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Habe ich aufgehört?

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Habe ich aufgehört?
« am: 23 November 2020, 23:08:25 »
Hallo Zusammen,

gefühlt kenne ich euch alle hier, da ich seit Jahren mitlese. Ich spiele mit Ausnahme eine vier jährigen Unterbrechung rund 20 Jahre und habe mit 18 angefangen. Meine Geschichte ähnelt den gängigen Spielerkarrieren. Trotz der Spielsucht habe ich eine Familie gegründet und zwei Kinder. Von 2010-2012 war meine schlimmste Zeit. Da habe ich wirklich jeden Cent in die Automaten gesteckt und konnte an nichts anderes denken. Auf Anraten meiner Frau begann ich 2012 eine dreivierteljährige ambulante Therapie die bei mir keinen 100 prozentigen Erfolg hatte. Danach ging ich weiterhin spielen aber das zwanghafte verschwand. Ich wurde nicht mehr angezogen sondern entschied bewusst dafür zocken zu gehen. Die Schulden häuften sich an und wir schufen Mechanismen wie ich nicht an Geld komme um es nicht zu verspielen. Die Therapie hat mir, obwohl ich nicht weiß wie, geholfen. Das Kribbeln und zwanghafte verschwand und wenn ich zocken ging, dann war es eine bewusste Entscheidung. Der darauf folgende Kontrollverlust war unterbewusst. Schulden und Dauerstress hatte ich wie alle anderen auch.
Vor zwei Jahren habe ich mit dem Rauchen aufgehört und mir gesagt dass ich keine Zigarette mehr anfassen darf, sonst werde ich wieder süchtig. Es hat ganz gut geklappt und das Verlangen nach Zigaretten ist weg.
Vor ein Jahr habe ich mir gesagt ich gehe in keine Spielo mehr rein. Immer wenn der Gedanke kam du könntest doch ein fuffi in den Automaten werfen verglich ich es mit dem Rauchen. Eine Zigarette und ich bin wieder ein Raucher und ein fuffi und ich bin wieder ein Spieler. Meine Frage an die, die aufgehört haben: Habe ich aufgehört?

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Offline Olli

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Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #1 am: 24 November 2020, 06:26:06 »
Guten Morgen und herzlich willkommen!

Ich frage mich gerade, wieso Dir diese Frage so wichtig ist?
Zuächst einmal denke ich, dass wir sie Dir gar nicht beantworten können, da wir Dir nicht hinter die Stirn schauen können.

Doch die Frage an sich ist interessant. Nun, was wissen wir schon: Du hast seit einem Jahr nicht gespielt. Das hast Du zwar nicht direkt gesagt, sondern ergibt sich aus dem Kontext.
Dabei hat Du Dich ganz bewusst gegen das Spielen entschieden. Du konntest die süchtigen Gedanken trennen von den folgenden Entscheidungen.

Doch sie sind noch na - nicht wahr? Macht das Dir Sorge? Wünschst Du Dir deshalb so eine Art Absolution? Eine Gewissheit um irgendwie abzuschließen?

Nun, wenn dem all so sein sollte, dann kann ich Dir versichern, dass diese Gedanken weniger werden bei anhaltender Abstinenz. Gefährdet wirst Du wie wir alle aber wohl Dein restliches Leben bleiben. Für mich sind das aber ungelegte Eier. Wichtig ist da immer nur das Heute und da gibt es eine Gewissheit: Du bist abstinent!

Vielleicht hilft Dir ja eine Gegenfrage: Was hast Du durch Deine Spielfreiheit begonnen? Wiegt das nicht vielleicht weit mehr als die Antwort auf Deine Frage?

Bin mal gespannt, was Du diesebezüglich denkst.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #2 am: 24 November 2020, 07:29:31 »
Hallo Olli,

vielen Dank für deine Einschätzung. Ich versuche jetzt auf deine Fragen einzugehen. Ja ich habe Angst wieder in einer Spielhalle zu landen und der Dauerstress in Verbindung mit Geldverschiebung beginnt wieder von vorne los. Seit ich nicht mehr spiele habe ich keine offenen Forderungen, meine Gedanken kreisen nicht um Finanzlöcher die gestopft werden müssen. Was habe ich durch das nicht Spielen gewonnen? Ich würde sagen meinen Geist/Seele zurück die sich endlich wieder mit positiven beschäftigt  oder vom positiven ernährt. Viele Ex-Spieler hier nennen es mein Leben zurück.
Ich stelle mir die Frage, da es Zeitbereiche gab an denen ich nicht zocken ging. Da befand ich mich über längere Zeiträume in eine finanziellen Krise und konnte nicht zocken.  Das sogenannte Suchtgedächnis wurde nicht gelöscht.

