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Schadensbegrenzung

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Schadensbegrenzung
« am: 03 Mai 2007, 18:20:08 »
Hallo,
ich brauche dringend einen Rat. Ich habe im Rausch meiner Spielsucht in einem Onlinecasino (Intertops) mehrere Tausend Euro verspielt. Die Einsätze wurden von meinem Bankkonto abgebucht. Eine Einzugsermächtigung habe ich dem Casino gegeben. Ist es möglich, diese Summen zurück buchen zu lassen? Oder kann das Casino diese Beträge einklagen?  Mein Konto ist gesperrt, da mein Dispo nicht mehr ausreicht. Ich weiß nicht mehr weiter.

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Offline Ilona

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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #1 am: 04 Mai 2007, 15:00:08 »
Hallo Paulchen,

ich habe mich  gerade mit einem Kollegen beraten, der im Bereich gesetzliche Betreuungen tätig ist, und häufig ähnliche Fälle hat. Er hat mir gesagt, was er tun würde, wenn einem seiner Klienten etwas Ähnliches passiert wäre: Sofort der Lastschrift der ausländischen Bank beim eigenen Geldinstitut widersprechen!!! Innerhalb von 6 Wochen dürfte das gar kein Problem sein. Sind die Abbuchungen schon älter als 6 Wochen, kann man auch noch widersprechen, es dauert aber länger bis das Geld wieder auf dem Konto ist. Sollte die Gegenseite ein Mahnverfahren in Gang setzen, müsste geprüft werden, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des Spielvertrages eine partielle Geschäftsunfähigkeit vorlag. Dies müsste dann von einem Arzt bestätigt werden. Ob das Onlinecasino wirklich klagt ist fraglich. Immerhin haben sie keine Lizenz in Deutschland.

Also, nicht bange machen lassen!

Die Lösung dieser Frage ist eine Sache, die andere ist, was kannst du tun, damit du dein sauer verdientes Geld nicht in das nächste Onlinecasino trägst? Hast du schon mal dran gedacht, dir Hilfe zu holen? Es gibt ja inzwischen Beratungsstellen und Fachkliniken, die Hilfen für Menschen anbieten, die glücksspielsüchtig sind. Ich gebe dir gerne entsprechende Adressen.

Meld dich doch mal, und erzähl was aus der Sache geworden ist. Alles Gute und

viele Grüße

Ilona
« Letzte Änderung: 04 Mai 2007, 15:06:49 von Ilona »
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #2 am: 05 Mai 2007, 17:49:53 »
Hallo Ilona,
vielen lieben Dank für deine schnelle und hilfreiche Antwort. Ich habe heute per Online Banking alle Lastschriften des Casinos storniert. Es ist merkwürdig, aber ich habe deshalb ein schlechtes Gewissen. Auf der anderen Seite sind es immerhin 9000 € gewesen in nur einem Monat. Ich weiß nicht was mich in dieser Zeit "geritten" hat, aber erst jetzt wieder habe ich einen klaren Kopf und merke, was ich da gemacht habe: Ich stehe vor dem finanziellen Fiasko. Durch die Stornierungen ist es wieder etwas gemildert. Nun habe ich ganz schön Angst vor der Reaktion dieses Casinos.
Zu meiner Sucht kann ich dir erzählen, dass ich ich vor ca 1,5 Jahren eine ambulante Therapie gemacht habe. Damals war meine Situation schlimm, ich sah keine Chance mehr aus allem rauszukommen. Durch meinen Therapeuten habe ich wieder Hoffnung geschöpft und eine Zukunft gesehen. Warum jetzt wieder alles in die falschen Bahnen gerät, kann ich selbst nicht erklären, ich habe einfach einen wahnsinnigen Drang, in diesen Onlinecasinos zu zocken und zu gewinnen, obwohl ich weiß, wie es endet.
Damals hatte ich einen Schuldenberg von knapp 100000 € angehäuft, alles habe ich verzockt. Es lässt mir einfach keine Ruhe, dass ich so hohe Schulden habe und diese wohl bis an mein Lebensende abzahlen muss. Gut ist nur, dass ich einen sicheren Beruf habe und es mir somit möglich ist, einen Teil dieser Schulden zu tilgen, aber es ist nicht sehr viel.
Ich bin froh, dass es Menschen gibt, die mich nicht alleine lassen.
Vielen Dank nochmal und ich werde weiter berichten, wie das jetzt weiter geht, evtl. brauche ich nochmal Hilfe.

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Offline Ilona

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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #3 am: 07 Mai 2007, 12:12:19 »
Hallo Paulchen,

sag mal bist du bei einer Schuldnerberatung? Hast du schon mal über die Möglichkeit der Privatinsolvenz nachgedacht? Und noch was: Sollte das Casino sich melden: Lass es uns wissen! Wir versuchen dann, dich zu unterstützen.

