Glücksspielsucht => Angehörige => Thema gestartet von: freiheitsliebe am 05 Januar 2024, 10:05:08

Titel: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 05 Januar 2024, 10:05:08
Liebe Gemeinschaft,

ich schreibe hier als Partnerin eines Glücksspielsüchtigen. Wir sind noch nicht sehr lange zusammen (knappes Jahr), und haben eigentlich eine schöne, liebevolle Beziehung und wohnen zusammen. Aber "leider" ist es keine Beziehung nur zu zweit, sondern seine Sucht ist eben auch mit dabei. Er war das erste halbe Jahr unserer Beziehung spielfrei. Seit 3 Monaten spielt er wieder regelmäßig mehrmals pro Woche online. Wenn er spielt, dann nachts. Seine Eltern haben Zugriff auf sein Konto, daher wissen sie, wenn er gespielt hat und deshalb weiß ich seit einer Woche auch, dass er wieder so oft spielt (zu mir hatte er gesagt, ca. 2 Mal pro Monat). Und da ich es sehr schlecht ertragen kann wenn man mich anlügt, hat es deswegen vor ein paar Tagen ziemlich geknallt (inklusive Tränen, Streit und Vorwürfen, das ganze Programm). Nun mein ganz konkretes Problem, zu dem ihr vielleicht ein paar Gedanken habt: Ich schlafe einfach extrem schlecht, wenn er nicht zu einer normalen Zeit ins Bett kommt sondern bis 1 oder 2 Uhr nachts im Wohnzimmer sitzt, da das ja genau die Zeit ist, in der er spielt. Seine Idee war vor ein paar Tagen, dass er das Handy zu mir legt, wenn er länger wach ist, das kam von ihm. Ich will da auch nicht in irgendwelche Kontrollen eingebunden werden, das muss er selbst machen. Gehalten hat er sich an diese "Regel" bisher nicht. Ich habe ihn darauf angesprochen, aber in dem Moment ist das egal. Er meinte, er wolle noch Videos anschauen, das Handy neu einrichten etc. und er hätte keinen Spieldruck. Abgesprochen war es anders. Nachdem ich letzte Nacht wieder vor Sorge nicht gut geschlafen habe, bis er um 2 ins Bett kam, bin ich heute echt ratlos. Werde nachher auch mal zur Beratungsstelle gehen. In einer Beziehung mit einem Nicht-Suchtkranken wäre es natürlich eindeutig mein Problem, daran zu arbeiten wieso ich nicht schlafen kann wenn mein Partner nicht neben mir liegt. Aber es hat eben eindeutig auch mit seiner Sucht zu tun, unter der ich grade gefühlt deutlich mehr leide als er (Er leidet auch darunter, keine Frage, aber so einen richtig starken Leidensdruck sehe ich grade nicht bei ihm). Geredet haben wir schon oft, aber da das alles nicht länger als 3 Tage umgesetzt wird, hänge ich meine Hoffnung grade auch nicht sehr an ein weiteres Gespräch. Vielleicht habt ihr Ideen, Gedanken, Tipps zum Thema Abgrenzung oder Umgang mit diesen sehr sorgenvollen Nächten... Danke euch!
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Roy1234 am 05 Januar 2024, 10:40:03
Hallo Freiheitsliebe,

gut wirst sicher demnächst hier noch viele gute Tipps bekommen. Ich kann Dir vorab mal raten den oben angehefteten Thread von Mausilausi komplett zu lesen. Da steht eigentlich alles drinnen was man braucht um diesen Horror zu beschreiben.

LG Roy
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 05 Januar 2024, 10:53:42
Lieber Roy,


vielen Dank. Ich hatte den Tread tatsächlich auch schon gelesen und fand den letzten Teil sehr hoffnungsgebend, dass man auf sich selbst schaut und aussteigt aus dem Machtkampf und aus dem Retten-Wollen. Das könnte ein Ansatz sein, denn Trennen will und kann ich mich Stand jetzt nicht. Ich habe da schon noch Hoffnung, zumal mein Partner seinen Alltag und seine Freizeit momentan noch sehr normal gestaltet und wir viel positive Zeit verbringen, er Hobbies und Freunden nachgeht etc. Aber natürlich kann das immer auch kippen, das ist ja die Angst die immer mit im Nacken sitzt. Ich bin also noch nicht in dieser ganz verzweifelten Phase, aber ich muss definitiv mehr auf mich achten (leichter gesagt als getan).


Liebe Grüße
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 05 Januar 2024, 11:24:46
Hi und willkommen!

Die Frage wurde mir letztens gestellt und ich muss zugeben, dass ich auch keine Antwort darauf habe:

Was zum Teufel hält einen Menschen an einem Suchtkranken fest, der von ihm belogen und betrogen wird?

Natürlich sind wir Menschen, die auch vollkommen normalen Dingen nachgehen können. Doch das Glücksspiel vereinnahmt den Süchtigen mehr und mehr. Sein ganzes Leben richtet er danach aus. Eigentlich gibt es keine "glückliche" gemeinsame Zukunftsperspektive?!
Süchte sind progressiv ... sie verstärken sich ... es wird nie besser, nur schlimmer werden.
Und doch bleibt der Partner bei, in diesem Falle, ihm. Es wird zugeschaut. Wo ist die Watte, in die ich ihn betten kann, damit das Prinzesschen auf der Glücksspielerbse auch ja bequem schläft?!
Das eigene Befinden des Angehörigen wird zur Nebensache. "Ach, ich kann nicht mehr schlafen ... das zehrt an mir ... gibt es da eine Pille für mich?"

Das Problem bist nicht Du und Du bist es doch! Willst Du, dass er spielt? Nein? Dann bestehe darauf, dass er nicht mehr spielt! Er tanzt allen auf der Nase rum! Dir ... seinen Eltern ... Zeigt ihm ALLE EURE Grenzen! Bis hierher und nicht weiter! Du hälst Dich nicht dran? Dann tschüss! Da ist die Tür!

Wieso sollte er etwas verändern? Er hat sich doch arrangiert, wie wir Süchtigen das alle irgendwie immer tun! Bei Dir spielt er nur, wenn er denkt, dass Du schläfst und nichts mitbekommt. Gut, dann bekommst Du es mit ... Du vergießt ein paar Tränchen und er zockt sich in der nächsten Nacht wieder weg. Seine Eltern haben Sicht auf das Konto. Also wird auch hier die Grenze gesucht, wie viel er verspielen kann, bis es mal wieder zum Streit kommt. Die Eltern sind dann irgendwann aus dem Haus und schon sind die Sorgen und Nöte der Eltern aus dem Blickfeld. Er wartet nur ab bis Du schläfst ... dann kann er das Geschehene wieder verdrängen und ins Glücksspiel abtauchen.

Nun, niemand kommt auf die Welt mit dem Wissen, wie man mit Süchtigen umgeht! Ganz normale soziale Interaktionen werden auf einmal zur Unterstützung der Sucht! Lasse ihm seinen Freiraum ... funktioniert nicht ... es unterstützt die Sucht. Ich will ihn doch nicht kontrollieren ... unterstützt seine Sucht! Er ist erwachsen und muss seine Finanzen selbst regeln ... unterstützt seine Sucht! Ihn machen lassen ... unterstützt seine Sucht!

Vielleicht sollte ich meine Frage mal an eine Uni schicken, damit sich die angehenden Profis damit auseinander setzen. Ich glaube, die Uni Freiburg hat eine psychologische Abteilung?
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 05 Januar 2024, 12:14:14
Warum bleibt man bei jemanden der eine Sucht hat, gute Frage. Vielleicht weil Menschen komplex sind und mehr sind als ihre Sucht. Mein Partner ist nicht nur süchtig, er lebt damit seit fast 20 Jahren, hat trotzdem ein Studium abgeschlossen, einen Beruf, Freunde, ein soziales Netz aufgebaut, reist etc. Mit der Sucht im Gepäck könnte ich leben. Wenn sie aktiv angegangen wird. Und wenn mit ihr ehrlich umgegangen wird und auch mit mir. Das ist nämlich das Perfide: Er tut nicht nichts, er geht in die SHG etc aber so 100% ist er nicht commitet das Spielen zu lassen. Und man kann natürlich auch brav zur SHG gehen und sich nicht berühren lassen, das geht natürlich auch. Die eigenen Konsequenzen ziehen, gegen das eigene Herz zu handeln, wenn man jemanden liebt und sich eine Zukunft wünscht ist so verdammt schwer. Da ist es manchmal leichter die Augen zuzumachen und sich in das Schöne Hier und Jetzt zu flüchten. 
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 05 Januar 2024, 12:43:51
Hallo Freiheitsliebe :)----------------------diese Antwort hat sich jetzt überschnitten mit Deiner letzten auf Ollis Antwort--------------------------------

willkommen hier im Forum! Du schreibst:
Zitat
keine Beziehung nur zu zweit, sondern seine Sucht ist eben auch mit dabei. Er war das erste halbe Jahr unserer Beziehung spielfrei. Seit 3 Monaten spielt er wieder regelmäßig mehrmals pro Woche online. Wenn er spielt, dann nachts. Seine Eltern haben Zugriff auf sein Konto, daher wissen sie, wenn er gespielt hat und deshalb weiß ich seit einer Woche auch, dass er wieder so oft spielt (zu mir hatte er gesagt, ca. 2 Mal pro Monat). Und da ich es sehr schlecht ertragen kann wenn man mich anlügt, hat es deswegen vor ein paar Tagen ziemlich geknallt (inklusive Tränen, Streit und Vorwürfen, das ganze Programm).
und später:
Zitat
Ich schlafe einfach extrem schlecht, wenn er nicht zu einer normalen Zeit ins Bett kommt sondern bis 1 oder 2 Uhr nachts im Wohnzimmer sitzt, da das ja genau die Zeit ist, in der er spielt.   (und weiter:)  Ich will da auch nicht in irgendwelche Kontrollen eingebunden werden, das muss er selbst machen. ... (und:) Nachdem ich letzte Nacht wieder vor Sorge nicht gut geschlafen habe, bis er um 2 ins Bett kam, bin ich heute echt ratlos. Werde nachher auch mal zur Beratungsstelle gehen. 

Ich denke, dass es für Dich schwer ist, Dich von seinem Problem abgelöst zu sehen, also Dich abzugrenzen. Du haderst, glaube ich, mit Dir, ob er nun allein die Verantwortung tragen soll dafür oder nicht. Sonst könntest Du, glaube ich, getrost schlafen. Aber natürlich ist ein Suchtverhalten äußerst störend in einer Liebesbeziehung. So ähnlich wie ein/e Nebenbuhler/in. Der Partnerin/dem Partner wird Aufmerksamkeit entzogen und in die Suchtausübung gesteckt.
So der Status quo.
Nun seid Ihr erst ein knappes Jahr zusammen, wie ich las, und seid Hals über Kopf zusammengezogen. Das war  vielleicht nicht 'das Gelbe vom Ei' an Idee.
Ist es seine Wohnung, also: bist DU zu IHM gezogen? Wie alt seid Ihr? Arbeitet Ihr beide? Wie lange wohnt Ihr schon zusammen?? Oder studiert Ihr beide?

Ich kann mir gut vorstellen, dass er damals, als Ihr Euch kennenlerntet, erst mal spielfrei war, weil wahrscheinlich die Leidenschaft zwischen Euch und die Faszination ihm die Spielfreiheit ermöglicht hat.
Dass er seinen Eltern die Kontokontrolle eingeräumt hat, ist wohl auch ein Indiz, dass er möchte, dass ihm auf die Finger geguckt wird, weil er tatsächlich Einsehen hat und was ändern möchte. Und auch dass er selbst sein Handy 'anbietet' zur Kontrolle, ist auch ein Indiz. Und ich glaube, er ist dem Zocken mehr ausgeliefert (d.h. seiner Sucht), als er es selbst von sich glaubt(e).

