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Was, wenn zocken der letzte Ausweg ist?

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Was, wenn zocken der letzte Ausweg ist?
« am: 07 August 2020, 15:02:37 »
Hallo zusammen,
ich habe mich heute Nacht hier registriert, aber vorher die halbe Nacht einige Threads gelesen und bin schockiert, wie vielen Menschen das Glücksspiel zum Verhängnis wurde. Wiederum bin ich erleichtert, dass ich nicht einzige Kranke hier bin (soll nicht böse rüberkommen).

Erst einmal zu mir und meine Vorgeschichte:

Ich bin 23 Jahre alt und mit 5 älteren Geschwistern aufgewachsen. Richtige Liebe gab es in meiner Familie nie (selten mal unter uns Geschwistern). Mittlerweile geht jeder seinen eigenen Weg. Meine Eltern haben sich geschieden (ca. vor 1 Jahr). Früher war ich das Nesthäkchen in der Familie, heißt aber nicht dass ich alles bekommen habe, was ich wollte. Von der Grundschule an war ich immer eher Einzelgänger, Freunde hatte ich so gut wie nie (Kindheit war trotzdem schön :)). Bis nach der Grundschule lief alles gut und dann fing das Ausgrenzen und Mobbing hat. Bis zur zehnten Klasse verlief mein Leben trotz Depression mit 2 Suizidversuchen relativ angenehm. Ich habe das Mobbing einfach alles so hingenommen, weil ich mir dachte, dass ich es sowieso verdient hatte (Selbstzweifel kamen auf, sowie Selbsthass (teilweise bis heute noch)). In der zehnten Klasse lernte ich meinen allerersten besten Freund kennen, ich war zu dem Zeitpunkt 19. Wir waren dann einmal zocken und dort gewann er mit 20 Euro sage und schreibe  1000 Euro! Das haben wir dann aufgeteilt und uns ein schönes Leben gemacht. Zuvor hatte mein ältester Bruder mit dem Spielen angefangen (war dort gerade mal 17 Jahre alt) und hatte meine Eltern mit dem Zocken angesteckt. Auch sie wurden süchtig. Sie waren dann immer lange weg, bis spät abends und saß zuhause alleine. Weil das Spielen von meinem Bruder und Eltern so hochgelobt wurde, hatte ich meinen Eltern sogar immer ein bisschen Kleingeld mitgegeben, in der Hoffnung, dass sie damit für mich gewinnen, weil ich sowieso nie Taschengeld oder sonst was bekam. Egal ob Markenschuhe, Klamotten oder sonst was, ich habe nie etwas neu bekommen - immer die Klamotten von meinen älteren Geschwistern. Im Nachhinein lache ich mich selber aus, weil ich ernsthaft geglaubt habe, dass mir Spielsüchtige erzählen würden, wenn sie mit MEINEM Geld gewinnen. Ich fing dann an mit Spielgeld online zu spielen, aber nicht jeden Tag, sondern einfach nur wirklich aus Spaß. Der Tag, an dem ich 18 wurde, war der schlimmste Tag überhaupt. Ich habe die meiste Zeit meines Teenagers-Lebens damit verbracht, nur am PC zu sitzen. Ich habe dadurch vieles selbst beigebracht (Videobearbeitung, Bildbearbeitung, Programmierung, usw.). An meinem 18. Geburtstag, war ich völlig alleine und habe nicht gefeiert. Niemand wollte mich bei sich haben, nicht einmal meine Geschwister. Man sagte mir, ich habe selber Schuld, weil ich mich selber immer ausgegrenzt hätte. Die Sache war, dass ich nie was unternehmen wollte, weil ich das Gefühl hatte, das mich niemand mag und man mich auslachen würde oder im Endeffekt hinterrücks mich schlecht reden würde.

Mit 19 kam dann der Punkt (der Zeitpunkt mit meinem ehemaligen besten Freund), wo ich mich verändert hatte. Ich ging meinen eigenen Weg und zog über das Jobcenter aus. In einem Haushalt zu leben, wo Gewalt (verbal sowie körperlich) eine große Rolle spielt, wollte ich nicht mehr länger leben. Anfangs lief mein eigener Haushalt sehr gut. Ich besuchte die Berufsschule, aber meine Depression hatten mich leider eingeholt und ich ging nicht mehr hin und ab dort ging dann auch das Zocken los. Zwischenzeitlich war ich in Therapie (stationär und ambulant), erfolglos. Nach einem Jahr wiederholte ich die Schulform in der Berufsschule. Dort wurde ich dann leider wieder gemobbt und die Klassenkameraden haben alles mitbekommen, dass ich jeden Monat mein Hartz IV verzockt habe. Daraufhin folgte ein Streit mit meinem ehemaligen besten Freund, weshalb ein dritter Suizidversuch stattfand. Wäre mein ehemaliger bester Freund nicht gewesen, wäre ich tot. Ich habe mit der Zeit festgestellt, wie falsch er ist und das war für mich ein Punkt im Leben, wo ich realisiert habe, dass ich wieder alleine bin. Nach meinem Suizidversuch wurde ich direkt in Behandlung aufgenommen und die Dame vom Landkreis war der Meinung, dass ich nicht suizidgefährdet bin und alles ja nur vorspiele. Am liebsten hätte ich dieser Dame richtig gerne in die Fr*ss* gehauen. Ich war so sauer, dass nicht einmal eine vom Landkreis beauftragte Dame, die darauf spezialisiert ist, einen suizidgefährdeten Teenager zu erkennen! Letztendlich habe ich diese Therapie auch abgebrochen. Ich war eine Zeit lang zuhause.

