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Mein Tagebuch Marc

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Mein Tagebuch Marc
« am: 07 Juli 2021, 19:54:55 »
Hallo zusammen,

mein Name ist Marc - ich bin 31 Jahre alt und seit ca. 2010 spielsüchtig - das erste Mal kam ich in einer Kneipe donnerstagabends mit einem Spielautomat in Kontakt und habe damals gleich 200 Euro gewonnen mit nem 10er. Dann hat es mich schon gepackt - am nächsten Tag gings gleich wieder los - hab zuhause mein ganzes Kleingeld zusammengesammelt und wieder hin.

So ging das dann bis ich ein Jahr später meine ersten 3000 Euro Schulden hatte - damals kamen Schreiben von der Bank nach Hause und meine Eltern haben mich damit konfrontiert - hab dann eine weile pausiert und ein halbes Jahr später wieder angefangen bis das selbe Spiel wieder passierte- damals hat mir mein Vater dann geholfen und mir das Geld für ein paar Rechnungen geliehen - im gleichen Jahr habe ich auch meinen Führerschein verloren weil ich betrunken zocken gehen wollte - gott sei dank - sage ich heute. Naja in diesem Jahr Führerscheinlos - habe ich dann etwas weniger gezockt, da ich wenig Möglichkeiten hatte - danach gings jedoch gleich wieder los und ich hatte das Gefühl dass ich dort alles nachholen wollte.

Ende 2013 habe ich eine Fortbildung angefangen in Vollzeit- habe dort dann einen Kredit aufgenommen von 3000 Euro und einen Studienkredit - das Geld floss natürlich regelmäßig in die Spielautomaten - somit hatte ich Ende 2014 nicht nur ca 12000 Euro Schulden, sondern auch noch eine nicht abgeschlossene Fortbildung - so weit so gut , wenigstens hatte ich noch meinen Job- welcher mich dann über Wasser gehalten hat. So ging das ganze dann weiter bis Mitte 2016 - monatlich Raten bezahlen, feiern gehen und zocken - im Juni 2016 bin ich dann mit ein paar Jungs nach Malle- dort habe ich vorher leider mein gesamtes Geld verzockt - ca. 30000 EUro Schulden bei verschiedenen Stellen - dann habe ich einen neuen Kredit aufgenommen von 22000 Euro und habe dafür zwei alte abgelöst - das Geld ging dann jedoch auf Mallorca drauf. In der ganzen Zeit habe ich auch bei Freunden und Familie mit zig Lügengeschichten Geld erschlichen und erlogen - habe meine Eltern bestohlen um zu zocken und habs bei Gewinn wieder reingelegt - habe ich verloren - habe ich Freunden vorgelogen ich habe Autoreparaturen usw. So schnell war ich wieder bei ein paar hundert Euro - Naja - Ende September 2016 ging dann entgültig nichts mehr - ich habe meinen Eltern alles erzählt und habe mein Konto von meinem Vater führen lassen - habe mich dann entschieden eine stationäre Therapie zu absolvieren. Diese ging dann im Februar 2017 los und dauerte dann 4 Monate. In dieser Zeit ging es mir sehr gut - ich habe zurück ins Leben gefunden - habe kurz danach meine bis heutige Freundin kennengelernt und stand wieder mitten im Leben - habe meine Finanzen etwas regeln können- ich war praktisch geheilt und war super glücklich . Dachte eigentlich dass ich jetzt endlich im Leben angekommen bin aber die Sucht hat mich wieder und wieder eingeholt - wollte mit meiner Freundin mein Leben genießen, verreißen usw.

Leider hielt das Ganze dann ca, 1 Jahr bis der erste Rückfall anstand - damals begann es mit Rubbellose und Lotto und ging schleichend zu Sportwetten und Online -Casinos über, habe in dieser Zeit einen neuen Kredit von 10000 EUro aufgenommen - angeblich um andere Sachen zu bezahlen - habe dann in kürzester Zeit alles verzockt - bis heute gab es immer kurze Pausen in denen ich gebeichtet habe , dann hielt es wieder für ein - zwei Monaten und dann ging es wieder los - habe dann 2019 meinen KRedit aufgestockt ,eine Kreditkarte erworben und einen Zweitdispo die immer wieder komplett ausgereizt wurden und dann irgendwann wieder zurückgezahlt wurden - entweder durch meinen papa oder meine Freundin, die mir beide schon zigmal aus der Scheisse geholfen haben - leider bringt mich das irgendwie immer weiter rein - habe mittlerweile mein Auto verkauft und verspielt - habe meinen KRedit erneut aufgestockt und mein Lohn geht bis auf ein paar Zerquetschte für Schulden drauf - 2019 im September habe ich eine Psychotherapie begonnen um meine Vergangenheit aufzuarbeiten, habe das 1,5 Jahre gemacht und es hat sehr viel in mir bewegt, leider auch negativ - hatte mittlerweile auch viele depressive Phasen und Angstzustände sowie Zwangsstörungen die sich teilweise entwickelt haben.

