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Wie komme ich aus der Spielsucht?

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Neras:
Hallo erstmal
Bin 32 Jahre, 3fach Vater, Verheiratet und Hausbesitzer.
Habe einen Job in dem ich gut verdiene und habe keine Geldprobleme. Soweit erstmal zu mir, nun zu meinem Weg in die Sucht....

Alles fing an als ich 2009 aus Arbeitsmangel gekündigt wurde und in eine Maßnahme vom Jobcenter musste. Dort musste ich 5x pro Woche hin. Dort traf ich einen alten Schulkameraden der mir sagte, er geht immer in die Spielo wenn er hier ist.

Ich dachte mir das hört sich doch ganz lustig an und bin seitdem immer mit ihm. Meine verluste waren sehr überschaubar. Es waren pro Besuch 1 bis 2 Euro und habe nur auf 5Cent Einsätze gespielt. Gewonnen habe ich nie was. Das ging ca. 8 Wochen, dann konnte ich endlich wieder arbeiten. Meine Freundin, die jetzt meine Frau ist, wusste das ich in die Spielo gehe und spiele. Sie machte sich immer etwas Gedanken, aber ich versprach ihr, ich werde nicht süchtig.
Auf dem Heimweg meiner neuen Arbeit lag ein Casino, wo ich eines Tages anhielt um nach der Arbeit zu spielen. Meiner Frau sagte ich, das es auf der Arbeit länger dauert, weil ich schon bald täglich vorbei bin. Ich habe in ca 8 Monate lang 700-800 Euro meines Gehalts in die Spielo gebracht. Ich war irgendwann so verzweifelt das ich mir einen Kredit Aufnahm für 3000 Euro und die innerhalb 2 Tage verzoggt habe. Da wurde mir erst richtig klar das ich ein Problem habe. Also habe ich allen Mut zusammengefasst und meiner Frau alles erzählt.
Sie war kurz davor mich zu verlassen, und sagte mir, wenn sie nochmal erfährt das ich spiele, ist sie weg.

Ich habe ganze 4 Monate durchgehalten dann bin ich wieder ab un zu nach der Arbeit in der Spielo vorbei und habe 20 bis 30 Euro verspielt. Einmal habe ich 2000 Euro gewonnen die nach 2Tagen wieder weg waren.

Ein paar Wochen später entdeckte ich ein online Casino. Ich zahlte 30 Euro ein und war schnell bei 500 Euro. Ich zahlte sofort aus. Am nächsten Tag dachte ich nochmal 30 Euro rein. Nach einer Stunde war die Uhr 7000 Euro. Ich dachte 20 Euro Einsätze bringen große Gewinne. Ich spielte bis auf 800 Euro runter und war Kurz vorm Nervenzusammenbruch. Irgendwie gewann ich nochmal und war bei 8000 Euro die ich auszahlte und meiner Frau erzählte.
Begeistert war sie nicht aber sie hat sich auch über das Geld gefreut.
Sie sagte mir wieder sie will nicht mehr das ich spiele.

Das ging noch Jahre so weiter das ich alle paar Monate mal 50 Euro einzahlte, mal waren sie weg, mal gewann ich zwischen 800-2000 Euro. Ich war mir sicher, ich habe alles fest im Griff jetzt und ich passe auf.
Ich habe mir irgendwann ein Limit auf 50 Euro im Monat gesetzt. Das ging bis Anfang des Jahres ganz gut. Da ich ausschließlich über psc einzahle, weil meine Frau das nicht verfolgen kann, sind alle meine Einzahlungen aufgeführt. Ich habe mir letzte Woche mal angesehen, was ich so dieses Jahr schon verspielt habe. Ich habe mich erschreckt, ich war schon bei über 1400 Euro...

Meiner Frau kann ich das auf keinen Fall sagen. Ich habe gestern das letzte mal gespielt, 50 Euro wieder weg. Heute habe ich mich bei den 3 Casinos sperren lassen in denen ich spielte weil ich eine ende will. Das Problem ist, eigentlich will ich nicht aufhören....
Trotzdem habe ich mich sperren lassen und es hat sich komischerweise gut angefühlt und es war auch etwas Erleichterung dabei.

Nur wie lange hält es diesmal?

Ich habe noch soviel Vernunft nicht alles ersparte oder mein ganzes Gehalt zu verspielen, aber aus Erfahrung weiß ich das das schnell anders geht.

Eine Therapie oder SHG kann ich mir nicht vorstellen zu machen, ich habe die Hoffnung so da raus zu kommen.

Aber das wird einem sehr schwer gemacht. Einmal Werbung im Fernsehen und schon bekommt man 5 verschiedene casinos vorgestellt. Im Fb genau dasselbe.
Wie soll man da stark bleiben.?

Gibt es hier jemanden der sich selbst helfen konnte?
Wenn ja lasst es mich wissen was euch geholfen hat.