Er hat, glaube ich, den großen Wunsch, dass seine Nächsten ihm vertrauen, aber er sieht (selbst), dass er sich selbst nicht vertrauen kann, so sehr er das will.
Nun weiß ich um die Wohnungsnot und dass es nicht so einfach ist, jemanden rauszuwerfen oder eine neue Wohnung zu finden - nicht um die Beziehung zu beenden, aber für ein wenig Abstand.
Wenn er für sich entschiede, eine Therapie zu machen (Psychotherapie, Selbsthilfegruppe, stationäre Therapie für Spielsüchtige) wäre das sicher die beste aller Lösungsmöglichkeiten.
Für einen Spielsüchtigen ist es schwer, sich das einzugestehen, Hilfe von außen zu brauchen. Dennoch könntest Du mit ihm darüber sprechen. Nicht von oben herab und mit Drohungen (die Du im Zweifel gar nicht einlösen wirst), sondern mit der Deutlichkeit, dass Du ihn als Partner in Deinem Leben haben möchtest, auf den Du bauen kannst - wie er auf Dich. Dass Du keine Mutterrolle übernehmen willst und keine Co-Abhängige werden willst, weil es Euch um Freiheit beraubt und die Weiterentwicklung in Eurer Beziehung nicht möglich macht.
In der Suchtberatung wird Dir wahrscheinlich tendenziell zur Trennung geraten, so, wie auch Olli das sofort schreibt.
Möglich, dass es das beste ist, möglich sind allerdings auch andere Wege. Letztlich kommt es auf ihn an, ein wenig aber auch auf Dich, Dein Verhalten.
Es ist ein Balance-Akt. Wenn z.B. er jetzt von Dir hört, dass Du nicht schlafen kannst aus Sorge, hat das momentan für ihn anscheinend eine Zusatzbelastung, die Trotz in ihm auslöst, und dann legt er nicht sein Handy aufs Bett. Ich denke, es ist möglich, dass ihm seine Sucht selbst schon irre stört. Er will sicher auch ein freieres Leben. ER muss es aber ANPACKEN!
Ob Du bereit bist, mit ihm diesen langen Weg zu gehen, musst DU ENTSCHEIDEN.

Es wäre schön, wenn Du uns weiter berichten würdest.
Viele Grüße
Rubbel

Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 05 Januar 2024, 13:07:41
Hallo Rubbel,


vielen Dank für eure (megaschnellen!) Antworten, das ist echt ein tolles Forum.
Du beschreibst exakt wie ich mich fühle, absolut hin- und hergerissen zwischen Gehen und Bleiben/Kämpfen für eine Beziehung, die sich in vielen Punkten so richtig und schön anfühlt und auch so schwer in anderen. Und da sie noch recht frisch ist, ist auch die Sorge da, mir irgendwann schwerste Vorwürfe zu machen wenn ich jetzt nicht gehe. Ich bin 33 und er Ende 30 und wir arbeiten beide und wollen Familie (mit 33 auch ein Punkt bei dem man nicht mehr extrem entspannt ist). Und ja, ich glaube ich habe die  Sucht tatsächlich unterschätzt (obwohl ich sogar "vom Fach" bin). Also, niemand ist davor geschützt! Ehrlich gesagt bin ich so oder so froh, dass wir zusammengezogen sind, sonst wären mir die Ausmaße wahrscheinlich erst viel später bewusst geworden. Man kann in der gemeinsamen Wohnung eben doch viel weniger verbergen. Und ich habe eine Menge Familie, Freunde, wo ich mal ein paar Wochen unterkommen kann, davor habe ich keine Angst. Aus der Wohnungsnot heraus muss ich nicht bleiben.


Er ist einsichtig, er sagt offen, dass er süchtig ist, Familie, enge Freunde wissen es. Mir hat er es nach 6 Wochen gesagt. Therapien hat er schon mehrere gemacht und er geht auch in eine SHG seit ein paar Wochen. Aber Spielen tut er immer noch und so richtig 100% kämpft er nicht dagegen, es gibt dann doch immer wieder gebrochene Vorsätze (wie das mit dem Handy) und da merke ich, dass er wohl mehr wünscht als tun will.


Aber ich muss erstmal bei mir bleiben. Ich muss auch keine Entscheidung heute treffen. Ich lasse mich trotzdem mal beraten und werde heute erstmal zu einer Freundin gehen bis morgen. Mal bisschen Schlafen und andere Gedanken bekommen. 


Man liest hier eben meist von Menschen, die entweder gerade herausgefunden haben, dass der Partner süchtig ist oder ganz extrem lange Leidensgeschichten hinter sich haben inkl. Persönlichkeitsänderungen beim Partner (was bei meinem bisher nicht der Fall ist). Ich fühle mich irgendwo nicht so richtig zugehörig, aber eure Worte helfen mir (auch wenn sie teilweise wehtun).
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 05 Januar 2024, 13:52:38
Hallo :)
Ja, ich weiß: Die Uhr tickt, wenn frau Kinder haben will. Es ist nicht nur hormonell bedingt, sondern ja auch zu bedenken, dass Fit-Sein wichtig ist dafür, und Gesundheit ist auch förderlich ... für Eltern UND Kind.
Verständlich, dass Ihr den Wunsch bald verwirklichen wollt. Schwer ist auch, was dazu zu sagen (schreiben).
Wenn Du es ermöglichen kannst, dass eine Schwangerschaft nicht 'passiert', dann ist das momentan sicher gut und richtig und vor allem wichtig.
Ihr braucht ja erst mal Klarheit, und darauf zu bauen, dass Euch beide ein Kind von den Problemen befreit, ist illusorisch und dann wäre das Kind ein Mittel zum Zweck: Das sollte keinem Kind aufgebürdet werden!
Allerdings wäre das auch mal ein Aspekt, den Ihr besprechen könntet, was das Suchtverhalten angeht. Es wird ja nicht sein Begehr sein, die Familie ins wirtschaftliche und/oder emotionale 'Aus' zu stürzen, und da geht's eindeutig um Verantwortlichkeit.
Ich finde, DAS ist doch mal ein guter Grund für ein tiefes Gespräch zwischen Euch - oder was meinst DU?
Dass Du übrigens mal zu Deiner Freundin gehst und dort schläfst, finde ich sehr gut. Vor allem kannst Du dann checken, ob Du dort zum Schlafen kommst ...

Viele Grüße
Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 05 Januar 2024, 14:42:55
Hi Freiheitsliebe!

Vielen Dank für Deine Ehrlichkeit!

Nun, ich sollte mal etwas klarstellen: Ich bin nicht grundsätzlich für eine Trennung von einem Glücksspielsüchtigen! Du benutzt da meine Worte, die da lauten: Wir sind mehr als unsere Sucht!

Doch wenn die Sucht nicht gestoppt wird, dann gibt es für mich keine andere Möglichkeit. Auch Angehörige sind mehr als der Partner des Süchtigen! Gerade sie können nichts für die Sucht, tragen aber alle negativen Konsequenzen.

Wer die Sucht nach etlichen Therapien und weiteren Möglichkeiten aus der Suchthilfe nicht zum stoppen bringt, der gibt sich die Erlaubnis zu "zocken". Wir können uns das umwandeln in die Erlaubnis "abstinent" zu leben! Diese Erlaubnis, egal in welcher Form, ist eine aktive Handlung!
Wenn ein Spieler mich als Angehörigen aber durch diese bewusste Entscheidung in Leid stürzt und alles Bitten, Flehen und Drohen ins Leere läuft ... nun, dann hat er MICH nicht verdient! Was will ich mit einem Partner, der weder sich selbst, noch mich wertschätzt und respektiert?

Zitat
v#und da merke ich, dass er wohl mehr wünscht als tun will.

Vollkommen richtig! So lange er es sich wünschen kann, existiert die Erlaubnis zum Zocken noch. Auch das meinte ich, als ich vom Arrangement sprach ...

Zitat
Aber ich muss erstmal bei mir bleiben. Ich muss auch keine Entscheidung heute treffen. Ich lasse mich trotzdem mal beraten und werde heute erstmal zu einer Freundin gehen bis morgen.

Vollkommen richtig! Bleibe bei Dir und baue Dir ein Fundament für Deine Entscheidung auf, wie immer die auch aussehen mag!
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 05 Januar 2024, 17:23:51
Nein, ein Kind darf nie Mittel zum Zweck sein und das wäre es auch nicht. Ich überlege eher umgekehrt also könnte ich notfalls ein Kind allein stemmen, emotional und finanziell etc und kann ich es verantworten mit diesem Mann, mit dem ich zusammen bin und der sich auch Familie wünscht, in absehbarer Zeit (nicht morgen) ein Kind zu bekommen. Sehr schwierige Fragen über die wir auch sprechen. Am Reden fehlt es nicht. Eher am machen (auf seiner Seite). Ich mache ja eher zu viel grade. Daher hab ich mir Abstand verordnet. Ich fand den Vergleich übrigens toll mit der Geliebten. Genauso fühle ich mich: im Bett liegen und nicht wissen, ist er grad bei ner anderen. Grauenvoll.
Ich war bei der Beratungsstelle. Sie haben mir nicht zu Trennung geraten oder so aber dazu, meine Grenzen klar auszuloten und die klar zu kommunizieren. Nichts leichter als das, haha. Aber das wird jetzt meine Aufgabe sein. Fühlt sich auch gut an, wieder an der Baustelle zu arbeiten, an der ich arbeiten kann. Danke euch. Ich halte euch auf dem Laufenden.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 05 Januar 2024, 17:45:15
Hi! :)

Klar kannst Du ein Kind alleine stemmen - das hab ich auch gemacht ... (aus anderen Gründen). Aber das geht sehr wohl, ist nur, falls der Erzeuger dann gänzlich weg ist, ganz schön anstrengend. Wahrscheinlich, höchstwahrscheinlich wird Dein Partner, der sich auch Familie wünscht, aber da sein.
Es ist - glaube ich - bloß so: Du wirst ihm vllt. noch mehr auf die Finger gucken in der Hoffnung, dass er sich doch noch ändern möge.
Ich musste eben lachen: 'Grenzen ausloten' ... tsss .... das ist ja der Knackpunkt! Aus Zuneigung ist frau ja schnell bereit, Kompromisse zu machen, weil 'sonst' alles tutti ist - oder sich gut anfühlt.
Hilft gerade aber nicht viel. Wichtig ist tatsächlich, dass Du Deine Verantwortungsgefühle im Griff hast und die Glücksspielsucht nicht als von Dir gefördert oder sonstwie zu Deinem Problem machst, denn es liegt gar nicht an DIR. Er war vorher auch schon der Zockerei verfallen. Wir haben auch nicht die Aufgabe, Rettungsanker zu sein. Und ich weiß schon, warum ich den Vgl. mit der Nebenbuhlerin geschrieben habe. Es kann sein, dass Du denkst, Du bist nicht genug, um ihn zu heilen, zu stützen, ihn vom Zocken abzubringen ... ES IST NICHT DEINE VERANTWORTUNG! (auch das kann wehtun, ich weiß).
Das ist nicht meine Absicht, es ist nur zu Deiner Klarheit in der Sache, in dem Problem.
Vielleicht hilft ihm, sich mit den ganzen mafiösen Strukturen der Glücksspielindustrie intellektuell eingehend auseinanderzusetzen, sich zu informieren, welche anderen kriminellen Geschäfte damit finanziert werden und so ... mir hat es damals geholfen, d.h. es hat sich quasi 'aufgezwungen', so dass ich dachte: Nein! Ich will nicht reinfallen auf solche Gauner, und gedacht: 'bin ich denn blöd? Nein. Also ist es wichtig, mich abzugrenzen von dem Betrugsgeschäft.' So in etwa.
Ich nehme Dir voll ab, dass er eigentlich liebenswert ist. Und ein toller Gesprächspartner dazu. Das gibt frau nicht leichtfertig auf.
Wenn er Offenheit nicht schafft zur Zeit und alles beschönigt, dann wäre es vielleicht gut, wenn Du mit Offenheit ganz schonungslos auf ihn zugehst.
Zum Beispiel damit, dass Du Dir hier Hilfe suchst und bei der Beratungsstelle warst.
Was hältst Du davon?

Viele Grüße, und schlaf gut heute nacht :)
Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Roy1234 am 05 Januar 2024, 18:17:32
Das mit dem Kind sehe ich gänzlich anders.
Das wäre in jedem Fall für mich jetzt grob fahrlässig gegenüber dem Kind auch wenn es noch nicht existiert. Wenn Papa kein Arschloch ist und sich trotz schwerer Sucht für das Kind engagieren will was dann? Vorenthalten geht für mich gar nicht. Und wenn seine Sucht noch wesentlich größer wird könntet ihr an einen Punkt wie zB Mausilausi kommen. Dann kann es auch leicht richtig in die falsche Richtung abdriften. Erst die Sucht angehen und wenn ihr das zusammen übersteht den Familien Planungsschritt gehen. Kinder lieben beide Teile, zumindest in der Regel, was auch gut ist.

Ganz schwieriges Thema!