VG

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Offline Olli

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Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #3 am: 24 November 2020, 08:39:23 »
Hi Padawan!

Zitat
Ja ich habe Angst wieder in einer Spielhalle zu landen und der Dauerstress in Verbindung mit Geldverschiebung beginnt wieder von vorne los.

Du hast doch hier zwei Möglichkeiten der Betrachtung:
1. Du kostest die Angst mit all ihren Hormonausschüttungen aus und steigerst Dich hinein, bis Du vor lauter Angst nicht mehr weisst wohin mit Dir.
2. Du betrachtest Angst als das was sie ist: ein Schutzmechanismus. Sie erinnert Dich daran, was Du "nicht" willst und was Du Dir aktiv wünschst.
Dies hast Du übrigens schön getrennt in Deiner Antwort.

Ich rede hier selbstredend von einem Maß der Angst, die weit weit unter Panik liegt.

Angst ist ein Blocker, sie behindert. Oft lesen wir hier davon, dass sich die User keine externe Hilfe suchen möchten. In diesem Falle ist sie schädlich und fördert schlussendlich immer die Suchtausübung.
In Deinem Falle behindert sie Dich aber in der Suchtausübung - sie schützt Dich. Nehme sie daher ruhig wie einen Freund an. Sie hält Dich wachsam und achtsam.
Sie wird sich aber im Laufe der Zeit zurückziehen, weil Du Sicherheit erlangst. Daher empfinde ich die Dir gestellten Fragen als ungemein wichtig an.
"Sich bewusst machen" hilft da ungemein. Ich habe so ein wenig den Eindruck, dass Du Dir Deinen Erfolg - ein Jahr Abstinenz - so ein klein wenig klein reden möchtest.
Ohne auf die überhebliche Schiene zu wechseln, darfst Du Dir ruhig erlauben darauf stolz zu sein!
Mache Dir bewusst, was Du bisher erreicht hast! Da wird einem doch warm ums Herz - oder nicht? :)

Dein Suchtgedächtnis wird Dich auch noch eine Zeit lang begleiten. Als jahrelanger Mitleser weisst Du ja, wie das mit den Synapsen im Oberstübchen funktioniert, nur um mal ein Stichwort zu geben.
Ist das denn schlimm?
Gelten die finanziellen Engpässe denn auch für das letzte Jahr? Trotzdem hättest Du Dir doch hier und da einen "Fuffi" fürs Glückspiel abzwacken können, wenn Du gewollt hättest - oder? Hast Du aber nicht!

Da Du nicht explizit darauf eingehst, denke ich mir mal, dass Du keinerlei Nachsorge nach der Therapie betrieben hast?
Wie wäre es denn dies nun zu tun? Da Du nun schon einen guten Abstand zum Glückspiel gefunden hast, wäre das das perfekte Genesungsstadium.
Auch dass Du Dich nach jahrelangem Mitlesen nun hier äußerst, zeigt doch, dass Du bereit dafür bist - oder?
Eine Auffrischung des in der Therapie Erlernten schadet bestimmt nicht. Vielleicht findest Du ja heute Inhalte von damals, die Du einst nicht annehmen konntest - heute aber sehr wohl - weil Du Dich weiter entwickelt hast?!



Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
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Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #4 am: 24 November 2020, 21:36:51 »
Hallo Olli,

danke 🙏 für deine Worte. Ich werde versuchen weniger über die Zukunft nachzudenken und mehr im Augenblick zu leben. Hast recht: Ich kann stolz sein  Zugriff auf Geld zu haben und nicht zu spielen.

