche Erwartungen und Anforderungen strömt und erkennbar wird, wenn ich nur an die Liebe glaube).

Eher als erwartet haben wir den Stand aufgeräumt, das Auto der Alkoholiker - Freunde war rappelvoll mit Zelt, Plakaten und Klappstühlen, aber wind alle viel Literatur losgeworden. Ich saß eine Stunde später im überfüllten Zug, aber ich war erfüllt, schaltete mein Handy auf "Flugsmodus, und sah der Sitznachbarin wohl in die Augen, nur ganz kurz, aber sie registrierte es, und sah beim Aussteigen ein paar Stationen später noch zu mir zurück, durch das geschlossene Zugfenster. ..

Ja das Fazit: Zu der agapischen - gehört unweigerlich auch die erotische Liebe. Und das Zusammenspiel dieser beiden Glücksgefühle, ergeben den Glanz des Lebens.

Danke für das Teilen
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #125 am: 07 September 2019, 19:10:25 »
Liebe Ilona,

danke für die lieben Worte :)

Lg

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #126 am: 08 September 2019, 17:13:45 »
Moin moin,

agapische und erotische Liebe, Deine Worte sind wunderschön und ich erfahre Dinge von denen ich überhaupt nicht wusste, dass es ein Namen dafür gibt.

Die Liebe ist sicher ein entscheidendes Element um spielfrei zu werden. Weniger eine Person, als vielmehr das Leben und die Menschen.

Kein Opfer mehr sein und die Liebe, das sind ja schon mal zwei Punktfundamente, noch eines und darauf kann ich einsturzsicher mein Leben aufbauen.

Da hat doch heute hier jemand ein Spendenaufruf für eine Spielerfamilie hier rein gestellt.
Nach Recherche eines Users soll der betreffende hunderte Spendenaufrufe für allemöglichen bedürftigen gemacht haben. Ich finde das macht ich Sinn, wer das Leben und die Menschen liebt könnte so handeln, dem Leben wird so Sinn gegeben. Wichtig ist dabei, es macht auch Sinn, wenn niemals ein Euro gespendet wird.

Der User der nicht glauben will, daß dies alles aus Liebe geschieht, sondern nur den eigenen Geldbeutel füllen soll hat gar Anzeige erstattet. Vermutlich ohne auch nur in einem einzigen Fall die Unterschlagung beweisen zu können, sein einziger Beweis für Ihn, kein Mensch würde etwas für soviel andere Menschen aus Liebe tun (wie er selbst vermutlich auch nicht). Schon alleine der Gedanke ist so voller Ablehnung den Menschen, das die beide geschütten Fundamente bald zusammenbrechen. Damit kann ich mir unmöglich gut tun.
Dazu noch die Aufforderung, alles was ich nicht kenne schnell zu löschen, bevor es andere lesen würden. Hmmm, wir können doch alle selber Entscheidungen für uns treffen.

Nun gut, zwei belastbare Fundamente haben wir jetzt, wichtig ist sie auch zu pflegen damit Sie nicht brüchig werden, ein Meeting ist dafür ein guter Ort, dort arbeite ich nämlich an mir und nicht an meinem Nachbarn.

Taro

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Offline andreasg

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #127 am: 09 September 2019, 10:45:42 »
Guten Morgen ihr Lieben,

Anonymität und Demut, das ist ein Thema, das mich gerade sehr beschäftigt. Ich bin davon genau genommen eine einzige E-Mail entfernt, natürlich noch ca. 150 km und fast drei Wochen. Aber es beschäftigt mich ja jetzt schon immens.
Ich habe von meinen Erlebnissen auf der Gesundheitsmesse berichtet, und Gestern war ich in meiner Esssuchtgruppe. Ich saß mit Menschen zusammen, die aufrichtig und ehrlich über ihre Krankheit und ihren Weg in die Genesung teilten.
Meine Erinnerung an das Herantreten interessierter Menschen an den Stand lautete: "Ich kenne da jemanden, der Angehöriger eines von der Sucht betroffenen Menschen ist... " , für meine Mitstreiter der Anonymen Alkoholiker eine klare Aussage dafür, daß diese Menschen keinen Axsch in der Hose habe, und sich nicht trauen, ihre Wahrheit einmal aufrichtig zu betrachten.

Also kann ich als konstruktives Mittel für mich ja die Selbsthilfegruppen in Anspruch nehmen. Dort sind es immer wieder die Arbeitsmeetings, in denen ich mit meinen Unzulänglichkeiten konfrontiert werde, und für ein vierteljähriges Arbeitsmeeting nehme ich dann auch eine Fahrleistung von 180 km für eine Strecke in Kauf. In Kauf? - Ich habe Freifahrt mit Wertmarke zum Schwerbehindertenausweis. Eines habe ich dort gelernt: Was immer ich auch für meine Selbsthilfegruppe - und Gemeinschaft tue, ich erwarte mir keinen finanziellen Ausgleich für meine Auslagen. Ich kann nur das tun, wozu ich ohne fin finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte, übernehmen. Also, ich könnte kein Deutschlandtreffen ausrichten, aber ich kann dort hinfahren, und mich in meiner Stärke dort einbringen. Deshalb denke ich ja gerade über mein im Kopf genanntes Thema nach, und ich habe den Wunsch, es in den Raum zu stellen.


