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BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?

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Zitat
BGH zur Strafbarkeit von Glücksspielanbietern

Am 03.06.2020 hat der Bundesgerichtshof seine Leitsatzentscheidung vom 27.02.2020 veröffentlicht. Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass der Straftatbestand des § 284 StGB erfüllt ist, wenn ein Glücksspielanbieter das Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob materiellrechtlich das Glücksspiel genehmigungsfähig wäre.

Wir zitieren einen der Leitsätze:

„Handelt der Täter ohne behördliche Erlaubnis, so kommt es für die Erfüllung des Tatbestands des § 284 Abs. 1 StGB nicht darauf an, ob sein Vorhaben materiellrechtlich genehmigungsfähig ist.“ (BGH, Urteil vom 27.02.2020 – 3 StR 327/19)

Allein maßgeblich ist das Vorhandensein einer behördlichen Erlaubnis, da § 284 Abs. 1 StGB verwaltungsakzessorisch ausgestaltet ist. Das bedeutet, dass alleine der Verwaltungsakt (= behördliche Erlaubnis) entscheidend ist und nicht das materielle Verwaltungsrecht.

Mit anderen Worten ist eine Strafbarkeit dann nicht gegeben, wenn eine rein formal wirksame Erlaubnis erteilt wurde. Wenn formal keine Erlaubnis vorhanden ist, ist der Straftatbestand des § 284 StGB erfüllt.

Bezogen auf das Onlineglücksspiel bedeutet dies, dass alle im Internet veranstalteten Sportwetten ohne formal erteilte Erlaubnis/Konzession einer deutschen Behörde den Straftatbestand des § 284 StGB erfüllen.

Dabei ist nach der BGH-Rechtsprechung irrelevant, ob eine solche beantragt wurde oder gar erteilt werden müsste, da sonst Sinn und Zweck des Erlaubnisvorbehalts leer laufen würden.

Wir zitieren:

„Das Fehlen einer behördlichen Erlaubnis erfüllt den Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB ungeachtet einer möglichen materiellrechtlichen Genehmigungsfähigkeit. Das Vorliegen eines Sachverhalts, bei dem die Erlaubnis erteilt werden könnte oder gar müsste, begründet keinen Tatbestandsausschluss, da sonst Sinn und Zweck des Erlaubnisvorbehalts leerliefen.“ (BGH, Urteil vom 27.02.2020 – 3 StR 327/19)

Da Onlinecasinos nicht mal erlaubnisfähig sind - also absolut verboten sind - ist der Straftatbestand gemäß § 284 StGB ohnehin erfüllt, wenn Onlinecasinospiele in Deutschland angeboten und veranstaltet werden.

Außerdem hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Strafbarkeit gemäß § 284 in Verbindung mit dem aktuellen Glücksspielstaatsvertrag nicht gegen EU-Recht verstößt.

Wir zitieren den weiteren Leitsatz:

„Europarechtliche Vorgaben stehen einer Strafbarkeit nach § 284 Abs. 1 StGB in Verbindung mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 (GlüStV) und dem Niedersächsischen Glücksspielgesetz (NGlüSpG) nicht entgegen.“ (BGH, Urteil vom 27.02.2020 – 3 StR 327/19)

Für Spieler, die ihr Geld bei Onlinesportwetten oder im Onlinecasino verspielt haben, ist das Urteil eine sehr erfreuliche Entscheidung.

Mit dieser Entscheidung kann den Onlineglücksspielanbietern nicht nur der Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV (Internetverbot) vorgeworfen werden, sondern nunmehr auch die Strafbarkeit gemäß § 284 StGB.

§ 284 StGB stellt im Sinne des § 134 BGB ebenfalls ein Verbotsgesetz dar. Ein Verstoß dagegen führt dann zur Nichtigkeit des Glücksspielvertrages zwischen dem Spieler und dem Onlineglücksspielanbieter und somit zum Erstattungsanspruch des Spielers gegen den Onlineglücksspielanbieter.

In Anbetracht dieser BGH-Entscheidung und des Urteils des OLG Koblenz aus Juli 2019, mit dem Schadensersatz infolge des Verstoßes gegen das Onlineglücksspielverbot zugesprochen wurde, lohnt es sich gegen die Onlineglücksspielanbieter vorzugehen.

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/bgh-zur-strafbarkeit-von-gluecksspielanbietern_168875.html

Edit durch Olli: Quellenangabe hinzugefügt
« Letzte Änderung: 15 Juni 2020, 15:48:48 von Olli »

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Offline Olli

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Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #1 am: 15 Juni 2020, 15:51:24 »
Hi!

