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Hilfe nach Rückfall: Scham, Angst vor der Polizei und Panikattacken nach Gewinn

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Kurz zu mir ich bin gerade mal 20 und seit ich volljährig bin spielsüchtig. Ich habe mit jungen Jahren viel Geld geerbt, ein Segen möchte man meinen - für mich war es eher ein Fluch. Im fast gesamten letzten Jahr habe ich fast mein gesamtes Erbe verloren und verspielt. Dabei waren es bei mir keine Sportwetten oder Automaten, sondern die Börse. Wie es vermutlich immer läuft war der anfang sehr erfolgreich, ich habe aus meinen kleinen Einzahlungen immer mehr Geld gemacht und hatte ein stattliches plus. Dann kamen immer mehr Verluste hinzu und ich fing an mein Geld hinterher zu schießen und neue Einzahlungen zu tätigen. Irgendwann ging es mir einfach nur noch darum meinen Verlust wieder herauszuholen damit ich mit der Scheiße wieder aufhören konnte - doch das immer steigende Risiko sorgte für immer mehr Verluste. Ich war tagelang am Handy, konnte nicht schlafen und nicht essen. Jeden Tag saß ich vor meinem blöden Handy und habe überlegt wie ich die Verluste wieder reinholen konnte. Ich habe mich so unfassbar geschämt und geärgert, dass ich es einfach nicht schaffen konnte mich meinen Eltern gegenüber zu öffnen und ich habe einfach so getan als wäre alles normal.

Im Januar dieses Jahres war es dann soweit, ich hatte fast alles verspielt. Der Höhepunkt war der Verlust von 40 Tausend in einer Woche - unvorstellbar!!!
Ich, der sonst so unfassbar sparsam war, der nie auch nur einen Euro zu viel ausgegeben hat. Der schon seit er 15 ist seinen langweiligen ETF Sparplan laufen lässt um sich etwas anzusparen hatte ein Erbe in Höhe von 200 Tausend einfach so verspielt. Die Scham und die Wut auf einen selber ist einfach unfassbar, ich würde alles dafür geben das rückgängig zu machen.

Endlich habe ich es im Januar geschafft mich meinen Eltern gegenüber zu öffnen und ihnen alles zu erzählen und das tat unfassbar gut. Natürlich war es für sie unfassbar und unvorstellbar, aber Sie waren unfassbar einfühlsam.

Ich war bei einer Therapie und war für einen Zeitraum von 5 Monaten komplett spielfrei. Bei Oasis war ich gesperrt und Zugriff auf meine Konten hatte ich nur zum Teil.

Dann kam der Trigger - ein Video eines bekannten Person - über einen Prognosemarkt. Dieser wurde als innovativ und vollkommen legal dargestellt. Vielleicht erinnert sich jemand an meinen Beitrag zu dieser Plattform. Jedenfalls packte mich wieder die Sucht und ich zahlte wieder Geld ein und gewann. Ja, in fast zwei Wochen gewann ich eine große Summe von 50 Tausend Euro. Als ich dann jedoch durch googlen erfuhr, das die Seite möglicherweise illegal wäre hörte ich sofort auf und überwies das Geld zu meiner Kryptobörse und von dort zu meinem Bankkonto. Seitdem habe ich die Seite nicht mehr genutzt.

Doch wie es kommen musste, sorgte der Gewinn wieder für einen Trigger. Der Gedanke zu versuchen das gewonnene Geld an der Börse zu vermehren und meinen Verlust wieder reinzuholen war zu stark - ich weiß, unfassbar dämlich.

Von meinem Gewinn sind jetzt noch 12 Tausend Euro über, den Rest habe ich wieder einmal verloren und verspielt. Ich habe mich wieder an die örtliche Suchtberatung gewandt und habe dort bald ein Termin. Ich konnte mich meiner Mutter gegenüber noch nicht wieder öffnen, zu sehr schäme ich mich wieder.

