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Wolfgang mein Tagebuch

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #105 am: 21 August 2021, 21:25:21 »
Ja Olli, der Spaziergang und die Zeit danach haben den Dampf aus dem Kessel genommen. Tja, diese Ungeduld ist eine meiner Schwächen. Die Wette auf das angesprochene Spiel hätte ich übrigens verloren. Das hätte leicht der Anfang vom Ende sein können. War es aber nicht und mit großer Hilfe des Krückstocks OASIS habe ich diese Klippe umschifft. Weiter geht`s!


Wolfgang
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

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Offline Wolke 7

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #106 am: 21 August 2021, 21:31:01 »
Hallo Wolfgang,

ja,du bist noch mittendrin. Die gefühlte Zeit der spielfreien Zeit vergeht viel schneller ,als die reale Zeit. 2 Tage Spielfreiheit fühlt sich an wie ne Woche ,10 Tage wie 10 Wochen und es steigert sich rasant.

 "Alles ist weit weg,hatte ich mal ein Problem? Kann gar nicht sein,och komm, einmal kann ich doch ins Wettbüro oder in die Spielo gehen,SHG.....? ,was die Typen da immer wollen, wenn die es brauchen,lass die da mal weiter hingehen,mir geht's super ,ich brauch das nicht mehr......."

Wolfgang, du hast dir genau die richtigen Hürden eingebaut, die du heute gebraucht hast. Die Spielsperren sind einer der vielen Schritte,die dich weiterhin spielfrei lassen.
Lass dir nix vom Spielteufelchen einreden und lass dich nicht von der freien Spielzeit einlullen. Wir müssen alle immer achtsam bleiben,ob nach 81 Tagen nach 800 oder 8000.......

Man erkennt nicht immer den Suchtdruck Auslöser,habe ich auch nicht jedesmal geschafft, um so besser diese Hürden für die Zukunft.

Bleib stark,du schaffst das.

LG Wolke

Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #107 am: 22 August 2021, 03:04:58 »
Danke Wolke!

Das schlimme ist, ich kenne die Gefahren und komme trotzdem auf solche Gedanken. Ohne die Hürden wäre Tag 81 auch der letzte meiner Abstinenz gewesen. Ob ich dann noch einmal mit Tag Null angefangen hätte? Ich glaube nicht und somit bleibt es ein Ritt auf der Rasierklinge. Da ich seit dem 25.07. auch das Rauchen eingestellt habe, überkommt mich zunehmend ein seltsames Gefühl. Ein Kribbeln zwischen Kopf und Beinen als wäre alles elektrisiert. Man möchte unbedingt Rauchen oder Spielen um dieses Gefühl loszuwerden. Mit vermehrter Nahrungsaufnahme und Spaziergängen versuche ich diese Zustände erträglicher zu machen. Aber es ist keine einfache Zeit.

Viele Grüße

Wolfgang
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

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Offline Wolke 7

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #108 am: 22 August 2021, 04:20:36 »
Zitat
Ob ich dann noch einmal mit Tag Null angefangen hätte? Ich glaube nicht und somit bleibt es ein Ritt auf der Rasierklinge

Heißt im Umkehrschluss ,du würdest den Rest deines Lebens weiter zocken?


Es hat niemand behauptet, dass das ganze einfach wird . Ich war  auch  schon ein paar mal zwischen 8 und 16 Wochen spielfrei gewesen und hatte dann Rückfälle, die wieder über ein paar Wochen und Monate gingen,aber nach jedem Mal habe ich mir mehr Hilfe geholt ,mehr Hintertürchen eingebaut.
Die professionelle Hilfe war schließlich bei mir das Ausschlaggebende, weil ich an meinen Auslöserproblemen der Sucht und an der Sucht selbst gearbeitet habe.
Rückfälle frustrieren, wieder anfangen kostet Kraft und Nerven,aber eine Alternative gibt es nicht. Auch wenn dir das Zocken nach dem Rückfall Spaß macht,ist der langfristige Leidensdruck enorm,sonst würden wir ja alle noch immer weitermachen.

