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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Schafft man es ohne professionelle Hilfe?

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Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« am: 27 Dezember 2009, 18:30:14 »
Hallo,

mein Mann (45)ist spielsüchtig - und will es nicht wahr haben.
Er hat vor vielen Jahren in Spielhallen an Automaten gespielt,
was er, als ich ihn kennenlernte von heute auf morgen total eingestellt hatte.

Seit dem sind 15 Jahre vergangen, in denen er wirklich nur mal sporadisch
die Spielhalle besuchte. Für mich - kein Anzeichen einer Sucht.
Bis zum dem Tag, als er die Onlinecasinos für sich entdeckte.
Das ist jetzt etwa 180.000 EUR - oder besser gesagt: 2,5 Jahre her.
Wir sind hoch verschuldet (noch bekommt er Kredite von der Bank) und
er sieht nicht ein, dass er damit aufhören muss.

Für eine kurze Zeit hat er mich mit in den Bann gezogen und ich habe mich
selbst im Casino verloren. Spielen ist aber nicht meine Mentalität. Ich habe
nach 3 Monaten die Bremse gezogen und es gelassen.

Mein Mann erklärt mir, dass er nicht der "typische Spielsüchtige" ist.
Er spielt, um hierin eine Befriedigung zu finden. Ein Befriedigung, für alles,
was im Leben nicht so gut läuft. Er merkt gar nicht, wie negativ das Spielen
ist. Er merkt nicht, wieviel Stress das wirklich auslöst.

Ich glaube nicht, dass man den Ausstieg aus so einer Situation alleine schafft;
ich sehe mich auch nicht in der Lage dazu, ihm dabei zu helfen.

Ich wüsste gern, wie eure Erfahrungen damit sind.

liebe Grüße
Cassy

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Offline andreasg

  • *****
  • 1.980
Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #1 am: 27 Dezember 2009, 22:21:28 »
Hallo Cassy,
herzlich Willkommen hier im Forum und ich schließe aus der Teit, daß es nicht sehr beglückende Festtage für Dich waren.
Die Spielsucht ist für mich als Betroffener Glücksspieler eine innere Flucht aus der Einsamkeit. "Durch das Spielen fühle ich micht angenommen und Verstanden". ist ein Trugschluß vieler Spieler. Also auch die Unfähigkeit tragende Beziehungen mit Partner, Familie und Freunden zu leben. Daher ist es wichtig Sozialverhalten in Kliniken Gruppentherapien und Selbsthilfegruppen zu üben.
Als Angehörige lege ich Dir selber den Wunsch nach Hilfe ans Herz. Angehörige können zu Co - Abhängigkeit neigen und die Vorstellung erwähnen, den betroffenen Süchtigen Partner retten zu wollen und sich selber in schwere seelische Nöte dabei zu bringen. Für Dich als Angehörige gibt es auch Therapien und Selbsthilfegruppen.
Der Erste Schritt ist sehr schwer, aber nur Du alleine kannst ihn gehen.
Dein Mann ist nach Deinem Posting nach noch - glücklich im Spiel.
Viele Grüße und schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline Koala

  • *
  • 23
Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #2 am: 28 Dezember 2009, 22:44:40 »
Hallo Cassy,

ich habe deinen Bericht mit großer Aufmerksamkeit gelesen und schreibe Dir, weil ich Dir einen ganz dringenden Rat geben möchte: SUCHT EUCH PROFESSIONELLE HILFE!!!
Ich selbst bin Spielerin und war lange der Meinung ich hätte es im Griff und ich wäre nicht spielsüchtig, sondern spiele nur weil es mir gut tut oder mich ablenkt oder oder oder.Ich war dann heuer in einer Klinik und seither geht es mir gut und ich habe viel gelernt und vorallem spiele ich nicht mehr.
Die Menschen, die mir wichtig sind und waren, habe ich während meiner aktiven Spielzeit nur belogen und betrogen. Deshalb will ich Dir ans Herz legen, daß Du Dir Hilfe suchst, bevor Du mit ihm untergehst. Du kannst ihm nicht helfen, dazu braucht es Leute mit Erfahrung und emotionalen Abstand.
Und noch etwas: Dein Mann ist Spieler. Und zwar ein ganz typischer.
Gute 24 Stunden
Koala

Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #3 am: 31 Dezember 2009, 19:27:48 »
"Durch das Spielen fühle ich mich angenommen und Verstanden"...
Ja; diese Worte kenne ich.
Und letztendlich habe ich kein einziges Argument dagegen, denn mein Mann sagt mir, dass er die Befriedigung, die er bei mir nicht finden kann im Casino findet.
Damit habe ich tatsächlich kein Argument - keinen Ansatz mit ihm darüber zu sprechen.