Und da ich schon mal am Fragen bin: hast du die ambulante therapie in einer Suchtberatungsstelle gemacht? Weiß der therapeut von deinem Rückfall? Falls nein: Nix wie hin. Er hat dir doch sicherlich gesagt, dass du wieder kommen kannst, wenn du rückfallgefährdet bist, bzw. wenn du rückfällig geworden bist.

Alles Gute

Ilona

Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #4 am: 14 Mai 2007, 18:28:16 »
Hallo Ilona,
danke für die Antwort. Bei einer Schuldnerberatung bin ich nicht gewesen, da ich Angst vor der Privatinsolvenz habe. Meine Schwester bürgt für einen Kredit von mir und bei einer Insolvenz müsste sie ja den Betrag bezahlen, für den sie bürgt, das wäre für mich das Schlimmste überhaupt.
Meine ambulante Therapie habe ich in der Klinik für Suchtmedizin (ZI) in Mannheim gemacht. Leider hat mein Therapeut die Klinik verlassen (zum Glück erst nach der letzten Beratung), um sich weiterzubilden. Im Moment habe ich noch nicht den Mut, alles einem neuen Therapeuten anzuvertrauen.
Übrigens hat sich das Casino gemeldet, allerdings nur per eMail, nicht schriftlich. Sie haben die zurückgebuchten Beträge angemahnt und mitgeteilt, dass ich 4 Wochen Zeit hätte, den Betrag zu überweisen, danach würden sie den Fall einem Inkassobüro übergeben. Es geht um 11.000 Euro, ich weiß es ist Wahnsinn, ich würde am liebsten vor allem davonlaufen.

Gruß

Paulchen

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Offline Jörn

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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #5 am: 17 Mai 2007, 23:31:22 »
@ Paulchen

Was hälst davon, wenn du dir selbst eine weltweites Casinoverbot aussprechen lässt ? Weil sowie ich das lese, klingt das sehr üblst, und wenn du nicht noch weiter abrutschen möchtest, wäre das sehr ratsam, oder ? Es soll so manche Haus und Hof verspielt haben. Ich weiß nur, dass viele von Casino Hoch Siegburg einige "Wahnsinnige"  die nächste Brücke herrunter gesprungen waren. Schade, dass sie nicht den Mut gefunden hatten ihr Leben wieder auf Vordermann zu bringen.
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

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Marzipine

Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #6 am: 18 Mai 2007, 08:24:55 »
Jörn Du bist das letzte!!!!!!!!!!!

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Offline Jörn

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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #7 am: 19 Mai 2007, 01:10:26 »
Jörn Du bist das letzte!!!!!!!!!!!

Kannst du das auch begründen, das ich das letzte bin ??? Ist das keine gute Idee mit den Casionoverbot ? Besseren Vorschlag bitte.
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

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Offline Jörn

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Sperre bei Onlinecasino ??
« Antwort #8 am: 20 Mai 2007, 19:01:02 »
Ich frage mich generell, was für Möglichkeiten es gibt bei Onlinecasino, ob man sich davor schützen kann ???

Generell ist ja überhaupt und allgemein Internet ein der Gefährlichsten Mediums, das es gibt, weil es gibt ja alles, was sich jeder erträumen mag. Irgendwie grauenhaft.

Mir ist nur ein Fall bekannt, dass es ein Spieler in die Internetabhängigkeit übergewechselt hatte. Aber nicht Onlinecasino, sondern anderen Mist. Was aus diesen geworden ist, weiß ich nicht, weil ich kein Kontakt zu diesen mehr habe. Schade eigentlich.

Nun ja, heißt ja nicht umsonst, dass man (ich) auf sein (mein) Tag achten sollte, und was mit einen ausmacht.
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

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Marzipine

Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #9 am: 21 Mai 2007, 08:51:39 »
Hallo Jörn,
das mit dem Casinoverbot ist natürlich eine gute Idee; aber hier zu erwähnen, dass "Wahnsinnige" von der Brücke springen, das finde ich das letzte. Wenn ein Mensch so in der Klemme ist wie Paulchen muss man ihn nicht noch weiter runterziehen. Übrigens fühle ich mich nicht als etwas besseres, aber ich finde man sollte schon genau darauf achten, was man Menschen in so einer Situation mitteilt. Ich habe Paulchen nicht geantwortet, da ich wirklich nicht weiß was ich ihm raten sollte. Ich denke Ilona hat das getan. Auf Deine extra e-mail an mich persönlich werde ich jetzt nicht antworten, da ich es hier öffentlich getan habe. Also ich will Dich bestimmt nicht fertig machen, aber wie ist es mit Dir? Wie Du sicherlich gelesen hast, bin ich selber Spieler und kann mich in die Lage von Paulchen ein wenig hineinversetzen. Gott sei Dank ist es bei mir nicht ganz so schlimm gekommen, aber es langt, ich zahle zur Zeit auch überall Schulden ab und hoffe einfach, dass ich niemals mehr eine Spielbank betrete. Mit Therapie bin ich erst 8 Monate ohne Spielbank ausgekommen. Also wieso sollte ich etwas besseres sein, vielleicht emotionaler. Außerdem sind Selbstmörder keine Wahnsinnigen sondern ganz verzweifelte Menschen, ist das klar rübergekommen?
VG Marzipine

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Offline Jörn

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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #10 am: 21 Mai 2007, 11:51:54 »
@ marzipine

Vielen Dank für deine Antwort....