Heute muss ich sagen geht es mir was das angeht deutlich besser - jedoch bin ich nach wie vor spielsüchtig - und das so stark wie noch nie - ich bin Pleite, habe ca 70000 Euro Schulden , meine Freundin möchte gerne in den nächsten Jahren eine Familie gründen und ich ja auch , jedoch weiß ich nicht, ob ich das alles schaffe..was soll ich meinem Kind denn bieten? Ein Leben in Armut und in Sorgen - letzten Endes bin ich ziemlich am Boden, weiß nicht ob mir überhaupt eine Therapie wieder was bringt - und weiss auch noch nicht wie das alles weitergehen soll - die Online Casinos haben mich zerstört - getrieben von immer mehr Einsätzen und dem Größeren Kick habe ich auch vor kurzem einen Gewinn von ca. 20000 Euro innerhalb von einem Abend verspielt - das Geld hätte so viel regeln können - naja..whatever  :-X
Jetzt muss ich erstmal schauen, wie ich diesen Monat rumkomme und dann sieht man weiter- denke die Banken stehen auch schon bald auf der Matte zwecks mangelnder Kontodeckung - Rückstand Kreditraten usw..Mein Leben ist gerade ein ordentlicher Scherbenhaufen - soviel mal bis hierher -
vielleicht hat jemand ähnliches erlebt oder durchgemacht?
Würde mich über andere Ansichten und Erfahrungen freuen.

Marc
« Letzte Änderung: 10 Juli 2021, 22:18:10 von Ilona »

*

Offline Olli

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Re: Mein Tagebuch
« Antwort #1 am: 08 Juli 2021, 06:17:06 »
Hi Marc!

Zitat
die Online Casinos haben mich zerstört - getrieben von immer mehr Einsätzen und dem Größeren Kick habe ich auch vor kurzem einen Gewinn von ca. 20000 Euro innerhalb von einem Abend verspielt - das Geld hätte so viel regeln können - naja..whatever

Hätte, hätte, Fahrradkette ...
Komme doch bitte aus Deiner Traumwelt heraus. Du bist gerade nass bis über beide Ohren. Was wäre also passiert, wenn Du mit dem Geld Kredite abgelöst hättest? Es hätte immer noch nicht gereicht. Was einmal klappt, das klappt auch noch einmal! - wäre der vorherrschende Suchtgedanke gewesen und Du hättest die Kredite wieder aufgestockt. So lange Du spielst, sind "Gewinne" nur der Einsatz für das nächste Spiel.

Ob Du noch eine Therapie machen solltest? Ja was denn sonst? Abwarten? - oder besser ... Weiter abwarten?
Na klar ... werde aktiv ... fordere Dir die nächste Therapie ein. Dann musst Du aber auch einmal anfangen, Deine Hinterscheunentore - den Zugang zum Geld - zu verschließen. Hat das bisher keiner mit Dir besprochen? Doch, da war doch was ... Dein Vater hatte einst Dein "Konto übernommen". Hattet Ihr daraus ein Geldmanagement gemacht oder war es reine Finanzkontrolle? Also - hast Du versucht den Umgang mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel neu zu erlernen oder nicht?

Du möchtest eine Familie gründen? Das ist doch auch nur ein Phantasiegespinst, so lange Du nichts dafür tust.
Und wie kommst Du darauf, dass die Psychotherapie der Grund für Deine depressiven Phasen sind? Du warst doch nie wirklich trocken. Das waren Spielpausen. Eine Pause bedingt nun mal, dass sie einen Anfang und ein Ende hat.
Ich selbst habe mich so 20 Jahre von einer Pause zur Nächsten bewegt. Heute behaupte ich sogar, dass mir dies bewusst war, weil ich ja nie wirklich aufhören wollte. Immer wieder gab es die Möglichkeit an Geld zu kommen und Du kannst Dir denken, wie das aus gegangen ist. Ist diese innere Haltung nicht auch bei Dir vorhanden?
Dann hängt sie wie ein Damoklesschwert über Deinen Träumen und hält sie dort auch fest, wo sie gerade sind.