Ich habe hier im Forum auch über einen Spendenaufruf gelesen, und ich lasse ihn deshalb stehen, weil ich neben all' meinen Baustellen, mir nicht noch eine weitere aufladen möchte. Für mich ist Spielsucht eine Familienkranheit. Dazu sehe ich immer die Präsentation von "www.verspiel-nicht-dein-leben.de" vor meinem geistigen Auge. Dann darf ich mich glücklich schätzen, daß ich in meiner aktiven Spielerzeit keine Freundin, geschweige eine Familie hatte.

Später , als ich spielfrei war, eine Freundin, und mithin Ehefrau hatte, stellte sich in ihrer Person ein Mensch an meiner Seite, der hervorragend mit Geld umgehen konnte. Meine nun Ex - Frau hat mich immer im Geldsachen hart konfrontiert, und ich konnte damals sogar Rücklagen bilden, die ich nach der Scheidung und Umzug verwendet habe. Das ist genau, wie meine Zugehörigkeit zu den Selbsthilfegruppen, von denen ich einige Gemeinschaften kennenlernen durfte. Sie stellte sich perment gegen meine vielen Gruppenbesuchte, und forderte meine mir noch unbekannte Häuslichkeit ein, die Heute als "Älter werdender Mensch" zunehmend genießen kann. Meine Verflossene war selber mit den Prinzipien und Traditionen, also dem Progamm meiner Selbsthilfegemeinschaften vertraut, besuchte aber die Meetings nicht mehr. Aber sie bestand konsequent darauf, daß ich zu den Spieler - Meetings ging. Mein Merkzeichen dafür ist, ihre Entschossenheit, daß ich am Deutschlandtreffen 1997 nach Hamburg zu fahren, als ich in einer tiefen Zerrissenheit war. Das war ganz wichtig für mich dort in HH - Horn anzukommen und angenommen zu werden!

Ja, die Angehörigen, die es meist immer nur gut meinen: "Wenn nur mein Partner,/ Partnerin mit dem Spielen aufhört, dann ist ja alles in allerbester Ordnung."!?

Ist es eben nicht, weil Spielsucht die Familie beschädigt, mehr noch als die reine Existenz. Angehörige können positiv und in konstruktiv ihre Partner konfrontieren, so , wie ich es erlebt habe. Dafür bin ich meiner Geschiedenen zutiefst dankbar.

Nun die Arbeitsmeetings. Wie viele Gruppen von Angehörigen gibt es in Deutschland? Ich kenne nur eine einzig laufende Gruppe, und dort in der Einrichtung, saß ich im Raum nebenan, dort wo die Spieler Erfahrung, Kraft, und Hoffnung teilen. Dort habe ich auch gehört, daß wir Spieler so viel mit unseren eigenen Bereichen, sprich Baustellen zu tun haben, daß wir nicht auch noch für die Belange der Angehörigen zuständig sein können. Mein Strukturplan erlauft es mir nicht,, beispielsweise als Rentner Medizin zu studieren, Fachrichtung Neurologie und Psychiartrie, um die Indikationen meiner Ex - Frau besser zu verstehen, und ihr helfen zu können. Wenn sie nicht zu den niedergelassenen Fachärzten geht, obwohl in ihrer Ursprungsfamile ein Mediziner ist, der darunter verzweifelt ist, wie er mir persönlich sagte, dann spielt sie ihr Spiel, nicht meins. Ich bin dem Spielen gegenüber machtlos, und ich bin auch anderen Menschen gegenüber machtlos. Ich habe ein ausgeprägtes Helfersyndrom. Den Sinusbogen meiner Ehe zwischen Nähe und Distanz konnte ich nicht kontrollieren. Ich habe Ihr ihren weg frei gegeben. Eine damals bitte Übung für mich , das Loslassen! Heute sind wir in Freundschaft verbunden.

Eine andere Sache ist, daß ich ein Riesen - Tamtam mit meinem ABO der Online - Zeitung hatte. Es kam zu einer Überbuchung des Verlags , der mir zwei Verträge, statt eines einigen aufgedrückt hat. Finanzielle Dinge regeln, für mich selber? Das Chaos nimmt seinen Lauf. Ich habe Heute Morgen den Plan entworfen, den E - Mail Verkehr abzuspeichern, denn die überbuchten 9,96€ sind wieder auf meinem Konto, und mein anderer Abo - Vertrag ist freigeschaltet. Innerlich , vor der Klärung habe ich mir in den Bart geschimpft: "Die sollen doch das Geld behalten, und der Weihnachthilfe spenden, , nur deshalb, damit mein Kopf ruhig wird. Aber nun ist ja alles geregelt, ich werde weiter online Zeitung lesen können, sicher auch die Reportagen zum Thema "Weihnachtshilfe". Dort wird über Menschen berichtet, die in soziale Schieflage geraten sind, und in bittere Armut geraten sind.
In einer meiner vielen SHG's einer Gruppe für Emotionale Gesundheit, war ein Freund, so nenne ich ihn, der eine tiefe - diabolische seelische Erkrankung hat. Er berichtete, daß er Geld von dieser Weihnachtshilfe erhalten hat. Das hat mir geholfen, für diese Form der Hilfe Sympathie zu empfinden , weil mein Hirn ja signalisiert: "wie viel von den Geldern geht in der Verwaltung verloren"? , aber in der reinen Beziehungsebene zeichnet sich ein Bild des Erkennens.

Wenn ich mich in weniger als drei Wochen auf die Reise mache, will ich an die vielen Freunde denken, die es mir ermöglichten, an den GA - Deutschlandtreffen teilzunehmen, als es mir nicht nur finanziell, sondern auch emotional richtig Schxisse ging. Vielleicht habe ich das Glück, eine Kleinigkeit zurück geben zu dürfen.

