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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Mein Tagebuch Anthrazit

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Offline Ilona

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #120 am: 31 Januar 2024, 13:08:55 »
Lieber Anthrazit,

von mir auch noch eine kleine Ergänzung. Ihr habt direkt vor dem Automaten gesessen. Vielleicht war das möglicherweise schon ein Spiel mit dem Feuer, das dann den Funken gezündet hat.
Als ich vor vielen Jahren in einer Beratungsstelle gearbeitet habe, haben wir auch intensiv über Vermeidungsstrategien, Vorsichtsmaßnahmen etc. gesprochen, um Rückfällen vorzubeugen. An zwei Aussagen von Spielern erinnere ich mich besonders.
Einer sagte: wenn man keine Kneipe, Imbiss o.ä. ohne Automaten findet, sollte man sich zumindest so setzen, dass der Automat im Rücken ist, man also nichts sieht. Und möglichst weit weg, damit man nichts hört. Ein anderer konnte das toppen: der traute sich sogar zum Wirt zu gehen und zu sagen, kannst du den Automat ausmachen solange wir hier sind. Wir sind Glücksspielsüchtige.
Direkt vor dem Automaten zu sitzen sollte man sich möglichst nicht antun.
LG Ilona
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

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Offline Rubbel

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #121 am: 07 Februar 2024, 17:27:09 »
Lieber Anthrazit :)

Wie geht's Dir? Wie bist Du drauf momentan? Hab' jetzt öfters mal an Dich gedacht ... deshalb meine Frage :)

Viele Grüße
Rubbel
--Meist ist Geist geil--

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #122 am: 07 Februar 2024, 17:33:38 »
Hi!

Mir geht’s gut so weit. Bin nur extrem beschäftigt grade.

Habe nicht wieder gespielt und auch keine Gedanken daran…überhaupt keine. Alles wie vorher eigentlich.

Ich denke nur manchmal noch über diese Frage eine Situation nach und ordne sie ein.

Aber danke der Nachfrage!

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Offline Rubbel

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #123 am: 07 Februar 2024, 17:37:41 »
Lieber Anthrazit,

*puh* ... Glück gehabt!! Es hätte Dich auch wieder drauf bringen können. Bitte pass auf Dich auf. Diese 'Experimente' sind brandgefährlich.
Ich wünsch' Dir jetzt gerade gutes Gelingen bei dem, was Du alles zu tun hast.

Viele Grüße!!!
Rubbel
--Meist ist Geist geil--

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #124 am: 13 Februar 2024, 11:56:59 »
Hey there!

Ich habe nun mal ein paar Tage ins Land gehen lassen und sehr intensiv über den "Vorfall" (so nenne ich das) nachgedacht.

Ich ärgere mich natürlich über mich selbst und sehe es als unnötig an, aber ich sehe mich nicht gefährdet oder rückfällig. Ich habe zwar meine neuen Prinzipien gebrochen, aber ich bin immer noch dort, wo ich seit über 2 Jahren stehe. Und da stehe ich fest.

Ich habe meine Überzeugungen und Angewohnheiten schon geändert, so wie ich kein Fleisch mehr esse und so wie ich kaum noch Alkohol konsumiere.

Ich sehe das so wie diese eine Zigarette pro Jahr, die man dann doch mal am Lagerfeuer raucht, obwohl man gar nicht mehr raucht. Nicht, dass ich es irgendwie schön reden möchte, aber es bringt mich nicht zurück zum Suchtverhalten.

Als Mensch ist man in der Lage, über sich hinaus zu wachsen und sich zu verändern. Das war schon an mehreren Punkten in meinem Leben so.

Und deshalb möchte ich gerne auf die letzten 2,5 Jahre zurückblicken und mich nun nicht zwanghaft selbst bestrafen und zurücksetzen.

Ich weiß, was ich getan habe und kann es einordnen, ohne es zu beschönigen. Ich finde auch, dass das etwas zählt.

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Offline Rubbel

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #125 am: 13 Februar 2024, 12:14:42 »
Hallo lieber Anthrazit,

ich finde es klasse, dass Du den 'Vorfall' so siehst und sehen kannst. Und ich finde super, wie Du mit Dir selbst an der Stelle 'umgehst'. Das meine ich vollkommen ehrlich und anerkennend!
(ich hatte nur zum Ausdruck bringen wollen, dass ich -allein für mich gesehen- mich zur Sicherheit und aus Vorsicht lieber nicht auf eine Ausnahme einlassen wollte.)
Ich habe auch keinesfalls den Eindruck, dass Du Dich irgendwie rechtfertigen müsstest, solange Du es so siehst, wie beschrieben :)

Viele Grüße!!
Rubbel

--Meist ist Geist geil--

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #126 am: 13 Februar 2024, 12:18:11 »
Danke Rubbel!

