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mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten

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Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #60 am: 07 Juli 2019, 21:15:45 »
Danke für deine Gedanken Markk, einiges passte. Ich war etwas draußen und habe es dann mit mir alleine ausgehalten und mich mit der Serie Narcos abgelenkt.


Bleibe nicht alleine jetzt, der Kreis darf nicht wieder beginnen! er wurde gebrochen von dir selbst, nimm die 5 euro und hole dir eine Pizza und ein Bier oder etwas dergleichen, aber gehe weg von den Gedanken mit Spielen gewinnen zu können.


Allerdings ist dieser Gedanke mit dem Geld gewinnen aktuell nahezu gar kein Treiber bei mir. Finanziell geht es mir ja momentan gut, habe alles was ich brauche und es nicht auf Luxus zum Protzen abgesehen. Es geht mir um die Beschäftigung, Unterhaltung und Spannung. Aber natürlich ist der Fokus auf meine Wetten oder auch Slots und dadurch die Ablenkung von allem anderen deswegen so stark, weil eben Geld im Spiel ist und "es um was geht".


Wir sagen ja immer, nur 24h ... du musst nur 24h nicht spielen. Nur heute nicht. Einen Tag.

Nur die nächsten 5 Minuten

Danke Fred, diese Idee mit dem Reduzieren auf die nächsten 24h oder sogar nur 5 Minuten kenne ich und das ist sicher in so kurzen Situationen mit extremen Druck eine gute Technik und hilft mir auch.
Nur bröckelt meine zwischenzeitlich mal stabile Abstinenzentscheidung jetzt schon seit Wochen dauerhaft immer mehr und nicht nur für so einen kurzen Moment..

Ich zitiere meinen Entlassungsbericht: "Die Behandlungs- und Änderungsmotivation von Herrn X. insbesondere bezüglich des Themas "kontrolliertes Spielen" verbesserte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten deutlich." Genau da mache ich leider wieder gewaltige Rückschritte.

Ich habe das Wochenende ohne Rückfall überstanden, aber zufrieden bin ich nicht mit mir, weil ich das ganze Wochenende "verschwendet" habe. Gegrübelt, gesurft etc.., ein bisschen Serien gesuchtet. Es geht mir weniger um die Zeit als darum, dass ich mir unbedingt regelmäßig gute Sachen tun wollte und nicht in diese Lethargie verfallen wollte. Heute war das Wetter nicht mehr so heiß , für mich persönlich ganz angenehm und ich wollte eigentlich auf jeden Fall was außerhalb der Wohnung machen, z.B. schwimmen gehen oder wenigstens ein Spaziergang in der Natur. Aber ich hab mich mal wieder nicht aufraffen können :(

Jetzt kommende Woche habe ich Spätschicht, da kann ich abends nicht ins Vereinstraining und auch keine Freunde treffen. Außer Ausschlafen und gemütlich daheim in den Tag starten wird realistisch nichts passieren, immerhin gehe wirklich gerne zur Arbeit. Eigentlich könnte ich ja trotzdem problemlos wenigstens um 8, halb 9 aufstehen und einmal vormittags eine Runde schwimmen gehen, eigentlich... Nur daheim sein ist natürlich einfacher, bequemer, selbst wenn es mich unglücklich und depressiv macht.. Samstag habe ich frei und da ist das Ehemaligentreffen. Gut, dass ich mir das mit den TIckets schon fest eingeplant habe, und vielleicht finde ich da auch neue Inspiration und wieder Motivation meine Ziele und mein Leben allgemein wieder richtig aktiv in eine Richtung zu treiben, wo ich Lebensglück und Zufriedenheit finden kann.

Denn das habe ich auch gelernt, die Abstinenz selbst ist ja kein Ziel.. Ich will weg von jeglichem Glücksspiel (bleiben) und dafür muss ich gleichzeitig hin zu etwas anderem..

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #61 am: 07 Juli 2019, 21:51:39 »
@fred

das hast du wirklich gut gesagt. Danke
Meine Beiträge spiegeln lediglich meine Meinung zu diesem Thema wieder, und sind keine Aussagen mit rechtlicher Verbindlichkeit.
Eine genaue Einschätzung kann nur ein Rechtsanwalt geben.