Willst Du spielfrei werden?
Willst Du Deine Schulden regeln durch z.B. eine PI?
Willst Du tatsächlich Vater werden?
Willst Du Deine Freundin lieben und ihr auch etwas bieten?

Dann wache auf und mache diese Punkte zu echten Zielen! Werde aktiv! Stecke Deine ganze Energie in Deine Genesung.
Dir bleibt doch gar nichts Anderes mehr übrig ... das Kartenhaus fällt doch schon wieder zusammen. Wie oft wird Dein Vater Dich wohl noch "retten" wollen? Wie oft möchtest Du noch "gerettet" werden?

Na klar, Marc ... mache was ...
Das Leben mit Spielsucht aber fehlender Suchtausübung ist weitaus besser als mit ... und es ist längst nicht so unerreichbar, wie Du es Dir denkst.
Wie sagte mal jemand: Nimm Dir Dein Leben - mit beiden Händen! Nimm es Dir zurück!

Schön, dass Du hier bist!
« Letzte Änderung: 08 Juli 2021, 06:19:52 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #2 am: 08 Juli 2021, 10:25:48 »
Hallo Olli,

danke für deine ehrlichen Worte. Du hast natürlich mit allem Recht was du sagst, so schmerzhaft es für mich auch ist. Aber ich glaube es ist für mich genau das richtige dass mir (mal wieder) die Augen geöffnet werden und es ist auch so, dass ich durch den Gewinn vermutlich noch mehr kaputtgemacht hätte als es eh schon ist.

Das mit dem Konto war damals so, dass mein Vater erst eine Zeit lang mein Geld und mein Konto verwaltet hat, d.h. Er hat mit Taschengeld eingeteilt und das Ganze dann etwas kontrolliert, später war es dann so dass er alle paar Wochen meine Kontoauszüge angeschaut hat, damals war das halt so dass wir alle keine Ahnung hatten wie man mit Suchtkranken umzugehen hat und für uns war das damals eine gute Lösung um vielleicht etwas davon loszukommen.
Ich habe es schon versucht neu zu erlernen, aber ich denke ich war nie so richtig dahinter.

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt, ich meinte nicht dass meine Psychotherapie der Grund für diese depressiven Phasen usw war, sondern eher der Auslöser, weil ich eben viel aufarbeiten konnte aus meiner Vergangenheit. Mittlerweile geht es mir auch wieder gut was das angeht.

Also ich wage schon zu behaupten, dass ich nach der Therapie 2017 für ein Jahr trocken war. Denn dort hatte ich keine schlechten Gedanken, es ging mir gut und Ich habe dort auch mein Leben gelebt aber du hast natürlich vollkommen recht mit den Gedanken und den Pausen.. wenn ich darüber nachdenke, war es seit den ersten Rückfällen wirklich so, dass ich tief im Inneren gedacht habe irgendwann den großen Pot machen zu können und mir alles wieder holen zu können. 
Jetzt mach ich halt kurz ne kleine Pause und dann probier ichs nochmal. Bei mir ist es halt so, dass ich wenn ich alles verloren habe aufwache und mir Gedanken mache über Therapie usw. Und sobald ich wieder Geld habe und es sich entspannt hat, wieder anfange zu spielen. Das war bisher jedes Mal so.. Klar, seit Jahren träume ich von dies oder jenem und sage mir bis heute.. Irgendwann mal wenn ich mehr Geld habe.. Was ich aber nie haben werde wenn ichs nicht schaffe.. Genauso wird es auch mit der Familiengründung sein.

Danke, ich werde wieder reinen Tisch machen und mir schnellst möglich Hilfe holen. Natürlich ist es mir jedes Mal endlos peinlich wenn ich wieder nach Geld betteln muss aber seither war das eben für mich der einzige Weg. Eine Privatinso kommt für mich im Moment noch nicht in Frage, weil ich sonst mein ganzes Leben gebrandmarkt bin und das solange es geht umgehen möchte.. ich werde erst versuchen das mit den Banken irgendwie zu klären. Falls das nicht klappt sehe ich weiter.
Danke.
Marc


*

Auskuriert1

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #3 am: 08 Juli 2021, 10:59:59 »
Hi Marc wie Olli schon schrieb,