Er hat sehr viele Probleme in das Spielen verlagert - eigentlich alle -

Ich fühle mich schlecht dabei, wenn ich eingestehen muss, dass ich ihn tatsächlich lieber im Casino spielen lasse, als einen Abend mit Streit und Auseinandersetzungen mit ihm zu verbringen.

Zitat
Als Angehörige lege ich Dir selber den Wunsch nach Hilfe ans Herz. Angehörige können zu Co - Abhängigkeit neigen und die Vorstellung erwähnen, den betroffenen Süchtigen Partner retten zu wollen und sich selber in schwere seelische Nöte dabei zu bringen.
Ich weiß, dass ich ihm dabei nicht helfen kann - ich weiß, dass ich die finanzielle Talfahrt nicht stoppen kann (schließlich ist es ja sein Geld als Hauptverdiener)
Insofern weiß ich gar nicht, ob ich tatsächlich gefährdet bin, wieder in eine Co-Abhängigkeit zu verfallen, bzw. ob ich da mitten drin bin.

Zitat
Dein Mann ist nach Deinem Posting nach noch - glücklich im Spiel.
Diese Worte erschrecken mich (auch wenn ich weiß, dass sie wahr sind).
Das klingt sehr sehr hoffnungslos...

Gerade gestern hat er "wieder" mit dem spielen aufgehört. Er sagt, er würde es alleine schaffen, er sagt, er würde merken, wieviel Lebensqualität - wieviel Zeit und letztendlich (aber für ihn nicht so wichtig) wieviel Geld ihn das Spielen kostet.

Ich kann an diese Worte nicht mehr glauben. Im Moment ist er nicht da, weil wir wieder mal eine Auseinandersetzung hatten. Ich bin davon überzeugt, dass er wieder getrunken hat und wieder im Casino ist/war.

Heißt das aber, dass ein Spieler immer nur ganz allein den Weg zu einer Therapie finden kann? Ist es tatsächlich nicht möglich, auf ihn einzuwirken?

Cassy



Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #4 am: 31 Dezember 2009, 19:49:26 »
Hallo Koala,

danke für die klaren Worte, die mich ebenso erschrecken, wie die von Andreas.
Ich sehe einfach nur das Problem, dass mein Mann sich diese professionelle Hilfe
nicht holen wird. (Warum auch - er sieht sich ja nicht als Spieler)

Für die Probleme, die wir in der Beziehung haben sieht er keinen Zusammenhang mit
seiner Flucht in die "SpielWelt" - er sieht den Teufelskreis nicht;

Was war es bei Dir?
Was hat Dich veranlasst, in eine Klinik zu gehen?

Cassy

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Offline andreasg

  • *****
  • 1.980
Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #5 am: 31 Dezember 2009, 19:51:27 »
Hallo Cassy,

ist gerade schwer eine Antwort zu finden. Koome gerade vpm Sylvestergottesdienst - und habe diese verdammte Münze in den Klingelbeutel geschmissen, die mich vom Rückfal, Obdachlosigkeit und Psychiartrie trennt.
Wenn ich ehrlich bin würde ich jetzt im Kreise der Lieben sitzten.. In der Kirche spielten sie das Lieblingslied meiner Ex - Frau und nun höre ich die 9. Symphonie meines Lieblingskomponisten.
Ich will und ich kann nicht mehr Lügen. Ich kann nur mein eigenes Leben betrachten. Meinen Rucksack auf mich nehmen und damit ins Jahr 2010 stolpern oder gehen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Allein gelassen zu werden ist grausam. Gerade an einem besonderen Tag. Du tust mir aufrichtig Leid. Ich kenne diese Angst vor wirklicher Nähe, die Angst vor gesellschaftlichen Feiern, die Angst dazu zu gehören. Es ist ein weiter Weg in seine Mitte zu finden. Habe gerade eine E - Mail von einer Mitpatientin aus der Klinik erhalten, (..wein.
Nein das kommende Jahr hat 365 Tage und davon kann jeder Tag voller guter Aktivität sein. Angst wird nur durch ein Selbstbewußtes Ich besiegt. Glaube mir bitte, Cassy, jetzt kannst nur Du anfangen. Ich wünsche Dir diesen Augenblick und ein schönes Jahr befreiend von allen Sorgen.
Andreas

Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #6 am: 14 Januar 2010, 21:33:23 »
Hi, ich möchte nochmal mit einer ernsten Frage an meinen ersten Beitrag anknüpfen:

Sofern alle Möglichkeiten etwas gegen die Spielsucht zu tun
innerhalb einer Beziehung ausgeschöpft sind - ist die Trennung
vom Beziehungspartner ein Druckmittel, was in Erwägung zu ziehen ist,
damit sich der Spieler darüber bewusst wird, wie Ernst die Situation ist,
oder würde das die Spielsucht nur noch verstärken?

oder anders gefragt:
GIbt es hier einen Spieler, der aufgrund einer Trennung wirklich aufgehört
und wieder ins Leben zurück gefunden hat?