Vielleicht bin ich einfach nur älter geworden und die Gefühlsachterbahn die durchs zocken verursacht wird ist zu viel für mich😂
Auf jeden Fall bin ich ruhiger, gelassener und nichts kann mich wirklich aus der Fassung bringen. Auch ein Ergebnis des Spielens über Jahre.  Wir sind abgehärtet.

Ich kann allen nassen Spielern nur raten sich professionelle Hilfe zu suchen. Verhaltenstherapie vor 8 Jahren war mein erste Schritt und bis heute sehe ich es als das einzige was mir geholfen hat.



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Lakota

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #5 am: 02 Dezember 2020, 07:12:36 »
Moin Padawan , ich versuche immer den Grundsatz der eigenen Wahrheit zu folgen ^^ , und wirklich aufgehört habe ich , nachdem ich rückblickend einfach nicht verstehen konnte , über Jahre so gelebt zu haben ...

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #6 am: 13 Juli 2021, 23:16:39 »
Nach knapp zwei Jährige Abstinenz erlitt ich vor zwei Wochen einen Rückfall.

Wie es mit den Spielhöllen so ist hat der Automat erkannt dass ich lange nicht da war und einen kleinen vierstelligen Betrag ausgespuckt. Gefreut habe ich mich nicht, habe mich geärgert. Das ausgespuckte Geld habe ich noch am selben Tag gespendet.

Ich hoffe dass es der letzte Rückfall meines Lebens war.

Bleibt stark Leidensgenossen und lasst euch nicht locken. Es gibt keinen rationalen Grund den Casinos unser Geld zu geben.

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #7 am: 14 Juli 2021, 00:23:01 »
Es gibt keinen rationalen Grund den Casinos unser Geld zu geben.

Rationalität orientiert sich an Zielen und Werten. Entscheidungen und Verhalten können nur irrational sein, wenn sie den eigenen bewussten Zielen widersprechen. Sie befreit uns nicht davon, sich immer selbst zu hinterfragen, ob eigene Entscheidungen und Handlungen zumindest der eigenen subjektiven Rationalität entsprechen.
"Ist das, was ich tue auch mit dem vereinbar, was ich für richtig und zielführend halte?"

Die Frage ist doch, weswegen man dort Geld "gibt", also einzahlt, was hat man davon und sind die erhofften Ergebnisse aus dieser Handlung am Ende das was man damit erreichen wollte? Selbst wenn die negativen Erfahrungen einen zuvor eines Besseren belehrt haben sollten?
Der Automat erkennt weder irgendwas, noch ist er aktiv der Grund gewesen, wieso du wieder gespielt hast. Es macht auch für dich wenig Sinn anderen Leitgenossen Ratschläge zu geben, um sich nicht locken zu lassen.
Vor allem wenn man derartiges Verhalten dann auch als irrational beschreibt, stelle ich dir wiederholt die gleiche Frage:
"Ist das, was ich tue auch mit dem vereinbar was ich für richtig und zielführend halte?"

2 gleiche Fragen auf 2 unterschiedliche Aspekte...

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Offline Olli

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Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #8 am: 14 Juli 2021, 06:38:40 »
Hi Padawan!

Danke, dass Du von Deinem Rückfall berichtest. Denke immer daran, dass Du immerhin zwei Jahre spielfrei warst und auch jetzt wieder die Abstinenz aufnimmst. Es gab einen Rückschlag, mehr nicht.

Ich finde es interessant, dass Du von Rationalität sprichst, wo wir doch bereits wissen, dass das Glückspiel Emotionen bedient.
Jetzt ist es leider schon zwei Wochen her, dass Du gespielt hast und die Erinnerungen weichen dann schon mal gerne von der tatsächlichen Realität ab.

Gefühle - Gedanken - Handlungen. Diese Reihenfolge ist wichtig, wenn Du Dir die Zeit vor dem Rückfall anschaust. Wie ging es Dir davor? Gab es da etwas, was Dich gestört hat - hat etwas gefehlt in Deinem Leben? Wann kamen die ersten Gedanken auf eine solche Lokalität aufzusuchen? Wie hat sich das entwickelt? Und in welchem Stadium hast Du Dich auf den Weg gemacht?