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #62 am: 07 Juli 2019, 23:56:51 »
@Fred..... Scheisse man , echte Anerkennung ,  die 5 Minuten haben ich mir aufgeschrieben ,danke.
Meine Beiträge spiegeln lediglich die meiner Meinung  wieder, und sind keine rechtlichen Verbindlichkeiten , dies sind auch keine Rechtsberatungen sowie Handlungsanweisungen. ..

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #63 am: 19 August 2019, 20:51:00 »
Alles weg, jetzt kann ich vielleicht wieder klar denken und die Situation etwas nüchterner betrachten, nach 3,4 Wochen  wieder im noch altbekannten wahnsinnigen Muster.
Beziehungsweise ich muss mich langsam der Realität stellen, weil keine Wetten mehr laufen und  mir kein Geld  von alleine zufliegen wird. Das zu akzeptieren ist schwer und ich helfe mir mit ner Flasche Berentzen, vielleicht werde ich ja auch endlich noch zum Alkoholiker. Nebenbei lasse ich auf Youtube ein altes Hosen Konzert laufen, ironischerweise kommt dabei gerade "Steh auf wenn du am Boden bist", haha

Es hatte sich angebahnt.. Spielfrei gewesen von 29.10.2018 bis 25.07.2019 , davon 15 Wochen in stationärer Therapie. Könnte ich jetzt die Zeit zurückdrehen auf den 24.07. könnte man meinen es wäre alles gut, ich habe 4,5k Puffer auf dem Konto und keine Probleme. Familie, Freunde, Arbeit, Wohnungssituation, alles vermeintlich ok. Aber ist es offensichtlich nicht und ich bin nicht glücklich. Dieses Leben ist so langweilig, alles genau vorgeschrieben und geregelt. Vielleicht auch nur in meinem Kopf, aber es fühlt sich so an. Ich bin nicht frei und kann nicht tun was ich will (selbst wenn, wüsste ich nicht mal was ich will).  Und diese Unzufriedenheit mit der Situation, gepaart mit gleichzeitig so starker Lethargie und Angst vor Neuem und Veränderungen funktioniert einfach nicht.

Ich hatte mich ganz bewusst entschieden zu spielen, obwohl ich das Risiko kenne, dass es höchstwahrscheinlich genau dahinführt, wo ich jetzt eben bin. "Kontrolliert" - 1.Tag 50, dann 100, dann schon unüberschaubare Hunderte bis Tausende. Zwischenzeitlich alles eingezahlte in Auszahlung gegeben und noch 16k auf dem Wettkonto, trotzdem weitergemacht. Hundert Euro oder sogar 500 bedeuteten schon gar nichts mehr, einfach alles rein. Dann immerhin noch 10K in Auszahlung gegeben, erstes Geld (=Einzahlungen) kam auf dem Bankkonto an und ich war auf 0 und hätte noch in 2,3 Tagen diesen "Bonus" von wahnsinnigen 10k gehabt. Hatte sogar schon überlegt mir endlich ein Auto zuzulegen, vielleicht ein Dacia Sandero, da ginge sogar ein Neuwagen. Aber die Langeweile und das Muster haben mich gepackt, alles auf dem Bankkonto wieder eingezahlt und als das weg war die 10k Auszahlung noch abgebrochen und langsam aber sicher verzockt.
Aber dann war noch nicht Schluss, alle noch einfach online möglichen Lastschriften zurückgeholt incl. Kreditraten etc. und ein  neuer Kurzzeitkredit. Alles natürlich verspielt.

Und genau zum 1.9 hatte ich endlich eine eigene Wohnung/Apartment gefunden, wo noch vor der Übergabe im Laufe dieses Monats die erste Miete&Kaution fällig sind. Eigentlich wäre es gar nicht so schlimm, Wohnung ist wirklich sehr günstig und ich hätte jeden Monat trotz Raten etc. noch genug über und könnte schon 2,3 Monaten wieder alles in der alten Reihe nur ohne Puffer haben. Und dieses Scheiß Geld bedeutet mir eh nichts, 2,3 Monate ohne Geldsorgen, ich musste nirgendwo sparen oder über Geld Gedanken machen und trotzdem war ich unglücklich.