LG Roy
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 06 Januar 2024, 09:16:59
So, ich melde mich nochmal. Vielen Dank für eure ganzen Antworten und Gedanken!
Nach einer guten Mütze Schlaf und Gesprächen mir Beratungsstelle und Freundinnen kann ich heute morgen viel klarer sehen. Und auf einmal ist es gar nicht mehr so schwer zu formulieren was meine Grenze ist und was ich bereit bin zu tun und was nicht. Da merke ich auch, dass ich nicht mehr ganz so schnell und so tief in die Co Abhängigkeit rutsche wie noch vor einigen Jahren bevor ich selbst Therapie gemacht habe. Die Muster erkenne ich zum Glück schneller und steige schneller wieder aus.
Für mich ist ganz klar, daß ich meinen Partner nicht einfach aufgeben und verlassen will. Ich möchte, wie der Titel sagt, eine Partnerschaft auf Augenhöhe in der ich nicht kontrolliere und auch nicht gegen seine Sucht kämpfe. Weil das auch eh nicht geht. Ich kann anbieten: Mut machen, ein offenes Ohr, Mitkommen zum Paargespräch, in den Arm nehmen. Wenn er das will. Alles andere muss er selbst tun. Ich kann mir eine Beziehung mit ihm weiterhin vorstellen, auch mit Sucht, inklusive Rückfälle, das wäre kein Trennungsgrund für mich. Ich kann mir aber keine Beziehung mit einem "nassen" aktiven Spieler vorstellen. Damit ich dabei bleibe, erwarte ich, dass er abstinent wird und alles tut um es zu bleiben. Inklusive Hilfe holen wenn er es nicht allein schafft. Da hat mir auch nochmal die Abgrenzung zwischen Rückfall und aktivem Spielen durch die Beraterin geholfen. Wer mehrere Monate fast täglich spielt hat keinen Rückfall, sondern ist aktiver Spieler. So, und jetzt tu ich mir was Gutes um dann wahrscheinlich später das Gespräch zu suchen.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 06 Januar 2024, 09:21:49
Und das mit dem Verantwortungsgefühl kenne ich: auch wenn der Kopf es besser weiß, habe ich doch manchmal diese Gedanken: "wenn er nur glücklich genug mir mir ist wird er aufhören". Ist leider Quatsch. Eine zufriedene Beziehung kann genauso wie Freundschaften, Sport, gute Ernährung etc helfen, die Psyche zu stärken aber  heilen kann sie nicht.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 06 Januar 2024, 10:02:33
👍
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 06 Januar 2024, 12:00:35
Hallo :)
Ich freu mich über Dich und über die Klarheit und die ausgereiften Gedanken in Deinem letzten Bericht! ... und wünsche Euch beiden
Alles Liebe und Gute!
Viele Grüße, Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Roy1234 am 06 Januar 2024, 17:38:12
Von mir auch alles gute und wenn du Lust hast melde dich hin und wieder mal mit einer kurzen Wasserstandsmeldung.

LG Roy
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 06 Januar 2024, 21:47:39
Danke ihr Lieben! Auch für eure ganzen Gedanken. Ich werde mich wieder melden. Fürs Erste habe ich jetzt alles gesagt  was mir wichtig war und er hat es gut aufgenommen. Jetzt muß man sehen.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Mausilausi am 07 Januar 2024, 20:38:44
Liebe Freiheitsliebe,

ich habe in einer deiner Nachrichten das Stichwort gefunden "Angst die im Nacken sitzt" das Gefühl kann ich sehr gut nachvollziehen. Man weiss nie, wo man genau steht und ob die Geschichte im nächsten Moment eine überraschende gute Wendung nimmt oder schon eine Enttäuschung vorprogrammiert ist. Ich habe mich ja im September von meinem Partner endgültig getrennt. Das war aber nicht meine erste Reaktion, davor gab es eine lange Zeit des hin und hergerissen seins und ich hätte es auch theoretisch für möglich gehalten, dass er gesund wird. In diesem hin und her des Abwägens steckst du gerade wahrscheinlich innerlich sehr tief drinnen und es kostet dich viel Kraft. Schau also darauf, dass du dich nicht zu tief hineinverstrickst in seine Entwicklungsprozesse. Nicht mal er selbst weiss wahrscheinlich, ob und wann und wie sein Durchbruch kommt. Schau auf Deine Ressourcen und geh nicht jede Welle mit, nimm ab und zu etwas Distanz ein. So wie ich es erlebt habe und so wie man es am ehesten von Süchtigen selbst hört (dabei haben mir auch Beiträge aus anderen Suchtforen geholfen, denn es ist ja immer dasselbe) naja solange kein wille da ist "trocken" zu sein wird das ganze Leben noch an der Sucht ausgerichtet. Ich habe begonnen mir zu sagen, dass ich merken würde wenn mein Partner echt mit dem gesund werden begonnen hätte. Ich habe mal eine schöne Definition für Gesund werden gehört: wenn man anfängt die Energie, die man in die Krankheit gesteckt hat reinsteckt um gesund zu werden, die Krankheit zu verstehen und von ihr wegzugehen. Ich denke dann könnte man auch aufrichtig mit dem anderen über sein Gesundwerden sprechen und es dürfte bei dem Thema keine Kämpfe und keine Tabus mehr geben. Bei meinem Ex habe ich das Gefühl auch heute nicht. Auch wenn er sehr lichte Momente hat schützt er seine Sucht und seine Suchtverlagerungen immer wieder.

Du bist also mit jemand zusammen der wohl noch sehr krank ist. Wann für dich die Krankheit zu belastend wird und welchen "Preis" du für die Liebe zahlen magst das musst du selbst entscheiden und schauen ab wann es zu "teuer" wird. Finanzier nur nicht alles mit Hoffnung :)

Auch ein kranker Mensch kann toll sein und ich möchte vieles nicht missen, das ich mit meinem Ex erlebt habe. Er ist ein wundervolles Wesen. Aber bei mir wars so weit, dass ich mich dann ganz in ihn reingeopfert hätte. Und dagegen habe ich mich entschieden. Ich werde ihn für immer lieben aber wohl nie wieder mit ihm leben.

Mach dir klar, dass es nicht direkt in deinen Händen liegt, wann er gesund werden wird.  Das ist ein innerer Prozess der ihm selbst wahrscheinlich nicht bewusst ist.

Es ist sehr traurig und tragisch sich in einen kranken Menschen verliebt zu haben. Es ist ein richtiges Dilemma. Schütze Deine Energien, diese Verantwortung hast du für dich selbst und dabei kann einem leider ein kranker Partner nicht behilflich sein.

Wenn du dich selbst so gut wie möglich stark hältst wirst du die Dinge auf Dauer klar sehen können und bis zum richtigen Punkt bleiben und aber auf jeden Fall auch noch Kraft haben um zu gehen.

Liebe Grüsse und verzweifel nicht, mach dir klar, dass die Welt und auch eure Liebe tatsächlich viel grösser ist als die Frage, ob ihr zusammen lebt, oder nicht. Das hilft vielleicht ab und zu wieder loslassen zu können. Denn kontrollieren wirst du ihn nicht können, wenn er selbst die Kontrolle abgibt und keine Verantwortung übernimmt.

Mausilausi
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 08 Januar 2024, 15:01:39
Danke Mausilausi, das tut gut zu lesen. Vor allem auch das mit den anderen lieben aber nicht mehr mit ihm leben zu können. Das ist tatsächlich weniger radikal und es fühlt sich auch eher so an. Die Liebe ist stark, aber ich habe keinen Einfluss auf sein Gesundwerden und es kann sein, dass ich mich gegen ein gemeinsames Leben entscheide, wenn es nicht in Richtung Gesundwerden geht. Trotz Liebe, aber das muss ja eben kein Widerspruch sein. Und ja, es ist ein innerliches Zerrissensein zwischen sich einlassen auf die Beziehung (denn alles andere macht wenig Sinn in meinen Augen) und sich nicht verlieren darin, sodass man auch immer die Option vor Augen hat, zu gehen. Macht Zukunftsplanung nicht einfacher. :P Ich sage mir aber immer dazu, dass es ja auch in der Beziehung mit einem Nicht-Suchtkranken Partner zu Situationen kommen kann in denen die Beziehung hinterfragt wird und darauf kann man sich auch nicht die ganze Zeit vorbereiten. Für sich selbst Sorgen ist auf jeden Fall weiterhin wichtig, gleichzeitig meine Beziehung führen ohne die ganze Zeit an Trennung zu denken (sonst wird man ja verrückt).
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 09 Januar 2024, 19:10:20
Hey ihr Lieben,

Die guten Vorsätze und Verspechen haben 2 Tage gehalten... gestern Nacht wieder gespielt, ich habs auch gespürt aber dachte oder hoffte, er würde es als Rückfall sehen. Wollte es gar nicht ansprechen. Heute hab ich nach der Uhrzeit auf seinem Handy geschaut und eindeutige Nachrichten dabei gesehen. Da konnte ich nicht anders und hab ihn konfrontiert. Was mich so fertig macht, er bagatellisiert alles ("nur bisschen gespielt") etc. Ich spüre einfach, dass die Sucht grade so eine Macht hat. Therapie etc bezeichnet er als Gehirnwäsche. So hat er vor paar Monaten noch nicht geredet. Das ist ein ganz anderes Gefühl auf einmal. Ich bin fix und fertig. Habe jetzt Sachen gepackt, einen Brief geschrieben und gehe zu meiner Schwester. Zum Glück hab ich so liebe Menschen die mich auffangen. Keine Ahnung ob es noch eine Chance gibt. Ich weiss nur, dass ich keinen Meter abweiche davon, dass es eine Zukunft mit mir nur mit Abstinenz gibt. Keine Kompromisse.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 09 Januar 2024, 19:49:44
Hallo Freiheitsliebe :)

Ojeh - und bis zum Status quo in so kurzer Zeit? Du warst doch am Anfang so optimistisch?
Du schreibst, Du hast es gespürt ... da ist sie wieder, oder? Die Schwierigkeit, Dich abgrenzen zu können..

Dass Du auf sein Handy geschaut hast, um Dich selbst in Deiner Wahrnehmung zu überprüfen, ist eine zweischneidige Sache, nämlich auch Kontrolle ihm gegenüber. DAS ist auch keine Grundlage für eine gesunde Beziehung.
JA, gut, wenn Du vorläufig zu Deiner Schwester gehst. Gut für Euch beide.

Vielleicht hat der Austausch hier mit uns Dich auch sehr sensibilisiert - das kann ja niemand wissen.
Erst mal runterkommen, erst mal Luftholen, ein paar Tage vergehen lassen - am besten ohne Kontakt erst mal, weil Kontakt Euch nur beide aufreibt.

Therapie oder Selbsthilfegruppe sind beide keine 'Gehirnwäsche' - darunter versteh' ich zumindest was ganz anderes.
Aber vielleicht meint Dein Partner, dass er sich das Zocken von niemandem 'ausreden lassen' will. Das wiederum bedeutet, dass er meint, es würde ihm was für ihn sehr Wichtiges genommen werden können.

Nun sieht das wirklich aus wie ein Duell: Spielsucht vs. Du.
Er wird beides wollen.
Und Du? Du schriebst, Du bliebest bei ihm, auch bei Rückfällen.
Jetzt wird's schwer, diese Spannung auszuhalten.

Alles Gute!!
VG, Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 09 Januar 2024, 21:05:19
Puh ja, da ist viel Wahres dran. Das stimmt, aufs Handy schauen ist auch Kontrolle. Ich hab es eh gespürt da könnte ich mir das auch sparen. Aber leider rede ich mir die Situation immer wieder schön. Ich würde bei ihm bleiben auch bei Rückfällen. Aber ich glaube ich spüre mittlerweile was ein Rückfall ist, verbunden mit dem Entschluss gesund zu werden und was aktives Bespielen der Sucht ist. Ausreden finden,  Kleinreden, mir Schuldgefühle machen wollen. Dafür bin ich nicht bereit. Dieses Abgrenzen, Loslassen ist so so schwer. Ich war schon stolz, dass ich ihn gestern Nacht nicht geholt hab, sondern einfach weitergeschlafen habe...
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 09 Januar 2024, 21:15:10
Hallo nochmal, Freiheitsliebe :)

Ich möchte Dir was raten, wenn ich darf(?):
Wenn Dein Partner Dir tatsächlich Schuldgefühle einredet wie etwa:
'Ich hab nur gezockt, weil Du mir 'so doof' gekommen bist o.ä.  -  oder
Dich abzuwerten beginnt, Dich für 'dumm' erklärt, für kontrollsüchtig, irre oder irgendwas in der Art, dann nimm die Beine in die Hand und geh, wirklich.
Denn dann hat er sich längst entschieden - für die Suchtausübung und gegen Eure Beziehung (zumindest in der kommenden u. für nicht absehbare Zeit).
Und leider will er Dich dann klein halten bzw. dreht sich nur um sich selbst. Bindungsschäden o. Bindungsprobleme gehen oft mit Spielsucht einher.

