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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Daytrading-Sucht / Börsenspekulation / Hebelprodukte - alles verspielt

  • 4 Antworten
  • 6374 Aufrufe
Liebe Leute,

ich bin sehr froh dieses Forum hier gefunden zu haben und vielen Dank für eure wertvollen Beiträge. In Richtung Glücksspielsucht finde ich sehr viel Hilfe und Beratung wenn es um Glücksspielautomaten, Online-Casino oder Sportwetten geht. Bei meinem Thema, dem problematischen Verhalten beim Daytrading, finde ich hingegen relativ wenig Materialien - eher im Gegenteil viel mehr Austauschgruppen zum Traden selbst.

Ich hatte schon immer eine Neigung für Situationen, in denene auch nur der Hauch einer Chance besteht (ganz gleich wie hoch diese ist) innerhalb kürzester Zeit an viel Geld zu kommen. Sei es mal ein Rubbellos, auch mal ein Lottoschein, Gewinnspiele etc. Das alles soweit im Rahmen und für mich problemlos.

Als ich 18 wurde, war zeitgleich die Hochphase des Onlinepokers bei Plattformen wie Räuber Hotzenplotz etc. Mir hat das sehr zugesagt, ich habe mich in die Strategien eingelesen, mich in Foren ausgetauscht und war (wie fast jeder) der Meinung ein begabter Spieler zu sein. Zu dem war es neben dem Bachelor-Studium ein netter Zeitverteib. Adrenalinkick, Dopaminlevel steigt, nächtelange Pokerturniere mit hunderdtausenden Teilnehmern durchgespielt und immer im Blick das Preisgeld für den ersten Platz - eine verzehntausendfachung des Einsatzes.
Zwischen 18 - 25 Jahren habe ich in etwa 15.000€ verspielt. Ich habe dann erkannt, dass ich ein Problem habe, habe mich bei sämtlichen Anbietern dauerhaft sperren lassen und mich vorsorglich (auch wenn es für mich nie Thema war) für alle Live Spielhallen und Casinos sperren lassen.
Anlass war, dass der Abschluss meiner Bachelorarbeit anstand und ich zeitgleich einen sehr stressigen Nebenjob hatte. Und diese Phase wollte ich mir durch das Glücksspiel nicht versauen. Hat geklappt. Danach hat Onlinepoker für mich an Reiz verloren und wie ich hörte wurde das Angebot auch immer weniger ansprechend und die Hürden in Deutschland höher. Ich habe es seitdem nie wieder ausprobiert. Ich wurde nie wieder rückfällig. Das ist nun 7 Jahre her.

In der Jahren 25- 30 hatte ich so gut wie gar keine problematischen Berührungspunkte mit Glücksspielen. Es war auch die Zeit, in der ich mich voll auf eine neue Stadt, auf ein Masterstudium und zu der Zeit auch auf eine Beziehung konzentrieren wollte.

Mit Anfang 30 bin ich dann erstmals mit dem Thema ETF, Aktien und Daytrading in Berührung gekommen. Die Neobroker wie TradeRepublic oder Scalable Capital sind in Mode gekommen. Smartphonebasierte Apps ermöglichen es mir per Knopfdruck kinderleicht und fast umsonst (1€ pro Trade) große Summen innerhalb kürzester Zeit in Aktien zu stecken und wieder herauszunehmen. Zudem werden die "Tops und Flops" des Tages angezeigt sodas man das Gefühl bekommt, man würde etwas verpassen wenn man nicht in die Tops mit einsteigt.
Wie beim Pokern damals auch, habe ich mich erstmal in verschiedene Strategien eingelesen, mich in Foren ausgetauscht und einen kleinen ETF-SParplan angelegt. Soweit so gut und unproblematisch.

Ich erkannte, dass die Darstellungsweise / verspielte Zugänglichkeit der Neobroker für mich ein Problem werden könnte und habe mein Konto dort aufgelöst und ein Depotübertrag zu meiner Hausbank veranlagt. Die hohen Trade-Gebühren dort würde mich sicherlich vom Traden abhalten - so dachte ich.