Ich werde es wohl wieder noch auf den letzten Drücker rauszögern  bis ich mit dem neuen Vermieter einen Termin habe, vielleicht kann ich die Übergabe auch einfach erst in den September reinlegen und dann zumindest ihn mit dem neuen Gehalt bezahlen, aber die Banken, Handytarif, Versicherung etc. werden wieder mahnen etc. und ich werde letztendlich irgendwo um eine Geldleihe bitten müssen und es womöglich auch noch bekommen und dann wenn es glatt läuft eben sogar recht schnell zurückzahlen können.

Aber dann? Geht der ganze Mist von vorne los bis ich es mal wieder nicht ertrage und es wieder eskaliert.

Ich glaube ich will mich unterbewusst vielleicht doch selbst kaputt machen. Und mein Umfeld bis es sich löst. Es gibt noch so viele, die mich unterstützen und helfen wollen. Aber am Ende stabilisiert sich nur wieder phasenweise mein Leben wie es ist und es passiert nichts. Eine neue Stadt, vielleicht ein neues Land, komplett neu ohne Bekanntschaften und Vorurteile, weder ggü mir noch von mir. Und wenn es erstmal ohne Geld und Job ist, dann auf der Straße oder im Wald, was solls, ich kann mich durchschlagen und habe niemanden den ich blamiere oder der sich meiner schämen müsste außer mir selbst. Irgendwo irgendwie auf der Welt kann ich vielleicht glücklich werden aber in diesem Hamsterrad hier nicht.
Ja, vielleicht bin ich undankbar, schließlich bin ich gesund, hab ein Dach über dem Kopf, Arbeit, die mir eigentlich gefällt, aber tut mir leid ich bin einfach nicht glücklich damit.
Diese "zivilisierte" Menschheit langweilt mich einfach zu Tode, kotzt mich an. Da sehne ich mich zu den  Zeiten der Jäger und Sammler, ja da gab es wohl erst Recht keine Gerechtigkeit oder dergleichen und der Tod lauert an jeder Ecke und man stirbt womöglich einfach eines Tages aus dem nichts, aber immerhin hat man die Zeit davor noch wirklich selbst gelebt.

Aber am Ende werde ich doch wieder im normalen Schema landen und muss mich die nächsten 1,2 Tage dann genau mit meinem finanziellen Schaden auseinandersetzen und alles genau planen und das Geld organisieren.. Und ich werde ganz normal weiter arbeiten und das Geld zurückzahlen, alles bleibt gleich nur dass ich in einer anderen Wohnung sein werde..

*

Offline andreasg

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Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #64 am: 19 August 2019, 21:59:10 »
Guten Abend Suchtel,

was mache ich, nachdem ich Deinen  Beitrag gelesen habe? Klar,  das Vidro von den Hosen angesehen - gehört. und dann noch von Achim Reichel "Fliegende Pferde" da finde ich mich immer wieder,
Ich weiß,  das ist jetzt keine Aufmunterung,  schon gar kein Trost, aber es gibt dennoch reale Träume.

Ich hoffe, Du findest wieder zur Ruhe.

Gute Nacht
Sndreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #65 am: 19 August 2019, 22:23:20 »
Da dein neuer Beitrag von heute zu sein scheint wünsche ich dir einfach mal alles gute. Ich verkaufe beruflich Alkohol. Lass trinken besser auch gleich sein =)

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #66 am: 23 März 2020, 07:14:33 »
Hallo Suchtel,

wie geht es dir mittlerweile? Ich habe deinen Thread gerade komplett gelesen und erkenne mich in vielen Dingen selbst wieder. Der letzte Post war sehr unschön, ich hoffe wirklich sehr, dass es dir besser geht!

Viele Grüße

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #67 am: 12 April 2020, 00:33:12 »
Es ist eine Weile her, dass ich geschrieben habe. Theoretisch ist viel passiert, aber praktisch betrachtet irgendwie auch nichts...

Genau vor einem Jahr am 11.04.2019 habe ich meine etwa 4 monatige stationäre Therapie in Wilhelmsheim beendet gehabt und ich war damals wirklich guter Dinge und guter Hoffnung, dass mein Leben eine gute Wendung nimmt und ich Glück und Zufriedenheit im Leben finden und erleben kann. Doch nach 2,3 Monaten trat Ernüchterung im Alltag ein und einen sich anbahnenden Rückfall konnte ich zwar durch das ein oder andere Erlernte noch etwas rauszögern, aber letztendlich nicht aufhalten. Und im Prinzip dauert der leider bis heute an.