Lg Neras

Wolfgang:
Hallo Neras,
warum solltest du aufhören zu spielen? Du hast noch Frau, Kinder, Haus und erspartes eigenes Geld. Da gibt es noch so viel zu verlieren, da würde ich nicht mittendrin aufhören. Stelle dir einfach die Frage nochmal, wenn du ohne Geld und Familie in einer Mietwohnung hockst. Die Voraussetzungen hierfür stehen ziemlich gut. Und wenn deine Frau erstmal weg ist, dann nervt auch keiner mehr. Auch Paysafekarte ist dann nicht mehr zwingend, es kontrolliert dich doch eh keiner. Dann kannst du in die vollen gehen und das Spielerleben in vollen Zügen genießen. Also weiterhin viel Spaß und denke nicht so viel ans aufhören!
Ohne Hilfe hat sicherlich schon mal jemand aufgehört zu spielen. Probiere es doch irgendwann einfach mal aus...

Wolfgang

Wolke 7:

--- Zitat ---Heute habe ich mich bei den 3 Casinos sperren lassen in denen ich spielte weil ich eine ende will. Das Problem ist, eigentlich will ich nicht aufhören....
--- Ende Zitat ---

Hallo Neras ,

was hat dich denn dazu bewogen diesen ersten Satz zu schreiben, dass du ein Ende möchtest ,bevor du dir mit dem zweiten Satz sofort widersprochen hast? Weißt du nicht tief im Herzen,warum du aufhören möchtest und das du alles dafür tun solltest?

Die wenigsten schaffen es ohne professionelle Hilfe ,aber selbst die hatten wenigsten Unterstützung und Hilfe von Freunden und Familie und das Wichtigste, sie WOLLTEN nicht mehr spielen.

Ich kann dir leider keine Tipps gegen,wie man alleine aufhören kann,denn ich habe es auch versucht , bin aber kläglich gescheitert . Ich habe erst Freunde eingeweiht,meine EC Karte und Ausweis abgegeben , habe eine Verhaltenstherapie gemacht und bin in eine SHG gegangen und habe mich in diesem Forum angemeldet.  Ich bin jetzt fast 4 Jahre spielfrei mit Hilfe. Zögerlich angenommen, aber ich so dankbar,das ich das gemacht habe,das ich diese viele
kleinen Schritte gewagt und gemacht habe.

Überlege dir gut,was du bereit bist zu verlieren, wenn du weiterspielst  und damit meine ich nicht das Geld.
Und dann überlege dir,was du bereit bist zu investieren, um deine Familie nicht zu verlieren und damit meine ich auch nicht das Geld.

LG Wolke

Neras:
Hallo Wolke

Erstmal mein Glückwunsch und meinem Respekt, zu 4 Jahren.

Ich weiß bei jeder Einzahlung das es falsch ist, aber habe trotzdem immer Hoffnung das ich das Glück habe einen großen Gewinn zu bekommen.
Mich zu sperren war eine Kurzschluss Entscheidung, bin immer noch froh darüber.

Ich weiß auch  das man nur aufhören kann, wenn man das zu 100% selbst will.
Aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen komplett aufzuhören.

Selbst jetzt denke ich noch, hin und wieder mal Lotto spielen ist ok...

Ich frage mich das schon seit damals, was ich in einer SHG soll, neben anderen die alles oder viel mehr als ich verloren haben. Da bin ich ja nichts dagegen und werde belächelt.
Es sind bei mir in an "nur" ein paar Tausend, andere verlieren Familie, Job, Haus und Zehntausende von Euros.
Nehmen die mich denn überhaupt ernst?

Lg Neras

Olli:
Hi Neras und herzlich willkommen!

Ich finde den bereits zitierten Satz unwahrscheinlich .... ehrlich! Zeigt er doch Deine Ambivalenz.

Obwohl Du ja eigentlich alles hast, was man sich wünschen kann, reicht das nicht. Du nutzt das Glücksspiel um da noch zusätzlich irgend etwas zu kompensieren. Das Glücksspiel gibt Dir etwas. Da ist es doch selbstverständlich, dass Du daran fest halten möchtest.
Andererseits merkst Du aber auch, dass Du gegen Regeln verstößt. Deine Frau möchte nicht, dass Du spielst. Also machst Du es größtenteils heimlich - d.h. Du wurdest aktiv um sie zu belügen. Wenn ich es mal beim Namen nennen darf: Du hintergehst sie.
Das führt bei Dir zu negativen Gefühlen.

Du kannst also sehr wohl noch Richtig von Falsch unterscheiden. Doch ich darf Dir versprechen, dass die Abwärtsspirale gerade erst begonnen hat. Die negativen Gefühle werden sich nämlich weiter verstärken, was Du wieder mit Glücksspiel zu kompensieren versuchen möchtest. Daher wirst Du Deine eigenen Beschränkungen etwas ausweiten - erst langsam, dann mehr.
Schau Dir mal an, was Du über die Gewinne geschrieben hattest - wie schnell sie weg waren. Da hast Du doch sicherlich auch schon Deine Einsätze erhöht. Da mag der Grundgedanke da sein noch mehr Geld zu gewinnen oder das bereits wieder Verlorene schneller wieder rein zu holen, doch eigentlich dient dies nur der Verstärkung der Ausschüttung der körpereigenen Glücklichmacher.