Sprich die Gedanken und Gefühle,den Suchtdruck und fast Rückfall in der SHG an. Auch wenn du den Grund für den Spieldruck nicht weißt, vielleicht hören das die anderen raus,die kennen die ja schon ne Weile. Und wenn du es erzählst,ist es einfacher das rauszuhören, als wenn wir das hier nur lesen. Ein persönliches Gespräch,am besten noch ohne Maske, ist gegen nix zu ersetzen. Deine Körpersprache, winzige Regungen im Gesicht,erzählen so viel mehr,als das geschriebene Wort.
Also geh nächste Woche hin,red mit ihnen über alles.

Und hey,du bist rauchfreier Exspieler......sei stolz darauf !!!

LG Wolke



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Offline Olli

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #109 am: 22 August 2021, 07:31:07 »
Guten Morgen!

Zitat
Ob ich dann noch einmal mit Tag Null angefangen hätte? Ich glaube nicht und somit bleibt es ein Ritt auf der Rasierklinge.

Irgendwann kommt dieser Gedanke nicht mehr ... Wolfgang ... irgendwann ...

Doch woher kommt nun diese Überzeugung? Hast Du all Deine Erfolge bereits in den Hintergrund gedrängt, die Du hier gepostet hast? Die vielen guten Gefühle? Lese Deinen eigenen Thread noch mal. Heute siehst Du doch die Anfänge mit anderen Augen und wirst daher auch Deinen bisherigen Einstellungswechsel selbst erkennen. Solche Tagebücher sind Gold wert, wenn es darum geht ssich selbst das noch einmal zu verdeutlichen.
Oder ist Dir bewusst geworden, dass Du aus den Tiefen Deines Ichs gar nicht spielfrei sein möchtest? Du es dabei bei den Schutzmaßnahmen einfach nur "übertrieben" hast? Dann gilt das Gleiche ... lese Deinen Thread noch mal.

Wie viele Tage und Nächte habe ich in Spielhallen verbracht ... Das Ambiente hat mich gefesselt - aber eben auch zum Spielen verleitet.
Ab in die Kneipe, den Platz an der Theke direkt neben dem Spielautomaten gesichert. Die ersten Münzen aus dem Portemonnaie eingeworfen, damit niemand anderes daran spielen konnte. Egal wer noch als Gast herein kam - egal ob ich dann dartete oder knobelte, die Walzen standen die ganze Zeit nicht still.

Als ich spielfrei werden wollte, da musste ich auch viele Dinge, die mir ja eigentlich gefielen, loslassen. Ich setzte mir selbst Regeln.
"Never touch a Spielhallenboden!" war eine davon. Halte Abstand zu den Automaten an der Theke - berühre die Kisten nicht einmal.
Ich setzte mich dann so hin, dass ich den Automaten nicht mal mehr anschauen konnte. Kurze Zeit darauf merkte ich, dass das Knobeln die gleichen Gefühle in mir auslöste, wie das Glücksspielen. Also habe ich seitdem nicht mehr geknobelt. Darten um eine Runde ... das Gleiche in Grün. Egal was meine Vereinsfreunde davon hielten und mir sogar ihren Unmut darüber kund taten ... hier ging es um mich - und ich blieb eisern.
Vielleicht ist Dein Sportinteresse ja Gift für Dich. Vielleicht - und egal wie schwer es fällt - sollte eine Deiner Regeln lauten: Never watch sports!

Vielleicht reicht es aber auch schon, den Nikotinentzug zu überstehen, der ja gerade die gleichen Areale im Gehirn triggert, wie das Glücksspiel einst. Diese Areale sind wie ein Generator, dem es egal ist, ob er den Herd bedient oder den elektrischen Stuhl.
Zumindest für die nächsten Monate stellt sich nun die Frage, an welcher Stellschraube Du noch drehen kannst, um es Dir einfacher zu machen.