Vereinzelte Spielpausen wegen Geldmangel und/oder anderer Ablenkung, vereinzelt der Versuch und die Hoffnung es zum neuen Monat mit dem neuen Gehalt besser zu machen - aber alles immer nur von kurzer Dauer. Am Ende dann doch wieder 2,3 Tage Spielrausch und dann den Rest des Monats nichts außer Arbeit bis es wieder von vorne losgeht.

Natürlich bin ich nicht wirklich glücklich damit, aber ich schaffe es nicht selber auszubrechen und blocke äußere Einflüsse lieber wieder ab. Irgendwie arbeite ich im Prinzip quasi aber auf einen Zusammenbruch meines finanziellen Kartenhauses hin und dann muss und wird etwas passieren. Ich wohne nur in einem kleinen Appartment zur Miete und habe immerhin zum Glück keine eigene Familie oder sonstige "Verpflichtungen",die ich damit in Mitleidenschaft ziehen würde.
Ein Vorteil meiner minimalistischen Lebensweise ist, dass ich außer meiner körperlichen Gesundheit nicht viel zu verlieren habe. Gerade in diesen Zeiten merke ich, wie sich viele Menschen sich Sorgen um allesmögliche machen müssen und abhängig von Dingen sind. Vor kurzem kam ich von der Arbeit und vor meinem Wohnblock war ein Großaufgebot von Feuerwehr und Polizei, weil es weiter oben in einer Wohnung wohl einen kleinen Brand gab. Meine größte Sorge in meiner Wohnung war abgesehen von meinem Dach über dem Kopf und Kleidung sonst nur der Ersatzschlüssel zur Wohnung meines besten Freundes. Und diese Sachen sind theoretisch mit Geld leicht ersetzbar/mietbar/nachmachbar, sonst könnte eigentlich alles verbrennen. Aber letztendlich hatte es mich und meine Wohnung überhaupt nicht betroffen.

Naja und einzelne schöne positive Gefühle und Momente habe ich schon erlebt. Und auch wenn es mir schwer fällt, nehme ich mir immer wieder mal Zeit (die habe ich eigentlich zu Genüge) und vor allem den Mut mich selber zu reflektieren und mir Gedanken über meine Situation und mein Leben zu machen. Ich hatte ein paar Tage mit Stunden, da habe ich es tatsächlich irgendwie geschafft eine gewisse Art von Gelassenheit und Freiheit zu empfinden. Und zwar nicht so eine Gleichgültigkeit dem Leben gegenüber, wie ich es sonst oft habe. Sondern eher richtige Entspanntheit, das Gefühl im Prinzip alles tun zu können oder auch sein zu lassen - so wie ich es will.
Außer meiner Gesundheit kann mir eigentlich nichts genommen werden, und falls mich doch oder auch enge Familienangehörige, Freunde etc. eine Krankheit, der Tod o.Ä. ereilt, dann ist es eben so - das gehört zum Leben dazu wie das Leben selbst.