Nur für Heute Danke für das Teilen
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #128 am: 09 September 2019, 20:40:59 »
Hallo Skip,

ich freue mich auch, zu hören, daß es dir gutgeht, und du mal wieder ein paar Zeilen geschrieben hast.
Es hat eine Weile gedauert, bis mir damals einfiel, woher ich dein Avatar-Bild kenne. Seitdem hab ich immer diese Melodie im Kopf, wenn ich es sehe:

https://m.youtube.com/watch?v=V5M2WZiAy6k

Ihre Lieder sind allesamt doch etwas sehr melodramatisch, aber die Melodien sind sehr einprägsam.

Es stimmt, manchmal bin ich schlichtweg überfordert. Die Erwartungshaltung der Gesellschaft an mich existiert dabei wahrscheinlich aber hauptsächlich in meinem Kopf. Das macht es nur nicht wirklich einfacher.
'Da draußen' könnte mir soviel Offenheit in vielerlei Hinsicht das Genick brechen, zumindest sage ich mir das immer wieder.
Es gab schon mehr als eine Situation, wo ich mir dachte... wie gut, daß keiner weiß...

Ja, ich tue mich schwer damit, Emotionen richtig einzuordnen - besonders, aber nicht nur, meine eigenen.
Ich war irritiert am Freitag... nach der Arbeit zu Hause angekommen ging es wieder, sowas hält zum Glück nicht lange an, aber es arbeitet dann immer in mir, und das hasse ich. Ich kann das nicht abstellen.
Mit mir zu streiten ist praktisch unmöglich, somit erübrigt sich sowas immer schnell. Selbst wenn sich mein Gegenüber benimmt wie ein Vierjähriger, zucke ich bildlich die Schultern und schalte immer schnell automatisch auf Durchzug. Es ist nur ein Job, ich muß mich nicht profilieren, aber ich muß sieben Stunden am Tag mit den Leuten auskommen.

Was soll das also? Meinetwegen erzähl allen, ich wäre schuld, aber hör doch bitte mit diesem Gehabe auf. Message angekommen... und erfolgreich im Spamordner abgelegt. Wer soll denn sowas ernstnehmen?
Es nervt mich einfach nur... ist es zuviel verlangt, daß man mich einfach mit so einem Kindergarten in Ruhe läßt?

Trotzdem stehe ich dann auf dem Schlauch und denke darüber nach, was das nun eigentlich grad war.
Ich frage mich halt... ist das Absicht? Kann es echt sein, daß man gar nicht merkt, wie unglaublich lächerlich man sich gerade verhält?
Bei ihr habe ich nämlich das Gefühl, sie ist tatsächlich davon überzeugt, daß die Welt sich ohne sie nicht weiterdrehen würde.

Ajo, was soll's?
War nur so ein Gedankenwust.

Die Dynamik in meiner Schwiegerfamilie hat eigentlich gar nichts mit klassischer Coabhängigkeit zu tun - es gibt dort keinerlei Suchtproblematik. Es ist nur dieses kollektive, unreflektierte Helfersyndrom, was mich manchmal doch etwas erschreckt.
Und auf der anderen Seite - wie kann ich die Opferrolle tatsächlich zum Lebensmittelpunkt erklären? Wie kann es erstrebenswert sein, daß mein Leben lang andere Schuld sind?
Das geht einfach nicht in meinen Kopf, denn die Welt schuldet mir rein gar nichts.
Naja, eigentlich kenne ich die Antwort ja. Der Blick auf sich selbst ist für einen selbst eben manchmal nicht schön.
Da rauszukommen ist so wichtig für die eigene innere Zufriedenheit, aber leider wird sie immer nur darin bestärkt.

Es wäre mir schlichtweg unmöglich, zu vermitteln, daß die beste Hilfe manchmal eben gar keine ist. Zumindest nicht die Art von Hilfe, die dort erwartet (und immer mit einem Kopfnicken geleistet) wird.

Mhhh... Naja, wie gesagt, so schlimm war es für mich als Kind nicht. Ist ja auch schon eine Weile her, und ich denke, den 'Fehler' bei meinen Eltern zu suchen, wäre da etwas zu einfach. Ich habe es ja nie so empfunden... nur für meine Schwester, da ja. Da hab ich mich einfach hilflos gefühlt. Mir ging es aber gut... immerhin schrie mich deutlich seltener jemand an.
Am Umgang meiner Schwester mit ihren Kindern merke ich manchmal ihre Bemühungen, es unserer Mutter bloß nicht gleichzutun... und daß auch sie wider besseren Wissens viel von dem, was ihr immer wieder angelastet wurde, trotzdem auf sich selbst projeziert... auch wenn sie weiß, daß sie nie etwas falschgemacht hat.

Sie hat heute ein gutes Selbstwertgefühl, auch wenn ich mir sicher bin, daß auch bei ihr innere Zweifel bestehen.
Sie hat ein Leben lang für alles kämpfen müssen, was normal selbstverständlich ist. Hat mit einem, und später zwei Kindern, den Führerschein gemacht, einen Schulabschluß und eine Ausbildung nachgeholt. Ich bewundere sie für ihren Mut und Kampfgeist, obwohl ihr das streckenweise das Leben zur Hölle gemacht hat.