Tag 82 - und die Erde dreht sich weiter!
« Letzte Änderung: 22 August 2021, 07:33:07 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #110 am: 22 August 2021, 19:25:23 »
@Wolke

Ich habe tatsächlich das Gefühl, es nicht ein weiteres Mal durchziehen zu können. Ich würde mich dann geschlagen geben und das Feld räumen. So zumindest der Ist-Zustand. Durch diese Phase muss ich durch und dafür biete ich alles auf.
Möglicherweise hat aber auch Olli recht.

@Olli

Tja, die Tiefen meines Ichs. Habe mir das Tagebuch nochmal zu Gemüte geführt und sehe durchaus eine Entwicklung. Darauf bin ich auch stolz. Aber die Frage, ob ich in den Tiefen meines Ichs gar nicht spielfrei sein möchte, beschreibt wohl die Problematik sehr zutreffend. Das muss ich mir leider eingestehen und das macht Angst. Mir fehlt einfach noch der erfüllende Ausgleich zur jahrelang praktizierten Gewohnheit. Habe ich es in einem Anflug von Panik mit den Schutzmaßnahmen übertrieben und ärgert mich das jetzt? Auch mit dieser hypothetischen Fragestellung triffst du voll ins Schwarze. Tatsächlich habe ich solche Gedanken und bin darüber zutiefst irritiert. Könnte ich jetzt mal paar Züge nehmen und dann am Tag nur noch 5-8 Zigaretten rauchen? Paar Euro ins Spiel investieren, nur zum Spaß an der Freude? Das Leben wäre wieder lebenswert.  Ich könnte mir dann beweisen, das ich sowohl kontrolliert Rauchen als auch spielen kann.
Bullshit - nichts kann ich kontrollieren. Und trotzdem kommen diese dämlichen Gedanken. Ohne Kontokarte bin ich aufgeschmissen, also werde ich eine weitere Sicherheit einbauen. Peinlich in meinem Alter, aber es geht nicht anders.

So, morgen muss ich erstmal zu einer kleineren Operation ins Krankenhaus.

Allen eine schöne Woche

Wolfgang


 
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

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Offline Wolke 7

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #111 am: 22 August 2021, 20:15:44 »
Zitat
fehlt einfach noch der erfüllende Ausgleich zur jahrelang praktizierten Gewohnheit

Hallo Wolfgang,

den einen gleichwertigen Ausgleich gibt es nicht,dass  kann ich dir nach fast 4 Jahren sagen. Es gibt aber die Summe vieler kleiner und großer Aktivitäten, Genüsse,Verabredungen, Hobbys und das gesamte Paket nennt man Leben und das ist der erfüllende Ausgleich.  Nicht jeden Tag strahlt einem die Sonne aus dem A.......und man ist nicht superglücklich,aber aufs Leben und die vielen Momente gesehen schon. Und andere Menschen glücklich zu machen gehört auch dazu.

Ich hab nach Jahren zwischendurch immer noch großen Bock zu zocken,aber ich schaffe es,dem Suchtdruck standzuhalten und ihm entgegenzuwirken. Mit anderen Tätigkeiten, Gesprächen, zur Not auch Skills,aber die brauchte ich zum Glück schon länger nicht mehr. Und der Suchtdruck ist sehr viel kürzer als früher. Aber wenn doch alles wieder mehr werden würde und länger anhält , rufe ich den Therapeuten und die Gruppe an. So ist mein fester Plan.

Zitat
Ohne Kontokarte bin ich aufgeschmissen, also werde ich eine weitere Sicherheit einbauen. Peinlich in meinem Alter, aber es geht nicht anders

Das ist nicht peinlich ,sondern eine sehr gute und richtige Entscheidung. Damit du mit dem Taschengeld mehr Freiheiten hast,rate ich dir zu Gutscheinkarten aus dem Lebensmittelladen,der Drogerie,der Tankstelle,so bist du etwas flexibler und kannst auch mal nen Kaffeetrinken gehen oder mal was in einem Laden kaufen,wo es keine Gutscheine gibt. Dann aber Taschengeld Betrag sehr klein halten oder alles Gutscheinkarten aus noch mehr Läden und dann haste kein Bargeld  mehr  Gutscheine wie EC Karten.....hat mir lange Zeit sehr gut geholfen.