Ich wollt's nur mal schon so mitgeteilt haben, für Dich und als Indiz, wann's wirklich nicht mehr geht.

LG Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 09 Januar 2024, 21:33:19
Danke Rubbel, nein das nicht. Er macht mich nicht fürs Spielen verantwortlich, aber jetzt eben dass ich ihn alleinlasse obwohl es ihm schlechtgeht und einfach aufgeben und immer weglaufe. Ich versuche einfach nicht darauf zu antworten, das bringt jetzt nichts. Wir drehen und im Kreis. Danke für das Forum hier!
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 09 Januar 2024, 21:43:59
Zitat
Puh ja, da ist viel Wahres dran. Das stimmt, aufs Handy schauen ist auch Kontrolle.

Pfeif´ drauf ... Er hat Dich doch schon wieder hintergangen ... Du brauchtest in dem Moment Gewissheit und die hast Du Dir geholt.

Zitat
Er macht mich nicht fürs Spielen verantwortlich, aber jetzt eben dass ich ihn alleinlasse obwohl es ihm schlechtgeht und einfach aufgeben und immer weglaufe.

Du hattest ihm doch die Konsequenzen benannt, nicht wahr? Also muss er jetzt damit leben. ER ist der Grund, wieso Du nun zu Deiner Schwester gehst und ihn "alleine" lässt. Das ist absolut richtig von Dir!

Wenn er schon Therapien hinter sich hat, dann ist die "Gehirnwäsche" eine Schutzbehauptung. Kein Therapeut kann Dich dazu bewegen spielfrei zu werden, wenn Du selbst es gar nicht willst. Er kann Dich nur in Deinem Bestreben unterstützen und Dir bewusst machen, wie Du mit Deinen Stärken und Schwächen umgehen kannst. Das "Machen" liegt dann wieder nur an Dir selbst.

Fühle Dich mal gedrückt von einem einstigen uneinsichtigen Spieler, der irgendwann erkannt hat, dass das Glücksspiel nur Schlechtes zu bieten hat.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 09 Januar 2024, 22:08:05
Ich weiss dass ich gerade richtig handle. Ich hab keine Schuldgefühle weil ich gegangen bin, weil ich es nicht tue um ihn zu verletzen oder zu erpressen. Ich brauche das für mich. Nur das mit dem ins Handy schauen tut mir leid. Es ist verdammt schwer das zu lassen wenn man spürt dass was nicht stimmt. Werde morgen abend zur Angehörigen Gruppe gehen. Mir hilft es im Moment meine Liebe nicht an mein Handeln zu koppeln. Ambivalenz aushalten. Ich liebe ihn sehr, das habe ich ihm auch nochmal gesagt. Und ich kann gerade nicht bei ihm sein physisch. In Gedanken bin ich es eh.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 09 Januar 2024, 22:32:05
Zitat
... weil ich es nicht tue um ihn zu verletzen oder zu erpressen.
Zitat
Mir hilft es im Moment meine Liebe nicht an mein Handeln zu koppeln. Ambivalenz aushalten.

Das sind reife und liebevolle und selbstschützende Ansichten! Ambivalenz ist es allemale. Es ist richtig, was Du tust. Auch dass Du Dich beraten lässt.
DU bist für Dich verantwortlich, für Dich und Dein Wohl. Das ist gerade echt schwierig, ist es immer mit einem süchtigen Partner.
So sehr nahe Du Dich ihm fühlst, so wichtig ist es auch, so etwas wie 'Souveränität' zu entwickeln, damit Du in keine Verstrickungen gerätst.
Du hast ja was vor: Beziehung auf Augenhöhe. Und außerdem Freiheit, Freiheit als Lebens- und Liebesgrundlage.Gut, dass Du alles tust, um Dir treu zu bleiben!

Alles, alles Liebe und Gute! Berichtest Du uns von morgen? - Das wäre toll!

LG, Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 09 Januar 2024, 22:43:35
Danke für eure Worte und den Drücker nehm ich gern an, Olli. Ich hab jetzt erstmal ein warmes Bett und ganz viel Liebe um mich und Morgen ist ein neuer Tag° ich werde berichten.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Marieclaire am 10 Januar 2024, 20:52:49
Hallo Freiheitsliebe, warst du bei der Angehörigengruppe? Mir hilft es sehr hinzugehen, obwohl die anderen Angehörigen mit anderen Suchtmitteln kämpfen. 

Ich kann dich verstehen das du auf das Handy geschaut hast. Permanent belogen zu werden ist auch nicht OK. Rumschnüffeln ist meist das Resultat davon. Ich habe auch gehofft das ich mich geirrt habe. Leider habe ich noch viel mehr erfahren als ich befürchtet habe.
In der Angehörigengruppe sprechen wir oft über das sich Abgrenzen, insbesondere das ich kein Beweis für mein schlechtes Gefühl brauche und daher garnicht Rumschnüffeln brauche. Für mich ist das nicht einfach, ich versuche mich wirklich mit "ich will das garnicht wissen" abzugrenzen, das ist sein Problem. Die Gruppe hilft wirklich sehr
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 10 Januar 2024, 22:24:03
Hallo Marieclaire,

Nein ich war nicht in der Gruppe. Habs kraftmäßig nicht geschafft heute. Aber gut zu hören, dass es auch suchtmittelübergreifend helfen kann, da war ich unsicher.

Ich finde das Thema Kontrollieren um eine gefühlte Kontrolle zu haben oder sich zu beruhigen interessant: es ist doch so, dass eine echte Beruhigung durch das Kontrollieren sowieso nicht entstehen kann. Wenn überhaupt beruhigt es für eine kurze Zeit. Zumindest kenne ich das so. Bei mir kommt der Wunsch nach Beweisen auch daher, dass ich große Schwierigkeiten habe meinem eigenen Gefühl zu vertrauen. Obwohl ich sehr sensible Antennen habe was Angelogen werden angeht, und das zuverlässig richtig spüre, rede ich mir doch immer wieder ein, dass mein Gefühl falsch ist und dann "brauche" ich Beweise um mir zu zeigen, dass das Gefühl doch stimmt. Das ist also auch meine eigene Unsicherheit und mangelndes Vertrauen in mich selbst. Ich kann mir vorstellen, dass sowas auf fruchtbaren Boden fällt in einer Beziehung, in der der andere dieses Gefühl auch immer wieder negiert durch Lügen und Verheimlichen. Manchmal denke ich, wenn wir aufrichtig und ehrlich sein könnten dann hätte die Sucht und auch die Coabhängigkeit gar nicht mehr so viel Macht...
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 13 Januar 2024, 08:52:50
Hallo liebes Forum,

Ein kurzes Zwischenstand: ich bin jetzt seit 4 Tagen bei meiner Schwester. Ich treffe meinen Freund zwischendurch und wir reden viel. Aber der räumliche Abstand tut meinem Kopf sehr gut. Ich merke jetzt, ich war noch nicht sehr tief in der Coabhängigkeit drin, aber schon etwas, und hab rechtzeitig gebremst, damit ich nicht weiter reinkomme. Mich Freundinnen anzuvertrauen und euch hier, hilft mir auch, Abstand zu Halten und meine eigenen Gedanken und seine Aussagen immer wieder auf Realität zu prüfen. Ich bin recht ruhig. Fühle mich klarer, auch wenn das Vermissen stark ist und die Sehnsucht nach "Normalität ". Da ich aber das Vorspielen von Normalität zutiefst verabscheue (musste ich als Kind ständig), mach ich das nicht allzulang. Wir lieben uns sehr und haben beide den Wunsch zusammen zu leben.  Aber ich vertraue im Moment auf mein Gefühl,  dass es mir sagt ob und wann ich zurück gehen kann.  Und das ist erst, wenn ich spüre dass sich was bewegt bei ihm. Momentan ist da bei ihm glaube ich vor allem Verlustangst, das kann ja auch lähmen. Ich wünsche ihm sehr  dass er auch mehr Klarheit bekommt in den nächsten Tagen und für sich Entscheidungen trifft.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 13 Januar 2024, 16:57:09
Hi :)

Wenn Ihr Euch nun trefft, redet Ihr dann auch über seine Spielsucht? Das ist zwar ein nicht romantisches Thema, dennoch ein wichtiges.
Für Dich ist die Sucht ein Punkt, der Dich so stört, dass Du ein gemeinsames Leben unter einem Dach plus Familienplanung in Frage stellst.
Für ihn ist die Sucht eine schon lange ihn begleitende Geschichte, und das ist der Unterschied.
Nur, wenn er Dir bei den jetzigen Treffen ehrlich sagt, ob er gezockt hat, wie lange und in welchem Umfang, besteht überhaupt ne Chance, dass er sich davon lösen möchte. 
Wenn Ihr das bewusst und verabredet ausklammert, ist das vielleicht auch ein Weg, aber das müsste dann Eure Verbundenheit schon so klar unverzichtbar machen, dass er das Spielen als überflüssig zu sehen lernt.
Und so oder so --- ihn selbst muss die Zockerei erst richtig anwidern, dann erst wird er imstande sein, das zu lassen.
Der Weg ist auf jeden Fall ein langer und unbequemer.

Alles Gute und
viele Grüße
Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 13 Januar 2024, 17:37:54
Hi Rubbel,

Wie meinst du das, mit der unverzichtbaren Verbundenheit und Ausklammern der Sucht. Das war tatsächlich etwas was ich zwischenzeitlich als Weg gesehen und versucht habe, aber gelungen ist es nicht. Auch weil es mir verlogen und ungesund vorkommt das auszuklammern. Ich weiss nicht ob es Paare gibt, bei denen das so klappt, solange der Partner immer noch in der Partnerschaft da ist und die Sucht sozusagen nicht so viel Zeit und Energie einnimmt...

Wir reden sehr viel darüber. Die meisten Zeit der Gespräche dreht sich grade um Sucht, Gesundwerden usw. Es steht ja sonst wie der Elefant im Raum.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 13 Januar 2024, 17:57:47
Hi,
das Ausklammern meinte ich in dieser Zeit, die Ihr nicht zusammen wohnt/lebt, um zu sehen, ob Ihr Themen habt, die Euch beide sehr berühren und über der Sucht stehen. Der Gedanke dahinter war, dass die Sucht in der Beziehung nicht alles, incl. Eurer Themen, 'beherrscht'. Dass Ihr Euch bewusst dagegen entscheidet, um zu gucken, was Euch verbindet, nicht, was Euch entzweit. Aber 'nur als Alternative' ... Du schreibst ja, dass Ihr jedesmal über die Sucht sprecht. Insofern 'erübrigt' sich ja diese Alternative. Es war nur eine Idee. Dahinter steckte, dass die Sucht so viel Platz einnimmt und sich alles um sie dreht. Das sollte ihr nicht zugestanden werden, denke ich ... irgendwie. Das Umfeld ist sonst Kontrolletti und Prüfer, der Betroffene muss immer Rechenschaft ablegen ... das kann dazu führen, dass der Betroffene sich 'infantilisiert' und als ewig vertrauens-unwürdig fühlt - das kann auch zermürben und aggressiv machen und das Gegenteil von Loslösen aus einer Sucht begünstigen.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 13 Januar 2024, 18:25:31
Ahja das verstehe ich. Bei uns wurde aber in den letzten Monaten meiner Meinung nach zu wenig über die Sucht gesprochen. Andered Verbindendes haben wir genug, es ist eine schöne, sehr aktive Beziehung. Wir unternehmen viel und reden über Gott und die Welt. Daher müssen wir gerade viel über das Trennende Element sprechen,  nämlich die Sucht. Aber du hast recht, NUR darüber reden zermürbt alle. Da muss ich auch an mir arbeiten und aufhören am anderen zu "ziehen". Unter dauer-Druck verändert sich meist wenig. Aber Ausklammern aus allen Gesprächen würde sich grade auch komplett unnatürlich anfühlen.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 14 Januar 2024, 19:17:40
Ich muss nochmal was hier teilen: bin heute sehr traurig und fühle mich leer und sehr hoffnungslos. Ich erkenne langsam, dass mein Freund noch gar nicht an dem Punkt ist selbst aktiv zu werden. Wenn wir uns gesehen haben in den letzten Tagen war er sehr anhänglich und hat betont dass ich ihm fehle und er mich sehr liebt. Ich hab das Gefühl, dass er inzwischen auch verstanden hat, dass nur er etwas tun kann, damit ich zurück in unsere Wohnung ziehe. Er versucht nicht mehr mich zu überreden zurück zu kommen. Ins Handeln kommt er auch nicht. Er hat noch immer seine Accounts auf diversen OC Seiten und mir eigentlich versprochen, das am Wochenende mal alles zu löschen. Das wäre ja mal ein erster Schritt. Getan hat er es nicht. Ich merke auch, wie ich mittlerweile immer weniger stark enttäuscht von diesen gebrochenen Versprechen bin. Nur noch traurig eigentlich weil ich die Trennung immer mehr als einzigen Weg sehe um nicht mit unterzugehen und selbst die Möglichkeit auf ein gesünderes Leben ohne Sucht zu haben. Es ist so verdammt traurig, könnte die ganze Zeit heulen. Wir haben so eine schöne Beziehung in so vielen Punkten, ähnliche Zukunftspläne und so viele glückliche Momente aber ich spüre immer mehr, dass für mich ein Leben mit einem Suchtkranken, der die Sucht nicht aktiv angeht, einfach nicht infrage kommt. Auch wenn er bisher nicht "Haus und Hof" verspielt hat. Die Hoffnung ist ja meist die letzte auf dem Schlachtfeld aber ich fange langsam in meinem Kopf an, mir die Zukunft mehr und mehr ohne ihn vorzustellen. Da kommen natürlich jetzt auch meine eigenen Themen hoch, wie Versagensgefühle, weil ich in meinem Alter immer noch nicht geschafft habe eine zukunftsfähige Beziehung aufzubauen und immer wieder an die "falschen" Männer gerate mit denen das einfach nicht geht. Jetzt für den Moment versuche ich, nicht zu kontrollieren, nicht mehr zu fragen ob er dieses oder jenes tut oder getan hat. Abstand zu Halten auch wenn es verdammt weh tut und ihn nicht zu drängen,  wenn er einfach noch nicht so weit ist.