Privatinsolvenz anmelden,
zum einen kannst Du dich die nächsten 10 Jahre nicht verschulden, neue Kredite beantragen usw.
und zum anderen würde von Dein Lohn noch genügend übrig bleiben, damit Du deinen Lebensunterhalt bestreiten kannst.
Kommt nicht in Frage ist überwiegend die Antwort, ebenso wie Viele Glücksspielsüchtige Hilfe verweigern bzw. es erstmal alleine "versuchen" wollen.
Konsequenz was das finanzielle betrifft: Jahrelang setzt Du dich unnötiger Druck aus, bis Du (vielleicht) irgendwann mal deine Schulden abgestottert hast?!
Mein persönliche Erfahrung mit etliche Spieler in ähnlicher Situation....geht voll in der Hose.
Hilfe verweigern und es alleine versuchen....geht auch fast immer in Höschen.

Als nächstes (oder zuerst) lässt Du dich im Sperrsysem Oasis eintragen

Und drittens würde ich mir mal Gedanken machen warum - betreffend deiner Sucht - bisher nichts gefruchtet hat...

Mögliche Ursache was das obere betrifft:
Du hast Dich und erst recht Deine Krankheit „pathologischer Glücksspieler“ wahrscheinlich nicht ernst genommen, wenigstens nicht ernst genug!
Und andere Ursachen (ausreden gibt es ja zu genügend) würde ich an Deiner Stelle pauschal ausschließen, eben weil vieles - vor allem negatives- direkt oder indirekt mit der Sucht zusammenhängt.   

Der weg hinaus,
da würde schon weniger als die Hälfte der Energie ausreichen (die du fürs spielen verschwendet hast) um Deine Sucht die Stirn zu bieten.
Z.B. um Hilfsangebote (außerhalb von diesem Forum) wahrzunehmen, welche mittlerweile auch zu genügend vorhanden sind.   
« Letzte Änderung: 08 Juli 2021, 11:01:52 von Auskuriert1 »

*

Offline Olli

  • *****
  • 6.760
Re: Mein Tagebuch
« Antwort #4 am: 08 Juli 2021, 11:44:20 »
Hi Marc!

Dass Dich meine Worte geschmerzt haben, tut mir leid ...
Ich sah in Deinen Zeilen nicht nur Traurigkeit, sondern auch Hoffnungslosigkeit. Das stimmt aber nicht. Es gibt Hoffnung.
Doch dazu musst Du auch etwas tun.
Ich selbst steckte auch mal in diesem Teufelskreis und hatte keine Hoffnung. Erst als ich ernsthaft spielfrei werden wollte, zeigte sich, dass doch Veränderungen möglich waren.
Wie oft hatte ich vorher geschworen "nie" mehr zu spielen ... und als dann die Gelegenheit kam, spielte ich denn doch wieder.
Das ist der Grund, weshalb ich heute formuliere, dass ich keinen einzigen Rückfall hatte. Ich hatte immer nur Spielpausen. Ansonsten war ich 20 Jahre lang nass.
Doch was soll´s ... ich kann die Vergangenheit nicht mehr ändern und es ist müßig darüber zu trauern.
Ich lebe im Jetzt - gebe mein Bestes um weiter spielfrei zu bleiben. Das, was ich bis heute erreicht habe und im Heute auch genieße, möchte ich nicht wieder weg geben. Dabei rede ich nicht nur vom Materiellen, vielmehr überwiegt das emotional Erreichte. Ich fühle mich heute ausgeglichen.
Am WE auf einer Schulung, die zum Thema Scham und Schuld hatte, und tatsächlich emotional anstrengend war, wurde mir von Mitschülern gesagt, dass ich gelassen wäre.
OK, ich kann auch immer noch anders ... doch im Großen und Ganzen passt es schon. Ich bin gelassener geworden.
Sehe nicht mehr hinter jedem Lob die Absicht es mir auch wieder weg zu nehmen, um nur mal ein Beispiel zu nennen.

So, wie Ihr das mit dem Konto gemacht habt, war es bei mir auch. Ich hatte sogar mal ein UND-Konto eingerichtet, was aber nach ca. 1 Jahr wieder rückgängig gemacht wurde. Die Initiative kam da noch nicht mal von mir, sondern von meiner Mutter.
Beide Elternteile wollten die Sucht nicht sehen - und mir war das damals recht.
Daher plädiere ich aber heute auch auf ein vernünftiges und lehrreiches Geldmanagement, damit niemand meine Fehler wiederholt.

Zitat
Mittlerweile geht es mir auch wieder gut was das angeht.
Das freut mich ...

