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Partnerschaft auf Augenhöhe

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Offline Olli

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #60 am: 29 Januar 2024, 13:35:49 »
Zitat
das wäre ja mehr so eine "erzieherische Maßnahme"

Wo in dieser Antwort bleibst Du? Wenn Du Dich trennen solltest, dann weil Du für "Dich" keine Perspektive mehr siehst. In Deiner Argumentation für eine Trennung wird ER gar nicht auftauchen!

Was würdest Du denn tun, wenn er Dir heute sagt, dass er ne Neue hat? Würdest Du dann bleiben? Ihm das Köpflein streicheln und sagen: "Ich weiss, dass Du es so gar nicht meinst ..." Würdest Du ihm zureden? Würdest Du Dir eine Woche Auszeit nehmen, wenn die Neue bei Euch übernachtet?

(Der Vergleich stammt von Angehörigen ...)

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #61 am: 29 Januar 2024, 14:18:51 »
Hi Olli,

Spannende Frage: Nein wenn er eine andere Frau hätte wäre ich gleich weg. Aber so passend ich den Vergleich für das Verständnis von dem Gefühl finde, das man in diesen Momenten oft hat, so unpassend finde ich ihn in anderen. Sucht ist ja immerhin eine Krankheit und nicht einfach ein "Arschlochverhalten". Auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Ich kenne mich auch recht gut und bin niemand der schnell aufgibt, aber auch niemand der endlos lange leidet wenn ich keine Perspektive sehe. Es ist jetzt 2 Wochen her seit ich wieder da bin und ich werfe nicht gleich das Handtuch. Aber sollte ich an den Punkt kommen, dass ich keine Perspektive sehe oder immer mehr versprochen als getan wird, dann werde ich auch allein weiterziehen. Und das weiß er.

Das mit der erzieherischen Maßnahme meine ich genauso. Ich mache nichts mehr allein aus dem Zweck ihn zu "erziehen" , also von der Sucht wegzubewegen. Sondern das was ich mittragen kann oder eben nicht, daran orientiere ich mich.

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #62 am: 29 Januar 2024, 15:27:26 »
Ja, Glücksspielsucht ist eine Erkrankung. Das zu akzeptieren, ist für Betroffene einer der allerersten Schritte. Als Nächstes kommt die Frage bzw. die Abwägung: will ich sie behalten, mich mit ihr arrangieren oder sind die Auswirkungen auf mich und mein Umfeld so gravierend, dass ich Schritte unternehme, sie loszuwerden. An dieser Stelle hakt es scheinbar noch bei deinem Partner. Jedenfalls aus der Distanz betrachtet. Nun muss man allerdings sagen, dass sowas meistens nicht im Schnellverfahren funktioniert. Er muss innerlich und äußerlich abwägen, welchen Nutzen er hat, wenn er es angeht und wie hoch die „Kosten“ sind, die er investieren muss, um die Glücksspielsucht loszuwerden. Für Angehörige ist es ähnlich. Da lautet die Frage: wieviel Zeit gebe ich ihm noch für diese Ambivalenzphase? Wie lange halte ich das noch aus? Ist es ok für mich, einen Partner zu haben, der seine Probleme, die auch mich tangieren, so zögerlich angeht? Oder kann ich das hinnehmen? Weil alles andere mit ihm schön ist und ich nicht für seine Zockerei zahlen muss. Weder finanziell, noch emotional.
Alles Gute für dich.
LG Ilona
« Letzte Änderung: 29 Januar 2024, 15:32:40 von Ilona »
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #63 am: 29 Januar 2024, 16:45:50 »
Hallo Ilona,

jap, er ist in der Ambivalenz und ich auch. Das ist unangenehm aber wahrscheinlich auch momentan einfach nötig und gehört zum Prozess dazu. Für ihn  und auch für mich. Da heißt es jetzt aushalten und reinspüren, ich denke die nächsten Wochen bringen vielleicht etwas Klarheit.

Liebe Grüße

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #64 am: 29 Januar 2024, 17:40:39 »
Hallo Freiheitsliebe, die Leiterin der Angehörigengruppe sagte letztens zu mir das die Entscheidung zu bleiben, wenn sie bewusst vom Angehörigen getroffen ist genauso valide ist wie diese zu gehen.  Und man kann sich umentscheiden wenn die Begebenheiten sich ändern. Ein Angehöriger ist noch monatelang in die Angehörigengruppe gekommen obwohl er sich getrennt hat, er hat den Austausch einfach noch gebraucht um seinen eigenen Frieden zu finden.
Ich selber bin noch nicht gegangen, weil ich eben nicht will dass meine Kinder aus der Umgebung gerissen werden. Heisst aber auch nicht das ich für immer bleiben werde. Ich habe lange blind vertraut und habe trotz meiner Angewohnheit alles zu kontrollieren beide Augen zu gemacht.
Als mir klar wurde,das es bergab geht, und es hier nicht um ein Hobby geht, habe ich Schwierigkeiten gehabt anzunehmen das ich komplett reingelegt wurde. Es liegt vermutlich daran das es schleichend vonstatten ging. Und jetzt bin ich immernoch dabei mich selbst zu sortieren.

