Glücksspielsucht => Glücksspielsucht Allgemein => Thema gestartet von: margin_call am 18 Januar 2019, 18:11:46

Titel: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 18 Januar 2019, 18:11:46
Hallo,

ich bin 37 Jahre alt, spekuliere seit 18 Jahre an der Börse und bezeichne mich als „spekulationssüchtig“. Um gleich mal die Tragweite und Schwere vorwegzunehmen: bis heute habe ich dadurch fast 95.000 EUR verloren, ganz zu schweigen von meiner Lebenszeit.

Angefangen hat es im Jahr 2000 zur Zeit des Neuen Marktes mit normalen Aktieninvestments: Apple, Deutsche Telekom und Tipps von Börsenbriefen (Neuemissionen). Natürlich verkaufte ich entgegen der Empfehlung meines damaligen Bankberaters die Aktien nach Emission nicht, sondern hielt die Titel, bis sie im Laufe der Jahre nur noch ein Bruchteil Wert waren. In dieser Zeit hatte ich null Ahnung vom Wertpapierhandel.

Ein Jahr später, in 2001, lernte ich jemanden kennen, der sich auf das Trading von Penny Stocks spezialisiert hatte: die Idee dahinter war, Unternehmen, deren Aktienkurs auf wenige Cent gefallen war, zu kaufen, um dann von einer vermeintlichen Umkehr zu profitieren und Riesengewinne zu erzielen. Auch das lief sehr schlecht und unter dem Strich verlor ich weiter Geld.

Dann begann ich zu studieren und hatte neben den Vorlesungen und in den Semesterferien genug Zeit, mich mit meiner Leidenschaft Börse zu beschäftigen.

Zu der Zeit las ich sehr viele Bücher, versuchte mich weiterzubilden und entwickelte erste eigene Gedanken zum Risikomanagement und Handelsstrategien. In 2004 und 2005 stieg ich dann auf Turbo-Zertifikate (Derivate) um und handelte fortan den Dax. Ein Konzept war nun grob vorhanden, es gab tatsächlich auch mal den ein oder anderen Gewinn, aber die Anzahl der Verluste überwog klar.

In 2006 ging es dann mit dem CFD-Handel los. CFD (Contract for Difference) bezeichnet eine Form von außerbörslich gehandeltem Derivat, das besonders bei Kleinanlegern aufgrund seiner Transparenz und der vermeintlich günstigen Kostenstruktur sehr beliebt ist. Ich feilte auch mit CFDs weiter an meiner Handelsstrategie und glaubte Mitte 2006 endlich meinen Weg gefunden zu haben. Wie das am Kapitalmarkt aber so ist, gibt es Strategien, die eine Zeitlang funktionieren und dann eben nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt waren über die Jahre bereits Verluste in Höhe von knapp 30.000 EUR angefallen und selbstverständlich war ich getrieben vom Wunsch, diese Verluste wieder aufzuholen.

Ich hörte nicht damit auf, weitere Bücher zu lesen, die Charts rauf und runter zu analysieren und jedes überschüssige Geld (durch Jobs in den Semesterferien) an die Börse zu tragen. Zwischendurch hatte ich auch immer mal Wochen oder Monate der Pause, nämlich dann, wenn mein Konto leer war und ich für die Prüfungen lernen musste. Ich hatte im Übrigen meinen Kopf erst dann fürs Lernen frei, wenn auch ganz bestimmt kein Geld mehr zum Spekulieren vorhanden war.

So vergingen die Jahre, ich schloss mein Studium in 2009 erfolgreich ab und fand auch direkt einen Job (trotz Finanzkrise).

Ich hatte nun natürlich weitaus mehr Geld zur Verfügung, war aber durch den Job auf der anderen Seite auch ausgelastet, sodass sich die Beträge in Grenzen hielten. Ein einschneidendes Verlusterlebnis ist mir dennoch in Erinnerung geblieben, als ich um August 2011 auf steigende Kurse beim Dax setzte und ich mein Depot innerhalb von nur zwei Tagen geschrottet habe. Was soll ich sagen, die klassischen Fehler: zu großer Hebel und im Verlust nachgekauft. Meine Positionen wurden zwangsliquidiert. Ein Verlust von 6.000 EUR war entstanden. Das war das erste Mal, dass ich ziemlich am Boden zerstört war und auch schlecht geschlafen habe.

