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Rückfall und Vertrauen

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Rückfall und Vertrauen
« am: 15 Dezember 2021, 20:08:13 »
Hallo,
Ich war noch nie in einer Beratung. 
Vielleicht könnt ihr mir helfen, wahrscheinlich auch aus Erfahrungen sprechen. Ich bin oder war 4 Jahre mit meinem Verlobten zusammen. Nach ca. einem halben Jahr hab ich damals erfahren das er Spielsüchtig ist. Ich hatte die ganzen Jahre Probleme mit dem Vertrauen,  weil ich Angst hatte das er wieder spielen geht. Letzten Montag hab ich erfahren, dass er seit 5 Monaten wieder spielen geht. Seit dem ist die Beziehung auch beendet. Aber ich liebe ihn einfach, mein Kopf ist im Moment eine Achterbahn der Gefühle. Ich hab solche Angst vor Enttäuschungen. Er hat mir zwar versprochen eine Therapie zu machen, aber das hat er damals auch gesagt. Und dennoch wurde ich immer und immer wieder belogen. Im Endeffekt weiß ich gerade selber nicht was ich möchte oder sagen soll. Vielleicht kann mir ja jemand von seinen Erfahrungen zwecks Vertrauen oder Beziehung sagen. Ich bin einfach nur verzweifelt
LG Lisa

Re: Rückfall und Vertrauen
« Antwort #1 am: 15 Dezember 2021, 21:38:23 »
Hallo  Lisa,
du liebst einen Menschen, dem das Spiel (momentan) wichtiger ist als du es bist. Deshalb fehlt dir auch über die letzten Jahre das Vertrauen zu ihm. Vertrauen ist aber einer der wichtigsten Eckpfeiler einer funktionierenden Beziehung. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, ohne grundlegende Änderung im Verhalten deines (ehem.) Partners wird es nicht funktionieren. Die Einsicht in dass eigene Fehlverhalten untermauert man nicht mit Versprechungen, sondern mit Taten. Wie ein ehrlicher Umgang mit der eigenen Sucht aussieht, das ist hier zur Genüge beschrieben.
Manche Beziehung lebt von der Gewohnheit und das möchte man sich erhalten. Nach einiger Zeit der Trennung verschwimmen manchmal die negativen Eindrücke und man macht sich falsche Illusionen.
Du könntest ihm bei der Bewältigung seiner Probleme helfen, wenn er es denn wirklich möchte, Andernfalls wirst du dich aufreiben und immer wieder enttäuscht zurückbleiben.
Denke bei allem auch an dich!

Liebe Grüße

Wolfgang


"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

Re: Rückfall und Vertrauen
« Antwort #2 am: 16 Dezember 2021, 02:47:25 »
Hallo  Lisa,
du liebst einen Menschen, dem das Spiel (momentan) wichtiger ist als du es bist. Deshalb fehlt dir auch über die letzten Jahre das Vertrauen zu ihm. Vertrauen ist aber einer der wichtigsten Eckpfeiler einer funktionierenden Beziehung. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, ohne grundlegende Änderung im Verhalten deines (ehem.) Partners wird es nicht funktionieren. Die Einsicht in dass eigene Fehlverhalten untermauert man nicht mit Versprechungen, sondern mit Taten. Wie ein ehrlicher Umgang mit der eigenen Sucht aussieht, das ist hier zur Genüge beschrieben.
Manche Beziehung lebt von der Gewohnheit und das möchte man sich erhalten. Nach einiger Zeit der Trennung verschwimmen manchmal die negativen Eindrücke und man macht sich falsche Illusionen.
Du könntest ihm bei der Bewältigung seiner Probleme helfen, wenn er es denn wirklich möchte, Andernfalls wirst du dich aufreiben und immer wieder enttäuscht zurückbleiben.
Denke bei allem auch an dich!

Liebe Grüße

Wolfgang

Puh, deinen ersten Satz finde ich schwierig und viel zu einfach missverständlich formuliert. Was jedoch gravierende Folgen haben könnte bei der Lisa. Frauen sind aus meiner Erfahrung heraus emotionaler und empfindlicher, sie könnte das nun enorm falsch einordnen.

Meine persönliche Meinung an Lisa:
Das Glücksspiel bzw die dadurch hervorgerufenen Emotionen vernebeln die eigentlich tatsächliche Situation. Der Mensch ist ein soziales kontaktfreudiges Wesen, grundlegend ist doch eigentlich die "Einsamkeit" das schlimmste neben schweren Krankheiten, was man im Leben erleiden kann. Ich behaupte, das du ihm wegen der Spielsucht alles andere als egal bist. Denn die Sucht täuscht ihm etwas surreal vor, die er nur von dir jemals tatsächlich bekommen kann.