Vielleicht sollte ich noch dazu sagen, dass ich es nicht so sehe, als hätte ich mir eine "Ausnahme" gegönnt oder so wie nach dem Motto "Ach einmal wird schon nicht schaden". Diese Momente kenne ich zu gut aus den Anfangszeiten meiner Abstinenz. Es ist passiert, ich habe es wahrgenommen, ich beschönige nichts.

Was jedoch viel wichtiger für mich ist, ist die Selbstachtung und auch den Blick auf das Erreichte. Würde ich mich nun selbst richten, würde ich gleichzeitig auch all das kaputtmachen, was ich geschafft habe.


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Offline Rubbel

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #127 am: 13 Februar 2024, 12:23:11 »
Zitat
Selbstachtung und auch den Blick auf das Erreichte. Würde ich mich nun selbst richten, würde ich gleichzeitig auch all das kaputtmachen, was ich geschafft habe.

Genau so ist es! Sonst würdest Du Dich wieder demütigen und von dem Automatenspielkrams kleinmachen. Ich kann Deine Sichtweise absolut nachvollziehen. Ausschlaggebend ist die Gewichtung für Dich. Und Du kannst damit umgehen. Alles gut :)

Eigentlich sind diese Automaten oder das süchtige Spielen ja wirklich 'nur' ein Irrlauf, auf's Leben als Ganzes gesehen.
« Letzte Änderung: 13 Februar 2024, 12:30:39 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #128 am: 13 Februar 2024, 12:28:38 »
Was hier in meinem Tagebuch bisher noch nicht so richtig durchkam:

Ich habe durch die bewusste Entscheidung, mich meinen schlechten Angewohnheiten und "Süchten" zu stellen - und das geschah, als ich das Glücksspiel angegangen bin - einen entscheidenen Schritt für mein gesamten Leben getan.

Erstmalig habe ich es nicht abgetan á la "jeder braucht ein Laster" oder "das ist schon ok, solange man nicht abstürzt"...nein, ich habe ganz bewusst an mir gearbeitet.

Schon vor Jahren habe ich aufgehört Zigaretten zu rauchen. Meine Mutter ist an Lungenkrebs gestorben und ich weiß, wie schädlich rauchen ist.

Ich habe mit dem Kampf gegen das Glücksspiel nicht nur ein Suchtverhalten beseitigt, sondern auch meine generelle Einstellung zu Dingen, die einem nicht gut tun. Ich habe gelernt, in mein Inneres zu horchen und achtsamer zu sein.

Ich habe selbst viele Tier und hatte immer ein Problem mit meinem Fleischkonsum. In diesem Jahr habe ich, zusätzlich zur Alkoholabstinenz im Januar, auch auf Fleisch verzichtet, was ich immer noch tue. Gleichzeitig habe ich den Alkoholkonsum auf ein Maß bekommen, wo man wirklich von "Genuß" sprechen kann.

Erst mit Ende 30 habe ich angefangen regelmäßig Sport zu treiben. Auslöser war hier auch eine nach 8 Jahren gescheiterte Beziehung.

Alles hat irgendwie immer einen Grund und einen Auslöser. Bei mir war es der Wunsch, sich besser zu machen und mir selbst zu beweisen, dass ich "mich" besiegen kann.

Das sind für mich wichtige und notwendige Änderungen. Und man weiß ja, wie sehr man Änderungen erst zu schätzen weiß, wenn man sie einmal vollzogen hat und lebt. Ich lebe gesünder, bin ausgeglichener

Ich wollte das nochmal explizit erwähnen, weil es für mich nicht nur die Schritt in ein besseres Leben ist und nicht nur das Glücksspiel ansich.

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #129 am: 13 Februar 2024, 19:21:50 »
👏👏👏
Bewundernswert!
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #130 am: 26 Februar 2024, 09:31:51 »
Hallo Tagebuch!

Wieder ist eine ganze Zeit vergangen seit dem Vorfall, aber es hat sich nichts negativ verändert. Ich habe nicht wieder gespielt und ich verspüre auch keinen Drang...gar nichts.