Unser beider Verhältnis zu unseren Stiefschwestern hat darunter nie gelitten, wir haben uns eigentlich immer untereinander verstanden. Sie hatten es nicht einfach, wenn auch aus anderen Gründen als meine Schwester. In Abwesenheit der Mutter aufzuwachsen ist sicher auch nicht leicht.
Meine war wenigstens da. Ich war zwar selten auf Geburtstagsfeiern (habe mich meistens rausgeredet, weil ich die Geschenke hätte selbst kaufen müssen... und das oft nicht konnte), aber dafür kannte ich sämtliche Tischmanieren nach Knigge... und daß Dienstag 'Aufräumtag' war. Was nicht weg war, landete im Müllsack. Von mir lag eh nie was rum, von meiner Schwester schon. Sie hat dann immer viel geweint.
Wenn genug Platz ist, und es keinen behindert, esse ich heutzutage grundsätzlich mit einem Ellbogen auf dem Tisch. Auch das hat wohl seine Gründe.
Lustigerweise tut meine Schwester das auch.

Ja, Andreas, du hast eine schöne Art, Situationen und Gemütszustände in Worte zu fassen. Manchmal schaudert es mich, weil es den Nagel so präzise auf den Kopf trifft, manchmal ist es einfach nur ein innerliches Nicken. "Ja, ich weiß, wie du das meinst."
Ich bin übrigens selten pünktlich. 'Im kleinen Kreis' vermeiden ein paar Minuten, rumstehen und warten zu müssen, das ist unangenehm, und ich mag auch nicht der erste sein. Auf Feiern oder so können das auch schonmal mehrere Stunden werden - weniger Zeit, die ich unter Menschen verbringen muß. Jedenfalls wartet man nicht auf mich. Irgendwann tauche ich schon auf. Das ist einfach so, niemand hat das je hinterfragt.

Wenn es darum geht, für jemanden ein paar aufbauende Worte zu finden, bin ich recht hilflos. Ich kann innerlich oft schon nachfühlen, aber ich kann es nicht nach außen hin ausdrücken, das wirkt dann immer etwas 'kalt'.
Dafür kann ich mich über mich selbst lustigmachen - sehr gut sogar. Besonders vor mir selbst.
Ich weiß auch gar nicht, wie es ist, sich selbst zu lieben, aber ich weiß ganz gut, wie es ist, sich selbst nicht mehr zu hassen. Es ist, wie es ist, und ich tue mein Bestes.
Heute bin ich erleichtert und dankbar dafür, daß ich haben darf, was ich habe. Ich brauche nicht mehr, will ich auch gar nicht. Es ist schon viel mehr, als ich verdient habe.
Ich bin nicht toll, ich bin nicht schlau, aber ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen, und falle niemandem zur Last. Wenn man mir heute sagen würde, ich soll gehen, dann kann ich das tun, ohne daß eine Welt zusammenbrechen würde.
Ein Opfer sein? Nie wieder! Unabhängigkeit und Eigenständigkeit sind sehr wichtig für mich, es ist vielleicht mein persönliches Gefühl von "Freisein". Mein Handeln und meine Reaktionen machen deshalb wohl auch nicht immer Sinn, aber naja.

Demut... mhhh... der Vergleich zwischen mir heute und mir früher ist da aus jetziger Sicht positiv.
Mit anderen vergleiche ich mich nicht, das ist eine ganz andere Nummer. Nach welchem Maßstab auch? Ich kann eh nur verlieren.
Andere machen sich aber wenigstens keine Gedanken über sowas. Dann erwische ich mich, wie ich denke: "So manch einem täte etwas Selbstreflektion aber mal ganz gut - nicht nur im eigenen Interesse."
Aber ich sage mir... wer bin ich schon, über sowas zu urteilen? Das steht mir wohl am allerwenigsten zu.

Ja, ohne den Umweg wäre vielleicht vieles anders. Nicht nur vielleicht, sondern sehr wahrscheinlich. Nur gut, daß ich gar nicht wirklich weiß, was eigentlich.
Manchmal denke ich mir sogar: "Wenn das da 'normal' ist, dann lieber so wie es ist."
Freitag war so ein Tag.

Klar, für einen festen Stand braucht es drei Stützen. Drei Punkte liegen immer auf einer Ebene... da kann eigentlich nichts wackeln. Eigentlich...

Das Wochenende und die Tage davor waren ziemlich anstrengend, anstrengend im Sinne von keine Zeit für mich. Deshalb ist es mal wieder ewig lang geworden hier. Zuviel schwirrt in meinem Kopf herum, und wenn ich mich dann hinsetze, und versuche, es in Worte zu fassen, wird es leider schnell wirr.

Trotzdem wünsche ich allen einen schönen Abend.

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #129 am: 09 September 2019, 23:30:03 »
Lieber TAL,

kann es sein, dass du hochsensibel bist? Kenbst du das Konzept? Ca. 20 % der Menschen scheinen viel mehr Eindrücke unterschwellig aufzunehmen und haben dadurch eine sehr tiefgehende innere Verarbeitung entwickelt... Googel mal 'HSP - highly sensitive person'. Wenn ich deine Texte so lese, habe ich das Gefühl, das könnte bei dir der Fall sein. Vielleicht gibt dir das eine Antwort auf deine Verwirrung warum du ein so reiches aber oft verwirrendes Innenleben hast. Eventuell nimmst du einfach sehr, sehr viele Eindrücke auf, Stimmungen, die im Raum hängen, Emotionen anderer (unbewusst aufgenommen durch das Registrieren von Körperhaltung, Stimmfarbe, Ton, etc.). Und nein, den meisten Menschen geht es nicht so. Sie sind nicht andauernd damit beschäftigt, Eindrücke zu verarbeiten. Vielleicht rührt daher dein Gefühl, das ich immer wieder heraus lese, in gewisser Weise etwas 'anders' zu sein?