In den letzten Jahren und vor allem Monaten wurde ich allerdings dennoch immer risikofreudiger, entdecke Hebelprodukte und begann mein wenig Erspartes für diese zu verwenden. Immer mehr Geld, immer höhere Hebel und Risiken. Bis zum heutigen Tag an dem das wenig Ersparte gänzlich verspielt wurde. Insgesamt habe ich beim Daytrading 15.000€ "verspielt".
Mit Ausnahme meines kleinen ETF-Sparplan der im Hintergrund weiterläuft habe ich nun keinerlei Rücklagen mehr und damit auch kein Kapital das ich einsetzen könnte. Allerdings kommt jetzt die große Panik auf. Zudem schäme ich mich so sehr für all das, so dass ich es bisher niemanden erzählt habe. Ich bin 33 Jahre alt und habe so überhaupt noch nicht fürs Leben vorgesorgt.

Noch viel mehr größer als der große finanzielle Schaden ist für mich das Leid ständig über Trading nachdenken zu müssen, neue Einstiegschancen zu erörtern, ständig Blick ins Depot, heir rein, da raus. Ich habe das nicht unter Kontrolle. DIe Gedanken kreisen nur darum. In anderen Situationen wirke ich abwesend.

Ich habe lange darüber nachgedacht, was für mich eigentlich den Reiz daran ausmacht. Alleine die Aussicht darauf seinen Einsatz zu vervielfachen lässt es mich schon in den Fingern krabbeln. Vielleicht ist es auch das Bedürfnis nach Anerkennung / Wertschätzung wenn man sagen könnte "Übrigens, ich habe im letzten Jahr Summe X mit Aktien gemacht -nebenbei". Ganz sicher ist es auch um etwas zu kompensieren: Einsamkeit. Eine Beschäftigung für mich, die mir den kurzzeitigen Dopamin-Schuss gibt mit Aussicht auf Erfolg.

Habt ihr vielleicht Tipps oder Gedanken hierzu für mich?
Wie geht ihr damit um wenn ihr merkt, dass es in euern Fingern kribbelt? Was macht ihr in der Situation dann stattdessen? Wass ist eure Motivation es dann eben NICHT zu tun und nicht ins Daytrading zu gehen?

Ich freue mich auf den Austausch und bin dankbar, dass es dieses Forum gibt.

Meine nächsten Schritten sind nun, den vereinbarten Termin bei der Suchtberatung wahrzunehmen und meine Hausbank anzurufen ob Hebelprodukte für mich gesperrt werden können.
Das Depot soll weiterhin bestehen, den der ETF-Sparplan war und ist unproblematisch.

Viele Grüße,
Hebel10
« Letzte Änderung: 27 März 2025, 05:49:45 von Olli »

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Offline Olli

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Hi und willkommen!

Wie Du vielleicht siehst, habe ich den Anbieternamen in Deinen Beiträgen ersetzt.

Zitat
Zudem schäme ich mich so sehr für all das, so dass ich es bisher niemanden erzählt habe. Ich bin 33 Jahre alt und habe so überhaupt noch nicht fürs Leben vorgesorgt.