Aber natürlich denke ich oft an das Forum hier und das ich dir Status Updates schulde. Was macht ein Tagebuch? Richtig, Einträge :)

Mittlerweile, wo ich in den fast 2,5 Jahren auch andere Probleme angegangen bin, komme ich zu der Erkenntnis, dass das Zocken nie eine richtige Sucht war sondern eine Zuflucht. Genau wie mit Alkohol, Datingplattformen (in jungen Jahren), ungesundes Essen. Ich habe es getan, um nicht mir selbst beschäftigt zu sein. Denke ich.

Ausflüchte.

Heute ist es so, dass ich ein stabiles Leben habe, eine Frau, gutes Einkommen, Grundbesitz usw.

Ich habe also viele gute Gründe, wieso ich mich nicht wieder dorthin begeben möchte. Alles wäre ein Downgrade, ein Rückschritt...das wären Entscheidungen, von denen ich weiß das es keinen positiven Nutzen hat und vorallem: keine Perspektive.

Und diese nicht vorhandene Perspektive ist es auch, die mich da mittlerweile zurückhält. Ich weiß genau, dass man mit Zocken nur verlieren kann; auf mehreren Ebenen. Und wenn ich weiß, dass etwas nichts bringt, dann mache ich es nicht. Learning und fauler Mensch = gibt keine Energie für Dinge aus, die nichts bringen (mein Charakter).


Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #131 am: 27 Februar 2024, 10:25:26 »
Hallo Tagebuch!

Noch ein paar Gedanken zum Thema "Sicherheitsdenken".

Ich finde, dass - je größer der Abstand zum letzten Spiel - auch die Unachtsamkeit steigen kann, wenn man sich nicht täglich auf seine Prinzipien beruft.

Wenn man ein paar Jahre spielfrei ist neigt man schnell zu dem Denken "Da bin ich durch, mir kann nichts passieren".

Aber das Gehirn ist ein nimmervergessendes Gebilde und sehr trickreich. So wie wir uns an die frühe Kindheit erinnern, merkt sich die graue Masse da oben auch die "Glücksmomente" und den "Kick" aus den Zeiten des exzessiven Spielens. Es ist ein Suchtgedächtnis.

Nach dem Vorfall ist das für mich ein weiteres Learning. So ist es ja auch mit allen anderen Süchten: Zigaretten, Alkohol usw...ist man einmal weg von der Sucht, muss man ein ganzes Leben lang aufpassen und achtsam sein.

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Offline Rubbel

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #132 am: 27 Februar 2024, 10:40:23 »
Ja, stimmt, und hallo Anthrazit!
Zitat
So ist es ja auch mit allen anderen Süchten: Zigaretten, Alkohol usw...ist man einmal weg von der Sucht, muss man ein ganzes Leben lang aufpassen und achtsam sein.
...
aber in Maßen! Es gibt durchaus auch Leute, die fast ihr ganzes Leben darauf ausrichten, nicht rückfällig zu werden, und sind dann evtl. richtig in Panik, verderben sich jeden Spaß - weil dafür kein Platz mehr ist.
Es gibt auch solche, die 'die Seite bloß wechseln', deren Gedanken dadurch immer noch hauptsächlich ums Spielen kreisen, eben nur vom anderen Ende her. Das passiert evtl., wenn frauman emotional nicht(s genug) aufgearbeitet hat und zwanghaft unterdrückt. Von Schuldgefühlen gesteuert ...

Von daher glaube ich, achtsam sein ist gut, zwanghaft zu unterlassen auf Dauer nicht.
--Meist ist Geist geil--

Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #133 am: 27 Februar 2024, 17:52:28 »
Hi Rubbel!

Ja klar, auch das ist richtig.

Das ist aber von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Was bei dem einen eine Kleinigkeit ist, ist bei dem anderen pathologisch.

Süchte sind sehr komplex und unterschieldich ausgeprägt...so auch beim Glücksspiel.

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Offline andreasg

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Re: Mein Tagebuch Anthrazit
« Antwort #134 am: 27 Februar 2024, 22:21:58 »
Hallo Antrazit,

auch ich gehöre zu den Spielsüchtigen, die in keine Lokalität mehr gehen, in der Daddelkästen aufgestellt sind. Neulich ar ich mit meiner Schwester und meinem Schwage in einem jungen Lokal, daß durch seine kulturelle Vielfalt lebte. Es war ein wunderbarer Nachmittag.
Ob ich mir im vertrauten Kreis ein Festessen genieße, oder mir hektisch irgendwo Fastfood reinschlinge, das ist schon ein Spiegelbid meines Suchtverhaltens, auch daß ich keinen Alkohol getrunken habe, sondern eine Apfelschorle, auch das ist mit Bedacht, und mit Absprache mit meinem Körper geschehen.

schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

 

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