In 2012, mittlerweile war ich also seit drei Jahren in einer Festanstellung, stellte ich meine gesamte Börsenspekuliererei in Frage. Ich machte eine Aufstellung über die letzten 12 Jahre und fand heraus, dass ich nur ein Jahr mit einem Gewinn von unter 1.000 EUR abgeschlossen hatte. Insgesamt beliefen sich meine Börsenverluste damals auf 35.000 EUR.

Meine Freundin (heute Frau) hatte damals schon auch immer mitbekommen, dass ich mich als Chartanalyst versuchte, und war auch der Meinung, dass mir das nicht guttun würde. Ich würde ja so lange nun schon nur Verluste einfahren und sollte mich lieber auf meinen Beruf oder was anderes konzentrieren.

Im Folgenden machte ich ein Job-Coaching, startete mit einer Weiterbildung und bewarb mich für ein internationales Management-Programm bei meinem Arbeitgeber.

Was soll ich sagen: es lief. Noch im Sommer machte ich meiner Frau einen Heiratsantrag, ich wurde ein Jahr später befördert, in das internationale Management-Programm aufgenommen und noch etwas Wundervolles passierte: ich sollte Vater werden.

Von März 2012 bis April 2015 war ich dann auch komplett spekulationsfrei.

Im April 2015 ging es dann wieder los. Ein besonderes Ereignis kann ich gar nicht mehr festmachen, vielleicht aus Langeweile, vielleicht war ich unzufrieden oder nicht ausgelast. Jedenfalls zahlte ich einen kleinen Betrag (400 EUR) auf mein CFD-Konto und wollte es wieder wagen. In den ersten Wochen und Monaten war ich wenig aktiv und machte bis Anfang September vielleicht 30 Geschäfte (Trades), die mein Konto auf 100 EUR reduzierten. Im Laufe des Septembers, ich weiß es noch ganz genau, begann ich damit, auf steigende Zinsen zu setzen (indem ich auf fallende Preise beim Bund-CFD setzte). Dazu zahlte ich nochmal ein paar Hundert Euro ein. Es war kleines Geld, was sollte schon passieren. Ich eröffnete also erste Positionen und machte weiter nichts, es war als längerfristiges Investment geplant. Die Kurse des Bund-CFD stiegen und ich kaufte weiter nach (das war Ende September). Die Position wurde immer größer und ich war gezwungen, Geld als Sicherheit nachzuschießen. Geld, das ich mir vom gemeinsamen Ersparten meiner Frau und mir nahm. 5.000 EUR überwies ich von dem Konto im festen Glauben daran, dass ich mir das Geld nur für eine vorübergehende Schieflage leihen würde.

Nur wenige Tage später, der Bund-CFD stieg weiter, kaufte ich abermals nach und Anfang Oktober war ich bereits gezwungen, weitere 5.000 EUR von den Ersparnissen nachzuschießen. Ende Oktober waren es weitere 14.000 EUR. Ich hatte zu der Zeit Buchverluste von 5.000 EUR.

Auch im November wollte der Anstieg des Bund-CFD nicht aufhören: ich kaufte weiter fleißig nach und musste immer mehr Geld nachschießen: bis Ende November folgten weitere 16.000 EUR, wieder vom gemeinsamen Konto. Da meine Frau dieses Konto nur sporadisch prüfte, fielen meine Entnahmen auch erst mal gar nicht auf.

Im Dezember kam dann der lang ersehnte Fall des Bund-CFD und ich war zwischenzeitlich 5.000 EUR im Gewinn. In diesem Augenblick wollte ich aber nicht aufhören: ich sagte mir, jetzt bist du so ein immenses Risiko eingegangen, da muss mehr rausspringen bei dem Geschäft und wurde gierig. Außerdem heißt es ja auch so schön: Gewinne muss man laufen lassen. Das tat ich dann auch.