Zitat
Natürlich ist es mir jedes Mal endlos peinlich wenn ich wieder nach Geld betteln muss aber seither war das eben für mich der einzige Weg.
Das kann ich verstehen. Doch hier kann man auch ein unbewusstes Kalkül sehen, wenn man möchte. Erst wird alles verspielt bis zum geht nicht mehr und dann wird man aufgefangen.

Mal ganz allgemein gesprochen: Wir sind nicht "bekloppt", wir haben ein Problem mit der Gefühlsregulation. Das lässt sich aber noch erlernen.

Noch allgemeiner gesprochen, fehlt es uns an Resilienz. Ein Modewort, was die Fähigkeit beschreibt, mit Problemen besser umzugehen.
Da es sich aus verschiedensten Positionen zusammen setzt, kann man im Umkehrschluss auch nicht von "dem" Grund fürs Glückspiel sprechen.
Um Resilienz zu trainieren, brauchst Du ein gutes Maß an Optimismus. "Alles wird schon gut werden" ist da eher zu blauäugig. Doch Du kannst hier und da ein paar Stellschrauben anziehen. Die Summe macht es dann.

Noch einmal zur Psychotherapie und den daraus resultierenden Folgen ...
Natürlich muss in einer solchen Therapie an Grenzen heran gegangen werden. Doch wie ich das verstehe, dürfen diese nicht überschritten werden.
Dies schien ja hier der Fall gewesen zu sein. Wie wurdest Du denn da begleitet?
Am WE, in der Schulung, haben wir Imaginationsübungen gemacht. Das wurde einer Person zu viel und die Psychologin hat sofort darauf reagiert ...


Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #5 am: 08 Juli 2021, 12:03:51 »
Hallo Marc,

zunächst willkommen. Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen.

Der Satz das du wenn du alles verspielt hast "aufwachst" zeigt das du noch vollkommen im Teufelskreis gefangen bist. Es ist häufig so das wenn man die Jubelzeit beim Spielen verlassen hat die andere Seite kommt. Es fehlt einem ja auch die Munition das weiter zu betreiben was man getan hat. Ohne Geld - kein Zocken. Das ist eine normale Reaktion. Ein Soldat der im Schützengraben liegt und keine Patrone mehr habt wird auch eher über Kapitulation nachdenken als den Kampf weiterzuführen. Werf ihm 1000 Schuss hin und es schaut wahrscheinlich wieder anders aus.

Es ist schön das du 2017 womöglich trocken warst. Ich war im Jahr 2000 auch noch nicht abhängig kann mir davon aber heute auch nichts kaufen. Es zählt das was jetzt ist und hier ist deine Situation schwierig. Du musst, wenn du was ändern willst, reagieren und dich wichtigen Personen anvertrauen und die finanzielle Hoheit abgeben um die Ausübung erstmal zu unterbinden. Bezüglich deiner Schulden ist der Weg in die PI vielleicht das richtige. Hier solltest du aber auch vorab mit einer Schuldnerberatung sprechen. Die werden dir sicherlich helfen den Weg für dich zu finden mit dem du konform bist. Das Thema Kinder ist ebenfalls in die Zukunft gerichtet und löst eher Stress aus weshalb du darüber aktuell nicht nachdenken solltest. Das Thema Schulden scheint sehr an dir zu nagen weshalb allein die Überlegung eines Kindes dich eher in der Sucht halten kann.

Dir werden die Sätze immer wieder um die Ohren fliegen - bleib im hier und jetzt und denke nur an heute. Das ist in deiner Situation wahnsinnig wichtig. Bei dir heißt es: Ich hätte, ich wollte, ich will, bis dahin... auch deine Bewertung das es dir heute besser geht sehe ich fragwürdig. Du schreibst ja selbst so tief unten wie heute warst du noch nicht. Fokussiere dich auf das jetzt, du kannst heute aufhören, du kannst heute deine Probleme beginnen zu lösen. Es ist egal wieviel Zeit du gestern oder vorgestern verstreichen hast lassen. Und für diesen Umbruch brauchst du keinen Plan, du musst ihn angehen und loslegen. Der Rest ergibt sich dann von selbst.