Es stand nicht in meine Absicht mit meiner Aussage paulchen noch weiter runter zu ziehen. Ich bin halt offen, und sage was ich denke. Da ich selber Betroffener bin, weiß ich auch, wo mich meine Spielsucht getrieben hatte. Solange wir drauf sind, sind wir Spieler bekannt für Schönrederei, aber dass kann ich nicht mehr und möchte es auch nicht mehr. Liegt unter anderen auch daran, dass ich längere Zeit spielfrei bin.
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

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Marzipine

Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #11 am: 21 Mai 2007, 12:06:45 »
OK Jörn,
das ist in Ordnung, wenn Du Deine Ansichten mitteilst, aber nicht über Selbstmörder, da kannst Du Dich gar nicht hineinversetzen. Meine Spielsucht begann weil mein Mann sich das Leben nahm aber nicht wegen der Spielbank. Aus diesem Grund kann und will ich das Wort Wahnsinnige nicht gelten lassen. So für mich ist dieses Thema nun erledigt und ich hoffe, dass Du meinen Standpunkt ein wenig verstehst. Das Schicksal von Paulchen geht mir schon nahe und ich hoffe, dass er Hilfe bekommt.
VG Marzipine

Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #12 am: 21 Mai 2007, 16:00:38 »
Hallo, paulchen!

Ich denke, dass war eine richtige Entscheidung, die Lastschrift zurück buchen zu lassen. Das Casino hat keine Lizenz in Deutschland, wie wollen sie dann das Geld von dir einklagen? Aber im Moment finde ich die Frage wichtiger, was du jetzt noch für dich tun kannst. Willst du nicht doch noch mal Konatkt zu der Beratungsstelle aufnehmen? Auch wenn dein alter Therapeut jetzt weg ist. Das ist natürlich doof, aber ist das wirklich ein Grund, nicht hinzugehen? Du hast geschrieben, dass du damals auch keine Chance gesehen hast, so schlimm war die Situation. Und dann konntest du wieder Hoffnung schöpfen. Einerseits traust du dich nicht hinzugehen, andererseits hast du selbst schon mal dort Hoffnung bekommen...

Lieben Gruß & alles Gute

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Offline Jörn

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Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #13 am: 21 Mai 2007, 19:05:07 »
Hallo Marzipine,

Ich bin mir in vollen bewusst, dass ich das Wort Wahnsinnige benutzt hatte, ja aber in Gänsefüßchen. Es tut mir ja auch sehr leid, was dein Mann sich angetan hatte, ohne Frage, aber ich finde es einerseits feige so aus den Leben zu scheiden, wenn man kein anderen Ausweg sieht. Ich stand, was meine Spielsucht auch ganz schwer in der Tinte. Gut, ich hatte Glück gehabt. Die Brücke, wo ich ursprünglich übernachten sollte, ist an mir vorbeigegegangen und für jemand anders reserviert. Ich hätte ebenso eine Kurzschlusshandlung betreiben können, wie ein guter Freund (und Gleichgesinnter) es versucht hatte, und dieser bereut es sehr, dass er es versucht hatte. Ich sagte diesen auch, dass es keine Lösung ist, so seiner Spielsucht davon zu laufen. Wie gesagt, tut mir leid, was du für persönliche Erfahrung du gemacht hattest. Aber verstehe meine Ohnmacht und Fassungslosigkeit gegenüber Süchtige in Zusammenhang Suizid
"Alte Türen werden sich schließen - neue Türen werden sich auftun - ich muss nur diese neue Türen nacheinander öffnen..."

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Marzipine

Re: Schadensbegrenzung
« Antwort #14 am: 22 Mai 2007, 08:20:40 »
Moin Jörn,
nun ist alles geklärt, wir schließen Frieden, schließlich sitzen wir im gleichen Boot. Ich denke nicht mehr über den Tod nach, sondern wie schön es ist nicht mehr diesem Druck spielen zu müssen ausgesetzt zu sein. Das Geld was ich verloren habe, würde ich sowieso nicht mehr zurückgewinnen, das ist mir nun klar, nein ich würde noch mehr Schulden machen und das will ich nicht mehr. Mein Leben, mal abgesehen von dem verlorenen Geld, was ich nun in kleineren Raten überall zurückzahle, gefällt mir so viel besser. Meine Kollegen und Freunde sowie Familie wissen alle Bescheid, ich muss nun auch nicht mehr lügen und das ist alles sehr beruhigend. Mich setzt auch keiner wegen den Rückzahlungen unter Druck. Natürlich muss ich immer wieder mit mir kämpfen, überhaupt wenn Ende des Monats mein Geld auf dem Konto ist, nicht zu spielen. Aber wo ein Wille ist, ist .....
VG Marzipine

 

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