Traurige Grüße
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 14 Januar 2024, 22:16:13
Hi,

sag' mal, ganz ehrlich: wo und wie habt Ihr Euch eigentlich kennen gelernt? War das über's Internet - eine Partnerbörse?
Irgendwie klingst Du doch weit entfernt von ihm, als beobachtetest Du ihn abgleichend, ob er nun für Dich der Richtige ist oder nicht.
Es ging wohl doch alles viel zu schnell bei Euch mit dem Zusammenziehen und so.
Ehrlich gesagt ... ich komm' da nicht mehr mit.
Innerhalb von 10 Tagen wird sich auch nix ändern. Und eine Beziehung aufbauen - wie Du oben schreibst - kannst Du nicht alleine mit jemandem. Egal, wie reif Du bist. Das können nur 2 Menschen MITEINANDER.
Nichts für ungut - Spieler hin oder her - niemand ist für einen anderen Menschen auf der Welt oder auf die Welt gekommen.
Und selbst wenn er seit dem Tag, an dem Du zu Deiner Schwester gezogen bist, aufgehört hätte zu spielen, wäre das immer noch nicht als Heilung zu sehen.
Wenn jemand gegen eine Sucht ankämpft, kann dieser Mensch für sein Umfeld auch erst mal ziemlich ungemütlich werden - wär das für Dich okay?
Eure schöne Zeit und Eure Unternehmungen ... ja, das ist sicher prima - aber was wisst Ihr denn voneinander?? Nicht viel, oder?

VG, R
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 15 Januar 2024, 07:33:42
Hallo Rubbel,

Wo man jemanden kennengelernt hat finde ich ehrlich gesagt ziemlich irrelevant für das Problem das wir haben. Wie viel weiß man von jemandem den man 1 Jahr kennt? Puh, keine Ahnung ob das jetzt viel ist oder eher nicht. Erzählen tun wir uns viel aus unserer Vergangenheit aber natürlich ist das was anderes als wenn man diese Vergangenheit tatsächlich miteinander gelebt hat. Und stimmt, seit ich nicht mehr mit ihm lebe habe ich den Abstand zu prüfen, ob ich das Leben mit ihm so führen mag, das finde ich auch gut so. Ich bin zum Glück noch nicht so tief in der Coabhängigkeit drin, dass das nicht mehr geht. Habe irgendwie den Eindruck, dass dich das stört, Rubbel.

Ich erwarte auch keine Wunderheilung. Sonst wär ich schon direkt gegangen als ich von der Sucht erfahren habe. Aber dass er wirklich etwas ändern will muss ich sehen um mir eine weitere Zukunft vorstellen zu können.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 19 Januar 2024, 12:12:30
Hallo liebes Forum,

ich wollte gerne noch ein kurzes Update aus unserer Situation geben. Ich finde es immer ein bisschen schade, dass so viele Geschichten, (gerade auch von Angehörigen) hier im Sand verlaufen und hätte mir oft gewünscht, weiterzulesen, vor allem nach so vielen guten Tips und Gedanken die ihr hier gebt (danke auch dafür). Daher habe ich beschlossen, hier regelmäßig mal weiter zu berichten, vielleicht hilft es jemandem.

Ich bin mittlerweile seit 3 Tagen wieder zu Hause. Ich hatte ja mal geschrieben, dass ich gar nicht genau weiß, welche Handlungen ich erwarte, um zu sehen, dass er "dran" ist. Das kann ich ja auch nicht wissen, das muss er selbst herausfinden was ihm hilft. Ich habe aber einfach für mich ganz klar gemerkt, dass das Zusammenleben mit ihm wenn er aktiv spielt, mich zu fertig macht. Wie er letztlich abstinent wird und bleibt, muss er ja herausfinden. Ich stehe als Unterstützerin natürlich bereit. Letztlich habe ich ab Anfang der Woche gemerkt, dass er langsam aus dem, ich nenne es mal "Panikmodus" herauskommt und anfängt zu handeln. Er war auch spielfrei seit ich weg war, ruft gerade Therapeuten an, etc. SHG ist zwar ausgefallen, findet aber eigentlich statt. Ich gehe nicht davon aus, dass es "das jetzt war", im Sinne von er wird nie mehr spielen. Ich rechne mit Rückfällen und eigentlich ehrlichweise auch mit weiteren Spielphasen. Ich weiß jetzt aber, dass mir dann der Abstand wirklich hilft, um wieder zu mir zu kommen und mich nicht reinzudrehen in einen Kontroll-Spiel-Kampf Kreislauf. Ich selbst muss auch weiter arbeiten. Gehe jetzt einmal pro Woche zu einer Angehörigengruppe, da war ich ein Mal, und ich finde es passend, auch wenn die anderen alle Angehörige von Alkoholsüchtigen sind. Außerdem bin ich noch bei der Beratungsstelle zu mindestens 1 Termin. Psychotherapie mache ich noch sporadisch, das überlege ich grade wieder aufzustocken. Bei mir löst das Thema auch ganz viele "alte" Ängste aus und ich glaube die kann ich wirklich nochmal mehr angehen.


Danke fürs Lesen.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Ilona am 25 Januar 2024, 13:38:16
Liebe Freiheitsliebe,

das klingt ja alles recht zuversichtlich. Wahrscheinlich hat dein Partner durch deine klare räumliche Distanzierung den Ernst der Lage erkannt und kommt ins Handeln. Dass du auch was für dich unternimmst, ist auch eine gute Nachricht. Viele Angehörige "schicken" ihre Partner in Beratung und wundern sich, wenn die verändert wiederkommen. Es ist in der Tat besser, man geht diesen Weg gemeinsam. Alles Gute für euch. bis bald.

LG Ilona
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 26 Januar 2024, 12:10:52
Vielen Dank Ilona,

ich bin momentan auch eher hoffnungsvoll, Gott sei Dank gibt es ja dieses Gefühl, sonst wäre es ja nicht zum Aushalten ;-)
In der Beratung haben wir auch über das Thema Abstinenz vs. "Eingeschränktes Spielen" gesprochen. Mein Freund ist ja nicht spielfrei und spielt aber deutlich seltener/kürzer als vor einigen Wochen. Ich würde das allein ja nicht als Schritt in die richtige Richtung bezeichnen, da es meiner Meinung nach einfach der Beruhigung von mir und seinen Eltern dient. Und nicht dem Gesundwerden. Ich sehe aber natürlich, wie sehr er sich anstrengt, auch oft gereizt ist etc. Muss unheimlich anstrengend sein, immer wieder dem Spieldruck nicht nachzugeben. Trotzdem ist der Leidensdruck bei mir natürlich geringer gerade, da die Zeit in der der spielt geringer ist. Darüber haben wir auch in der Beratung gesprochen und die Beraterin hat etwas ganz Interessantes gesagt: Es könnte sein (was sie aber für unwahrscheinlich hält), dass er es irgendwie schafft lange auf diesem Niveau zu bleiben ohne mehr zu spielen. Aber ihre Frage an mich war: "Wäre das denn so für Sie in Ordnung, könnten Sie damit leben?". Das ist vielleicht auch eine Frage an alle Angehörigen hier (die vielleicht mitlesen, huhu, wo seid ihr   8)) Ich finde das ganz schwierig. Momentan geht es einigermaßen, aber trotzdem ist die Sorge immer ein bisschen im Hinterkopf und vor allem gegen Abend geht das Nachdenken los. "Wird er mit mir Schlafengehen oder wachbleiben", "Wird er spielen?" "Was soll ich dann tun?". Ich merke dann, wie ich gegen späte Stunde auch innerlich immer kribbeliger werde während es in ihm wahrscheinlich auch kribbelt und kämpft und dann entweder die Sucht gewinnt oder nicht. Und dieser Zustand wäre auf Dauer sehr schwer für mich auszuhalten. Übergangsweise aber erstmal schon.
Schön wäre, wenn ich einfach schlafen könnte ohne dass mich sein Verhalten beeinflusst. Aber das bleibt vermutlich eine Wunschvorstellung. Ich werde aber trotzdem versuche, abends den Kopf frei zu bekommen, spazieren zu gehen, zu lesen etc. Merke aber, wenn es mehrere solche sorgenvolle Abende gab, wie meine Kraft auch nachlässt.

Danke fürs Lesen
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Marieclaire am 26 Januar 2024, 16:37:30
Hallo, als jahrelange Leidgeprüfte kann ich das kontrollierte Spielen nicht als eine wirkliche Lösung ansehen. Aus dem einfachen Grund, ich habe die Erfahrung gemacht das es meist nicht die wirkliche Einsicht ist, sondern schlichtweg Geldmangel es unter Kontolle hält. Die Kontolle ist doch längst verloren wenn das darüber reden muss.
Selbst ich als Kontrollfreak habe aufgegeben nachzukontrollieren da ich immer enttäuscht wurde. Ich habe auch kein Bock mehr wie bei einem Kleinkind zu überwachen. Was ist auch schon kontrolliert; 50 Eur im Monat für alle Arten vom Spiel oder wie definiert man das? Es gibt ja dann noch Neuentdeckungen wie Bitcoin und Börse, zählt das dazu oder wird das die Alternative?
Ich denke die wahre Natur zeigt sich, wenn z.B. eine Inflationsprämie von 500 Eur erhalten wird und wie mit dieser umgegangen wird. Mir wurde des als  "Ausnahme" vom kontrollierten Spielen verkauft.... also meiner Ansicht nach funktioniert kontrolliertes Spielen nur bei so Leuten wie bei mir; ich verabscheue das Spielen würde aber Las Vegas der Neugierde halber sehen und max 50 Eur investieren.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Marieclaire am 26 Januar 2024, 16:42:56
Mein Mann hat lange Jahre um kleine Summen gespielt, das habe ich z.B. tolerieren können. Problem ist,dass das der Vorhof zur Hölle ist. Er hat leider ein paar Mal in Kneipen was gewonnen und war dann enttäuscht als der Wirt ihm den Gewinn nicht auszahlen konnte. Er musste dann umsatteln um diese Ungerechtigkeit nicht weiter zu tolerieren ( Orginal seine Worte). Ich habe auch keine Lust mehr mir Gedanken zu machen, ob er nachts noch spielt, klar tut er und ist froh wenn ich mich Schlafen lege und er seine Ruhe hat.
Früher bin ich aufgestanden und habe ihn ins Bett geholt. Oder um 2 Uhr nachts anerufen und gefragt wo er bleibt. Oder wachgeblieben und gewartet bis er da war.
Jetzt weiss ich da er es richtig genossen hat das ich mir Sorgen gemacht habe und vor seinen Kumpels geprahlt wie gut er mich im Griff hat.
Jetzt würde ich selbst wenn ich mir Sorgen mache nichts mehr davon wiederholen da es nichts gebracht hat. Und, ja die Angehörigengruppe hatte da Recht, das ist nicht meine Verantwortung,  ich kann niemanden helfen der keine Hilfe möchte.