Lg, und aja, das Lied, mittlerweile ist es mir auch schon zu laut geworden... Aber damals hab ich mich in der ausgedrückten Emotion wiedergefunden...

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Offline andreasg

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #130 am: 10 September 2019, 11:13:04 »
Hallo Skip, hallo Tal,

ich habe  Dein Posting an Tal gerichtet, gelesen, und sogleich anschließend gegoogelt.
Js Tal, Deine Beiträge regen mich such an zu schreiben,  und gestern war es mir beinahe peinlich, dsss mrin Beitrag so ellenlang wurde. Und dann überraschend für mich, ein positives Feedback,

Ich habe meine Telefonfreundin jetzt leider nicht beduchen können. Sie hält sich 70 km von meiner Dtadt entfern bei ihrer Mutter suf, und wir beide eissen, was Mütter vermögen, und do gönne ich ihr rine Distanz zu mir. Die ist bekennende Hochsendible, idt Dozialpädagogin, und es ist ein Genuss und eine senditive Herausforderung, mit ihr über das eigene Ich - zu teilen.

Ich komme meinrm ziel, dad Thema: Anonymität und Demut zu beachten, weiter näher. , und brsuch die nächdten zwri Wochen bis dahin, noch Impulse.
Hielleicht bin ich jetzt gersde so impulsiv gedtimmt, eril sich auch hier im Tred bedonders etwas regt,  dasd gegenseitiges Verständnis und Annahme nich als Selbstverständlich,  mehr denn sld rine Gsbe betrachten msg.

Später mehr,
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #131 am: 10 September 2019, 13:11:10 »
Moin Skip, Andreas und Tal,

ich freu mich das es langsam wieder ein lebendiger Thread wird. Alle eure Beiträge berühren mich und verlangen in mir nach Antwort. Und doch überschattet das geschehene bei mir vieles.

Zu meiner Anfangszeit bei GA gab es im AK Ochsenzoll einmal in der Woche ein GA Meeting zu dem ich ging. Zu dem Meetings im Stadtgebiet kamen oft 3er Gruppen vom AKO. Der damalige Chefarzt Dr.
Kellermann hatte für die Therapie die zusammen mit anders süchtigen Regeln eingeführt. Fast alle galten für alle Patienten. Einige wenige nur für Spieler. Es gab ein Patientenrat. Dort wurden Aufgaben verteilt. Verstosse gemeldet und geahndet. Es gab einen Gewählten Rat die Entscheidungen treffen. In den Rat dürften keine Spieler gewählt werden. Gebe einen Spieler niemals einen Hut sagte Kellermann mal zu mir, wir haben darüber oft gewitzelt.

Nun gab es ja das Spendengesuch der Familie P. Nun kleine Familie 75.000 Euro Schulden Familie kurz vorm verhungern hat mir nun nicht gerade die Tränen in die Augen getrieben. Ich habe mehr Kinder, mehr Schulden, mir geht es Gold. Warum sollte das Familie P anders sein. Wenn es anders ist hat es sicher nichts mit dem Geld zu tun. Das ist doch wohl jedem Spieler sofort klar. Nicht nur das solche Beiträge gelöscht werden, warum eigentlich(Ich frag nur mal wegen der absoluten Offenheit nach aussen) berichtet ein anderer User das er sogar Anzeige erstattet hat.
Oha, ein Forum für Spieler wo sich jeder Angstfrei äussern soll wird hintenrum geforscht noch 100 andere Spendenaufrufe gefunden und Anzeige gestellt.
Mir bereitet die Kenntnis davon Schmerzen. Warum handeln Spieler so wenn Sie einen Hut auf haben, selbst nach langer Trockenheit?

Ja Anonymität und Demut, Andreas.
Da piekst Du in mir etwas an. Mein Statement kann man ja als ziemlich Hochmütig den Hutträgern gegenüber empfinden. Ich bemühe mich christlich zu Leben und finde doch immer wieder nicht die andere Wange zum hinhalten.

Nun trotz Sanktionen die ja dann wohl hoffentlich abgelaufen sind schreibt Skip hier wieder, das freut mich sehr.

Taro

Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #132 am: 10 September 2019, 20:36:37 »
Moin Taro, lieber Andreas...

Taro, spielst du auf 3 Posts pro Tag an :))

hm, ich denke solange meine Posts 'normal' bleiben, sind die Sanktionen soweit aufgehoben. Man darf das nicht so ernst nehmen, was ich zum Schluss hin verfasst habe. Wie gesagt hatte ich leider einen Zusammenbruch und hab das nicht mehr mit gesundem Verstand einschätzen können, was ich von mir gebe. Das ist im Übrigen eigentlich kein lustiges Thema, auch wenn ich ja gerne scherze. Im Prinzip ist das ein echt ungutes Handicap vor allem in Verbindung mit dem damit verbundenen Klischees und Stigma... Ich habe viel Traumatisches erlebt und es ist einfach scheibe, dass ich dadurch zu Zusammenbrüchen neige. Aber gleichzeitig lasse ich mich davon nicht unterkriegen und ich hab auch viel draus gelernt.. Und ich lasse mich nicht in die Kategorie 'psychisch krank' drücken, obwohl es echt schwer ist, sich dagegen zu wehren, wenn man mal einen Zusammenbruch hatte. Seltsames Thema, man würde das nie vermuten, wenn man mich so kennen lernt. Ich habe einen Mann, ein Kind, einen guten Job und komme lustig und fröhlich und kompetent an, tja, aber wie gesagt, in den letzten 8 Jahren musste ich einige Schicksalsschläge wegstecken.