Bis ich dann wieder eigenständig in Therapie ging. Dieses mal mit Erfolg! (PS: In meinen Therapien ging es immer nur um meine Depression und Soziale Phobie, nie um Spielsucht, weil ich es verheimlichte). Meine Klinik war von meinem Wohnort nur mit dem Bus zu erreichen, da sie in einem Dorf lag. Etwa 20km lagen zwischen meinem Zuhause und der Klinik. Ich habe gedacht, dass ich durch die Therapie mehr Geld übrig habe und ging deshalb zocken. Ich ersparte mir ja schließlich Essen, was eine Menge ausmacht (Frühstück, Mittag, Abendbrot). Nach der Therapie fühlte ich mich sehr gut, obwohl ich trotz allem nach wie vor alles verzockt habe. Kurz vor der Therapie häuften sich dann auch die ersten Schulden. Ich konnte meinen Handyvertrag nicht mehr zahlen (100 Euro waren viel für mich bei einem Einkommen von nicht mal 400 Euro). So häuften sich dann die Schulden an. Ich bestellte Sachen auf Rechnung, weshalb ich jetzt dick in der Schufa stehe. Es folgten etliche Verträge und Ratenkäufe. Es ging sogar so weit, dass ich auf falschen Namen bestellte. Ich wurde kaufsüchtig.

Schon flatterten die ersten Anzeigen ins Haus. Es blieb bei Geldstrafen. Um meine Sucht weiterhin befriedigen zu können, begann ich Betrug bei ebay Kleinanzeigen. Bis vor 2 Monaten habe ich regelmäßig bei ebay betrogen. Vor 2 Monaten hatte ich etwa 5000 Euro durch Ebay Betrüge gewonnen. Mittlerweile belaufen sich meine Anzeigen bzw. Geldstrafen bei über 5000 Euro. Bis vor 2 Monaten habe ich auch regelmäßig meine Ratenzahlung getätigt. Als eine Zahlungsaufforderung kam, habe ich diese ignoriert. In dieser steht drin, dass ich zwei Wochen habe, um die Gesamtsumme zu bezahlen, ansonsten erfolgt Haftbefehl. Jeden Tag sitze ich Zuhause und stelle mir immer und immer wieder die selbe Frage: Woher bekomme ich Geld?

Dank der Zeit von Corona konnte ich nicht zocken. Dasselbe gilt für meine Mutter, sogar sie hat es geschafft nicht mehr zu zocken. Aber leider ist sie rückfällig geworden. Das Online Casino spielt für mich keine Rolle mehr (habe trotzdem von dem Ebay Geld mehrere Tausend Euro online verzockt). Einmal hatte ich im Online Casino 1200 Euro gewonnen, 1000 Euro davon auch ausgezahlt. Diese landeten teilweise im Automaten. Aber letztendlich ist es eher die Spielhalle und Spielbank, als das Online Casino, was mir mittlerweile im Weg steht.

Aktueller Stand:
Ich bin im Mai in eine neue Stadt gezogen, wo meine Mutter auch wohnt (Eltern haben sich getrennt vor einem Jahr). Ich habe bisher nicht ein einziges Mal Miete gezahlt. Grund dafür ist, dass ich bis Februar 2020 in eine Spielhalle gearbeitet habe. Ich habe meinen Job geliebt. Die Smalltalks mit den Gästen und vor allem diese familiäre Art und Weise mit den Stammgästen. Nach genau einem Jahr wurde ich gekündigt. Es ist nichts vorgefallen. Ich muss gestehen, dass ich mir mal ab und ab (war abgesprochen mit der Chefin!) Geld aus der Kasse nahm, aber nicht zum Zocken, sondern für Zigaretten. Meine Höchste Kassendifferenz waren zum Glück nur 100 Euro. Ich habe immer alles rechtzeitig ausgleichen können. Seit meinem Jobverlust bekomme ich lediglich 700 Euro ALG I und 10 Euro aufstockend Hartz IV (wären eigentlich 120 Euro, aber Darlehen usw. werden abgezogen). Meine Miete allein kostet 400 Euro warm + 50 Euro Strom + Gas (noch nicht mal angemeldet :(.. ) + Vodafone DSL (Habe da auch 300 Euro offen, dauert nicht mehr lange bis mein Anschluss gesperrt wird) und noch andere Fixkosten. Damit kann ich niemals leben. Hinzu kommt, dass ich in meiner jetzigen Wohnung keinen Boden im Wohnzimmer habe. Hierfür hatte ich 100 Euro bekommen, diese landeten logischer Weise im Automaten. Es wäre sowieso zu wenig Geld, da mein Wohnzimmer allein 33qm groß ist. Eine Küche habe ich auch nicht. Ich esse so gut wie gar nichts mehr, wiege bei einer Größe von 172cm nur noch etwa 48 Kilo. Ich ekel mich vor mir selber und kann gar nicht mehr in den Spiegel schauen.