Bist Du ganz bewusst an die Sache heran gegangen, um süchtig zu werden? Wolltest Du süchtig werden? ... Natürlich nicht! Das ist ein schleichender Prozess, der mit vielen kleinen Grenzüberschreitungen einher geht. Wenn wir von der Genesung sprechen, dann erscheint dies meist so, als wolle man einen riesigen Berg erklimmen. Wir schauen hoch und keuchen vor Unbehagen, weil der Weg ja noch so weit und der Berg so hoch erscheint. Doch schauen wir nur immer auf den nächsten Schritt und drehen uns hier und da um, dann sehen wir, wir weit wir schon gekommen sind. Im Grunde ist es beim Weg in die Sucht doch ähnlich, nur zurückschauen entfällt zumeist oder die Erkenntnisse werden verdrängt.
Zum 2. Satz im Zitat ... pfeiff drauf ... Du bist noch jung und Du kannst HEUTE damit anfangen Deine kurz- und langfristigen Ziele anzugehen. Mit einem Master in der Hinterhand kannst Du das eigentlich unwichtigste Ziel, finanzielle Unabhängigkeit, locker erreichen, so lange Du abstinent bleibst.
Eine Sucht erfüllt immer einen Zweck. Sie ist somit positiv besetzt. Wieso sollten wir sie kritisch betrachten, wenn sie uns scheinbar Gutes tut? Bist Du Psychologe, um das weiter aufzudröseln?
Wieso schämst Du Dich also? "Ich hätte früher etwas unternehmen sollen ..." --- Bullshit, hättest Du früher etwas unternommen, hättest Du den Gedanken trotzdem gehabt. Und um in zu haben, musst Du bereits problematisch unterwegs gewesen sein.
Ich finde sogar, dass Du stolz sein kannst. Schaue doch auf das Heute! Du hast heute einige Dinge in Gang gesetzt, die eindeutig zu Deinem Vorteil sein werden. So suchst Du Dir Hilfe ... überwindest Deine Scham! Sind das nicht die Kompetenzen, auf die es ankommt?
Lasse die Scham, die in einer sozialen Gruppe dafür sorgt, dass sich an Regeln gehalten wird, nun nicht zu einem Blocker werden, der FÜR Deine Sucht arbeitet.

Du fragst nach Tips und Gedanken und lieferst gleichzeitig die Antwort: Der Mensch macht gerne immer das, was er schon immer gemacht hat. Doch nun änderst Du den Blickwinkel und überdenkst Deine Glaubenssätze. Gleichzeitig wünschst Du Dir andere Blickwinkel zu erfahren.

Ja, ich wollte auch immer Anerkennung und Bestätigung im Glücksspiel suchen. Doch gleichzeitig lebte ich die Erwartungen, die nicht meine an mich waren. Das habe ich viele viele Jahre nicht gesehen und auch nicht sehen wollen.

Samstag ist wieder Webmeeting. Das sind 2 h, die Du Dich nicht alleine, sondern als Mitglied einer Gemeinschaft fühlen kannst. Einer, die sich zum Ziel gesetzt hat, das Glücksspiel aus ihrem Leben zu verbannen und den "Zweck" zu finden, um ihn abstellen zu können.
19 Uhr geht es los ... einfach den Link in meiner Signatur anklicken.

Zum Schluss noch ... 10-er Hebel ... empfindest Du Dich als Bestandteil des Glücksspiels? Wie wäre es stattdessen mit "der Handelnde"? Damit hättest Du eine Zweideutigkeit, die die negative Vergangenheit und die positive Zukunft beinhaltet?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline FOMO

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Re: Daytrading-Sucht / Börsenspekulation / Hebelprodukte - alles verspielt
« Antwort #2 am: 15 November 2025, 18:56:28 »
Es gut doch immer gut, wenn man die Leidensgeschichte teilen kann.

Du hast jetzt bereits sehr viel reflektiert und die notwendigen organisatorischen Massnahmen eingeleitet - Kompliment dafür!

Ich habe genau dasselbe erlebt und sage dir eins: Mit Hebelprodukten mann man nur verlieren! Der einzige Gewinner ist der Broker und lacht sich ins Fäustchen...darum, hör auf dich verarschen zu lassen!

Beste Grüsse und good luck!

Re: Daytrading-Sucht / Börsenspekulation / Hebelprodukte - alles verspielt
« Antwort #3 am: 20 November 2025, 18:40:23 »
Guten Abend liebe 10er_Hebel, FOMOs und andere!