Aber die meiste Zeit holt mich dann doch eher das reale Leben mit all seinen Schikanen und schrecklichen Dingen, die so passieren, ein, und belastet mich. Diese übertriebene Ungerechtigkeit auf der ganzen Welt. Ganz abgesehen von den aktuellen Umständen, sterben täglich abertausende von Menschen und natürlich auch Tieren. Und das oft nicht auf vermeintlich/relativ "natürliche" Weise durch eine Krankheit o.Ä sondern durch gnadenlose Ausbeutung ganzer Länder, Völker, Tierarten etc., meistens angetrieben und aufrechterhalten aus reiner Gier nach Geld und Macht. Würde ich mir darüber täglich den Kopf zerbrechen, würde ich womöglich endgültig verrückt werden oder zum Misanthrop, vielleicht bin ich auch schon einer.
Ich bin ja selber kein Veganer und kaufe aus finanziellen Gründen (weil ich mein Geld "lieber" verzocke...) Billig-Produkte, die vermutlich einige sehr fragwürdige und menschen-/tierunwürdige Prozesse durchlaufen, bis sie bei mir landen. Im Kern ist das auch eine Priorisierung, die ich selber verachten würde/tue aber offensichtlich in Kauf nehme.
Das ist das Werk der kranken Menschheit im großen Kontext und live mit meinen eigenen Augen in meinem eigenen Lebensausschnitt erlebe ich auch auf "kleinerer Stufe" die ekligsten und reudigsten Handlungen von Menschen - von Verrat und Verleumdung über Betrügereien bis hin zu z.B. sexueller Belästigung oder Gewalt.
Ein Kollege kam in mein Leben und wurde zu einem meiner engsten Freunde und Vertrauten (phasenweise vielleicht Nummer 1), ehe ich erfahren musste, dass er in dieser Zeit etwas wirklich Schlimmes getan und mich darüber erstmal Wochen lang belogen hat (für mich fast noch schlimmer, als die Sache selbst). Ich hatte mehr oder weniger für ihn gebürgt und die Wahrscheinlich mit 99% eingeschätzt, dass er die Wahrheit sagt - so sicher wie ich mir eben nur sein konnte ohne es selbst gesehen zu haben. Ich hätte es wohl bis ans Lebensende geglaubt, hätte er nicht doch selbst noch gestanden und die Wahrheit gesagt. Mittlerweile ist er nicht nicht mehr Teil von meinem Leben.
Und mein Vertrauen in die Menschen bzw. Menschheit allgemein ist weiter gesunken, außer Mama, vielleicht weitere Teile der Familie, und meinem besten Freund, den ich seit der 1. Klasse kenne, traue ich eigentlich niemanden mehr oder glaube an ehrliche Absichten. Bzw. wenn jemand etwas erzählt, nehme ich es grundsätzlich schon erstmal hin. Aber richtig aktiv glauben tue ich nur noch, was ich wirklich selber sehe. Am Ende wollen/wollten nahezu alle Menschen, die ich kennenlern(t)e, doch nur eigene Vorteile.

Phasenweise widert mich die Welt wirklich an, aber ich versuche eher auf die schönen Dinge zu achten. Und allgemein eher auf mich selbst zu schauen und selber eben nach meinen eigenen Werten und Vorstellungen zu handeln und leben - so gut es eben geht... Ich bin als Spieler ja selber oft am Lügen oder Verschweigen, das Ausmaß meines aktuellen "Rückfalls" kennt aktuell nur ein Freund aus der Zeit bei der  stat. Therapie. Die Familie weiß, dass es mir wohl nicht besonders toll geht, aber aktiv Erzählen von meiner Zockerei und wie ich mich im Prinzip momentan der Sucht er/hingebe tue ich nicht.

Ich wünsche keinem Menschen etwas Schlechtes, sondern allen Glück und Zufriedenheit und was sie dafür eben brauchen (solange es keinem anderen schadet...) Aber insgeheim hoffe ich schon, dass die momentane Krise (was auch immer da alles dahinter bzw. mit darin steckt und worauf es sich wie auswirken wird etc.) diese Welt zumindest auf längere Sicht im Positiven (wer definiert das schon, aber ich meine eben irgendwie gerechter, fairer und lebenswerter für alle) verändern wird und dafür muss vielleicht dieses ganzes "System" der aktuellen Welt erstmal etwas ins Wanken geraten oder gar ganz fallen mit anschließendem kompletten Reset.

Letztendlich habe ich da keinen großen Einfluss drauf; ich werde zum nächsten Monat (dieser ist finanziell sowieso schon gelaufen) wieder einen neuen Versuch starten mein Geld, meine Zeit, meine Energie u.v.m wieder sinnvoll zu nutzen, aber richtig überzeugt davon bin ich ehrlich gesagt selber jetzt schon nicht. Und wahrscheinlich werde ich mir dann früher oder später doch wieder diese 2,3 Tage, oder wenn es nur ein paar Stunden sind, Ablenkung und "Entspannung" vom Leben und der Welt "erkaufen".

Aber auch wenn die letzten Monate und womöglich auch die kommenden nicht so laufen werden, wie ich mir das selber vorstellen und "eigentlich" ja auch wünschen würde (nur warum mache ich es dann nicht oder treffe mehr oder andere Vorkehrungen etc.), eine wichtige Erkenntnis habe ich die letzte Zeit gewonnen bzw. wiedergefunden (auch wenn ich sie phasenweise wieder verliere):

Alles Empfundene - Glück, Pech, Zufriedenheit, Trauer, Freude, Enttäuschung, Stolz, Scham und all die anderen Gefühle - entstehen letzten Endes immer nur in mir selbst. Sie werden zwar schon ausgelöst durch Einflüsse von außen, die ich auf irgendeine Art und Weise erst einmal aufnehme. Aber entscheidend ist dann eigentlich, wie ich das alles in mir wahrnehme, wie ich es evtl. werte (oft auch erstmal unterbewusst durch festgefahrene Denkmuster etc.), wie ich damit umgehe und was ich im Endeffekt dann fühle. Und ich will lernen, dass das, was bleibt, am Ende viel häufiger eine positive Gelassenheit ist und ein Gefühl von im Reinen sein - einerseits mit mir selbst, aber auch mit der Umgebung, wie auch immer sie sein mag.