LG Wolke






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Offline Wolke 7

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #112 am: 22 August 2021, 20:46:30 »


    https://youtu.be/bPBxvN_mlhY


     Trifft grad irgendwie auf dich zu,Wolfgang oder?

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Offline Olli

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #113 am: 22 August 2021, 21:24:18 »
Hi Wolfgang!

Ich werde morgen an Dich denken und wünsche Dir alles Gute für die OP und die anschließende Genesung!

Zitat
Aber die Frage, ob ich in den Tiefen meines Ichs gar nicht spielfrei sein möchte, beschreibt wohl die Problematik sehr zutreffend. Das muss ich mir leider eingestehen und das macht Angst.

Kurios, nicht wahr? Müsste es nicht eigentlich anders sein, nämlich Angst vor der Abstinenz?
Das jahrzehntelange Gezocke ist ja eigentlich das, was Du kennst. Die Abstinenz ist das Novum - das Unbekannte.
Ja natürlich gab Dir das Spielen etwas. Es füllte Zeit und es gab Dir Emotionen. Jetzt aber existiert Zeit und die Emotionen kommen alle zu Dir - nicht wie im Spiel nur die Ausgesuchten und die Extremen.
Wie gehst Du denn mit der geplanten OP um? Bist Du nervös? Hast Du Angst vor dem, was da kommt? Könnte Deine Unsicherheit Anlass zu den Spielgedanken gewesen sein?

Die Frage, ob Du tief in Dir drin spielen willst, hast Du mit einem Nebensatz beantwortet:
Zitat
also werde ich eine weitere Sicherheit einbauen

Wieso solltest Du dies gegen den Wiederstand Deiner Scham tun wollen, wenn in Dir nicht der viel tiefer sitzende Wunsch nach Abstinenz wäre? Du bist süchtig, Wolfgang. Das Spielen hast Du Dir über Jahrzehnte antrainiert. Bis die Suchtgedanken verblassen, braucht es Zeit.

Jetzt stelle Dir mal vor, dass Du Deine Schutzmaßnahmen hättest umgehen können. Du wärest in eine Spielsession geraten, die ein paar Tage oder auch Wochen angehalten hätte. Dein Wunsch nach Abstinenz wäre dadurch aber nicht verschwunden. Er kommt wieder. Ein tröstlicher Gedanke, doch er lässt sich im Hier und Jetzt noch steigern. Deine Schutzmaßnahmen haben Dich vor Selbstvorwürfen bis hin zur Selbstzerfleischung bewahrt. Sei froh, dass sie gegriffen haben.
Es waren nur Spielgedanken und daraus resultierender Suchtdruck. Sie sind gekommen und sie sind auch wieder gegangen ohne Schaden anzurichten.
Gleichzeitig haben sie Dich aber auch gewarnt vor ihrer Gefährlichkeit. Sie haben Dir einen ordentlichen Schrecken eingejagt.

Hey ... was heisst denn hier in Deinem Alter? Waren wir nicht ungefähr gleich alt? Also ich bin nicht alt ... ich bin nur gereift ...
(Wehe, wenn jetzt einer an Stinkekäse denkt ... ;) )

Ich weiss, dass Du das Folgende schon kennst zur Scham ... ich schreibe es aber noch mal auf.
Schutzmechanismen sind ein wichtiger Faktor bei der Genesung. Sie sind auch immer nur temporär. Irgendwann nehmen wir unser Leben auch wieder komplett in die eigene Hand.
Die Schutzmechanismen aber einzurichten, zeugt von Selbstverantwortung. Die dabei verspürte Scham muss dabei überwunden werden.
Die Scham zielt aber auf das Bedürfnis der Einrichtung und nicht der Einrichtung selbst. Die Scham zielt auf die vergangenen Verstöße gegen die eigenen Werte und Normen, wohingegen die Schutzmechanismen diese ja stützen sollen.

Zitat
Darauf bin ich auch stolz.

Das kannst Du auch ruhig sein. Kaum einer hätte sich hier getraut sich so tief in die Seele blicken zu lassen. Ich finde das einfach grandios! Aber so funktioniert das nun mal in der Selbsthilfe und auf dem Genesungsweg!