Und wieso hast Du Dich geärgert? Wieso hast Du die Abstinenz wieder aufgenommen? Die Antwort liefert Dir Dennis.
Du hast gegen Deine Normen, Werte und Ziele verstoßen. Ob wir sie einhalten, erreichen oder gegen sie verstoßen hat direkte Auswirkungen auf unsere Gefühlswelt. Nur wenn ein vermeindlich höheres Ziel, die Kompensation von Defiziten, vorhanden ist, wird weiter gegen die Normen, Werte und Ziele verstoßen und wir befinden uns im Suchtverhalten.
Was war also kurzzeitig Dein höheres Ziel?

In einem Punkt möchte ich Dennis jedoch wiedersprechen. Ich glaube nicht, dass Du tatsächlich Anderen gute Ratschläge geben möchtest. Ich sehe darin einen Appell an Dich selbst. Tja ... und wenn es hilft, ist es auch legitim ... :)
Gute 24 h
Olaf


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Offline andreasg

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Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #9 am: 14 Juli 2021, 09:34:52 »
Hallo Padawan,,

Danke, dafür, wie Du offen über Deinen Rückfall schreibst.
Ich lese /höre nicht zum ersten Mal, , damit verbundene Gewinne gespendet worden sind. Im Gewissen eines Spielsüchtigen ergibt sich daraus die Logik, die Spielphase final zu beenden. Ob das andere wohltätig finden, wird eher sekundär erlebt.
Mir ist es früher nicht gelungen, einen Rückfall einzugestehen, wenn ich mit einem "Geldgewinn" nach Hause fuhr. Die nächsten Rückfälle lauerten ja schon. bis eine akute  Angst - ich würde mein Leben lang weiter spielen,, mich aufhören ließ.
Neulich habe ich einen kleinen Trigger an meine Spielsucht erlebt, und habe eine kleine Spende als Mittel dagegen gehalten. Das hat mich spontan wieder beruhigt.

Es ist gut, eine Inventur zu schreiben, was die Auslöser, und die Auswirkungen des Rückfalls sein können, und daran, mit Hilfe von Freunden, die das Problem kennen, aufzuarbeiten.

schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #10 am: 15 Juli 2021, 06:44:03 »
Guten Morgen zusammen,

Danke für eure Beiträge,
ich versuche meine Gefühlswelt vor dem Rückfall zu beschreiben. Ich stand unter Dauerstress aufgrund von eine nicht heilbaren Krankheit die bei meinen erstgeborenen Sohn diagnostiziert wurde. Krankenhaus Aufenthalt, Haushalt und viele andere Aspekte des Lebens haben mich überfordert. Ich musste funktionieren um für meine Familie da zu sein. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und dem Versuch eines Wiedereinstiegs ins „System“ Schule, Arbeit Verein usw.  suchte ich glaube ich nach einen Ruhepol.

Gespendet habe ich das Geld um ein Verhaltensmuster von mir zu unterbinden. Nämlich diese Gedanken, ich könnte doch wieder 50€ spielen da ich ja noch im „Plus“ bin. Ist das ausgespuckte Geld aber nicht vorhanden laufe ich nicht Gefahr in dieses Muster zu fallen.

@Dennis47
Danke für deinen Beitrag der mir weitere Denkmuster eröffnet. Es ist wie Olli schreibt, ich wollte weder Ratschläge erteilen noch irgendwen Belehren. Es ist ein Gedankenaustausch. Wer liess sich während eines emotionalen Tiefs von der Spielothek locken mit dem Versprechen hier wirst du abgeschirmt und du kommst zur Ruhe? Meine Wenigkeit. Rational nicht nachvollziehbar also sind die Emotionen in eine Schieflage geraten.
Frage: Wo finden Spieler wie wir die Abstinent Leben wollen in Krisensituationen einen sogenannten Schutzraum außer in so ne Spielo?
« Letzte Änderung: 15 Juli 2021, 06:49:24 von Padawan »

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #11 am: 15 Juli 2021, 08:09:59 »
Hallo Padawan,

zunächst das mit deinem Kind tut mir leid aber ich kann das gut nachvollziehen. Mein großer ist selbst krank und wird es sein Leben lang bleiben. Jetzt stehen auch wieder die jährlichen Check Ups an was eine starke Belastungsprobe ist.