Mein Rettungsanker ist die Angehörigengruppe, ich fühle mich dann nicht alleine. Und ich lerne da auch etwas für mich. Fällt mir nicht leicht es umzusetzen, ich bin einfach noch nicht soweit. Aber zumindest bin ich noch nicht komplett durchgedreht
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Roy1234 am 26 Januar 2024, 17:54:21
Da muss ich als Leid Verursacher der Leidgeprüften zu 100 Prozent zustimmen!
Ein bisschen geht nicht und ja das mit dem Geldmangel ist der Grund warum ein bisschen geht. Kommt ne Erbschaft, eine große Prämie fliegt der Sektkorken bildlich durch den Raum. In der Regel ist dann nicht nur das Geld weg sondern es bauen sich Schulden auf. Stichpunkt das hole ich mir wieder....
Ich habe auch aus einer fünfstelligen Erbschaft einen genauso hohen Kredit am Ende an der Backe gehabt. Toll für alle Angehörigen!
Haus und Hof verspielen ist keine Floskel. Ich denke das gibt es oft.
Ich konnte glücklicherweise irgendwann den Schalter umlegen und verabscheue diesen Mist zu tiefsten. Ich habe seit längerem auf meinem Nebenkonto immer so ca 9-10 k und ich könnte diese jetzt sofort umbuchen und bei Curacao oder anderen nicht an Oasis beteiligten Casinos verzocken. Nicht einmal kribbelt es bei mir, ich denke zurück und das macht mich sehr standhaft. Aber das geht nur wenn man komplett davon weg will! Ein bisschen, ein Mal ist wie beim Rauchen. Aus einer Spaß Zigarette wird eine dauerhafte Angelegenheit. Und rauchen ist sicher einfacher zu stoppen.

Viel Glück euch beiden!
Roy
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 26 Januar 2024, 18:40:39
... Es ist seltsam: Bei Substanzabhängigkeit wird ja (therapiebegleitend) 'ausgeschlichen', bei Heroin ist's Methadon u.a., bei Nikotin die Pflaster o.ä., bei Alkohol wohl der Trockenalkohol ... Da wird oft gesagt: Ein abrupter Entzug (kalter Entzug) ist lebensgefährlich.
Bei Verhaltenssüchten wie Spielsucht oder Kaufsucht scheint das wirklich nicht zu gehen. Wir haben hier ne Nachbarin, die fast täglich von Versandhäusern oder Lieferdiensten Päckchen oder Pakete bezieht, Glücksspieler gehen auch meist auf's Ganze und laufen, sobald Geld da ist, los, bzw. rufen gleich ein OC oder mehrere auf.
Ich hab noch nie davon gehört, dass ein Therapeut sagt: 'Kaufen Sie doch nur  mal die Hälfte für einen gewissen Zeitraum' --- oder --- 'verspielen Sie doch mal nur die Hälfte von Ihrem Gehalt in den kommenden x Monaten'.
Doch auch ich glaube: Bei Verhaltenssüchten klappt eine Reduktion bis zur Abstinenz in den wenigsten Fällen - ein 'Königsweg' ist das jedenfalls nicht.
*grübel* ... warum das so unterschiedlich ist ... weiß das jemand? Ilona vielleicht??
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Ilona am 26 Januar 2024, 19:04:22
Es kommt noch etwas hinzu: über längere Zeiträume kontrolliert zu spielen - oder anderes zu tun - ist oft viel, viel anstrengender als aufzuhören. Man muss ständig sein Ziel neu kalibrieren. Waren das jetzt 10€ zuviel? Oh, 20 gewonnen! Zählt das, wenn ich die verzocke?
Mit einer klaren Entscheidung „heute nicht“ lebt es sich leichter.
LG Ilona
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Roy1234 am 26 Januar 2024, 19:15:44
Du hast immer Druck wenn Du spielst, Fakt!
Weil Du willst ja Spaß und wenn der 50 Euro Schein der geplant war nach 25 Minuten weg ist beginnt das Hirn zu rattern. Das wird keiner der drauf ist können. Einzig nix mehr spielen hilft und durchbricht diesen Druck, wenngleich nicht von heute auf morgen. Aber anscheinend braucht jeder seinen persönlichen Overkill um dahin zu gelangen. Bei mir war's so.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 26 Januar 2024, 20:08:04
... achso, dann liegt's also an dem ständig ratternden Hirn, das noch mehr Zeit und Nerv aufwendet beim Reduzieren-Wollen als eh schon, und den Willen dann aushebelt, um nicht von der Verhaltenssucht ablassen zu müssen?! ---
Hm, ja - schlussfolgernd wäre eine Verhaltenssucht-Kontrolle also schwerer zu erlangen als eine Substanzsucht-Kontrolle (wegen der Hilfsmaßnahmen, die bei Substanzsucht durch Derivate möglich sind----
Das ist ja insofern interessant, als dass Substanzsucht auf direktem Weg zum Tod führen kann und Verhaltenssucht indirekt bzw. dann, wenn der Süchtige am absoluten Ende ist nach seinem Gefühl und sich selbst ...
Harter Tobak das alles, wenn man es mal aus etwas Abstand und 'theoretisch' besieht.
---
Ich hab mal mit einem Ex-Heroinabhängigen gesprochen ... er muss sein Leben lang Derivate nehmen, sagte er. Er kann gar nicht verstehen, wie frauman spielsüchtig sein kann, meinte er. Und: 'Da hat doch niemand was von. Bei Heroin fühlst Du Dich 'wie in Mama's Armen' ... bei Spielsucht biste immer angespannt und zum Schluss pleite.' 
Tja. Wir können alle froh und glücklich sein, wenn wir Suchtverhalten hinter uns lassen können oder gelassen haben. Um der Freiheit willen.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 27 Januar 2024, 08:02:04
Guten Morgen!

Zitat
Bei Substanzabhängigkeit wird ja (therapiebegleitend) 'ausgeschlichen', bei Heroin ist's Methadon u.a., bei Nikotin die Pflaster o.ä., bei Alkohol wohl der Trockenalkohol ... Da wird oft gesagt: Ein abrupter Entzug (kalter Entzug) ist lebensgefährlich.

Nun ja ... bei einer stoffgebundenen Sucht, hast Du eben neben der psychischen Komponente auch noch die physische. Letztere wird "ausgeglichen", damit der Entzug aushaltbar wird. Doch auch auf der psychischen Ebene gilt es alles zu verändern, was triggert.
Was nutzt einem Methadon, wenn der Zimmergenosse sich permanent einen Schuss setzt und schwärmt, wie toll es ihm geht? "Ich zittere zu stark ... kannst Du mir das Zeug aufkochen und dann den Schuss setzen?" (Eine etwas ähnliche Situation wurde gerade erst im TV in einer Doku gezeigt.)

Wer meint, das Glücksspiel reduzieren zu müssen, der will sich lediglich "arrangieren". Mit dem Glücksspiel ... mit der Ehefrau ... mit potentiellen negativen Konsequenzen jedweder Art! Nur wirklich "aufhören" will die Person nicht.
Für extreme Fälle mag dies eine machbare Lösung sein, wenn sie therapeutisch begleitet wird. Aber auch hier steht am Ende das Ziel der vollkommenen Abstinenz!
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 27 Januar 2024, 19:16:37
Hallo ihr Lieben,

Danke für eure Antworten! Ich werde mir morgen mal Gedanken dazu machen. Das Forum hilft mir wirklich sehr und ihr aktiven Leute. Abseits von diesen ganzen posts über irgendwelche Gerichtsverfahren, die ich alle nicht verstehe...

Liebe Grüße
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 29 Januar 2024, 10:04:49
So, nun komme ich dazu, zu antworten. Vielen Dank nochmal für eure Gedanken.


@Marieclaire: Puh, das klingt schon alles echt heftig. Ich glaube nach so langer Zeit fällt es schwer, überhaupt noch irgendwie Hoffnung zu haben, wenn sich von der anderen Seite so wenig bewegt. Ich habe mir auch deinen eigenen Post durchgelesen. Ich selbst war auch viel zu lange in einer Beziehung gewesen, in der ich ständig abgewertet wurde, es war echt schwer da raus zu kommen. Mit Kindern bestimmt noch schwerer. Ich hoffe sehr für dich, dass du da raus kommst! Gerade hier im Angehörigenforum habe ich oft den Eindruck, dass einfach nirgendwo irgendwas besser wird. In der Onlinegruppe ist es auch überwiegend so, aber zum Glück gibt es auch zwei, deren Männer inzwischen seit Jahren abstinent sind, das gibt ein bisschen Kraft.


@Roy: Genau solche Geschichten von Menschen geben mir Hoffnung, dass es einen Weg raus gibt. Ich ziehe echt meinen virtuellen Hut vor dir, kann mir nicht mal im Ansatz vorstellen, wie schwer es sein muss, diesem Sog zu widerstehen (vor allem am Anfang). Ich selbst habe glaube ich sehr wenig Suchtaffinität, zum Glück, das macht aber das Verstehen oft sehr schwer.


@Rubbel: Wie Olli sagt, bei den Substanzabhängigkeiten kann es mitunter ja lebensgefährlich sein, die Droge einfach abzusetzen, deshalb wird substituiert.


@Ilona: Danke nochmal. Das hatte die Beraterin auch genauso gesagt. Dass es "einfacher" ist auch Dauer, ganz aufzuhören als "ein bisschen" zu spielen. Weil man sich ja das Verhalten nicht wirklich abgewöhnt sondern nur unterdrückt. Darüber haben mein Freund und ich auch gesprochen am Wochenende, da konnte er auch mitgehen. Ich habe wirklich den Eindruck, er hängt seit Jahren in dieser Ambivalenz Phase fest. Er will es gerne lassen, aber dann auch wieder nicht. Ich glaube ihm auch absolut, dass er das so meint, wenn er das sagt, aber die Sucht ist dann eben doch stärker.


@Olli: Dieses "Arrangieren" ist echt etwas, das mich ziemlich fertig macht, wenn ich darüber nachdenke. Das kann ich bis zu einem Gewissen Grad beim Rauchen tolerieren (wieso ist auch nochmal eine spannende Frage:-)) Aber nicht beim Spielen. Die Sorge ist ja dann immer da und selbst wenn es so bliebe bei ein Mal pro Woche spielen. Auch deshalb, weil es so unehrlich ist und wie etwas "Drittes" das ist die Beziehung kommt. Er ist sonst ein ehrlicher Mensch und spricht offen über alles. Aber wenn es ums Spielen geht hört das auf, es verändert also gewissermaßen den Grundcharakter. Und das ist das, was mir am meisten Angst macht und was man ja von vielen Angehörigen auch hört und liest.


Ich war letzte Woche mal zwei Tage unterwegs und da hat er wieder lange gespielt. Es ist wirklich ein langer, zäher Kampf für alle Beteiligten. Kann sich glaube ich keiner vorstellen, der nicht selbst in so einer Situation war. Man bildet auch wahnsinnig sensible Antennen aus für die kleinen "Warnhinweise", nützt nur leider nix, ich kann ja nicht den Suchtdruck bekämpfen. Nur den Druck, den Suchtdruck bekämpfen zu wollen :-) Obwohl ich es ja ganz klar weiß, dass mein Verhalten und ich selbst nichts an der Sucht ändern können und  er spielt, unabhängig davon was ich tue, ist da trotzdem oft der Gedanke "Wenn ich jetzt dies und das mache, dann wird er vielleicht spielen. Oder wenn ich xy mache, dann kann ich es verhindern". Ich glaube das braucht echt noch Zeit, bis ich das verinnerlicht habe.


Liebe Grüße und Danke fürs Lesen! Gute 24 Stunden euch.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 29 Januar 2024, 10:45:08
Hi Freiheitsliebe!