Nochmals alles Gute für morgen!


Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
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Offline Wolke 7

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #114 am: 22 August 2021, 21:33:03 »
Zitat
Wehe, wenn jetzt einer an Stinkekäse denkt ... ;) )

Oooh ,lecker.....Esrom,Limburger usw..... ;D  ;D :)

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Offline andreasg

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Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #115 am: 23 August 2021, 09:29:15 »
Hallo Wolfgang,

ich lese immer gerne Dein Tagebuch mit,

und ich wünsche Dir zu Tag 90 alles Liebe und Gute. In den Gruppen ist das ein sehr markanter Meilenstein: die Hürde, wieder in einen Rückfall zu gehen, liegt höher, der Schmerz, womöglich final mit dem Spielen aufzuhören, bietet eine Überforderung dar, Wut, Enttäuschungen, Versagensängste, Trauer, Erleichterung, Lebensfreude, alles schmort im Kessel und das Herz schlägt dazu im Takt.

Eine "kleine" Operation ist ein Eingriff, ist eine Zäsur, der Schmerz wird betäubt, aber die Zeit zum Nachdenken weitet sich aus. Ich kenne meinen allgegenwärtigen Grübelzwang, und ich sollte nicht nur lesen, mehr noch schreiben. Das Schreiben befreit vor schweren Gedanken, und die Welt wird wieder gangbarer.

Sehr oft denke ich an meine Klinikaufenthalte im Allgäu. Ja das Allgäu ist eine Perle, und es gibt noch etwas , was ich an Bayern schätze: den Bayrischen Blauschimmelkäse...

Gute Besserung  :)

Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #116 am: 30 August 2021, 16:13:13 »
Tag 91

Heute vor einer Woche lag ich im Operationssaal. Eigentlich keine große Sache, weil unter Lokalanästhesie durchführbar. Wurde dann allerdings zur Tortur, nachdem geschlagene 2 Stunden gezogen und geschnippelt wurde. Ich war klitschnass und heilfroh, als die Wunden zugenäht waren. Danach stationäre Aufnahme bis Donnerstag. Ab diesem Tag dann mit Antibiotika, weil dick, schmerzhaft und entzündet. Heute sollten eigentlich die Fäden gezogen werden, aber keine Chance. Immer noch entzündet und es nässt auch zunehmend. Also weiterhin täglich Verbandwechsel.
Was aber am meisten nervt - ich habe in der linken Gesichtshälfte ein Taubheitsgefühl. Besonders ist die Kopfhaut betroffen.  Offensichtlich eine Nervenschädigung aufgrund der Operation.
Kann denn nicht mal irgendwas normal laufen?

Aber das wichtigste: Ich bin trotz allem stark geblieben und habe weder gespielt noch geraucht. Ich hatte etwas Bammel vor dem Wochenende, aber auch das ist Geschichte. Mein großer Appetit ist jetzt mein vorrangiges Problem. Aber wie gesagt, ganz ohne Probleme würde mir wohl auch was fehlen;-)

Dank an Olli, Andreas und Wolke
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #117 am: 05 September 2021, 20:15:43 »
Tag 97

Habe im Tagebuch von "Gewillt" gelesen und dessen Traum zur Kenntnis genommen. Auch ich hatte letzte Nacht einen Traum vom Spielen. Bemerkenswert waren die exakt gleichen körperlichen Reaktionen, wie ich sie nach tatsächlichen Abstürzen kannte. Obwohl ich irgendwann merkte, das ich nicht den letzten Cent meines Dispokredits verspielt habe, war die Nacht gelaufen. Kaum eingenickt, schreckte ich wieder hoch und musste mich jedes mal neu orientieren. Das hängt mir auch den ganzen Tag irgendwie in den Kleidern. Der Traum war so real, das ich nach dem hochschrecken aus dem Schlaf gedacht habe, wenigstens hast du nicht  gequalmt.