Das bedeutet ... FREUDENTANZ ... :)


Meine Interpretation:
Mit diesem Urteil gibt es keine Grauzone im Bereich der Sportwetten mehr!
Da das Konzessionsverfahren, sogar durch die Glückspielanbieter selbst, gekippt wurde, handeln alle Sportwettanbieter unerlaubt!
Hier gilt dann auch nicht mehr die 1000 € - Grenze je Monat aus dem Glückspielstaatsvertrag.

Desweiteren können nun die Online-Casino und Online-Wettanbieter, zumindest innerhalb der EU, strafrechtlich belangt werden.
Es bedarf also nun Käger, die dies einfordern. Im Fall der Fälle dürften bei dem Ausmaß der Straftaten die Höchststrafe von 5 Jahren für die Verantwortlichen, z.B. Geschäftsführer, angemessen erscheinen. (aus meiner Sicht noch zu niedrig!)


Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #2 am: 15 Juni 2020, 16:48:48 »
Naja aber alles wieder mit einem Anwalt extra verbunden, damit man sein Geld ( Schadensanspruch ) geltend machen kann, Die Mails bleiben die gleichen....

Mal sehen was die Tage noch mit sich bringen😁👍

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #3 am: 15 Juni 2020, 17:22:25 »
solange keiner alle möglichkeiten einer klage und vollstreckung durchzieht, werden die sich auf EU beziehen. Die wissen genau, dass kaum einer überhaupt die finanzielle und nervliche Kraft hat, diese Sache bis Ende durchzuziehen. Und falls einer soweit kommt, wird am Ende eine außergerichtliche Einigung erziehtl und man bekommt nichts mehr mit von diesem Fall.

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Offline Olli

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  • 6.756
Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #4 am: 15 Juni 2020, 17:25:20 »
Man müsste sich mal informieren, ob es für einen Spieler sinnvoll ist, Strafantrag zu stellen.
Diesen kann nur ein Geschädigter stellen.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #5 am: 15 Juni 2020, 17:34:06 »
Der Kläger dürfte sich dann auf eine außergerichtliche Einigung nicht einlassen und es also durchziehen so das es auch öffentlich dann wird...


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Offline Vetram

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Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #6 am: 15 Juni 2020, 17:39:05 »
Stellt sich die Frage ob der Leitsatz auch auf die Zahlungsanbieter Einfluss hat???
Jetzt ist es ja amtlich dass das Betreiben der Casinos illegal ist.
Da sollte jeder der die Möglichkeit hat noch ein CB ausführen

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #7 am: 15 Juni 2020, 17:47:42 »
Ja...
Whdg meinte gegen Sofortüverweisung machen die bzw. Haben die gerade keine Chance die wollen es direkt gegen Casinos versuchen...
Paypal CB haben die meisten ja schon getan.

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #8 am: 15 Juni 2020, 20:11:21 »
Strebt whdg denn auch eine Anklage gegen die OCs an?

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Kläger2019

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #9 am: 15 Juni 2020, 21:02:00 »
Strebt whdg denn auch eine Anklage gegen die OCs an?
Wirholendeingeld.de macht im Grunde nichts anderes, wie die Anwälte selber. Die warten genauso auf ein höchstrichterliches Urteil gegen Casinos, um dementsprechend die Klienten, darauf bezugnehmend, zu vertreten und die gezahlten Gelder zurückzuholen. Ich würde keine 43% abgeben wollen, wo schon relativ sicher ist, durch selbst beauftragte Anwälte, die ebenso dieses Urteil als Fundament nehmen.
« Letzte Änderung: 15 Juni 2020, 21:05:20 von Kläger2019 »

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #10 am: 15 Juni 2020, 21:08:20 »
@Kläger

Sehe ich genauso, die warten nur ab bis es jeder machen kann nur kassieren die Provisionen. Wie bei Paypal, nur wusste ich das damals nicht bevor ich das Forum fand. Ansonsten hätte ich mir die 35% auch sparen können und es selber hätte zurückholen können.

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Offline Olli

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  • 6.756
Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #11 am: 15 Juni 2020, 21:59:46 »
Hi Leute!

Zerschießt doch bitte nicht das Thema.
Zu Euren Fragen gibt es massenhaft Threads, in denen Ihr nachlesen könnt.
Ansonsten eröffnet bitte Eure eigenen Threads.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
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Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #12 am: 15 Juni 2020, 23:12:37 »
Man müsste sich mal informieren, ob es für einen Spieler sinnvoll ist, Strafantrag zu stellen.
Diesen kann nur ein Geschädigter stellen.