Es gibt ein schönes Zitat aus der Serie GoT:

Was sagen wir dem Gott des Todes? Nicht heute

Wenn die Sucht dich heimsucht und dich bedrängt - sag es ihr - nicht heute. Wir sind beide im selben Alter - du kannst das Ruder noch rumreißen. Du musst dich dafür aber bewegen und was dagegen tun - das kannst du schaffen.

aliena vitia in oculis habeamus, a tergo nostra

Re: Mein Tagebuch
« Antwort #6 am: 08 Juli 2021, 12:57:49 »
Hallo Marc,

wenn Vasrud schreibt "wir sind beide im gleichen Alter, du kannst das Ruder noch rumreißen", dann hat er absolut recht. Ich bin 26 Jahre älter, und hatte genau die gleichen Erfahrungen wie du sie beschreibst.
Ich hoffe, du denkst mit 57 Jahren nicht immer noch ans aufhören, sondern ziehst schon jetzt endgültig den Stecker. Auch wenn die nächsten Jahre hart werden sollten, sie sind weder verschenkt noch verspielt.
Und suche dir bitte professionelle Unterstützung!

Wolfgang

 
"Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht"
(Theodor Heuss)

Re: Mein Tagebuch Marc
« Antwort #7 am: 12 Juli 2021, 12:13:51 »
Hallo zusammen, jetzt melde ich mich auch mal wieder zu Wort. Erstmal vielen Dank für euere Nachrichten, Eindrücke, Tipps und Empfehlungen sowie euren Erfahrungen.

@auskuriert1
Also ich habe mir das Thema Privatinsolvenz die letzten Tage häufig durch den Kopf gehen lassen und bin mittlerweile nicht mehr ganz so abgeneigt es zu machen. Weil wie du sagst, ich kann auf jeden Fall mal keine neuen Schulden machen und das wäre schon ein riesen Gewinn. Lange genug selbst versucht habe ich es ja mittlerweile jetzt und nie hat es funktioniert.
Ich vermute auch dass ich die Krankheit nicht zu 100% anerkennt habe, da ich nach meiner ersten Therapie relativ schnell wieder zur Normalität übergegangne bin und die Sucht auf die Seite geschoben habe.

@olli
Deine Worte haben nicht direkt geschmerzt, aber ich habe mich in vielen Dingen die Du gesagt hast sofort erkannt und die Wahrheit tut bekanntlich gerne mal weh. Also mir ging es auch schon sehr sehr oft so dass ich mir fest vorgenommen habe nie mehr zu spielen aber es immer wieder gemacht habe - bisher. Ich denke es ist schon eine Art Hoffnungslosigkeit bei mir eingekehrt weil ich eben schon zig Versuche aufzuhören hinter mir habe.. Ich habe mir auch selbst schon eingeredet dass wohl die zockerei und Wetten ein Teil von mir ist und ich damit einfach leben muss. Aber dank euren Nachrichten habe ich wieder etwas neuen Mut gefunden das ganze anzugehen. Ich habe mir das schon öfter gedacht wieder eine Therapie oder ähnliches zu machen aber habe es immer vor mir hergeschoben und mir eingeredet ich würde den Sprung wieder selbst schaffen.. Lediglich waren es die letzten 2 - 3 Jahre auch nur kurze Spielpausen..

Also ich hatte eben erst wöchentlich und mit der Zeit zweiwöchentliche Termine und wir haben dort auch Dinge wie Imagination usw durchgenommen. Ich hatte nie das Gefühl dass es mit zu viel werden würde aber ich glaube innerlich unterbewusst hat da doch mehr gearbeitet als ich dachte..

@Vasrud
Ich denke ich werde auch zu einer Schuldenberatung gehen und mit denen alles besprechen. Das wird meine entscheidung sicher etwas leichter machen. Klar bin ich nach wie vor im Teufelskreis gefangen... Im Moment habe ich keine Kohle, daher kann ich klar denken und habe keine Mittel. Doch wie siehts aus wenn man mir wieder alles bezahlt? Dann Falle ich sicher schnell wieder in alte Muster zurück, denn man hat mir ja geholfen und alles ist gut.. Daher wäre die pi vl doch ein richtiger Schritt. Familie gründen ist jetzt erstmal glaube ich kein Thema mehr. Ich möchte erstmal meine Probleme in den Griff bekommen...werde darüber auch noch mit meiner Freundin reden.

@wolfgang,
Ich habe auch einen guten Freund gehabt. Der war Mitte 50 und ist leider in der Zeit in der ich "clean" war total abgedreht, wir waren viel zusammen zocken vorher und er hat eben dann noch alkohol probleme bekommen und ich musste dann leider die Freundschaft beenden weil die Gefahr für mich einfach zu hoch war.
Ich möchte auch gerne in diesem Alter schon das Ruder rumgerissen haben..




 

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