Solange er nicht selbst die Erkentnnis findet, wirst du nicht viel dran ändern können. Wenn er sich aber nicht mals mehr die Mühe macht, dir gegenüber aufrichtig ehrlich zu sein/wirken, die dauerhaft Lügen auftischt, dann muss man irgendwann sicherlich anfangen zu akzeptieren, das man nicht jeden Menschen helfen und verändern kann. Spätestens dann musst du auch mal an dich denken und entsprechend Konsequenzen ziehen

*

Offline Olli

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  • 6.756
Re: Rückfall und Vertrauen
« Antwort #3 am: 16 Dezember 2021, 06:29:56 »
Hi Lisa!

Herzlich willkommen!
Zunächst einmal möchte ich Dir sagen, dass es absolut richtig war, hier von Deiner Situation zu berichten. Du sprichst einleitend von Beratung. Das machen wir hier nicht. Wir berichten von unseren Erfahrungen. Wir sind auch nicht in Sprachtechniken geschult, sondern reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist.
Trotzdem lege ich Dir nahe hier weiter zu schreiben und Dir auch selbst einmal einen Termin bei einer Suchtberatung zu machen.
Die sind auch für die Probleme der Angehörigen geschult. Es wird Dir gut tun ...

Was Du hier schilderst, ist leider klassisch. Du als Angehörige bist "machtlos", wenn Dein Freund spielt und auch schon wenn er "nur" lügt. Dabei möchtest Du nicht belogen werden. Wer möchte das schon. Du schenkst Vertrauen und so wird es Dir belohnt.
Du möchtest aber auch glauben. Das alles entspricht alles Deinen Werten - gegen die er permanent verstößt.
Ist es da nicht logisch, dass Du Dich mies fühlst? Jede Lüge als persönlichen Affront gegen Dich betrachtest?
Du möchtest lieben und Du möchtest geliebt werden - doch sehen so die Zeichen der Liebe aus?

Aus Spielersicht kann ich Dir sagen, dass Du nicht der Grund für die Lügen bist. Du bist nicht schuld daran, dass er Dich belügt und Versprechungen macht, die er gar nicht einhalten möchte.
Auch er verstößt gegen seine Werte mit seinem Verhalten. Er fühlt sich auch nicht wohl dabei. Aber er hat seine Sucht, bei der er seine negativen Gefühle verdrängen und durch "glückliche" ersetzen kann - kurzfristig. Das Glücksspiel gibt ihm also etwas.
Und so kommt die Angst vor dem Verlust des Spielens auf. Es kompensiert ja so schon ein oder mehrere Defizite, die er selbst vielleicht gar nicht kennt. So wird Zeit geschunden. Es ist ja auch noch Zeit ... ich bin jung ... ich habe Zeit ... später ... nur nicht heute!
Die Lügen und Vertrauensverluste, die er Dir zufügt, sind nicht von Jetzt auf Gleich gekommen. Hier gab es auch bei ihm eine Gewöhnungsphase, bei der er langsam aber stetig Grenzen überschritten hat. Ihm fällt das gar nicht mehr selbst so extrem auf und wenn doch, dann verdrängt er es - zur Not im nächsten Spiel.

Unsere Krankheit können wir nicht durch Aussitzen zum Stillstand bringen. Dafür müssen wir schon etwas tun. Du kannst ihm diese Arbeit nicht abnehmen. Du kannst ihn aber unterstützen, indem Du wie jetzt Deine Grenzen absteckst und bei Verstoß dagegen Konsequenzen durchziehst. Wird er Dich lieben? Sicherlich ... Mehr als das Spielen? Das wird sich zeigen ...
Das ist Deine Möglichkeit ihn in Liebe zu unterstützen.
Entscheidet er sich für Dich und wird bezüglich seiner Sucht aktiv ... prima. Sei dann aber auch weiterhin vorsichtig, denn Glücksspielsucht kann man nicht heilen, sondern nur stoppen.
Entscheidet er sich aber für die Sucht, dann hast Du mit der Trennung alles richtig gemacht. Dann hat er Dich schlicht auch nicht verdient!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Rückfall und Vertrauen
« Antwort #4 am: 16 Dezember 2021, 11:48:45 »
Hallo Dennis,
ich werde den von dir erwähnten ersten Satz nicht ändern, damit der Bezug zu deinem Beitrag erhalten bleibt. Aber ich gebe dir recht und hoffe, dass Lisa meine Aussage so versteht, wie es in der Folge von dir richtigerweise beschrieben wurde.


Wolfgang
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

Re: Rückfall und Vertrauen
« Antwort #5 am: 16 Dezember 2021, 11:55:33 »
Hallo Lisa,

dir wurden schon viele gute Denkanstöße gegeben.

Aus Sicht eines Spielers kann ich dir nur sagen: Es zählen keine Worte, sondern Taten. Bei einem meiner ersten Gespräch bei der Suchtberatung war meine Frau dabei. Das wollte ich auch, damit a) sie sieht, dass ich aktiv etwas tue und b) damit auch sie Fragen stellen kann.

Reden können Süchtige lang und viel (wir sind super Lügner). Was wirklich zählt ist die Tat. Tut er wirklich etwas um abstinent zu werden?

 

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