Folge einzig deinem Bauchgefühl, es ist OK wenn du erstmal noch bleiben willst. Es ist aber genauso Ok sich dauerhaft zu trennen wenn du keinen Sinn mehr siehst

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #65 am: 30 Januar 2024, 14:16:05 »
Danke Marieclaire für deine Worte. Ich hab oft das Gefühl, dass von Angehörigen irgendwie "perfektes" Verhalten erwartet wird. Aber es ist für uns ja auch schwer, konsequent zu bleiben, wenn die Gefühle Achterbahn fahren. Wie bei mir grade. Ja, ich habe gesagt, es geht mit uns nur in Richtung Zukunft wenn er abstinent ist und alles tut, um es zu bleiben. Nun war er nicht abstinent. Und ich bin immer noch da. Fühlt sich nicht gut an. Ich habe auch gedacht, ich könnte jetzt erstmal so eine Art "Rantasten" an die Abstinenz tolerieren, solange er Dinge tut, wie zur SHG gehen. Aber jetzt merke ich, dass es mir einfach allein mit der Tatsache, dass er spielt furchtbar schlecht geht. Das war mir vorher auch nicht so klar. Ich war dann gestern auch ganz kalt und abweisend, weil ich einfach in dieser Ambivalenz hänge und da spürt er natürlich und ist verletzt. Ich hoffe auch, dass ich ein bisschen mehr Klarheit in meinen Kopf bekomme.

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #66 am: 14 Februar 2024, 20:22:05 »
Ich wollte euch mal einen kurzen Zwischenstand mitteilen: Momentan bin ich in einem Zustamd den ich beschreiben würde mit "auf Sicht fahren". Was meine Beziehung angeht. Mein Freund hat seit ca 3 Wochen nicht gespielt. Das find ich toll aber ich bin nicht euphorisch. Ich merke auch, dass ich zwar etwas erleichtert bin und mich vorsichtig freue. Aber gleichzeitig bin ich auch angespannt und ich traue dem Frieden noch nicht so. Er kam vor einigen Tagen in die Notaufnahme mit Verdacht auf Herzinfarkt. Es war dann aber doch eine Panikattacke. Das war für ihn einschneidend, sowas hatte er noch nie. Ich hab das Gefühl, dass motiviert ihn grade deutlich mehr zur Abstinenz als alles was seine Eltern oder ich tun oder sagen. Gleichzeitig läßt er sich die Option offen zu spielen, er sperrt sich nicht bei den illegalen Anbietern, löscht sich nicht auf allen Portalen. Geht aber zur Einzelberatung und zur SHG. Ich hab das Gefühl, er hofft dass es ihm durch Gespräche etc so geht, dass er das Spielen lassen kann. Aber wenn es nicht klappt kann er spielen. Mir geht's ok. Ich lebe halt quasi in 2 Welten. In der einen planen wir unsere Zukunft,  buchen Urlaub, besprechen das nächste Wochenende,  lieben und streiten uns (also der normale Beziehungswahnsinn), in der anderen weiß ich nicht ob wir in 1 Monat überhaupt zusammen sind. Joa, so sieht s aus.

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #67 am: 01 März 2024, 22:24:14 »
Hallo liebes Forum,

Mein Freund ist jetzt seit über einem Monat spielfrei. Ich bin ziemlich stolz auf ihn, und gleichzeitig merke ich auch wie misstrauisch ich bin. Ich habe oft Sorge, dass es jeden Moment wieder kippen könnte. Vielleicht ist das normal nach so kurzer Zeit, so richtig euphorisch sein kann ich noch nicht. Ich weiß auch, dass ihn das manchmal runterzieht, vor allem wenn ich kritisch nachfrage ob es zum Beispiel eine gute Idee ist, dass seine Eltern ihm bald von seinem Sparkonto Geld überweisen um Schulden auszugleichen. Ich verstehe, dass er die Schulden loswerden will, aber mache mir Sorgen, dass sobald alles im schwarzen Bereich ist er wieder zockt. So gefühlsmäßig find ich es zu früh. Aber vielleicht bin ich auch zu negativ.

