Glücksspielsucht > Glücksspielsucht Allgemein
Sehr enttäuscht und wütend auf mich selbst.
Biest88:
Hallo zusammen,
nachdem ich hier etwas gestöbert habe, möchte ich auch gerne meine Leidengeschichte teilen, da ich sehr verzweifelt bin.
Mein leid hat ganz genau am 23 März 2020 begonnen, der erste Tag nach den ersten Lockdown, als ich meine Arbeit verloren habe und ich vor langweile mich im Internet umgeschaut habe. Ich habe hin und wieder mal aus Spass bei einer Pokerseite Poker gespielt, denke so in 5 Jahren insgesamt mal 20€ eingezahlt. Dachte, hey lass doch mal wieder Poker spielen. Und plötzlich poppte ein Banner auf, wenn ich jetzt 20€ für Casino einzahle, bekomme ich 20€ geschenkt.
Ich denke mehr muss ich dazu nicht sagen, genau hier fing mein Elend an. Jetzt 2 1/2 Jahre später, all mein erspartes weg, und ich verspiele weiterhin jeden Monat wirklich jeden Cent, und man muss sagen ich verdiene gut. Erfolgreich im Job, eine die im Leben alles hatte.
Jetzt habe ich kaum ein soziales Leben mehr und Spass besteht nur noch aus Casino spielen. Alles andere ist "langweilig". Und wie bei fast jedem, weiss es auch bei mir keiner, weder Familie noch Freunde. Ich bin mir sicher das keiner sowas von mir erwarten würde, da ich für alle immer als die anständige und fleißige gelte.
Es ist erschreckend wie schnell man wieder Rückfällig wird. Jeden Monat nehme ich mir fest vor aufzuhören und im nächsten moment sitzt man wieder da und zockt. Ich habe mich bereits in gefühlt 100 Online Casinos angemeldet und wieder sperren lassen. Das Problem ist das es endlos viele gibt, und immer wieder neue dazu kommen. Und immer wenn das Geld weg ist bin ich wütend und möchte nur noch weinen weil ich mich so sehr ärgere über mich selber. Noch schaffe ich es immer soviel übrig zu lassen damit alle Rechnungen bezahlt werden und ich davon leben kann. Und mit davon Leben können meine ich Lebensmittel für zuhause. Auswärts essen ist nicht möglich, kann ich mir nicht mehr leisten. Ich habe schon mal ein treffen mit Freunden abgesagt mit dem Vorwand das ich krank sei, aber in wirklichkeit hatte ich einfach kein Geld mehr.
Ich brauche Hilfe! Und obwohl ich das weiss und mir dies sehr bewusst ist, schaffe ich es nicht. :'(
Ich weiss selber nicht warum und mit welcher Erwartung ich mich hier angemeldet habe. Irgendwie empfinde ich es gerade sogar etwas schlimmer zu sehen das sehr viele das selbe Probleme haben mehr oder weniger das gleiche Erleben, und das alle das selbe Elend durchleben. Auch ich schreibe es zum ersten mal nieder hier, fühle mich aber auch nicht wirklich besser dadurch.
Nun ja :)
Edit Olli: Betreibernamen unkenntlich gemacht
Olli:
Hi Biest!
Herzlich willkommen!
--- Zitat ---Ich brauche Hilfe! Und obwohl ich das weiss und mir dies sehr bewusst ist, schaffe ich es nicht. :'(
--- Ende Zitat ---
Ich sage immer ... das Schwierigste an der Genesung ist das Anfangen! Etwas zaghaft hast Du das anonyme Internet benutzt, was ja auch vollkommen ok ist, um diesen Anfang zu machen. Die Regel besagt aber, dass Kontakte in Präsenz weitaus effektiver sind. Du kannst Dich jetzt jederzeit zurückziehen, wenn es Dir zu nahe geht. Wir sehen Deine Gestiken und Mimiken nicht - und Du unsere ebenso nicht.
Versuche Dir eine SHG zu suchen und dann gehe auch regelmäßig hin.
Hier liest Du Lebensgeschichten. Du liest die Buchstaben - aber Du siehst die Personen nicht, die sie geschrieben haben. Das führt dazu, dass Du diese Geschichten für Dich auf Abstand hälst. In der SHG erlebst Du diese Geschichten. Die Erfahrungen Gleichgesinnter sind ein wertvoller Schatz, aus dem Du Dich bedienen kannst, wie Du es für richtig hälst.
Nehmen wir das von Dir genannte Beispiel ... Du konntest bisher Deine Verbindlichkeiten noch bedienen. Sicherlich hast Du hier gelesen, dass Andere schon weitaus tiefer in der Sucht stecken, als Du. Wie fühlt sich das an? Kannst Du Dir vorstellen auch so tief in die Sucht zu kommen?
Was sagt Dir Dein Gefühl? - Ich kann Dir jetzt schreiben, dass eine Sucht zumeist progressiv ist und Du mit ziemlicher Gewissheit dorthin gelangen wirst, wenn Du die Sucht weiter ausübst. Erreicht das aber Deine emotionale Ebene? Wie wäre es wohl, wenn Dir jemand seine Geschichte Aug in Aug erzählt und Du fühlst die Gefühle, die er Dir mit seiner Körpersprache vermittelt? Könntest Du die potentielle Gefahr für Dich dann eher annehmen?
Das anonyme Internet verhindert auch ein weiteres Gefühl - die Scham. Was soll Dir da zuhause passieren? Dich "sieht" ja niemand!
Der Gedanke an eine SHG wird in Dir aber sicherlich Scham erzeugen. Du kennst das ja noch nicht und weisst auch noch nicht, dass es in der SHG keinen Grund für Scham gibt. Die Menschen treffen sich dort um ein gemeinsames Problem zu lösen - und das ist nun mal absolut kein Grund für Scham ... oder?