Im Januar 2016 kam dann (zunächst bei mir im Depot und noch nicht bei der Familie) der große Knall: der Preis des Bund-CFD schoss weiter in die Höhe und ich war schließlich zur Liquidation gezwungen. Verlust: 45.000 EUR. Ich war wie paralysiert. Zu realisieren, dass ich mit dem Geld der Familie gezockt hatte, dass ich dieses Konto nicht mehr würde auffüllen können, warf mich aus der Bahn. Natürlich versuchte ich mit dem übrig gebliebenen Geld von knapp 5.000 EUR, das verlorene Geld wieder zurückzuholen. Teilweise gelang mir das auch und ich konnte das Konto nochmal auf knapp 20.000 EUR hoch traden. Nur war das von kurzer Dauer: in der Folge verlor ich auch dieses Geld wieder bei weiteren waghalsigen und völlig überhebelten Spekulationen.

Anfang März 2016 fragte mich meine Frau dann über das Konto aus und so flog alles auf. Meine Frau war am Boden zerstört. Ich habe sie noch nie so verzweifelt gesehen. Es war eine schlimme Zeit. Sie konnte es überhaupt nicht fassen, dass ich unser ganzes Geld verspielt hatte. Ich versprach ihr, dass ich damit endgültig aufhören würde und schickte ein Kündigungsschreiben an den CFD-Broker. Außerdem suchte ich mir einen Psychotherapeuten.

Nach den fünf Probe-Sitzungen, es war mittlerweile Mitte Mai 2016, brach ich die Sitzungen jedoch ab, weil ich mit dem Therapeuten nicht klar kam. Und weil ich mich zu der Zeit auch gefestigt sah, verfolgte ich das Thema Therapie nicht weiter. Meine Frau war zwar nicht happy damit, hakte aber auch nicht weiter nach.

Die Monate vergingen, ich blieb der Börse fern. Bis, ja bis zum September 2017. Das berühmte Hintertürchen war offen geblieben: das CFD-Broker-Kündigungsschreiben war irgendwann in 2016 als unzustellbar zurückgekommen, mein Konto also nie geschlossen worden. Zunächst war mir das auch egal, im September 2017 zahlte ich aber nochmals Geld auf das Konto ein und begann erneut zu spekulieren. Die ersten Wochen und Monate lief es ganz gut. Ich machte kontinuierlich kleine Gewinne. Dann kam mal ein überschaubarer Verlust, der aber nicht die zuvor erwirtschafteten Gewinne auffraß. Das war im Januar / Februar 2018. Und dann fing ich wieder an, die Einsätze zu erhöhen. Größere Hebel, Nachkaufen im Verlust. Wieder das gleiche fatale Muster. Hatte ich denn nichts aus meinen Fehlern gelernt? Das zwang mich jedenfalls dazu, im März wieder mal Geld nachzuschießen, insgesamt 3.500 EUR, die ich dieses Mal immerhin nicht von einem gemeinsamen Konto, sondern von meinem eigenen Ersparten entnahm. Ich schaffte es, dieses Geld trotz der Überwachung der Kontobewegungen durch meine Frau, abzuzweigen. Im April schoss ich weitere 1.000 EUR nach. In dieser Zeit schwang schon auch immer der  Gedanke mit, warum ich das denn überhaupt mache und ich setzte mir ein letztes Ultimatum: entweder, ich schaffe es endlich und habe mich unter Kontrolle oder ich kehre der Börse für immer den Rücken.

Es war an einem Vormittag im Juni 2018, mein Konto war auf ca. 800 EUR gesunken (von den ganzen eingezahlten 5.000 EUR). Am Vormittag hatte ich bereits knapp 600 EUR durch Währungsspekulationen verloren. Ich setzte also auf fallende Ölpreise, machte den Rechner am Nachmittag aus und verbrachte Zeit mit der Familie. Ich dachte: entweder es klappt jetzt oder es klappt nicht.
In der Regel wird man von seinem Broker bei drohender Liquidation per Email benachrichtigt. Ich wartete minütlich auf diese Email, die ich in der Vergangenheit schon so oft erhalten hatte. Aber sie kam nicht. Ich wartete weiter. Nichts. Und dann, gegen 21:30 Uhr, machte ich meinen Rechner an und traute meinen Augen nicht: das Geschäft war voll aufgegangen: mein Kontostand betrug 3.900 EUR. Ich stellte die Positionen glatt und war total geflasht! Endlich hatte ich es geschafft. Ich hatte in der Tat mein Verhalten geändert und mal das gemacht, was mir in der Vergangenheit immer zum Verhängnis geworden war: ich hatte nicht im Verlust nachgekauft, sonder im Gewinn, und dadurch die Position, mit der ich ja scheinbar richtig lag, immer weiter vergrößert. Was für ein Gefühl. Neue Hoffnung keimte in mir auf. Ich war super gelaunt.