Nun ... hmmm ... Dir ist schon klar, dass er nicht der einzige ist, der sich arrangiert ... nicht wahr? Auch Du arrangierst Dich. Dein Freund hat damit kein Problem ...
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 29 Januar 2024, 11:29:32
Wie meinst du das, Olli?
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 29 Januar 2024, 11:51:55
Hallo freiheitsliebe,

Zusammenfassend: ...
Zitat
Ich selbst war auch viel zu lange in einer Beziehung gewesen, in der ich ständig abgewertet wurde (Marieclaire), es war echt schwer da raus zu kommen. Mit Kindern bestimmt noch schwerer.
Ich ziehe echt meinen virtuellen Hut vor dir (Roy), kann mir nicht mal im Ansatz vorstellen, wie schwer es sein muss, diesem Sog zu widerstehen (vor allem am Anfang). Ich selbst habe glaube ich sehr wenig Suchtaffinität, zum Glück, das macht aber das Verstehen oft sehr schwer.  …
Ich habe wirklich den Eindruck, er hängt seit Jahren in dieser Ambivalenz Phase fest. (Ilona) Er will es gerne lassen, aber dann auch wieder nicht. Ich glaube ihm auch absolut, dass er das so meint, wenn er das sagt, aber die Sucht ist dann eben doch stärker.
Das kann ich bis zu einem Gewissen Grad beim Rauchen tolerieren (wieso ist auch nochmal eine spannende Frage:-)) Aber nicht beim Spielen. Die Sorge ist ja dann immer da und selbst wenn es so bliebe bei ein Mal pro Woche spielen (Olli). Auch deshalb, weil es so unehrlich ist und wie etwas "Drittes" das ist die Beziehung kommt. …Er ist sonst ein ehrlicher Mensch und spricht offen über alles. Aber wenn es ums Spielen geht hört das auf, es verändert also gewissermaßen den Grundcharakter. Und das ist das, was mir am meisten Angst macht.
Ich war letzte Woche mal zwei Tage unterwegs und da hat er wieder lange gespielt. Es ist wirklich ein langer, zäher Kampf für alle Beteiligten. Kann sich glaube ich keiner vorstellen, der nicht selbst in so einer Situation war. Man bildet auch wahnsinnig sensible Antennen aus für die kleinen "Warnhinweise", nützt nur leider nix, ich kann ja nicht den Suchtdruck bekämpfen. Nur den Druck, den Suchtdruck bekämpfen zu wollen :-) Obwohl ich es ja ganz klar weiß, dass mein Verhalten und ich selbst nichts an der Sucht ändern können und er spielt, unabhängig davon was ich tue, ist da trotzdem oft der Gedanke "Wenn ich jetzt dies und das mache, dann wird er vielleicht spielen. Oder wenn ich xy mache, dann kann ich es verhindern". Ich glaube das braucht echt noch Zeit, bis ich das verinnerlicht habe.
... solltest Du Dir das vielleicht noch mal ansehen. Ich will gar nicht viel dazu schreiben. Du sprichst ÜBER Deinen 'Partner'. Kennt er Deine Gedanken? Warum empfiehlst Du ihm dieses Forum nicht? Was sollen wir schreiben oder raten dazu - was stellst Du Dir vor? Niemand kann ihn 'gesund machen', auch DU nicht.
Vielleicht solltest Du die Herangehensweise doch mal überdenken? Oder Dich trennen? Wie Du Marieclaire schon schriebst, mit Kindern wird alles schwerer (und Du wolltest ja Familie). Und wie Du schon Roy schriebst, kannst Du Dir nicht im Ansatz vorstellen, wie schwer es ist ...!
Ich zähle jetzt nicht alles auf, es ist ja unterstrichen.

VG, Rubbel
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 29 Januar 2024, 12:03:20
Hallo Rubbel,

ich weiß, dass es hier auch darum geht, Leuten "den Kopf zu waschen", was ja auch in Ordnung ist, aber es fällt mir gerade doch sehr schwer mich nicht von deinem Post angegriffen zu fühlen... Ich schreibe hier als hilfesuchende Angehörige. Bitte versuche das, von dem du einfach ausgehst doch mal als Frage zu formulieren ("Hast du ihm dieses Forum schon empfohlen"? zum Beispiel. Dann könnte ich dir einfacher schreiben, dass ich das bereits getan habe und er hier auch schon mehrfach reingelesen hat. Und dass ich ihm natürlich alles, was ich euch hier schreibe, auch schon gesagt habe und mit ihm darüber spreche, nicht nur ÜBER ihn. Es geht mir um Austausch, gerne auch mit anderen Angehörigen, die hier außer Marieclare, leider nur sehr sparsam schreiben. Und natürlich hilft mir auch die Perspektive von anderen Betroffenen. Ich will mich nicht trennen (auch wenn das auch ein Ausweg wäre), ich will gerne mit ihm zusammen sein. Aber es begegnen mir eben doch sehr viele Schwierigkeiten. Ich bin auch ganz neu auf diesem Gebiet, ich war noch nie vorher mit einem Süchtigen zusammen. Natürlich mache ich nicht alles "richtig" und bin auch am Kämpfen. Wenn du schreibst, ich solle die Herangehensweise ändern, wie meinst du das? Ich erlebe eure Gedanken wirklich als sehr hilfreich und habe hier viel gelernt. Und nutze es auch ein bisschen als Art "Tagebuch", bzw Verlaufsbericht. Für mich aber auch für andere Betroffene, und Angehörige, die hier vielleicht still mitlesen. Wenn du das ärgerlich oder unnötig findest, musst du es ja nicht lesen.

Liebe Grüße
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Rubbel am 29 Januar 2024, 12:20:03
... nur noch mal kurz:
Mir ist aufgefallen in Deinem vorherigen Post, dass Du alles 'bedienst' - Marieclaire bekundest Du Dein Mitgefühl, Roy bekommt zu hören, dass Du den Hut vor ihm ziehst, die Antwort auf Ilona fällt relativ sachlich aus, Olli bekommt zu hören, was er selbst immer wieder schreibt (vor allem von Unehrlichkeit), usw.
Dann fällt mir auf, dass fast jeder Deiner Sätze mit 'ich' beginnt. Das ist soweit okay, wenn Du Dich zu positionieren versuchst. Es zeigt aber auch, dass es Dir um Dich geht, oder?
Es ist nur unklar, was auf diese Weise entsteht, oder auch nicht: Wir kaspern uns über Deinen Freund aus.
Über DICH schreibst Du weiter nichts!! Da musst Du Dich schon entscheiden auf ne Weise - denn es finden sich immer passende Puzzlestücke. Du hast mal angedeutet, dass Du 'alte Wunden hast', z.B. Warum treibt es Dich zu einem Süchtigen? DAS ist doch mal die Überlegung wert, oder? Erst wenn Du Dich selbst verstehen lernst, kannst Du jemand anderen - wie hier Deinen Freund - verstehen lernen. Denn es geht ja um 'Signale senden - Signale empfangen'. Also letztlich nicht nur um ihn und seine Strukturen, sondern auch um Deine.
Und ob, wenn das aufgenommen ist, es zwischen Euch noch zu einer gleichwertigen Partnerschaft kommt, sei dann noch dahingestellt.
VG, R
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: HiddenAddiction am 29 Januar 2024, 12:29:14
Es gibt hier häufig typische Schwarz-Weiß-Ansichten und den Irrglauben, das eigens Erlebte auch auf alle anderen projizieren zu können/dürfen.

Insofern kann ich Deinen Einwand sehr gut nachvollziehen, liebe freiheitsliebe. Du wirkst auf mich unheimlich reflektiert und auch rational. Dein Commitment zur Partnerschaft, verbunden mit dem Wissen, dass es ein steiniger Weg werden dürfte, schätze ich sehr.

Co-Abhängigkeit ist meines Erachtens ein nicht zu unterschätzendes Thema, sicherlich auch bei Euch. Und was ich aus eigener Erfahrung sagen kann: Es hat mich in meiner Abstinenzentscheidung unheimlich unterstützt, dass meine Frau von Beginn an für mich da war, mir bei jedem Schritt (Selbsthilfe, Psychotherapie, Beschäftigung mit Familienthemen etc.) zur Seite stand, mir aber auch von der ersten Stunde an klargemacht hat, dass das alles nur im Zusammenhang mit Abstinenz geht.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Beziehungen, in denen einer glücksspielsüchtig ist, gesund bleiben können, wenn die Sucht nicht aktiv bekämpft wird bzw. die Person aktiv an ihrer Gesundung arbeitet. Und dazu gehört die Abstinenz als als Grundvoraussetzung. Wenn mir meine Frau seinerzeit das Gefühl gegeben hätte, ich dürfte weiterspielen, ich hätte es vielleicht bis sicher getan. Oder anders gesagt: Eine "lange Leine" hätte ich ausgenutzt und daraus eben keinen Nutzen geschlagen. Dann hätte ich eben auch nicht diese positiven Persönlichkeitsveränderungen durchlebt, wie ich sie in den letzten Jahren der Abstinenz durchleben durfte. Klar, die Grundzüge einer Persönlichkeit bleiben unverändert, aber Nuancen bzw. Ausprägungen können ganz verschieden gelebt werden. Wie ich mittlerweile mit Gefühlen umgehe bzw. diese auch kommuniziere, ist eine 180 Grad-Kehrtwende im Vergleich zu meiner aktiven Zeit.

Das nur zu meinen Erfahrungen. Ich wünsche Euch, dass Ihr einen für Euch gangbaren Weg findet.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 29 Januar 2024, 12:53:17
Hallo Hiddenaction,

danke dir für deine Antwort. Es würde mich interessieren, was die Konsequenz gewesen wäre für deine Frau bzw. euch wenn du nicht abstinent gewesen wärst. Wäre sie dann sofort gegangen? Ist vielleicht auch schwer im Nachhinein zu sagen. Ich habe mir jedenfalls sehr zu Herzen genommen, dass man wirklich nur ankündigen soll, was man auch wirklich umsetzen würde. Sonst macht man sich ja nicht nur für den anderen unglaubwürdig sondern auch für sich selbst. Ich würde mich tatsächlich sowohl als rationalen, wie auch sehr gefühlsbetonten Menschen beschreiben. Wenn ich Entscheidungen treffe, muss ich die immer "vom Kopf" und "vom Bauch" aus treffen, sonst bringt es nichts, sonst bleibe ich nicht dabei. Die eine Woche Abstand zum Beispiel konnte ich umsetzen, weil es sich auch richtig angefühlt hat. Ich war da ganz klar innerlich und habe mich auch nicht von Versprechungen, Drohungen usw. abbringen lassen. Zum jetzigen Zeitpunkt spüre ich aber, dass ich eine Trennung nicht durchziehen würde. Also bringt es nichts, das als Konsequenz anzukündigen, das wäre ja mehr so eine "erzieherische Maßnahme", was natürlich nicht zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe passt. Was klar ist, ist dass ich wieder für gewisse Zeit ausziehe wenn es mir schlecht geht mit seinem Spielverhalten. Wann der Punkt da  ist, kann ich jetzt nicht so absehen. Mir ist klar, dass das keine klare Ansage ist, aber anders kann ich es eben grade auch nicht, das spüre ich. 
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: HiddenAddiction am 29 Januar 2024, 12:58:49
Ob sie jetzt nach mehreren Jahren Abstinenz beim Rückfall gehen bzw. mich rausschmeißen würde, weiß ich nicht. Anfangs bzw. vielleicht im ersten Jahr hätte sie das auf jeden Fall getan. Nun habe ich sie aber während meiner Zeit der Suchtausübung finanziell auch massiv hintergangen, habe unser gemeinsam Erspartes abgeräumt und und und. Ihre als Unterstützung formulierte Drohung hat mich jedenfalls mehr angespornt abstinent zu bleiben, als dass sie mich unter Druck gesetzt hätte.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Olli am 29 Januar 2024, 13:35:49
Zitat
das wäre ja mehr so eine "erzieherische Maßnahme"

Wo in dieser Antwort bleibst Du? Wenn Du Dich trennen solltest, dann weil Du für "Dich" keine Perspektive mehr siehst. In Deiner Argumentation für eine Trennung wird ER gar nicht auftauchen!

Was würdest Du denn tun, wenn er Dir heute sagt, dass er ne Neue hat? Würdest Du dann bleiben? Ihm das Köpflein streicheln und sagen: "Ich weiss, dass Du es so gar nicht meinst ..." Würdest Du ihm zureden? Würdest Du Dir eine Woche Auszeit nehmen, wenn die Neue bei Euch übernachtet?

(Der Vergleich stammt von Angehörigen ...)

Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 29 Januar 2024, 14:18:51
Hi Olli,

Spannende Frage: Nein wenn er eine andere Frau hätte wäre ich gleich weg. Aber so passend ich den Vergleich für das Verständnis von dem Gefühl finde, das man in diesen Momenten oft hat, so unpassend finde ich ihn in anderen. Sucht ist ja immerhin eine Krankheit und nicht einfach ein "Arschlochverhalten". Auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Ich kenne mich auch recht gut und bin niemand der schnell aufgibt, aber auch niemand der endlos lange leidet wenn ich keine Perspektive sehe. Es ist jetzt 2 Wochen her seit ich wieder da bin und ich werfe nicht gleich das Handtuch. Aber sollte ich an den Punkt kommen, dass ich keine Perspektive sehe oder immer mehr versprochen als getan wird, dann werde ich auch allein weiterziehen. Und das weiß er.

Das mit der erzieherischen Maßnahme meine ich genauso. Ich mache nichts mehr allein aus dem Zweck ihn zu "erziehen" , also von der Sucht wegzubewegen. Sondern das was ich mittragen kann oder eben nicht, daran orientiere ich mich.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Ilona am 29 Januar 2024, 15:27:26
Ja, Glücksspielsucht ist eine Erkrankung. Das zu akzeptieren, ist für Betroffene einer der allerersten Schritte. Als Nächstes kommt die Frage bzw. die Abwägung: will ich sie behalten, mich mit ihr arrangieren oder sind die Auswirkungen auf mich und mein Umfeld so gravierend, dass ich Schritte unternehme, sie loszuwerden. An dieser Stelle hakt es scheinbar noch bei deinem Partner. Jedenfalls aus der Distanz betrachtet. Nun muss man allerdings sagen, dass sowas meistens nicht im Schnellverfahren funktioniert. Er muss innerlich und äußerlich abwägen, welchen Nutzen er hat, wenn er es angeht und wie hoch die „Kosten“ sind, die er investieren muss, um die Glücksspielsucht loszuwerden. Für Angehörige ist es ähnlich. Da lautet die Frage: wieviel Zeit gebe ich ihm noch für diese Ambivalenzphase? Wie lange halte ich das noch aus? Ist es ok für mich, einen Partner zu haben, der seine Probleme, die auch mich tangieren, so zögerlich angeht? Oder kann ich das hinnehmen? Weil alles andere mit ihm schön ist und ich nicht für seine Zockerei zahlen muss. Weder finanziell, noch emotional.
Alles Gute für dich.
LG Ilona
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 29 Januar 2024, 16:45:50
Hallo Ilona,

jap, er ist in der Ambivalenz und ich auch. Das ist unangenehm aber wahrscheinlich auch momentan einfach nötig und gehört zum Prozess dazu. Für ihn  und auch für mich. Da heißt es jetzt aushalten und reinspüren, ich denke die nächsten Wochen bringen vielleicht etwas Klarheit.

Liebe Grüße
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: Marieclaire am 29 Januar 2024, 17:40:39
Hallo Freiheitsliebe, die Leiterin der Angehörigengruppe sagte letztens zu mir das die Entscheidung zu bleiben, wenn sie bewusst vom Angehörigen getroffen ist genauso valide ist wie diese zu gehen.  Und man kann sich umentscheiden wenn die Begebenheiten sich ändern. Ein Angehöriger ist noch monatelang in die Angehörigengruppe gekommen obwohl er sich getrennt hat, er hat den Austausch einfach noch gebraucht um seinen eigenen Frieden zu finden.
Ich selber bin noch nicht gegangen, weil ich eben nicht will dass meine Kinder aus der Umgebung gerissen werden. Heisst aber auch nicht das ich für immer bleiben werde. Ich habe lange blind vertraut und habe trotz meiner Angewohnheit alles zu kontrollieren beide Augen zu gemacht.
Als mir klar wurde,das es bergab geht, und es hier nicht um ein Hobby geht, habe ich Schwierigkeiten gehabt anzunehmen das ich komplett reingelegt wurde. Es liegt vermutlich daran das es schleichend vonstatten ging. Und jetzt bin ich immernoch dabei mich selbst zu sortieren.

Folge einzig deinem Bauchgefühl, es ist OK wenn du erstmal noch bleiben willst. Es ist aber genauso Ok sich dauerhaft zu trennen wenn du keinen Sinn mehr siehst
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 30 Januar 2024, 14:16:05
Danke Marieclaire für deine Worte. Ich hab oft das Gefühl, dass von Angehörigen irgendwie "perfektes" Verhalten erwartet wird. Aber es ist für uns ja auch schwer, konsequent zu bleiben, wenn die Gefühle Achterbahn fahren. Wie bei mir grade. Ja, ich habe gesagt, es geht mit uns nur in Richtung Zukunft wenn er abstinent ist und alles tut, um es zu bleiben. Nun war er nicht abstinent. Und ich bin immer noch da. Fühlt sich nicht gut an. Ich habe auch gedacht, ich könnte jetzt erstmal so eine Art "Rantasten" an die Abstinenz tolerieren, solange er Dinge tut, wie zur SHG gehen. Aber jetzt merke ich, dass es mir einfach allein mit der Tatsache, dass er spielt furchtbar schlecht geht. Das war mir vorher auch nicht so klar. Ich war dann gestern auch ganz kalt und abweisend, weil ich einfach in dieser Ambivalenz hänge und da spürt er natürlich und ist verletzt. Ich hoffe auch, dass ich ein bisschen mehr Klarheit in meinen Kopf bekomme.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 14 Februar 2024, 20:22:05
Ich wollte euch mal einen kurzen Zwischenstand mitteilen: Momentan bin ich in einem Zustamd den ich beschreiben würde mit "auf Sicht fahren". Was meine Beziehung angeht. Mein Freund hat seit ca 3 Wochen nicht gespielt. Das find ich toll aber ich bin nicht euphorisch. Ich merke auch, dass ich zwar etwas erleichtert bin und mich vorsichtig freue. Aber gleichzeitig bin ich auch angespannt und ich traue dem Frieden noch nicht so. Er kam vor einigen Tagen in die Notaufnahme mit Verdacht auf Herzinfarkt. Es war dann aber doch eine Panikattacke. Das war für ihn einschneidend, sowas hatte er noch nie. Ich hab das Gefühl, dass motiviert ihn grade deutlich mehr zur Abstinenz als alles was seine Eltern oder ich tun oder sagen. Gleichzeitig läßt er sich die Option offen zu spielen, er sperrt sich nicht bei den illegalen Anbietern, löscht sich nicht auf allen Portalen. Geht aber zur Einzelberatung und zur SHG. Ich hab das Gefühl, er hofft dass es ihm durch Gespräche etc so geht, dass er das Spielen lassen kann. Aber wenn es nicht klappt kann er spielen. Mir geht's ok. Ich lebe halt quasi in 2 Welten. In der einen planen wir unsere Zukunft,  buchen Urlaub, besprechen das nächste Wochenende,  lieben und streiten uns (also der normale Beziehungswahnsinn), in der anderen weiß ich nicht ob wir in 1 Monat überhaupt zusammen sind. Joa, so sieht s aus.
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 01 März 2024, 22:24:14
Hallo liebes Forum,

Mein Freund ist jetzt seit über einem Monat spielfrei. Ich bin ziemlich stolz auf ihn, und gleichzeitig merke ich auch wie misstrauisch ich bin. Ich habe oft Sorge, dass es jeden Moment wieder kippen könnte. Vielleicht ist das normal nach so kurzer Zeit, so richtig euphorisch sein kann ich noch nicht. Ich weiß auch, dass ihn das manchmal runterzieht, vor allem wenn ich kritisch nachfrage ob es zum Beispiel eine gute Idee ist, dass seine Eltern ihm bald von seinem Sparkonto Geld überweisen um Schulden auszugleichen. Ich verstehe, dass er die Schulden loswerden will, aber mache mir Sorgen, dass sobald alles im schwarzen Bereich ist er wieder zockt. So gefühlsmäßig find ich es zu früh. Aber vielleicht bin ich auch zu negativ.

Jetzt wo er nicht mehr spielt war auch wieder mehr Zeit für eigene Themen von mir und da hab ich gemerkt, dass sein Suchtverhaöten auch für mich eine gewisse Funktion hat. Es lenkt nämlich wunderbar von mir selbst ab bzw bringt mich eher in Kontakt mit meinen starken Seiten, die funktionieren. Ich musste viel mehr bei meinen Bedürfnissen bleiben und klar kommunizieren, was gut getan hat. Und jetzt wo es wieder mehr um "normale" Beziehungsthemen geht kommen auch meine eigenen depressiven Anteile mehr hoch, die ich die letzten Monate wenig gespürt habe. Die Sucht erfüllt halt nicht nur für die Süchtigen Bedürfnisse,  sondern hat oft auch für uns Angehörige eine Funktion. Ist nicht so schön sich das einzugestehen.

Gute 24 Stunden, bleibt dran!
Titel: Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
Beitrag von: freiheitsliebe am 04 April 2024, 13:06:40
Liebes Forum,

nun sind 3 Monate seit meinem ersten Post hier vergangen. Ich lese hier immer noch regelmäßig rein und weiß inzwischen mehr über diese Erkrankung als ich je dachte zu wissen...
In meinem ersten Post hatte ich geschrieben, dass ich vor allem mit dem Schlafen Probleme habe (weil mein Freund vor allem nachts gezockt hat). Im Nachhinein kommt mir das ein bisschen absurd vor, weil das Schlafproblem war ja einfach ein Symptom und ein völlig verständliches, so würde ich es im Nachhinein bewerten. Wenn man als Angehörige so mitten drin ist im Strudel, geht aber manchmal etwas die Perspektive flöten und konzentriert sich auf solche "Details" statt auf das Große Ganze.
Unsere Situation ist im Moment so, dass mein Freund spielfrei ist seit über 2 Monaten, in seine Beratungsstelle und SHG geht und dabei ist eine ambulante Reha zu beantragen.
Wir gehen meist immer noch zu unterschiedlichen Zeiten ins Bett, aber das stört mich viel weniger, weil ich weiß dass er nicht spielt. Trotzdem wache ich manchmal noch mit Herzklopfen auf und der plötzlichen Angst, er könnte aufgestanden sein um zu Zocken. Ich denke das wird noch eine Weile dauern bis das aus meinem Nervensystem wieder draußen ist. Die Angst, es könnte die nächste Spielphase beginnen ist auch noch da, vor allem wen wir darüber sprechen. Manchmal hab ich das Gefühl, er steht dem Ganzen wirklich anders gegenüber. Dann sagt er auch, die schlechte Erinnerungen an die Zeit, als er mit Herzrasen aufgewacht ist, die halbe Nacht durchgezockt hat und unsere Beziehung auf der Kippe stand überwiegen und er denkt vor allem daran, wenn er ans Spielen denkt. Dann gibt es aber auch Momente wie neulich, in denen er sagt, dass der Druck zu Spielen wieder stärker war und auch die Erinnerungen an die schönen Gefühle dabei, wieder da waren. Ich finde es super, dass er das sagen kann, aber was noch nie der Fall war ist, dass er sich mit akutem Spieldruck jemandem anvertraut hat. Das macht er immer mit sich allein aus und will das auch nicht anders. Er meint, er könnte sich einfach nicht anvertrauen wenn er akut Suchtdruck hat.
Was ihn und mich auch belastet, ist dass seine Eltern den Kontakt gerade sehr reduziert haben, seine Mutter ihn auch gar nicht sehen will. Sie hatten schonmal für 2 Jahre den Kontakt abgebrochen. Ich habe weiterhin Kontakt, besuche sie und wir schreiben. Ich kann sie auch verstehen. Gleichzeitig denke ich , dass der Rückhalt der Familie, gerade jetzt wo er aktiv an sich arbeitet, ihm sehr gut tun würde. Zwingen kann man aber natürlich niemanden.
Das Thema Sucht ist im Alltag immer mal wieder Thema, momentan reden wir so 1-2 Mal pro Woche darüber, ansonsten gibt es andere Themen. Manchmal würde ich mich auch gerne mehr anvertrauen, wenn bei mir Ängste hochkommen, dass er wieder spielen könnte, aber ich will ihn nicht belasten damit. Keine Ahnung ob das gut ist oder eher Vermeidung.
Falls ihr Gedanken dazu habt, ich freue mich. Ansonsten schreib ich hier einfach weiter in Abständen, tut mir gut, dass ab und zu zu formulieren und vielleicht hilft es ja jemandem.