Jetzt geht es mir aber einfach unfassbar schlecht, ähnlich wie im Januar - eigentlich müsste ich für meine UNI Klausuren lernen. Stattdessen habe ich jeden Tag Angst das ein Brief von der Polizei oder Staatsanwaltschaft kommt, das ich bestraft werde für meine Sucht und das der Gewinn eingezogen wird - den ich zum großen Teil nicht mehr habe. Das Ersatz für meinen Gewinn eingezogen wird und ich auch noch mein restliches erspartes verliere. Ich weiß einfach nicht weiter. Seit meiner Überweisung zu meinem Bankkonto sind 4 Wochen vergangen und es kamen keine Rückfragen von der Bank, keine Transaktion wurde gesperrt, mein Konto wurde nicht gekündigt und es kam auch kein Brief von irgendwem.

Trotzdem lebe ich seit Wochen in Angst und habe gefühlt regelmäßig Panikattacken..... ich weiß einfach nicht mehr weiter.

*

Offline Olli

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Hi Jürgen!

Es ist nie der oder der oder jene andere Trigger, der Dich spielen lässt --- das bist schon Du selbst. Ja, du sagst es selbst und ich kenne es ja auch aus meiner Zeit, die Scham und die Schuld sind gewaltig und sägen ohne Pause an Deinem Selbstwert herum.

Nehmen wir an, Du wärest laktoseintollerant und Du wüsstest darüber Bescheid. Dann siehst Du eine Eiswerbung. Würdest Du Dich für dieses überaus schmackhaft erscheinende Leckerschmeckereis begeistern, es kaufen und dann vernaschen? Vollkommen "überflüssig" zu beschreiben, wie Dein Körper darauf reagiert. Würdest Du es trotzdem essen?
Ich vermute, dass Deine Antwort ein "nein" sein wird, denn Du könntest Dich sicherlich daran erinnern, welches Folgen es beim Letzten mal gegeben hatte.

Auch Du hast jeden Tag die Wahl Dich neu für Dich und Deine Spielfreiheit zu entscheiden. Was es braucht, ist eine Krankheitseinsicht. Ist die nicht da, dann kämpfst Du innerlich im Grunde immer dagegen an. Du versuchst Dir zu beweisen, dass Du diese Eissorte verträgst - wenn nicht dieses Mal, dann sicherlich beim nächsten Mal. So rennst Du aber immer und immer wieder selbst gegen eine Wand und verletzt Dich dadurch selbst.

Überlege Dir einmal ein kleines Regelwerk, welches Du unbedingt einhalten möchtest. So habe ich mir gesagt, dass ich keine Spielhallen mehr betrete. Eine Spielhalle ist kein Ort der gesellschaftlichen Zusammenkunft. Sie ist keine Kaffeebude. Ja, ja, dort will man nur Dein Bestes ... Dein Geld! Wenn ich spielfrei sein möchte, dann brauche ich diese Lokalität nicht mehr aufsuchen.
In der Kneipe halte ich mich von den Geldautomaten fern. Ich wechsele dort kein Geld ... dafür gibt es doch eine Wirtin, die das für mich erledigen kann. Nun, wozu sollte ich dann überhaupt einen Automaten anfassen? Zack ... wieder eine Regel ... Ich fasse keine Spielautomaten mehr an ... wozu auch?

Nun berichtest Du von dem Video. Wieso hast Du es Dir angesehen? Du warst doch spielfrei?! Wolltest Du es vielleicht gar nicht mehr sein?

Dann sahst Du das Chasen, das Zurückgewinnenwollen der Verluste als Trigger an, es ist aber ein Symptom Deiner Krankheit

Die Krankheitseinsicht ist nicht leicht zu erwerben. Doch hättest Du sie schon komplett verinnerlicht, dann würdest Du Dich daran erinnern, wie befreiend die bisherigen outings waren. Lasse Dir also helfen. Du musst nicht erst etwas vorweisen, wie den Termin bei der Diakonie. Das verlangt niemand von Dir ...

Denke daran ... Du warst schon auf einem guten Weg ... Du kannst wieder dorthin zurück ...
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

 

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