Andreas, ja, das mit Hochsensibel ist jetzt gerade 'in', grad unter Frauen. Da es ein bisschen schwammig definiert ist, glaube ich nicht jedem, der von sich behauptet, es zu sein :). Aber so wie du deine Bekannte beschreibst, dass man sich von ihr gleich besonders verstanden fühlt, das kommt hin. Bei TAL hab ich auch immer den Eindruck aus irgendeinem Grund. Peinlich brauch dir nie ein Beitrag sein, egal wie lange. Entweder die Leute lesen ihn oder skippen ihn eben :). Aber ich finds interessant, was du verspürst. Sagmal, bist du manchmal ein bisschen einsam? Das meine ich aus deinen Worten herauszuspüren... Ich frag dich so direkt, weil ja die Sucht immer auch eine Lücke zu füllen scheint. Und wenn man sich dem Schmerz erstmal gewahr wird, ihn lokalisiert und eingesteht, dann ist dee erste Schritt, nein, nicht in die SHG, aber des Heilungsprozesses getan...

So, es tut mir leid, dass ich nicht näher auf eure Beiträge und Themen eingehen kann, ich muss jetzt was essen, bin hungrig. Aber vielleicht schreib ich demnächst was konkret zu den Inhalten.




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Offline taro

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #133 am: 12 September 2019, 21:01:08 »
Moin zusammen,

ich hatte nie einen Mangel an Erkenntnis. Ich wusste lange, dass ich spielsüchtig bin und ich etwas ändern muss. Als ich in meinem ersten Meeting war, hatte ich meinen ganzen Kopf voll neuer Erkenntnisse. Tatsächlich litt ich immer an einen Mangel am Tun. Ich habe mal gelesen, wenn man nicht innerhalb von 36 Stunden nach einer Erkenntnis es in die Tat umsetzt, dann läßt man es meistens.

Mein Problem an der 36 Stunden Regel, ich gehöre auch noch zu den Aufschieben. Ich brauch oft unendlich lange bis ich mich aufmache etwas zu ändern. Das ist möglich, weil ich in den Meetings immer wieder darüber sprechen kann. Dadurch setze ich die 36 Stunden immer wieder auf Null, bis ich endlich ins tun komme.

Taro

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Offline TAL

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Re: Erster Schritt in die SHG
« Antwort #134 am: 14 September 2019, 14:06:14 »
Guten Tag allerseits,


ja, das Lied hat damals ziemlich gut zu dir gepaßt, das dachte ich mir auch. Manchmal steht das Innere im krassen Gegensatz zur Erscheinung. Es ist jedenfalls schön zu lesen, daß es dir wieder bessergeht.

Ich mußte eben leise lachen, zum Glück kann das grad niemand hören. Würdest du das Wort 'sensibel' im Zusammenhang mit mir gegenüber jemandem, der mich kennt, verwenden, würde man dich sicherlich fragen, ob du von derselben Person sprichst.

Ich habe es mal gegoogelt, und ich weiß, was du meinst.
Trotzdem würde ich mich nicht als hochsensibel bezeichnen - eher als zwanghaft passiv und chronisch auf dem Schlauch stehend. Verstanden fühlt sich von mir wohl auch eher selten jemand... in etwa wie bei einer Konversation mit einer Schildkröte.
Im Prinzip ist es mir egal, ob mich jemand anblafft wie ein Terrier den Postboten... aber eigentlich sollte es mir nicht egal sein, oder?
Mich stört daran gar nicht die Schuldzuweisung, sondern dieses unnötige Gestresse.
"Denk, was du willst, aber tu es leise... oder nebenan."

Das fängt schon damit an, daß ich nichtmal was sage, wenn jemand in belehrendem Tonfall einem Kollegen einen Vortrag darüber hält, daß Polen ja nicht zur EU gehört, weil man dort ja nicht mit Euro zahlt.
Es ist ja nun wirklich nicht meine Aufgabe, die verpaßte Schulbildung anderer zu korrigieren.
Solche Bullshit-Belehrungen an Dritte höre auch ich mir dauernd an... bin eben derjenige, der jeden Tag aussieht, als wäre er grad aus dem Bett gefallen, und den Eindruck hinterläßt, er wäre zu blöd, einen Stift richtigherum zu halten.
Das ist okay so, und ein stückweit sogar gewollt, denn so hab ich meine Ruhe. Nicht aufzufallen hilft.
Ich sage nichts, selbst wenn ich mal 'dran' bin (das kommt selten vor, ich gucke dann nur komisch oder stehe auf und gehe), der Vortrag endet abrupt... und wiederholt sich auch nicht.
Dumm nur, wenn das nicht klappt, weil sie das Ganze dann einfach bei jemand anderem macht. Denn egal, wer es abbekommt, diese Omnipräsenz auf Teufel komm raus geht mir echt an die Substanz. Ich kann nicht abschalten, wenn jemand dauernd ungefragt auf sich aufmerksam machen muß. Auch wenn zwei andere sich über belanglosen Smalltalk unterhalten - sie weiß es besser (naja, meistens eben nicht) und mischt sich ein. Es ist so berechenbar (wie eigentlich alles, was sie tut) und macht mich einfach kirre.
Ich denke dann immer "Hör doch endlich auf, er hat dich schon vor fünf Minuten verstanden und ist mit Sicherheit bereits so in totaler Ehrfurcht vor deiner Allwissenheit, daß es ihm seit 4 Minuten und 55 Sekunden die Sprache verschlägt."
Manche hören sich eben selbst gerne reden - den ganzen Tag. Zum Leidwesen anderer.
Quatscht jemand über Canneloni-Rezepte und die Nachmittagsbetreuung der Tochter, geht das in Ordnung. Auch eine Erzählung über die Pläne im baldigen Ruhestand ist okay. Beides 'rieselt' eben nur, ich kann es zur Not ausblenden. Aber das... ist wie das Kratzen auf einer Schultafel.