Du fragst nach einem Schutzraum. Ich vergleiche das Spielen jetzt mal mit einem Sturm auf hoher See. Der Sturm ist das Spielen und der Drang. Hier hast du zwei Möglichkeiten- dich dem Sturm hingeben oder das Ruder in der Hand zu behalten. Du bist und musst selbst dein Schutzraum sein und auf dich achten. Wenn du das Wetter vorher studierst hättest du den Sturm sehen können.

Skills Hobbies usw. können dich unterstützen dir helfen aber der einzige Schutz bist du selbst in dem du Achtsam mit dir umgehst und auf dich deine Bedürfnisse deine Gesundheit schaust. Behalte das Ruder stets in der Hand.
aliena vitia in oculis habeamus, a tergo nostra

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Offline Olli

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Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #12 am: 15 Juli 2021, 09:42:07 »
Hi Vasrud!

Ups ... ich habe da oben die Reihenfolge vertauscht ... sie muss heißen: Denken - Fühlen - Handeln!

Naja, eigentlich kann man auch Fühlen - Denken - Fühlen - Handeln schreiben, denn manchmal stoßen erst Gefühle unser Denken an.
Wenn Gefühle kein fertiges Konzept haben, dann gehen die Gedanken nun mal in die Richtung, die das Gehirn bereits kennt.
Dementsprechend folgt das Handeln.

Gerade in Krisensituationen, wie von Dir beschrieben, bist der eigentliche Schutzraum Du selbst. Es ist eine neue belastende Situation, die für jeden erst einmal neu ist. Doch diese Belastung musst Du ja nicht mit Dir alleine ausmachen. Spreche mit Deiner Frau darüber. Sie wird genauso empfinden wie Du.
So schaffst Du einen Schutzraum für Euch Beide.
Und ja, so schwer es auch fällt, es gilt die Gefühle nicht zu verdrängen, sondern sie zu durchleben. Auch negative Gefühle gehören zu Dir und zu Deinem Leben. Es gilt für Dich die Automatismen zu durchbrechen.
Es wäre auch eine Möglichkeit gewesen, sofort hier zu schreiben und so Deinen Gefühlen ein Ventil zu geben. Wieso erst auf den Rückfall warten und dann noch einmal 2 Wochen, bevor Du hier schreibst?
Gefühle erfährst Du doch immer im Jetzt, also gilt es doch dann auch sofort zu handeln, um besser damit klar zu kommen.
Wie Du ja siehst, macht Dir niemand Vorwürfe. Es gibt auch keinen Grund für Scham. Also raus mit den Gefühlen und wandele sie um in Buchstaben, die Wörter und Sätze bilden.
Wenn Du das hier nicht machen möchtest, dann schreibe ein Gefühlstagebuch nur für Dich und vielleicht Deine Frau. Darin kannst Du nachlesen und Dir Deiner Gefühle in ihrer unterschiedlichen Intensität bewusst werden.
Hast Du schon mal Skills versucht? Also irgend etwas, was Deine Gefühle durch "körperliche" Erfahrungen abmildert. Kalt duschen, Treppen rauf und runter laufen, Chiligummibärchen essen, ein Gummiband um das Handgelenk legen, welches Du flitschen lassen kannst, ohne Dich zu verletzen, ein Noppenball für die Hand in der Hand durchkneten  ...
Ja, Skills lenken ab, daher sind sie nur für die Spitzenzeiten der emotionalen Belastung geeignet. Sie sollen nur dafür sorgen, dass sie Belastungen wieder aushaltbar werden.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #13 am: 15 Juli 2021, 20:11:49 »
Hey Olli,

nur kurz von meiner Seite - ich bin für mich persönlich nur passionierter Hobbytherapeut für mich selbst weshalb ich nicht alles in der korrekten Reihenfolge wiedergeben kann ;). Nur weil du mich direkt angesprochen hast.