Das Anfangen klingt so schwer, denn einher damit stehen ja Veränderungen an. Die Suchtausübung übt immer eine Funktion aus. Du wirst also erst einmal das Gefühl haben, dass Du etwas verlieren wirst, was Dir vorher etwas gegeben hat. Auch Dein beschriebener Ärger nach dem Spiel gehört dazu. Du hast Deine Emotionen bedient.
Überlege Dir also einmal, was Dir die Abstinenz geben wird und ob Du daraus Ziele entwickeln kannst.
Was denkst Du, wieso Du darüber berichtest, Deine Freunde angelogen zu haben? Wieso hast Du Dich dabei schlecht gefühlt?
Es ist ganz einfach - Du hast gegen Deine Werte verstoßen. Überlege Dir also, welche sonstigen Werte Du bisher aufgegeben hast und ob Du wieder nach ihnen leben möchtest.
Dass die Sucht in Dir mit Dir dieskutieren möchte, ist ein Fakt. Doch lasse Dich darauf nicht ein. Suchtdruck geht mmer vorüber ...
So ... das soll erst mal reichen. Werde jetzt noch mal versuchen ins Traumland zu entschwinden ... gute Nacht ...
Biest88:
Hallo Ollie,
dankeschön.
Danke das du dir die Zeit genommen hast auf meinen Beitrag zu Antworten, das weis ich wirklich zu schätzen.
Deine Worte sind brutal ehrlich und haben mir beim lesen weh getan, aber nicht weil du etwas gemeines geschrieben hast, sondern weil sie ehrlich aussagen was Fakt ist und tatsachen aussprechen. Dafür danke ich dir.
Ich denke ich werde deine Antwort noch einige male durchlesen und es auf mich wirken lassen.
Danke.
Schönen Tag noch und liebe Grüße.
Future:
Hey Biest,
find ich gut dass du nach 2 Jahren schon sagst, welch ein Elend. Bei mir, und ich denke den meisten anderen auch hat es deutlich länger gedauert.
Ich glaub du schaffst das ohne dem Mist wieder auf die Beine zu kommen!!!!
Olli:
Hi Biest!
Lieben Dank!
Nun, Du hast also einen Wiedererkennungswert in meinen Worten erkannt. So ist das in der Selbsthilfe. Ich nehme mir das mit, was ich gebrauchen kann, den Rest lasse ich liegen. So macht das jeder von uns - ohne auf unsere Individualität zu verzichten.
Wenn es Dich schmerzt, meine Worte zu lesen, dann wird es Zeit die Perspektive zu wechseln.
Vielleicht macht es Dir ein wenig Mut, wenn ich Dir sage, dass es einen Weg aus der Sucht gibt. Ein zufriedenes Leben ohne Glücksspiel existiert.
Du musst Dir nicht vorwerfen, was Du in der Vergangenheit alles "falsch" gemacht hast. Wer hat denn da was von? Betrachte das Vergangene und überlege, was Du anders machen kannst, mit einem positiven Ergebnis.
--- Zitat ---Es ist erschreckend wie schnell man wieder Rückfällig wird. Jeden Monat nehme ich mir fest vor aufzuhören und im nächsten moment sitzt man wieder da und zockt.
--- Ende Zitat ---
Nein, das mit dem "im nächsten Moment" passt nicht - und Du weisst das auch. Ob es Dir aber bewusst ist? Die Sucht zieht uns gerne die rosarote Brille auf. Was geht dem Spiel voran? Die Suche nach einem OC, in dem Du noch nicht gesperrt bist? Was war davor? Die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Und davor? Wie sah es mit Gedanken an das Spielen aus? Waren da welche? Was hast Du damit gemacht? Und was war davor? Gab es irgendwo Streit? Ein Problem, was Dich belastete? Langeweile?
Du siehst, ich habe das alles etwas zusammengekürzt. Tatsächlich, bis ins Detail aufgebröselt, hast Du bestimmt tausende Möglichkeiten gehabt, zugegeben, einige sind sehr winzig, zu intervenieren.
Gut, Du hast das bisher nicht gemacht. Wieso nicht jetzt damit anfangen? Dann stellt sich nämlich schon die Frage: Was für Werkzeuge können mir da helfen?
Bist Du in OASIS gesperrt?
Hast Du eine Sperrsoftware auf Deinen internetfähigen Medien, welche den Zugriff auf schädliche Seiten verwehrt?
Brauchst Du Dein Onlinebanking wirklich? Wenn nicht, dann kündige es.
Magst Du nicht ein Familienmitglied oder einen Freund einweihen? Könnte die Person einen regelmäßigen Blick auf Deine Kontobewegungen werfen?
Weisst Du schon, was Skills sind?
Hast Du heute schon nach einer SHG Ausschau gehalten? Bist Du offen dafür? Oder brauchst Du da etwas Überzeugungsarbeit?
--- Zitat ---Ich brauche Hilfe! Und obwohl ich das weiss und mir dies sehr bewusst ist, schaffe ich es nicht.
--- Ende Zitat ---
Dann greife sie Dir! Meine ganzen bisherigen Worte an Dich sollten Dir klar machen, dass Du das alles schaffen kannst. Hast Du Zweifel, dass die SHG nicht reichen wird, dann ab in die nächste Suchtberatung.
Was aber wichtig, ist nicht den Berg zu sehen, auf den Du klettern möchtest, sondern immer nur den nächsten Schritt. Dann, na gut, ich will nicht übertreiben, wird das alles "fast" zum Selbstläufer.
Was lehrte mich Peter Kargerer, seines Zeichens Psychotherapeut, in einem Seminar: Das Rezept für Erfolg ist Tun!
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