Allen eine sichere Woche

Wolfgang
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #118 am: 20 September 2021, 19:01:50 »
Tag 111 Spielfrei

Schnapszahl  muss natürlich ins Tagebuch ;D

Momentan ist in Sachen Suchtdruck Ruhe eingekehrt. Zumindest was das Zocken angeht. Ich merke, wie ich mich allmählich von jahrzehntelangen Gewohnheiten und Verhaltensmustern löse.
Ich denke hin und wieder an Casino und Sportwetten, aber ich spüre nicht mehr dieses kribbeln und den Zwang es tun zu müssen. Am Wochenende kam während einer Sportübertragung die Werbung eines mir bekannten Anbieters. Er warb für 5.-Euro Freiwetten. Das hat mich total abgestoßen, denn ich kannte die Wochenenden mit hunderten Euro Minus und den darauf angebotenen lächerlichen 5.-Euro. Das hilft ungemein, sich die negativen Dinge immer wieder vor Augen zu führen.
Mit dem Schlafen funktioniert immer noch nicht wie gewollt und der Drang eine Zigarette rauchen zu wollen besteht auch am Tag 58 meiner Rauchabstinenz.
Aber ich bin auf dem richtigen Weg und will dort auch bleiben.
In Sachen Spielsucht habe ich einiges an Sicherheiten eingebaut und auch mittlerweile vielen Leuten davon berichtet. Bin auch nach wie vor in psychologischer Behandlung. Beim Thema Rauchen war das komplett anders. Von fast 2 Schachteln am Tag auf Null ohne irgendwelche begleitenden Hilfen. Die letzten 7 Zigaretten aus der Schachtel vom 25.07. stehen griffbreit auf einem Regal. Ob der pure Wille auch nachhaltig sein kann, wird sich zeigen.

Allen eine erfolgreiche Woche

Wolfgang
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

Re: Wolfgang mein Tagebuch
« Antwort #119 am: 20 September 2021, 20:44:13 »
Hey,

Ich sage mal herzlichen Glückwunsch. Nicht spielen und nicht rauchen ist stark!

Zu der Sache mit dem kontrollierten Spielen:

Ich habe letztens so eine Pudding-Buttercremetorte gebacken. Sie ist gut geworden. Ich hatte aber vergessen, dass meine Freundin am nächsten Tag für ein paar Tage abhaut und so war noch die halbe Torte übrig.

Ich freute mich auch irgendwo, auch wenn ich gern noch mehr abgegeben hätte.

Ich dachte den halben Tag daran wie ich das Ding zuhause komplett aufesse. Noch mehr, weil ich sie selber gebacken habe.

Gesagt, getan. Ich aß die halbe Torte auf.

Mir war danach ziemlich schlecht, es war viel Butter und Zucker usw. drin. Am nächsten Tag hing ich früh 3 Stunden auf dem Klo.

Ich denke, mit der Sucht ist es vielleicht ähnlich. Du denkst es ist toll. Ist es aber vorbei sieht die Sache schon anders aus. Das baut mich auf (vorher schon). Die Vorstellung von dem, was passieren wird und wie es einem dabei geht, entspricht einfach nicht der Realität. Das ist mir trotz Sucht auch schon öfter wärend des spielens aufgefallen und ich hab mich doch motiviert mein Spiel zu beenden. Heute denke ich:

Es war zu dem Zeitpunkt IMMER eine gute Idee aufzuhören, egal wie das Kapital gerade aussieht. Wenn es also mittendrin doch immer Mist ist muss es doch am Anfang auch schon Mist sein?!?

Man merkt es nur nicht gleich wegen der ganzen bunten Lampen und den ersten 200 die man doch mal vorne ist, es bleibt aber eigentlich doch der gleiche Müll.

Ich hoffe du spielst da nicht "pseudokontrolliert" irgendwelchen Kram sondern ich hoffe, du kannst auch gerne weiterhin Abstinent bleiben. Mindestens hoffe ich, dass du glücklich wirst, ich denke aber mit dem gezocke wird das (zu) schwer, jedenfalls für dich wie wohl auch für mich....
« Letzte Änderung: 20 September 2021, 20:58:20 von Peter Schmidt »

 

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