 Leider wohne ich direkt neben einer Spielbank. Jedoch ist es verwunderlich, dass ich dort erst einmal war und lieber die Spielhallen bevorzugt habe. Ich habe vor kurzem eine Kindergeld Nachzahlung bekommen (800 Euro). Diese landeten im Automaten. Ich habe dann vor kurzem auch in der Spielhalle 700 Euro gewonnen. Auch diese sind weg. Mein Kindergeld kam auch gestern, auch dies ist weg. Ich muss dazu sagen, dass ich monatelang kein Konto hatte, aufgrund der Sache mit ebay. Das heißt, ich hatte lediglich Bargeld.

Nun ist der 07. August, meine Mutter hat morgen Geburtstag, ich habe kein Geschenk, mein Kühlschrank ist leer, genau so leer wie ich es bin. Bis vor kurzem hatte ich geglaubt, Freunde fürs Leben gefunden zu haben, aber leider war dem nicht so. Mir schulden Leute aus meinem letzten Freundeskreis etwa 150 Euro. Wie es mir momentan geht interessiert niemanden. Ich wäre am liebsten nicht mehr existent, weil alles zu viel ist. Meine schulische Ausbildung startet am 01.09.2020 (Das einzige was mich hoffen lässt).

Ich bin einfach absolut ratlos und weiß nicht mehr weiter. Wie kann ich bitte 4 Monatsmieten zurückzahlen mit einem monatlichen Einkommen von 700 Euro... Die Staatsanwaltschaft, die Schulden von Privatleuten, meine Wohnung die nie fertig wird, weil mir niemand hilft (und das bei 5 Geschwistern!)... ich bin einfach am Ende..

Re: Was, wenn zocken der letzte Ausweg ist?
« Antwort #1 am: 07 August 2020, 17:15:03 »
Zitat
Was, wenn zocken der letzte Ausweg ist?

Wenn du dir deinen Beitrag nochmals durchliest, wirst du merken, das es niemals der letzte Ausweg sein kann denn sonst würdest du nicht da stehen wo du nun stehst...
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Re: Was, wenn zocken der letzte Ausweg ist?
« Antwort #2 am: 07 August 2020, 21:05:55 »
Nö, zocken ist nicht der Ausweg. Du siehst ja wohin es dich gebracht hat.

Aber ja, willkommen im Club, der wesentlich mehr Mitglieder hat als man denkt. Weil es alle geheim halten. Ich denke mal, du weisst was du tun musst. Zocken gehört nicht dazu, aber zu deinen Schwächen und Fehler stehen und nun das richtige tun. Sei stark und hol Hilfe!

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Offline MM25

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Re: Was, wenn zocken der letzte Ausweg ist?
« Antwort #3 am: 10 August 2020, 19:35:20 »
Hey XMORRE,

der Weg ist hart und weit, aber nur wenn du selber aufstehen willst,kannst du den Weg auch gehen.

Ich war 1 1/2 Jahre spielfrei und nach ner OP hats mich leider kalt erwischt und es waren schnell 10.000€+ weg. Ich habe eine Verlobte, eine relativ gut aussehende Zukunft und eigentlich alles was man braucht. Trotzdem ist diese Schei*e wieder gekommen und hat mich wieder in den Abgrund gezogen und alle um micj herum verletzt. Für mich ist es die allerletzte Chance bevor alles und ich meine wirklich ALLES endgültig vorbei ist.

Du lebst nur ein einziges Mal und das solltest du nutzen. Ich bin auch erst wieder am Anfang aber zum Glück gibt es dieses Forum und die Menschen wie Olli, Born etc. die einem wirklich gute Ratschläge und Hilfe geben.

Such dir jemanden der dein Geld was du noch hast sinnvoll einteilt, wenn dort noch jemand ist dem du Vertrauen kannst.

Aufgeben ist immer einfacher aber ich denke dann wären viele hier eben nicht registriert..

KOPF HOCH !

 

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