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Der lange schmerzlose Weg

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Der lange schmerzlose Weg
« am: 10 November 2023, 00:05:12 »
Hallo zusammen,

Nach 5 Spielfreien Jahren melde ich mich zurück. Warum? Weil ich wieder gespielt habe. Nachdem ich 2018 ca. 4.000 Euro verspielt habe, habe ich den Weg selbst raus gefunden. Wie? Ich habe jeden Tag Buch darüber geführt, wo ich das Geld bewusst wieder rein geholt habe. Und es hat geholfen. Nach ca. 3 Jahren hatte ich die 4.000 Euro zusammen. Funktionieren tut das Ganze allerdings nur mit kleineren Beträgen. Geld wieder reinholen heißt natürlich nicht wieder spielen. Es gab fast täglich Situationen wo ich bewusst mit Hinblick auf den Verlust gespart habe (3 Mal die Woche auf den morgendlichen Kaffee verzichtet, abends an der Bar ein Bier weniger getrunken, im Kino die mittlere statt die große Popcorn genommen, beim Essen gehen auf das zweite Getränk verzichtet usw.). Ich habe in den 3 Tagen 23 Euro auf der Straße gefunden. Auch das wurde notiert. Payback Systeme nutzen, mal am Wochenende für 2 Stunden beim Umzug helfen und vieles weitere haben dazu geführt, dass ich täglich Buch darüber geführt habe, wie viel ich an dem Tag gespart/gefunden/verdient habe, was ich nur für dieses eine Ziel gemacht habe.

Der Vorteil dabei ist auch, dass es ablenkt und mit einem Ziel vor Augen entfernt man sich vom Spielen.

Wie Anfangs gesagt, habe ich leider wieder angefangen und in den letzten 7 Tagen 3.000 Euro verspielt. Ich habe mich damit abgefunden, weil es zwar sehr viel Geld ist, ich aber mich dafür nicht verschulden musste und auch nicht darauf angewiesen bin. Ich habe noch einiges gespart und es ist auch immerhin etwas wert, wenn man irgendwann dann doch aufhören kann, obwohl man weiter spielen könnte. Jetzt werde ich wieder diesen langen, aber schmerzlosen Weg gehen und hoffe, dass ich nicht wieder in einigen Jahren spielen werde.

Wieso ich diesen Beitrag noch schreibe: es gibt natürlich unterschiedliche Stories hier und ich kann verstehen, wenn ab einem 5 stelligen Betrag die Motivation für diesen Weg fehlt aber möglicherweise ist das ein Weg, der auch für andere gemacht ist. Ein Kumpel hat in einer ähnlichen Situation gesteckt und hat es so wie von mir beschrieben gemacht. Auch er hat das Ziel erreicht und hat auch noch etwas für seine Gesundheit gemacht, da eine der Maßnahmen es war, den Zigarettenkonsum wöchentlich von 5 Packungen auf 3 zu reduzieren. Das sind für ihn auch einige hunderte Euros gewesen.

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Offline Olli

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Re: Der lange schmerzlose Weg
« Antwort #1 am: 10 November 2023, 07:13:01 »
Hi BJ!

Da steckt so viel Potenzial in Dir und doch so wenig Selbstvertrauen ...

Wieso gehst Du nicht in eine SHG und kümmerst Dich dort um Dich? Wieso muss es immer der "Ich schaffe das alleine"-Trip sein? Wieso versteht eigentlich niemand, dass sich Hilfe zu organisieren eine wirklich klasse Kompetenz ist?
Ja klar kann man es auch alleine schaffen von der Sucht weg zu kommen, DOCH DAS MUSS ABSOLUT NICHT SEIN!
Man beraubt sich doch selbst "ungeahnter" Möglichkeiten, sprich Erfahrungen der Mitstreiter!
Wieso muss ich als "Rambo" durch die Wildnis meiner Sucht streifen und den Held spielen? Wieso muss ich alles per try and error ausprobieren, wenn das doch andere schon gemacht haben und mir davon berichten können?
Ich habe stark den Eindruck, dass Du meinst: "Bei mir ist es ja gar nicht so schlimm. Ich bin nicht verschuldet. Es sind jetzt nur 3.000 €." Dann frage Dich doch mal, wieso Du hier bist? Na? Weil Du enttäuscht von Dir bist? Weil Du Dich selbst nicht verstehst?

Na, dann ändere das und fordere Dir Informationen ein! Du hast mit Dir selbst ein super eigenes Geldmanagement gemacht. Das war klasse! Aber Du hast an Deiner Sucht nichts geändert! Trotzdem warst Du so lange glücksspelfrei!
Und nu stelle Dir vor, Du wärest eine Zeit lang in eine SHG gegangen und hättest gelernt den Moment zu meistern, der jetzt zum Rückfall geführt hatte! Könntest Du heute dann nicht immer noch stolz auf das Erreichte sein? Hättest Du Dir die emotionale Niederlage nicht ersparen können?

Es gibt eine Initiative, die "Gesicht zeigen" heißt! Genau das machst Du in einer SHG! Du stehst zu dem, was Du fabriziert hast und Dein Gesicht steht aber gleichzeitig für den Stolz aktiv an sich zu arbeiten, um der Sucht ein und für allemal ein Schnippchen zu schlagen.

Mein Lieber ... Du befindest Dich in einem Hamsterrad ... ist Dir das bewusst?

Samstag ... 19 Uhr ... da kannst DU Gesicht zeigen! Im Webmeeting ... oben links steht der Link ...
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Der lange schmerzlose Weg
« Antwort #2 am: 10 November 2023, 08:57:24 »
Hallo Olli,

vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast um mir zu antworten.