Mal gucken, wie ich das hinbekomme, und wie mein Leben und die Welt sich so die nächste Zeit entwickelt... Und ob ich vielleicht wieder häufiger Lust finde (oder was für ein Grund es auch immer sein mag) hier zu schreiben.

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #68 am: 18 August 2020, 16:49:27 »
Und wieder sind einige Monate vergangen. Vieles ist beim Alten, aber doch ist gefühlt das erste Mal seit Jahren in meinem Leben mal etwas wirklich "Bedeutendes" von womöglich andauernder Veränderung passiert. Im Laufe des Aprils habe ich eine Frau in mein Leben gelassen und es läuft den Umständen entsprechend gut.

Ich hatte immer Angst davor, irgendwie für irgendwen oder irgendetwas wichtig zu werden und "Verantwortung" zu übernehmen. Weil ich genau weiß, dass mich diese Sucht früher oder später irgendwann doch endgültig zerstören könnte und ich damit keinem weiteren außer denen, die eh schon Kontakt zu mir haben (Familie, Freunde etc.), wehtun möchte.
Aber es ging mir nicht gut und ich dachte irgendwas muss ich verändern, warum dann nicht mal etwas die Blockadehaltung lockern, schlimmer kann es für mich kaum werden (auch wenn das etwas egoistisch ist..). Ich habe es in Gesprächen mit Therapeuten und anderen Süchtigen oft gehört und erfahren, dass eine Beziehung eine Art Hilfe sein kann, aber am Ende der Kampf gegen die Sucht so oder so selber geführt werden muss. Und falls es hilft, besteht die Gefahr, dass bei einem möglichen Ende der stützenden Beziehung alles wieder zusammenbricht und womöglich sogar noch schlimmer wird als davor.
Trotzdem bin ich das Risiko eingegangen, aber habe von vornherein mit sehr offenen Karten gespielt. Und trotzdem hat es sich so gut entwickelt, sie hat - wie wohl jeder Mensch - selber auch ihre Probleme und Baustellen; und wir wollen einander unterstützen.

Allerdings lief meine Sucht die letzten Monate trotzdem weiter, immerhin ohne, dass ich sie anlüge; bei ihr das gleiche. CO-Abhängigkeit etc. kenne ich ja in der Theorie alles, aber wir wollten uns auch nicht gegenseitig unter Druck setzen oder eine Beziehung direkt an Erwartungen o.Ä koppeln. Sie holt sich demnächst wieder etwas professionelle Unterstützung, ich sehe bei mir momentan nicht den großen Nutzen, wenn ich wieder eine Therapie o.Ä starten würde. AmEehesten kommt wieder ein Besuch einer SHG in Frage, die positiven Effekte hielten sich bei mir in der Vergangenheit aber leider dort auch sehr in Grenzen.

Weil ich aber mal wieder kurz vorm finanziellen Zusammenbruch stehe (dass mich früher oder später womöglich eine Privatinsolvenz ereilen könnte, habe ich gleich zu Beginn offen gelegt), werde ich meine Finanzen mal wieder abgeben und hoffe mich so für ein paar Monate stabilisieren zu können. Da es mit "Kontrolle" durch enge Familienangehörige zuletzt bisher nie gut ging, werde ich es noch im Laufe des Monats an meine Freundin abgeben. Wir sind zwar gerade mal 3 Monate zusammen, aber ich vertraue ihr 100% und habe ja eh nichts zu verlieren. Außerdem sind wir halt ganz nah und sehen uns viel öfter als dass ich die anderen Verwandte sehe und so funktioniert Taschengeld und sowas wesentlich einfacher.