Was dann in den darauffolgenden Wochen folgte, war ein Auf und Ab: in der Spitze war das Konto auf 11.000 EUR. Dann aber kam, was kommen musste: ein Rückfall in alte Verhaltensmuster: ich wollte nicht glauben, dass eine Währung (die türkische Lira) so stark fallen könnte. Und damit zerstörte ich wieder mal einen Großteil der Gewinne. Das Konto fiel in der Folge auch unter 500 EUR und obwohl es mir gelungen war, in den Monaten zuvor auf weitere Kapitalaufstockungen zu verzichten, fing ich wieder an, Geld nachzuschießen. Also von wegen: mit den bisherigen Einzahlungen ist Schluss!! Ich kam dann auch wieder in brenzlige Situationen, die mir schlaflose Nächte bereiteten mit Hop oder Top. Es ging zwar schon ein paar Mal gut, aber ich merkte, dass ich die zuvor gesteckten Grenzen wieder einriss und bereit war, wenn nötig sehr viel Geld nachzuschießen (Kontrollverlust). Und darin liegt meines Erachtens die größte Gefahr.

Nun, warum schreibe ich das alles: war es mir in der ganzen Zeit seit September 2017 gelungen, sämtliche Transaktionen vor meiner Frau zu verbergen, so kam, was kommen musste: ich flog auf. Im Vorbeigehen entdeckte sie flüchtig im Browser die Seite des CFD-Brokers, die ich nicht mehr schnell genug schließen konnte und bohrte nach. Ich war aufgeflogen. Ich hatte ihr Vertrauen erneut zutiefst missbraucht.

Sie war wieder sehr schwer enttäuscht von mir. Sonst lief es bei uns in der Ehe eigentlich echt gut. Wir lachten gemeinsam, unternehmen immer mal wieder was gemeinsam und sind soweit glücklich. Wenn da die Sache mit der Börsenspekulation nicht wäre.

Also, was ist seit dem 27. Dezember 2018, dem Tag, an dem alles ans Licht kam, passiert:

•   Meine Frau hat mich Gott sei Dank nicht aus dem Haus rausgeschmissen.
•   Ich habe das Konto des CFD-Brokers nun endgültig gekündigt und auch eine schriftliche Bestätigung erhalten.
•   Ich bin zu einer Suchtberatung gegangen und habe dort ein Erstgespräch gehabt.
•   Ich bin zu einer Selbsthilfegruppe gegangen.
•   Ich habe „Der Spieler“ von Dostojewski gelesen (um mich weiter mit der Thematik zu beschäftigen) und vielleicht auch als abschreckendes Beispiel.
•   Ich schreibe diesen Artikel, um mich auch in einem Forum darüber auszutauschen. Ich hatte in den letzten Monaten ohnehin schon sehr viel Zeit in diesen Glücksspielforen verbracht und war mir schon da im Klaren, dass ich ein Problem mit der Börsenspekulation habe.
•   Ich möchte diesen (starken) Dämon aus mir austreiben, weil er mir nicht guttut.


Was macht das Ganze problematisch, wo sehe ich Gefahren:

•   Würde ich weiter spekulieren, wenn meine Frau nicht wäre: Ja.
•   Ich hatte dummerweise in den letzten Wochen und Monaten ja auch den ein oder anderen richtigen Trade (zum ersten Mal in den ganzen 19 Jahren), sodass ich mich natürlich frage, ob ich es nicht vielleicht doch geschafft habe und endlich dauerhaft an der Börse erfolgreich sein kann. Dagegen spricht natürlich wieder mein Verhalten gegen Ende des Jahres.

Ich weiß, dass ich in den nächsten Monaten sicher keine Geschäfte eingehen werde. Dazu sitzt der Schock zu tief und die Angst, meine Familie zu verlieren / Frau erneut zu enttäuschen, ist zu groß. Ich weiß aber nicht, ob ich nicht in einem oder ein paar Jahren doch nochmal dazu greife, weil der Suchtteufel in einem drin bleibt und nur auf schwache Momente wartet. Und genau dabei hoffe ich durch Therapie, SHG und vielleicht auch durch den Austausch hier in diesem Forum auf Unterstützung.

