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Charakterliche Veränderungen
freiheitsliebe:
Liebes Forum,
ich bin selbst nicht betroffen aber mein Partner ist glücksspielsüchtig. In meiner Angehörigen SHG ging es neulich um Veränderungen des Charakters, hervorgerufen durch Sucht. Mich würde interessieren: Wie habt ihr das erlebt bei euch selbst bzw. euren Angehörigen? Habt ihr Veränderungen in der Abstinenzzeit bemerkt im Vergleich zu der aktiven Spielzeit? Dass Veränderungen in Stimmung, Verhalten etc. da sind, ist mir klar, aber hattet ihr selbst das Gefühl, dass sich quasi die Persönlichkeit auch verändert hat? Das Thema hat bei einigen in der Gruppe Ängste ausgelöst, die Hoffnung haben, dass ihr Angehöriger irgendwann wieder "der alte" wird. Ich persönlich denke, dass man sich durch so eine Erkrankung sicherlich verändert, aber vielleicht ist das ja kein Grund zum Angsthaben. Solche Veränderungen können ja durchaus auch positiv sein. Es würde mich sehr interessieren wie das bei euch war.
Liebe Grüße
HiddenAddiction:
Ich bin viel aufgeschlossener anderen Personen gegenüber geworden, weil ich mir mittlerweile die Zeit nehmen kann, mich darauf einzulassen. Früher hatte ich daran kein Interesse bzw. war es vom Interesse nach der Suchtausübung überlagert. Ich bin liebevoller und ausgeglichener, weil ich meine Zuneigung nicht mehr an die Sucht auslagere.
Spannend finde ich, dass meine Frau registriert hat, dass sie mich eigentlich jetzt erst so richtig kennengelernt hat, da "der alte" ja eben gar nicht die wahre Persönlichkeit, sondern die mit der aktiven Sucht war. Was ich sagen will: Es wird vielleicht einen Unterschied machen, ob Dein Partner auch schon gespielt hat, bevor Ihr Euch kennengelernt habt.
TAL:
Hallo Freiheitsliebe,
ich sitze gerade in der U-Bahn, daher nur kurz. Aber eigentlich hat HiddenAddiction auch schon gesagt, was ich schreiben wollte.
Ich bin nicht 'wieder der Alte' geworden, sondern habe mich verändert, denn meine bessere Hälfte kannte mich gar nicht ohne Sucht.
Das ist etwas, was viele Angehörige nicht 'auf dem Zettel haben': 'Der Alte' war auch schon süchtig, nur hat er es nach Innen und Außen hin überspielt.
freiheitsliebe:
Danke ihr beiden!
In meiner Gruppe sind vor allem Angehörige von Alkoholkranken Männern. Die sich zum Teil kannten, bevor der Mann angefangen hat zu trinken. Ich glaube das war mit "der Alte" gemeint (der Alte vor der Suchterkrankung). Da war die Sorge groß, dass selbst wenn die Abstinenz mal erreicht ist, der Partner sich trotzdem verändert hat. Eben durch die Folgen der Erkrankung. Ist aber bei Alkohol vielleicht auch anders, wegen den direkten Auswirkungen auf das Hirn. Deshalb find ich's spannend hier zuhören, wie es euch geht. In der Gruppe hat sonst keiner einen Angehörigen mit Verhaltenssucht.
Wenn man sich erst während der aktiven Spielerzeit kennengelernt hat, ist das natürlich was anderes. Bei uns ist es so, dass mein Freund seit ca. 18 Jahren spielt (mit paar längeren Pausen dazwischen). Ich habe ihn kennengelernt und das erste halbe Jahr war er spielfrei. Ich merke schon kleine Unterschiede seit der wieder spielt, aber keine die ich als Charakteränderung bezeichnen würde. Eher so Gereiztheit am Abend, teilweise bisschen überheblicher mir gegenüber am Abend, wenn er wahrscheinlich spielen wollte und ich versucht hab das zu verhindern. Jetzt, wo er angefangen hat zu kämpfen gegen die Sucht ist er nachdenklicher, auch teilweise nervöser, etwas weniger "gut drauf". Ich kann mir das auch vorstellen, wenn einer so vereinnahmt ist von den Gedanken und Gefühlen rund um die Sucht, dass da einfach nicht mehr viel Raum bleibt für anderes und andere Gefühle.
Olli:
Hi Freiheitsliebe!
Ich denke, dass wir uns alle jeden Tag ein kleines bisschen verändern. Von daher sind wir alle morgen nicht mehr der Gleiche, der wir heute sind.
Leider beeinflussen uns Süchte nicht gerade positiv. Oft müssen wir unsere Werte verleugnen, nur um die Sucht zu befriedigen. Es leidet aber oftmals auch "das normale Leben" darunter. Wir richten unser Leben zwar nach der Sucht aus, doch wir sind immer noch Menschen, die tagtäglich ihre Erfahrungen machen, die uns formen. Trotzdem werden manche dieser Erfahrungen oftmals nur abgespeckt oder gar nicht gemacht.
Ich habe Leute kennengelernt, die irgendwann festgestellt haben, dass sie ihre Partner eigentlich noch nie geliebt haben. Die einen trennten sich, die anderen verliebten sich nach etlichen Jahren der Beziehung dann erstmalig in ihren Partner.
Du darfst hier aber bitte noch nicht die Entwöhnungsphase als Maßstab nehmen. Das innere Verlangen kann verdammt stark werden und da ist es ein Abwehrmechanismus, seine Gefühle am Partner auszulassen. Das ist nicht fair und das muss man sich auch nicht gefallen lassen.
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