Auf Grund der Leitsatzentscheidung vom BGH sollte man, zumindest nach meiner persönlichen Meinung, erst den Kontakt mit dem OC suchen und darauf hinweisen und abermals eine Frist von 14 Tage (besser 21 Tagen) setzen zur Rückzahlung; sofern das OC weiterhin blockt einen RA kontaktieren und ggf. Strafanzeige stellen.

Gut, ich schreib nun die OC per Mail an und schauen wir mal was passiert.

Nachtrag:

Mail an das OC ist raus.....warten....
« Letzte Änderung: 15 Juni 2020, 23:55:07 von Born4Nothing »
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Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #13 am: 16 Juni 2020, 00:06:31 »
So sehr ich solche Urteile auch begrüße - aber für meinen Geschmack wird hier zu pauschal und oberflächlich argumentiert und zitiert.

Auch wenn das so in den Leitsätzen des Urteils steht aber:

"Außerdem hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Strafbarkeit gemäß § 284 in Verbindung mit dem aktuellen Glücksspielstaatsvertrag nicht gegen EU-Recht verstößt."

müsste eigentlich wie folgt lauten:

"Der BGH hat klargestellt, dass die Strafbarkeit gemäß § 284 in Verbindung mit § 25 I GlüStV ......nicht gegen EU-Recht verstößt.

Es geht hier um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt ohne Auslandsbezug. Selbst wenn der GlüStV als Ganzes, insbesondere § 4 Abs. 4 GlüStV, mit EU-Recht vereinbar wäre/ist, muss man immer noch
alle sonstigen Tatbestandsmerkmale des § 284 StGB in Bezug auf ausländische Online-Casino-Betreiber prüfen, um eine Strafbarkeit herbeizuzaubern - so einfach ist das also dann doch nicht......

Re: BGH Leitsatzentscheidung - was bedeutet dies nun für Spieler?
« Antwort #14 am: 16 Juni 2020, 00:13:12 »
Was willst du denn mit §25?

Fakt ist die OC Argumentieren doch ständig das der Glückspielstaatsvertrag gegen EU-Recht verstößt was er nach der Ansage und der Leitsatzentscheidung des BGH zweifelfrei nicht tut; auch nicht was die Strafbarkeit anbelangt.

Wenn ein OC eine Webseite mit deutscher Sprache und deutschen AGB, ergo für den deutschen Markt, ausgelegt wurde - und dies ist bei sämtlichen OC gegeben -  müssen diese sich auch in dem jeweiligen Land, für die das ausgelegt und angeboten wird, auch an die geltenden Gesetzte halten und das schließt den Erstattungsanspruch (OLG Koblenz) und Straftatbestand (BGH) ein da diese sich an die deutschen Gesetze halten müssen!

Bei mir in Ba-Wü hat kein OC eine Erlaubnis - ergo total verboten - ergo alles nichtig und der Straftatbestand ist somit erfüllt und komplett nichtig inkl. Erstattungsanspruch gegenüber OC.

Kohärenzgebot --> (OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2019 – 9 U 1359/18 -, Rn. 92 ff.)

Zitat
„Es liegt auch kein Verstoß gegen das Kohärenzgebot vor. Regelungen im
Monopolbereich müssen an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich
legitimer Ziele ausgerichtet sein. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert
das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende
Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen
Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer
Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl.
BVerwGE 147, 47 = NVwZ-RR 2014, 181 Rn. 31 ff., 51 ff. mwN, und BVerwGE 157,
126 [165] = NVwZ 2017, 791). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen
Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren
und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz
glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG NVwZ 2018, 895; BVerwGE 147, 47 =
NVwZ-RR 2014, 181 Rn. 53 u. 55).
Soweit Glücksspiele im Internet zwischenzeitlich gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV
teilweise zugelassen sind, widerspricht dies nicht der konsequenten Eindämmung
der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Die ausnahmsweise
Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet ist
nach § 4 Abs. 5 GlüStV an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem
spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl.
BVerfGK 14, 328 = NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3
GlüStV eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen
besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit
hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im
Internet daher nicht erlaubnisfähig. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die
begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten
im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet
weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde (BVerwG NVwZ 2018,
895, beck-online).“ (OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2019 – 9 U 1359/18 -, Rn.
92 ff.)

Doch, es ist so einfach  ;D
« Letzte Änderung: 16 Juni 2020, 00:27:11 von Born4Nothing »
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