Entschuldigt bitte den langen Text. Bei denen, die bis hierher durchgehalten haben, möchte ich mich schon mal bedanken.

Ich freue mich auf einen regen Austausch und vielleicht auch den ein oder anderen Tipp, was ich noch tun kann.

Genießt das Wochenende.  8)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 18 Januar 2019, 19:29:18
Moin  Margin Call,

deine Geschichte kann ich total gut nachempfinden. Das spielen nimmt mir unweigerlich mein Leben weg. Egal ob Gewinn oder Verlust Lebensfreude Familie meine Seele,  alles geht verloren.
Als ich das wirklich in Gänze Begriff brauchte ich nicht mehr zu spielen, es gibt keine Hintertüren mehr.
Der regelmässige SHG Besuch ist eine gute Begleitung um Risiken in meinem Leben einzugehen, das spielen brauche ich da nicht mehr.

Schöne 24 Stunden
Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: nutella am 19 Januar 2019, 10:19:10
Hallo Margin.. Willkommen..

Auch Dir möchte ich diese Verlinkung nahe legen.. Bestimmt findest auch Du Dich darin wieder..

https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3167.0
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 21 Januar 2019, 18:34:11
Hi Taro, vielen Dank für deine Worte. Freue mich schon wieder auf den nächsten Termin mit der SHG. Wäre natürlich nochmal besser für mich, wenn ich mich dort auch mit jemandem austauschen könnte, der auch spekulationssüchtig ist. Auch wenn der Kontrollverlust gleich ist, so finde ich die Ausgangssituation eine andere. Sportwetten oder Poker sind dem (der Börse) schon ähnlicher.

Hi Nutella, danke dir für den/die Links.

Beste Grüße,
margin_call (weiterhin spielfrei)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 21 Januar 2019, 19:14:28
Moin Margin Call,

das freut mich wie entschlossen Du Dich in Bewegung gesetzt hast.
Alle Spielsüchtig en haben die Kontrolle verloren. Klar kann dir jemand der selbst an der Börse war besser sagen wie er es gemacht hat keine Spekulationen mehr zu machen.  Letztlich geht es aber genau so wie die ersten 30 Pfennig in der Tasche zu lassen. Wir sprachen gerade in der SHG darüber. Heute kennt keiner mehr die Automaten, die ich gespielt habe, keiner kann sich mehr vorstellen wie Illegale Pokerrunden auf der Reeperbahn waren, was für ein Tanz da erstmal reinzukommen.
Roulette und Black Jack haben sich nicht verändert, die Börse hat sich verändert, weil Infos für alle viel schneller zugänglich.

Aber all das ist unwichtig, die Schritte im Leben sind das wichtige. Die sind für alle gleich, der Austausch und das begleiten entwickelt sich mit der Zeit zu einem immer höheren Wert. Irgendwann braucht Dich keiner mehr dran erinnern die ersten 30 Pfennig stecken zu lassen, darum  trifft man sich dort nicht.

Taro

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 30 Januar 2019, 23:10:26
Heute war wieder SHG. Wie immer ein guter Austausch. Es tut gut, dorthin zu gehen.

Bin weiterhin spekulationsfrei und kann dann auch bald die ambulante Therapie beginnen. Denke immer weniger ans Zocken an der Börse. Auch das Nachdenken über die hohen  Verluste rückt in den Hintergrund.

Beste Grüße und allen die nötige Kraft fürs spielfrei bleiben wünscht
margin_call
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 31 Januar 2019, 07:58:36
Moin MC,

für mich war die Schachnovelle von Stefan Zweifel ein Aha Erlebnis. Als ich es las und die Feinheiten des Denkens mit dem Schachbuch da dachte ich, das kann nur ein Spieler geschrieben haben. Jahre später erfuhr ich nach einem Theaterstück von Ihm, daß er tatsächlich einer war. Dieses Denken und fühlen, das nur wir Spieler kennen ist für mich ein unverwechselbares Zeichen. Ähnlich ging es mir als ich Deine Geschichte lass. Ich frage mich nur, spekulieren mit höchsten Hebeln ist daß eine, Geldanlage das andere. Wie und wo machst Du da den Schnitt?
Hast Du Dir da schon Gedanken drüber gemacht, oder ist das zur Zeit kein Thema?

schöne 24h
Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 31 Januar 2019, 19:36:25
Lieber Taro,

vielen Dank für den Buchtipp. Werde ich lesen.