Cassy

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Offline andreasg

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Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #7 am: 14 Januar 2010, 23:45:30 »
Schutz, Schutz, Schutz, Schutz und nochmals Schutz;
Cassy das ist die Möglichkeit sich vom Suchtverhalten des Partners zu lösen und zwar vom Partner der seine Süchte auslebt, also hier eine wahrscheinliche Spielsucht.
Nur der Schutz zu Deiner Sicherheit gewährt Dir eine Möglichkeit dem Untergang zu entgehen.
Erst nach einer räumlichen Trennung kann die/der Angerhörige anfangen sich wieder selber kennen zu lernen.
Einen süchtigen Spieler kann niemand retten!
Es sei denn der Betroffenen nimmt die Möglichkeiten der Hilfeangebote Berastungsstellen für Suchtkranke Menschen, Sucht-Kliniken, res. Psychosomatische Klinken und Selbsthilfegruppen wahr.
Im gleichen Maße sollte das auch für Angehörige gelten, wenn sie unrer der Sucht, bes. Spielsucht leiden.
Wenn die/der Angehörige zu therapeutischen Maßnahmen greift, wird die/der Betroffenen Spieler möglicherweise dadurch beeinflusst das Gleiche zu tun. Hier greift der Nachahmungseffekt, der eine Begleiterscheinung der Spielsucht sein kann.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #8 am: 15 Januar 2010, 15:30:06 »
Liebe Cassy,

auf die Schnelle ein kleiner Tipp: Droh auf keinem Fall mit Trennung, wenn du das nicht wirklich so meinst bzw. dann auch durchziehst!!! Das ist superwichtig. Dein Partner wird spüren, wann es ernst ist und wann eine leere Drohung. Und für dich ist es auch blöd. Nach einer Drohung, an die man sich dann nicht hält, ist es um die Glaubwürdigkeit nicht gut bestellt.

Wie wäre es denn, wenn du dir für dich Unterstützung holst: Beratungsstelle oder niedergelassene Psychotherapeutin. Denk doch mal drüber nach. Diese Situation ist oberstressig für dich und betrifft ja dich persönlich und deine Zukunft in erheblichem Maße.

alles Liebe und viele Grüße

Ilona
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

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Offline Olli

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Re: Schafft man es ohne professionelle Hilfe?
« Antwort #9 am: 19 Januar 2010, 10:31:55 »
Zitat
Sofern alle Möglichkeiten etwas gegen die Spielsucht zu tun
innerhalb einer Beziehung ausgeschöpft sind - ist die Trennung
vom Beziehungspartner ein Druckmittel, was in Erwägung zu ziehen ist,
damit sich der Spieler darüber bewusst wird, wie Ernst die Situation ist,
oder würde das die Spielsucht nur noch verstärken?

Hi Cassy!

Die Möglichkeiten innerhalb einer Beziehung ...
Es ist schwer zu verinnerlichen: Du hast keinerlei Möglichkeiten, IHN zu ändern.
Das ist auch gar nicht Deine Aufgabe oder gar Pflicht als Gattin.
Die besteht alleine darin, DICH zu schützen.
Deshalb heisst es für Dich, Regeln aufzustellen und Konsequenzen aufzuzeigen.
Werden die Regeln überschritten, es wurde schon gesagt, dann ziehe die Konsequenzen durch.
Ob das dann gleich die Trennung sein muss, kannst nur DU alleine entscheiden.
Ja, Trennung KANN ein Druckmittel sein - muss es aber nicht.
Wenn es die Spielsucht verstärkt, dann ist dies nicht DEINE Schuld.
ER hatte vorher schon die Wahl - und er trifft selber diese Entscheidungen.
Einmal abgesehen davon - hält er die Regeln nicht ein, dann ist dies ein Zeichen dafür, dass ihm die Suchtausübung mehr am Herzen liegt, als Du.
Diese Aussage ist brutal - aber sie ist wahr.

Mir ist noch aufgefallen, dass Du von "seinem Geld als Hauptverdiener" sprichst.
Dies sehe ich ganz anders - es ist EUER Geld.
Solche Aussagen haben mir früher geholfen, meine Angehörigen mundtot zu machen.
Die angesprochenen Streitereien dienen dem selben Zweck.
Für Dich ist daher eine ganz klare Abgrenzung wichtig.
Gehe nicht darauf ein und kontere sachlich mit Deinen Regeln und Deinen Konsequenzen.
Du kannst bei ihm keine Rationalität erstreiten, denn er ist süchtig!
Er handelt nicht logisch!

Gute 24 h
Olaf

PS: Nutze bitte die Angebote der Suchtberatungsstellen und der Selbsthilfegruppen ganz alleine für Dich.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

 

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