Jetzt wo er nicht mehr spielt war auch wieder mehr Zeit für eigene Themen von mir und da hab ich gemerkt, dass sein Suchtverhaöten auch für mich eine gewisse Funktion hat. Es lenkt nämlich wunderbar von mir selbst ab bzw bringt mich eher in Kontakt mit meinen starken Seiten, die funktionieren. Ich musste viel mehr bei meinen Bedürfnissen bleiben und klar kommunizieren, was gut getan hat. Und jetzt wo es wieder mehr um "normale" Beziehungsthemen geht kommen auch meine eigenen depressiven Anteile mehr hoch, die ich die letzten Monate wenig gespürt habe. Die Sucht erfüllt halt nicht nur für die Süchtigen Bedürfnisse,  sondern hat oft auch für uns Angehörige eine Funktion. Ist nicht so schön sich das einzugestehen.

Gute 24 Stunden, bleibt dran!

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #68 am: 04 April 2024, 13:06:40 »
Liebes Forum,

nun sind 3 Monate seit meinem ersten Post hier vergangen. Ich lese hier immer noch regelmäßig rein und weiß inzwischen mehr über diese Erkrankung als ich je dachte zu wissen...
In meinem ersten Post hatte ich geschrieben, dass ich vor allem mit dem Schlafen Probleme habe (weil mein Freund vor allem nachts gezockt hat). Im Nachhinein kommt mir das ein bisschen absurd vor, weil das Schlafproblem war ja einfach ein Symptom und ein völlig verständliches, so würde ich es im Nachhinein bewerten. Wenn man als Angehörige so mitten drin ist im Strudel, geht aber manchmal etwas die Perspektive flöten und konzentriert sich auf solche "Details" statt auf das Große Ganze.
Unsere Situation ist im Moment so, dass mein Freund spielfrei ist seit über 2 Monaten, in seine Beratungsstelle und SHG geht und dabei ist eine ambulante Reha zu beantragen.
Wir gehen meist immer noch zu unterschiedlichen Zeiten ins Bett, aber das stört mich viel weniger, weil ich weiß dass er nicht spielt. Trotzdem wache ich manchmal noch mit Herzklopfen auf und der plötzlichen Angst, er könnte aufgestanden sein um zu Zocken. Ich denke das wird noch eine Weile dauern bis das aus meinem Nervensystem wieder draußen ist. Die Angst, es könnte die nächste Spielphase beginnen ist auch noch da, vor allem wen wir darüber sprechen. Manchmal hab ich das Gefühl, er steht dem Ganzen wirklich anders gegenüber. Dann sagt er auch, die schlechte Erinnerungen an die Zeit, als er mit Herzrasen aufgewacht ist, die halbe Nacht durchgezockt hat und unsere Beziehung auf der Kippe stand überwiegen und er denkt vor allem daran, wenn er ans Spielen denkt. Dann gibt es aber auch Momente wie neulich, in denen er sagt, dass der Druck zu Spielen wieder stärker war und auch die Erinnerungen an die schönen Gefühle dabei, wieder da waren. Ich finde es super, dass er das sagen kann, aber was noch nie der Fall war ist, dass er sich mit akutem Spieldruck jemandem anvertraut hat. Das macht er immer mit sich allein aus und will das auch nicht anders. Er meint, er könnte sich einfach nicht anvertrauen wenn er akut Suchtdruck hat.
Was ihn und mich auch belastet, ist dass seine Eltern den Kontakt gerade sehr reduziert haben, seine Mutter ihn auch gar nicht sehen will. Sie hatten schonmal für 2 Jahre den Kontakt abgebrochen. Ich habe weiterhin Kontakt, besuche sie und wir schreiben. Ich kann sie auch verstehen. Gleichzeitig denke ich , dass der Rückhalt der Familie, gerade jetzt wo er aktiv an sich arbeitet, ihm sehr gut tun würde. Zwingen kann man aber natürlich niemanden.
Das Thema Sucht ist im Alltag immer mal wieder Thema, momentan reden wir so 1-2 Mal pro Woche darüber, ansonsten gibt es andere Themen. Manchmal würde ich mich auch gerne mehr anvertrauen, wenn bei mir Ängste hochkommen, dass er wieder spielen könnte, aber ich will ihn nicht belasten damit. Keine Ahnung ob das gut ist oder eher Vermeidung.
Falls ihr Gedanken dazu habt, ich freue mich. Ansonsten schreib ich hier einfach weiter in Abständen, tut mir gut, dass ab und zu zu formulieren und vielleicht hilft es ja jemandem.


 

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