Was das Spekulieren vs Investieren angeht: letzteres möchte ich bei mir sicher nicht komplett ausschließen, obwohl mein erstes Ziel Rückzahlungen (für das verspielte Ersparte aus 2016) an meine Frau sind. Im Moment spüre ich wenig Verlangen, mich damit zu beschäftigen. Meine erarbeiteten Strategien zielten auf Gewinne innerhalb von ein paar Tagen oder 1-2 Wochen ab. Man kann das natürlich 1) mit einem sehr viel geringeren Hebel und 2) auf einen größeren Zeitraum ausdehnen. Mit sowas brauch ich meiner Frau im Moment aber nicht zu kommen. Irgendwann vielleicht mal wieder.

Dennoch gilt auch weiterhin: hätte ich meine Familie nicht, würde ich weiter spekulieren.

Schöne 24 Stunden,
MC
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 31 Januar 2019, 19:57:37
Moin MC,

Du bist nicht der erste,  wirst auch nicht der letzte sein,  der feststellt,  für andere aufhören funktioniert nicht.
Versuchs mal mit wirklichen Risiken im Leben.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 31 Januar 2019, 20:18:53
Naja, es gibt derzeit auch einen großen Teil von mir, der erkennt, dass es mir jetzt viel besser geht, ich den Kopf frei, mehr Lebensfreude, mehr Energie, ein ruhigeres Gewissen und mehr Schlaf habe. Außerdem kann ich mich auf meinen Job konzentrieren, wo gerade unglaublich viel los ist.

Ich frage mich: kann ich diese Schwelle, die unsichtbare Grenze, wieder aufbauen, sodass ich die Kontrolle nicht mehr verliere oder ist das Wunschdenken und irreparabel? Wie der Ex-Alki, der liebend gerne ab und zu mal ein Bier trinken möchte.

Da wollen wir doch alle wieder hin, oder nicht?

Mir fällt es halt schwer zu akzeptieren, dass Börse Glücksspiel sein soll. Ist doch die Frage: wie gehe ich damit um? Ist es die Börse oder ist es das Zocken mit hohen Hebeln? Und was ist, wenn ich das in den Griff bekommen sollte: also ab sofort nur noch kleine Hebel. Und außerdem: alle großen Spekulanten sind doch schließlich vor ihrem Durchbruch mal pleite gegangen!!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 31 Januar 2019, 20:45:19
Wie der Ex-Alki, der liebend gerne ab und zu mal ein Bier trinken möchte.

Da wollen wir doch alle wieder hin, oder nicht?

Ich kann mich für alle sprechen, ich möchte da auf jeden Fall nicht wieder hin.
Es gibt einen Grössen Unterschied zum Bier, das Glücksspiel gehört Gesellschaftlich nicht dazu. Nicht Spieler haben nicht das geringste interesse am Spielen.
Weißt Du, ich habe alles gespielt, ich hielt mich für den Welt besten Pokerspieler. Ich habe sogar Schach und Backgammon um Geld gespielt. Alles las ich also.
An der Börse habe ich damals nicht gezockt. Das Geld anlegen habe ich mir mühsam beigebracht, gerne auch morgens rein abends raus wenn die Kanonen knallen.
Aber immer alles ohne Hebel, und so was mit winzbeträgen.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 01 Februar 2019, 06:32:25
Hi MC!

Sobald die Grenze zur Sucht überschritten ist, gibt es kein halbschwanger mehr.
Du findest hier im Forum einige Mitglieder, die an der Börse spekuliert haben.
Ihnen allen ist es ergangen wie Dir.

Die Börse ist nicht besser zur Suchtausübung geeignet, wie ein Spielautomat - egal ob on- oder offline.

Würdest Du einem Drogenjunkie raten nur ein Drittel seiner bisherigen Dosis zu nehmen?

Es gibt nur Hop oder Top - Suchtausübung oder Abstinenz.

Auch der Automatenspieler sucht nur noch nach dem einen mal - dem Jackpot - und alles wird gut. denkt er sich.