Alles beeinflusst uns. Negative Gefühle - Negative Gedanken - Negatives Handeln. Negatives Handeln - negative Gefühle - negative Gedanken. Egal in welcher Konstellation es kann alles auf einen Einprasseln. Persönlich finde ich das der erste Schutzwall das temporäre Aushalten und Analysieren sein sollte. Wenn es extrem wird muss ich mir externe Hilfe holen oder Skills anwenden die mir persönlich helfen. Es gibt kein Rezept dagegen dafür sind wir einfach zu individuell und jeder Mensch handelt anders. Letztlich kann das nur jeder für sich selbst herausfinden. Es gibt keine Musterlösung sonst wären ja alle Menschen gleich und schnell geheilt.

Ich glaube auch beim Thema Sucht kann man den Ausstieg nur finden wenn man mit sich und seiner Persönlichkeit im reinen ist bzw. sich selbst versteht. Meine Tante hat mir vor Jahren mal gesagt: Selbstgespräche führen ist der einzige Weg zur Klarheit. Und ja ich führe solche Gespräche täglich und suche auch den Disput mit mir selber. So wie die Sucht jeden treffen kann so kann es auch jeder selber schaffen rauszukommen. Wichtig ist, aus meiner Sicht, dass man den Weg zu sich selber gefunden hat.
aliena vitia in oculis habeamus, a tergo nostra

Re: Habe ich aufgehört?
« Antwort #14 am: 17 Juli 2021, 03:06:19 »
@Dennis47
Danke für deinen Beitrag der mir weitere Denkmuster eröffnet. Es ist wie Olli schreibt, ich wollte weder Ratschläge erteilen noch irgendwen Belehren. Es ist ein Gedankenaustausch. Wer liess sich während eines emotionalen Tiefs von der Spielothek locken mit dem Versprechen hier wirst du abgeschirmt und du kommst zur Ruhe? Meine Wenigkeit. Rational nicht nachvollziehbar also sind die Emotionen in eine Schieflage geraten.
Frage: Wo finden Spieler wie wir die Abstinent Leben wollen in Krisensituationen einen sogenannten Schutzraum außer in so ne Spielo?

Freu mich das zu lesen, denn genau das mit dem erweiterten Denkmuster war ja mein Ziel, welches ich mit diesen "spieltheoretisch" formulierten Nachrichten erreichen wollte.
Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass das eine kritische Äußerung gegen dich sei. Ich sprach ja auch nicht vorwurfsvoll, sondern hinterfragte nur deine Worte und brachte dies mit dem Thema der von dir selbst angesprochenen Rationalität in Verbindung. Olli hat zwar grundlegend sicherlich Recht mit seinem Widerspruch, aber verstanden hat er glaube ich den "spieltheoretischen" Inhalt den ich ausdrücken wollte auch nicht zu 100%

Ich zitiere da nochmal deine Worte:
"Bleibt stark Leidensgenossen und lasst euch nicht locken. Es gibt keinen rationalen Grund den Casinos unser Geld zu geben."

In dem Moment, wo du selbst erkennst, das es keinen rationalen Grund gibt den Casinos weiter das eigene hart verdiente Gehalt zu schenken, es aber ja selbst nach wie vor selber noch (suchtbedingt sicherlich unfreiwillig) tust, bestätigt es eben meine vorherige zum Nachdenken formulierte Frage, die man sich selbst stellen sollte, wenn man sich über Rationalität Gedanken macht:

"Ist das, was ich tue auch mit dem vereinbar was ich für richtig und zielführend halte?"

oder anders gesagt:

Der Fokus sollte auf sich selber liegen, in der Hinsicht stimme ich Vasrud zu, denn das eigene Handeln muss hinterfragt werden. Die eigene Rationalität ist wichtig. Wenn ich Alkoholiker wäre und mit der Schnapsflasche in der Hand dir in der Kneipe nach 10 Gläser den Ratschlag zurufe, trocken zu bleiben, dann sage ich dir was ich für richtig und zielführend halte, handle aber gleichzeitig meiner eigenen Ratschläge nicht entsprechend richtig. Das wäre doch sinnbildlich irrational und genau das sollte das Problem sein, womit du dich ausschließlich befassen solltest.

Ich bin kein Psychologe, ich habe aber auch aufgrund von Krisen im zwischenmenschlichen Bereich meinen Anfang des Glücksspiels damals zur Ablenkung gefunden. Aber was genau hast du da als Schutzraum erkannt? Schutz vor was?

 

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