In der Anonymität des Internets seine Meinung zu äußern fällt natürlich immer leichter. Ich schließe mich da sicher nicht aus. Ich habe auch schonmal darauf verzichtet, hier zu posten, zumindest in diesem jeweiligen Moment, weil ich merkte, ich würde etwas ungerechtes über jemanden in meinem Umfeld sagen, der nicht hier ist und sich nicht verteidigen kann. Habe dann lieber ein paar Stunden gewartet, bis ich die Gedanken klarer und weniger wertend fassen konnte. Ich würde mich nicht als impulsiv bezeichnen (mhhh... ja... sehr witzig... naja, jedenfalls nicht auf der Ebene zwischenmenschlicher Kommunikation), aber meine Hemmschwelle, einen inneren Dialog laut auszusprechen, entfällt hier eben. Das ist nicht immer gut.

Es gibt für alles Grenzen. Jemanden, der sich anmeldet, um Onlinecasino-Links zu posten, muß keiner tolerieren, das ist schon ziemlich unterste Schublade. Ab in die Mülltonne - richtig so. Auch permanent und obszessiv beleidigenlassen muß sich keiner, weder aus dem Hotel Berlin, noch von sonstwo. Auch das ist selbstredend.
Dann gibt es da aber eben noch die Anfragen von TV-Produktionen oder Spendenaufrufe. Manchmal ist ersteres schon ziemlich krass voreingenommen. Es geht dann offen darum, den Eindruck zu Unterhaltungszwecken zu bestätigen, und ganz sicher nicht um Aufklärung. Ich erinnere mich an den Typen, der jemanden suchte, der ein 'geheimes Doppelleben' führt, oder die Anfrage zur Vermittlung eines 'professionellen Lebensberaters', der jemanden im Alltag begleiten wollte, dessen Lebensweise ihm so weit 'entglitten' war, daß sie sich in der Struktur und Ordnung des Haushalts widerspiegelt (oder so ähnlich)... natürlich auch im TV.
Bei denen war es offensichtlich, sowas braucht auch keiner.
Aber es gibt halt solche und solche, leider weiß man das nie vorher.

Das hier heute ist auch so ein mehr als fragwürdiges Ding.
Es gibt hier zwei Möglichkeiten.
Entweder, die Threaderstellerin hat sich einfach nur extrem ungeschickt ausgedrückt (was bei so einer kurz hingeklatschen Einleitung schonmal passieren kann), oder eben nicht.
Sicher, mit so einer Reaktion hat sie wohl nicht gerechnet, das irritiert bestimmt, aber bisher hat sie auch noch keine Anstalten gemacht, das Ganze richtigzustellen, oder auf ungeklärte Fragen einzugehen... oder zur Not eben auch mal selbst nachzufragen, wo genau Klärungsbedarf besteht. Das zeugt nicht gerade von Tiefe oder wirklichem Interesse.

Zitat
Nun gab es ja das Spendengesuch der Familie P. Nun kleine Familie 75.000 Euro Schulden Familie kurz vorm verhungern hat mir nun nicht gerade die Tränen in die Augen getrieben.

Genau das dachte ich auch. Wie auch immer es ihnen jetzt geht, vorher ging es ihnen mit Sicherheit schlechter. Jetzt wird wenigstens die Miete bezahlt, zur Not stellt eine PI dies eben sicher. Daß dort keiner was spendet, Abzockmasche hin oder her, ist doch klar. Man hätte dem Ersteller genau das sagen können, und noch mehr zum Thema 'schlechte Idee'. Auch die Frage, warum er selbst nicht mit gutem Beispiel vorangeht, war durchaus berechtigt. Gespendet hätte so oder so keiner, es sähe aber deutlich 'erwachsener' aus, wenn man einfach mal drüber spricht.
Ich habe gar nichts dazu gesagt. Ist vielleicht auch nicht immer richtig.

Auch ich bin ein klassischer Aufschieber. Unliebsame Dinge tue ich meistens erst um fünf vor 12... oder gar nicht, wenn ich irgendwie drumrumkomme.
Der Gedanke, ich könne genauso (sucht-)krank sein, wie zum Beispiel ein Alkoholiker, kam mir nie in den Sinn. Ich wußte, ich kann nicht ohne, gleichzeitig war ich aber auch ziemlich sicher, daß das ja auch gar nicht nötig wäre. Ich sah es eben als meine Art von Hobby. Außerdem ist es jawohl meine Sache. Geht keinen was an. 
Schon absurd. Modellbauer oder Briefmarkensammler reden enthusiastisch über ihre Hobbies. Ich hingegen zog es vor, daß keiner davon wußte. Am meisten Aufwand habe ich betrieben, es vor mir selbst zu rechtfertigen.
Einsicht hat da auf sich warten lassen - sehr lange. Noch weit über meine aktive Zeit hinaus war Nie Wieder für mich utopisch und beängstigend.