Du hast mit vielem Recht. Allen voran damit, dass ich jetzt wieder hier bin, weil ich von mir enttäuscht bin. Und ja, mit anderen Maßnahmen hätte man das sicher verhindern können. Und ich mag mich auch in einem Hamsterrad bewegen, welches sich alle paar Jahre nur dreht und nach einem schweren Rückschlag erstmal stehen bleibt. Ich wollte den Betrag auch garnicht klein reden. Natürlich ärgert mich das maßlos und ich denke oft daran. Das war auch beim letzten Mal so. Die ersten 1-2 Wochen war ich extrem schlecht drauf aber mit der Zeit wurde es dann besser und der Weg, den ich eingeschlagen habe, hat schließlich dazu geführt, dass ich drei Jahre lang jeden Tag daran gedacht habe.

Wieso ich keine SHG aufsuche? Hauptsächlich aus Angst und Scham. Ich habe eine Frau, ein Haus und zwei kleine Kinder. Meine Frau weiß absolut nichts davon. Ich bin zum Glück in einer finanziellen Lage, in der das auch nicht auffallen wird. Angst habe ich davor, dass sie von mir enttäuscht ist und mit anderen Augen betrachtet. Verlassen würde sie mich dafür nicht. Aber die Angst vor enttäuschten Blicken ist einfach zu groß. Auch wenn es nicht richtig ist entscheide ich mich deshalb wieder für den Weg alleine. Falls ich einen Samstag Abend mal alleine bin und die Option habe, zeige ich mich im Webmeeting.

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Offline Olli

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Re: Der lange schmerzlose Weg
« Antwort #3 am: 10 November 2023, 09:53:43 »
Hi BJ!

DU bist ja hier, um andere Blickwinkel zu sehen zu bekommen. Das mit der Scham kann ich verstehen. Sie ist aber fehl am Platze.

Nun also erst einmal Zu Deiner Frau: Du hast kein Vertrauen zu ihr ... Was wird sie wohl erst denken, wenn sie das herausfindet? Sie wird die Schuld in sich suchen und irgendwann erkennen, dass Deine Scham und auch Deine Angst gar nichts mit ihr zu tun haben, sondern ganz alleine nur mit Dir! Wird sie dann nicht umso wütender und enttäuschter sein? Was wird sie denken, wenn sie sieht, dass Ihr Gatte gar nicht der ist, für den sie ihn hielt? Dabei geht es gar nicht um das Machen von Fehlern oder dergleichen. Ihr Gatte hat hinter ihrem Rücken agiert. Er hat sie die ganze Zeit angelogen - eine heile Welt vorgegaukelt, wo gar keine ist. Er hat sie ausgeschlossen!

Und nun betrachte diese Argumentation aus Deiner Warte. Möchtest Du diese Person sein, die ich da gerade beschreibe? Gefällt Dir das?

Auch wenn Du es für Dich noch nicht erkennst, Deine Frau möchte ihren Ehemann aktiv gegen seine Sucht angehen sehen! Sie wird Dich in Allem unterstützen, wenn Du genau das machst. Was wird sie aber tun, wenn Du "nichts" machst?

Was hat Dich dazu gebracht solche Angst vor Enttäuschungen zu haben? Das Leben ist ein Ozean. Mal schmimmt man auf einer Welle und dann wird man wieder von ihr überrollt. DU musst nicht perfekt sein!

Ich gebe Dir noch etwas zu bedenken. Als Vater zweier kleiner Kinder trägst Du eine große Last an Verantwortung auf Deinen Schultern. Es ist nicht alleine das Geld, dessen Abhandensein bei Euch nicht auffällt. Deine Kinder lernen Deine Werte, Deine Verhaltensweisen und auch Deine emotionalen Reaktionen. Du gibst ihnen somit eventuell unwissentlich Deine Defizite weiter, die Dich haben spielen lassen. Sucht wird damit zu einem Familienproblem und die Gefahr ist statistisch gesehen auch groß, dass Deine Kinder sich auch einmal einer Sucht hingeben.

Ist das nicht Grund genug, seine Angst und seine Scham zu überwinden und alles Erdenkliche zu tun, damit der worst case denn doch nicht eintritt?

Ich wiederhole es noch einmal gerne: Ich kann Deine Angst und Deine Scham vollkommen verstehen! Ich selbst habe damals abgeblockt und gesagt: Ich brauche keinen, der mir sagt, wie Scheiße ich bin, ich weiss das selbst ...
Das waren meine Ängste und meine Vorurteile, die da aus mir sprachen. Es hat lange gedauert, bis ich umgedacht habe. Viel zu lange, wie ich heute finde. Das möchte ich Dir gerne ersparen. Du kannst sowohl die Angst, als auch die Scham überwinden und Du wirst selbst stolz auf Dich sein, wenn Du es erst einmal getan hast.

Schnapp Dir am Samstag Dein Handy, setze Dich irgendwo in der freien Natur, wo Du ungestört bist, hin und dann logge Dich ins Webmeeting ein. Ich möchte gerne mehr von dem Menschen erfahren, der hier so verhalten schreibt. Eben schon habe ich Kompetenzen erkannt und gelobt. Du hast eine Frau, zwei Kinder und einen gut bezahlten Job. Sind Dir diese "Täubchen" gebraten in den Mund geflogen? Nee ... da stecken viele weitere Stärken und Schwächen hinter, die Dich zu dem machen, der Du bist!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

 

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