Aber de entscheidende Frage ist eigentlich, warum ich weiterhin meine Sucht brauche und bedienen musste. Die letzten 2 Gehälter war ich schon wieder am Geld hinterherrennen, aber Anfang Mai und Juni war finanziell alles stabil und es ging mir vermeintlich gut und ich war vermeintlich glücklich...

Die Beziehung hat sich aber auf jeden Fall bisher auch sonst positiv ausgewirkt, ich bin etwas selbstbewusster geworden und anstatt alleine vor mich hinzukrebsen und auf das finanzielle und eigentlich auch gesamte Ende zu warten, verbringe ich mitunter viel schöne Zeit in Zweisamkeit und habe auch sonst trotz Corona wieder etwas mehr Action draußen in der Welt und "lebe" wieder wirklich.

Mal gucken, ob die rückständigen Kreditraten etc. schon zu viel sind, oder die Gläubiger nochmal geduldig sind und ich in den nächsten 2,3 Monaten mit Kontrolle meiner Freundin gerade nochmal die Kurve bekomme. Geld leihen von ihr oder sie sonstwie mitreinziehen will ich auf keinen Fall.

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Wolke

Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #69 am: 18 August 2020, 20:45:28 »
Hallo Suchtel,

was hälst du von einer von Therapeuten betreuten SHG? Die Caritas macht sowas. Diese SHG hat mir sehr gut getan und mich weitergebracht. Die Caritas hilft auch bei der Schuldenberatung und eventuell bei einer Therapie,falls du doch nochmal eine machen möchtest,egal ob stationär oder ambulant.

Das du eine Frau in dein Leben gelassen  und dich ihr anvertraut hast,find ich sehr gut.
Auch das sie dein Geldmanagement übernimmt,bis du dich etwas stabilisiert hast. Das waren die richtigen Anfangsschritte. Vielleicht täten dir noch weitere Schritte gut,du überlegst ja schon selber mit einer SHG......

Du gehst in die richtige Richtung.

LG Wolke

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Offline NW

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Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #70 am: 20 August 2020, 09:30:26 »
Cooler tread, kannte ich noch garnicht.

Heute Abend, oder Wochenende mal komplett lesen, scheinst ein interessanter mensch zu sein  :)


Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #71 am: 09 September 2020, 18:53:18 »
Hallo Suchtel,

ich lese mich hier im Forum gerade nach und nach ein und bin dabei über deinen thread gestolpert, der mich nicht mehr losließ. Schließe mich "NW" an, scheinst ein interessanter Mensch zu sein. Besonders gefallen hat mir die Beobachtung, dass dir im Brandfall wohl am ehesten der Ersatzschlüssel für die Wohnung des Freundes wichtig gewesen wäre. Das ist erstens irgendwie witzig, zeugt zweitens von einer gehörigen Portion Selbstreflexion darüber, was im Leben wesentlich ist, und ist drittens wirklich das Gegenteil dessen, was geschätzt 95 Prozent der Menschen empfinden würden, wenn es bei ihnen brennt. Inklusive mir, gebe ich gerne zu (Briefe, Fotos, allgemein Erinnerungen).

Du schreibst dann weiter unten: "Aber entscheidend ist dann eigentlich, wie ich das alles in mir wahrnehme, wie ich es evtl. werte (oft auch erstmal unterbewusst durch festgefahrene Denkmuster etc.), wie ich damit umgehe und was ich im Endeffekt dann fühle. Und ich will lernen, dass das, was bleibt, am Ende viel häufiger eine positive Gelassenheit ist und ein Gefühl von im Reinen sein - einerseits mit mir selbst, aber auch mit der Umgebung, wie auch immer sie sein mag." Ich wollte dir für diesen Gedanken Danke sagen, weil er mich sehr angesprochen hat und ich ihn für sehr reif halte.

Für deine Beziehung wünsche ich euch alles Gute!

Vielleicht liest man mal voneinander,
alles Gute für dich,
Markus

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Offline Rubbel

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Re: mein Weg: Kurve kriegen oder wirklich nach ganz unten
« Antwort #72 am: 05 Februar 2024, 15:28:26 »
Hallo Suchtel,

habe gerade viel von Dir gelesen - und ich fand das so eindrücklich, offen und auch mutig, dass ich fragen möchte.

Wie geht's Dir heute - 3,5 Jahre nach Deinem letzten Post?

Viele Grüße
Rubbel
« Letzte Änderung: 05 Februar 2024, 15:42:49 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

 

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