Für mich war 'Alkohol-' oder 'Drogenentzug' immer... Tür zumachen, ein paar Wochen warten, Person ist geheilt.
Eigentlich hätte ich es zu dem Zeitpunkt schon besserwissen müssen, gedacht habe ich das aber trotzdem. Ist schon irgendwie ziemlich ignorant und widersprüchlich, wie man mit aller Macht die Augen vor sich selbst verschließt.
Einerseits habe ich es nie geschafft, nicht zu spielen, sobald ich irgendwie irgendwoher Geld hatte, andererseits fragte ich mich "He, warum geht der nicht einfach in ne Klinik, unterschreibt nen Wisch, daß sie ihn nicht rauslassen sollen, und nach ein paar Wochen geht es ihm wieder gut, und er hat gar kein Verlangen mehr danach, etwas zu trinken."
Erst vor ein paar Tagen habe ich versucht, jemandem zu erklären, warum das eben nicht so ist, bzw. nicht ausreicht. Die Antwort war ein Stirnrunzeln. Derjenige konnte es aber auch nicht verstehen, wie auch? Ich hingegen hätte es damals schon besserwissen müssen.

Wenn deine Posts zu lang sind, Andreas... wie soll man dann meine beschreiben?
Manchmal denke ich sowas bei mir auch... aber Skip hat's ja schon gesagt... wer nicht will, überspringt es eben einfach. Das sage ich mir jedenfalls immer, wenn ich nach dem Abschicken den ganzen Text sehe. Ich lese deine jedenfalls gerne. Es ist eine schöne Art, auszudrücken, was einen im Alltag bewegen kann.

Ich halte definitiv lieber die andere Wange hin, als mit Hut rumzulaufen. Im Gegenteil - der fällt nur unnötig auf.
Ob das nun gesünder ist, sei mal dahingestellt.
Das ist aber schon ziemlich extrem bei mir.

Ich habe grad viel um die Ohren, darum hört man nicht viel von mir. Es ist die Art von Situation, mit der ich absolut nicht klarkomme - nämlich wenn jemand auf mich angewiesen ist. Momentan beginnt mein Tag um 5:30h, ich gehe zur Arbeit,
und bin dann dem ganzen Tag weg, bis ich gegen 22:00 nach Hause komme. Dort bin ich allein. Ich liege dann im Bett und denke darüber nach, wie unglaublich schlecht ich in sowas bin. Was hätte ich besser machen können? Warum fühle ich dieses Versagen und das schlechte Gewissen? Warum zum Geier habe ich das nicht drauf? Nein Leute, es ist mir nicht egal. Auch ich mache mir Sorgen, und kann sowas nachempfinden. Ich weiß nur, es so gut zu verdrängen, daß ich es selbst nichtmal merke. Es kommt erst hoch, wenn ich allein bin, und ich kann es dann nicht einordnen. Schlechtes Gewissen, offenkundige Unzulänglichkeit, Sorge und die Frustration darüber, daß ich es nicht richtigmachen kann, wenn alle auf mich gucken.
Meine Ungeschicktheit macht es nur noch schlimmer. Ich will einfach nur, daß es wieder normal wird und keiner auf mich guckt und mich verurteilt. Ich weiß doch selbst, daß alle recht haben.

Heute ist Samstag, etwas entspannter. Trotzdem bin ich um halb acht aufgestanden, aber wenigstens habe ich jetzt kurz mal etwas Ruhe, der Tag ist nicht so komprimiert.

Ich mußte es auf der Arbeit leider erwähnen, ich hatte da dummerweise keine Wahl.
Am Mittwoch sagte ein Kollege "Du bist ja ziemlich entspannt in dieser Situation."
Ein anderer "Nein. Das glaube ich nicht. Sieht nur so aus. Guck mal, TAL's Hände zittern. Komm, trink erstmal nen Kaffee."
Ja, das taten sie wohl. Es war mir nichtmal aufgefallen, sonst hätte ich sie in die Hosentasche gesteckt.

Und jetzt ist noch der einfachere Teil. Mitte / Ende nächster Woche wird das ein 24-Stunden-Job. Ich habe zum Glück noch 15 Tage Urlaub (wie immer, ich verbrauche den nie, bis mich im Januar mein Chef dazu verdonnert, doch endlich mal zu Hause zu bleiben), aber das wird kaum reichen.

Ich kann sowas einfach nicht... und jeder kann das sehen. Dabei will ich doch helfen, ich weiß nur nicht, wie.
Gebraucht zu werden ist bei mir immer schlecht - für den anderen.

Insofern tut Anonymität doch ganz gut. Im richtigen Leben sind meine Unzulänglichkeiten leider oftmals allzu offensichtlich. Ich weiß das, und eigentlich hab ich da nach außen hin ein dickes Fell. Nach innen normal auch, es sei denn, jemand bedeutet mir etwas. Das ist gerade der Fall, mir geht das ungewohnt nahe, was das Ganze Chaos überhaupt erst so schwer für mich macht, nicht nur äußerlich. Anonym kann ich mich entscheiden, ob ich davon erzähle, komischerweise tu ich es trotzdem. Vielleicht, weil mich keiner sehen kann, wenn ich mal sage, wie es mir dabei geht.

Ich muß eben duschen und gleich wieder los.
Ich wünsche ein schönes Wochenende.

 

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