Ich habe mich heute das erste Mal in diesem Forum und das erste Mal in überhaupt einem Forum angemeldet. Auf der Suche nach Hilfe bin ich ganz klassisch beim googlen auf euch gestoßen. Danke an 10er_Hebel fürs Teilen deiner Geschichte. Ich kenne auch die 200er_Hebel. Und habe in den vergangenen 12 Wochen etwa 20k weggehebelt. Es fing ganz harmlos an. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben 10k rumliegen und dachte, es wäre an der Zeit zu investieren. Mit TradeDichindenRuin habe ich zunächst ganz klassisch in Aktien investiert, an die ich glaubte. Habe ein bisschen Kakao und Butter gekauft und die Kurse verfolgt. Als ich durch ein paar schlechte Entscheidungen, die ersten 800k verlor, geriet ich in Panik. Ich erinnere mich noch an das Gefühl. Es durchfuhren mich Schuldgefühle, Panik, Ängste. Alles. Das Geld wollte ich schnell zurück. Und entdeckte die Hebel, die 10er, 25er, 50er, 250er etc. Aber ich hatte keine Ahnung davon, was ich da tue. Das Geld mit dem ich tradete, waren für mich nur noch Zahlen. Ich war völlig entkoppelt von ihrem reelen Wert. Es waren nur noch Zahlen. Die immer weniger wurden. Und meine Panik, mein Selbsthass, meine Unruhe, meine Gedanken ans Traden, meine Entschlossenheit, das in den Griff zu bekommen, meine Gefühle in den Griff zu bekommen, um endlich erfolgreich zu traden und nach guten Gewinnen keine großen Verluste mehr zu machen, weil ich ich aus FOMO, Angst, nicht mehr klar sehen und denken konnte und die dümmsten Trades machte, mit denen ich in Sekunden viele hundert bis mehrer tausend Euro auf einmal verbrannte - all das wurde mehr und mehr. Und begann mich als übermächtiger Endgegner in mir selbst in jeder Minute meines Lebens zu begleiten und beherrschen. Meiner Frau musste ich diese Woche beichten, wie viel Geld ich tatsächlich bereits verloren habe. Und habe auch dabei nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich bin am Ende. Meine Frau ist mit mir am Ende. Ich habe allein in dieser Woche 2.300 EUR mit erfolgreichen Trades "erwirtschaftet", um 3.000 EUR im Chartrauschen und mit impulsiven Trades, wo ich mir im Moment vor Schreck an die Stirn fasse, mein Finger noch auf dem Button für "Kaufen" oder "Verkaufen" liegt. Ich komme nicht mehr klar. Meine Frau hat den Respekt und die Achtung vor mir verloren. Während ich das schreibe, läuft auf einem Broker der gefühlt hundertste Trade des heutigen Tages, mit dem ich dem Tagesverlust von 700 EUR versuche noch ein paar Euro wieder abzuluxen.

Das ist zusammengefasst meine BrokeTrader Story. Es gibt eine Zoom-Selbsthilfegruppe, habe ich das richtig verstanden? Was muss ich tun, um dabei zu sein?

Herzliche Grüße
BrokeTrader82
« Letzte Änderung: 20 November 2025, 19:00:14 von Olli »

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Offline Olli

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Re: Daytrading-Sucht / Börsenspekulation / Hebelprodukte - alles verspielt
« Antwort #4 am: 20 November 2025, 19:08:20 »
Hi und herzlich willkommen!

Oben gibt es den Link zum Samstagsmeeting. Installiere Dir einfach den kostenlosen Zoom-Client und dann drückst Du um 19 uhr auf den Link in meiner Signatur, bzw. dem in den Thread, auf den ich verwiesen habe.

Ich denke, Deine Frau wird auch einige Erklärungen benötigen. Sie weiß noch weniger als Du, was Sucht bedeutet. Und ob Du ihr dies jetzt schon erklären kannst? Gebe ihr etwas Zeit. Zeige ihr, dass Du es ernst meinst.

Lasse Dir durch sie helfen, indem Du gamban, gamblock oder Ähnliches durch sie auf die internetfähigen Medien installierst. Dann kündigst Du Dein Online-Banking und sicherst alle beweglichen Mittel so, dass Du nicht mehr dran kommst.
Deine Genesung wird schon seine Zeit benötigen, also sei auch Du geduldig mit Dir.

Das Geld ist woanders und es kommt am Leichtesten durch schnöde normale Arbeit wieder. Was ist mit Deinem Selbstwert? Auf welchen Hebel hast Du den gesetzt? Wenn Du spielfrei wirst, wird er auch zu Dir zurück kommen ... Stück für Stück.

Jetzt ist mein Essen fertig und dieser Beitrag auch ... :)
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

 

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