Deine Gedanken drehen sich im Beitrag permanent um Zahlen. Einsätze - Gewinne - Verluste. Überfliege Deinen Beitrag einfach nur mal und achte darauf, wie viele Zahlen darin vorkommen. Wenn dies im Beitrag so geschieht, dann drehen sich Deine Gedanken auch permanent um das Thema Glücksspiel. Du bist in der Problematik der Sucht bereits angekommen.
Niedlich fand ich den Satz, dass Du aufpassen würdest nicht süchtig zu werden. Obwohl beruhigend gemeint, war er doch sehr überheblich und hatte bereits die Funktion Dein Verhalten zu schützen.
Ich wollte bestimmt auch nie süchtig werden. Habe auch immer versucht an meine Grenze zu gehen, habe aber übersehen, dass ich sie ja zu Gunsten der Problematik bereits verschoben hatte. Irgendwann war dann der Punkt erreicht, von dem es kein Zurück mehr gab, wie ich lange dachte.

Seufz ... natürlich möchtest Du erst einmal versuchen "alleine" auszusteigen. Du bist nicht der Erste, der so denkt und Du wirst auch nicht der Letzte sein. Nun ... Du bist bereits nicht mehr alleine. Du hast Dich hier angemeldet. Du hast Dich geöffnet und Du wünschst Dir die Beantwortung von Fragen, die Du selbst noch nicht kennst. Mit Deiner Anmeldung und Deinem Beitrag gehörst Du nun zu einer Selbsthilfegruppe. Und? Hat es weh getan?
Wie immer gilt in einer SHG, dass man das aufgreift, was man gebrauchen kann und den Rest lässt man einfach liegen.
Das aber so, dass man es vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen kann.
Niemand kann Dir hinter die Stirn schauen und so können wir auch nur insoweit unterstützen, wie Du Dich geöffnet hast.

Ich sagte damals mal: Mir kann keiner helfen!
Vorweg ... ich habe mich sowas von geirrt! Weiter weg von der Realität konnte ich gar nicht sein.
Doch wieso nutzte ich diesen Satz dann? Ganz einfach ... ich wollte mich schützen.
Wenn man sich ein Bein bricht, dann ist es selbstverständlich, dass man zum Chirurgen geht, der es wieder richtet.
Schließlich bricht man sich ja nicht extra etwas. Es war einem Unfall geschuldet - einem Zufall.
Doch bei einer Sucht ist das anders. Da sind mehr oder weniger bewusste Entscheidungen getroffen und darauf basierend Handlungen ausgeführt worden. Sie fühlten sich überwiegend richtig an. Ergo ... da stimmt etwas in meinem Kopf nicht.
Das eigene Ego und die Ängste in einem suchen dann schnell Synonyme um sich zu schützen: Ich bin bekloppt - verrückt - geistig zurück geblieben. So möchten wir uns nicht sehen und wir brauchen auch niemanden, der uns das bestätigt.
Oben sprach ich bereits von negativen Gefühlen. Scham und Schuld gehören dazu. Auch Dich werden diese beiden plagen.
Für mich sind sie aber Blocker das "Richtige" zu tun. Daher auch meine Frage, ob Dein Beitrag hier weg getan hat.
Ich gehe davon aus, dass Du Erleichterung verspürt hast, als Du den Beitrag abgesendet hast: Jetzt ist es raus! Jetzt ist es mal ausgesprochen.
Genauso läuft das auch, wenn Du in die SHG gehen wirst. All Deine Zweifel und Ängste werden mit dem ersten Besuch fallen.
Stattdessen wirst Du auch dort Erleichterung verspüren und Dich aufgefangen fühlen. Dann kann die Arbeit an Dir los gehen.
Niemand wird Dir aber sagen: Mache Dies oder mache Jenes ... Nein, diese Arbeit musst Du schon alleine machen. Du nimmst die Erfahrungen der Anderen und wägst für Dich ab, was Du tun könntest, was Dir hilft.
Auch Du kannst Deine Scham und Deine Ängste überwinden, wenn es darum geht Dir Unterstützung zu organisieren.
Wieso auch nicht? Du bist ein gestandener Mann und stehst mitten im Leben! Da gibt es doch permanent Herausforderungen, die Du meisterst. Wieso sollte das jetzt gerade nicht funktionieren?

Die Glücksspielsucht ist nur ein Symptom eines tiefer liegenden Defizites. Dabei muß es sich bei den Defiziten gar nicht um eine diagnostizierbare Störung handeln. Manchmal reicht es schon etwas nie in seinem Leben gelernt zu haben, weil man ihm nicht begegnet ist. Unser Gehirn sucht sich dann ganz normal einen Ausgleich. Manchmal ist dieser dann aber nicht gerade förderlich.
Es gilt also sich auf die Suche zu machen, was dieses Defizit sein könnte. Dabei ist dann der Weg das Ziel!

Nachtrag, da Du bereits einen weiteren Beitrag geschrieben hast:
Wer denkst Du, spricht da gerade in Dir über das "Belächeln" in der SHG?
Welche Funktion hat dieser Gedanke, der von der Realität nicht weiter entfernt sein könnte? ;)

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