Ich fürchte mal, Du wirst eine Entscheidung treffen müssen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 01 Februar 2019, 09:28:08
Moin MC,

neben den ganzen Superlative wie alle und immer gibt es noch Dich und mich die einfach nur Ihr Geld anlegen wollen.
Ich bräuchte einige Jahr um für mich an der Börse einen gangbaren Weg zu finden. Auch bei einem Crash fang ich nicht an zu hyperventlieren. Mein Gefühl ist der Maßstab, ich weiß genau wie es sich anfühlt wenn ich  spiele.
In der Gruppe spreche ich wenig da drüber, weil einige dann hektische Flecken bekommen.
Wenn ich Geld anlegen will und es nicht schleichend entwertet werden soll komme ich an der Börse nicht vorbei. Da das Chance/Risiko Verhältnis bei knallenden Kanonen nun mal ist wie es ist,  muss ich auch mal shorten. Aber wie gesagt immer nur in kleinen Beträgen und immer nur auf den Wert der Aktie betrachtet.
Immer wieder scheinen so offensichtliche Topchancen ein Grund zu sein von meinen Regeln abzuweichen, dann kommt aber sofort das Gefühl wie beim Zocken, das lass ich dann mal lieber. Ausserdem entpuppen sich gerade die offensichtliche Topchancen meistens als Miete, da haben andere wohl mehr gewusst als der Rest.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 01 Februar 2019, 13:02:15
Hi Olli,

fällt mir im Moment sehr schwer, das zu akzeptieren. Zum Thema "Hemmschwelle" bei Süchten möchte ich mehr wissen und werde mal recherchieren.

Das Beispiel mit dem Junkie und seinen Drogen ist klar. Börse sehe ich anders. Ich behaupte z.B., dass ich mich beim letzten Rückfall schon deutlich mehr unter Kontrolle hatte. Es gibt Regeln des Risikomanagements: werden diese nicht eingehalten, verliert man die Kontrolle und sein Geld. Es geht um das disziplinierte Umsetzen dieser Regeln, wenn man an der Börse dauerhaft erfoglreich sein möchte.

Du findest hier im Forum einige Mitglieder, die an der Börse spekuliert haben.

mit denen würde ich mich gerne austauschen! Bisher hat sich aber leider niemand hier eingebracht.

Gerne auch per privater Nachricht.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 01 Februar 2019, 13:07:31
Hi Taro,

ich weiß genau, was du meinst: Investieren a la Kostolany (in Phasen der Übertreibung von den Zittrigen "übernehmen", Derivate = Teufelszeug) oder Benjamin Graham: Smart Investor. Kostolanys "Die Kunst, über Geld nachzudenken" war eines meiner ersten Bücher zur Börse. Wär ich besser mal dabei geblieben :) Das soll auch irgendwann mal wieder das Ziel sein.

Beste Grüße,
margin_call
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Balduin am 01 Februar 2019, 13:25:36
Hey,
das ist eben der Unterschied zwischen Geldanlage und Spekulation. Da der an der Börse fließend ist, kann man einem Süchtigen nur raten, ganz streng bei der Geldanlage zu bleiben. Hohe Renditen gibt's nur durch hohe Risiken.
Der Wunsch nach höheren Renditen lauert im Spieler und wird sich wieder eine Bahn brechen.
Ich hab mich  immer für schlau gehalten und mir meine Verluste schöngeredet. Habe immer über Strategien nachgedacht, wie ich sicher zum Gewinner werden könnte. Da gibt's keinen Unterschied zwischen Spielern und Spekulanten.
Beim Spekulieren kann man, wie beim Spielen, nur das Geld gewinnen, was andere verlieren. Wahrscheinlich gibt es auch Leute mit Insiderinformationen, die andere  illegal abzocken, um Gewinne zu erzielen, das ist wie beim den Casinos. Die Deutsche Bank hat  ja  z. B. mit Manipulationen von Zinssätzen früher mal ganz gute Renditen erwirtschaftet.
Alles in allem für mich unmoralische Geschäfte, aber das kann jeder für sich entscheiden.
Viele Grüße
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 01 Februar 2019, 17:12:03
Die Linie zum spielen ist fließend.
Das ist für mich auch beim Schach und beim Backgammon so, wenn ich gegen meine Kinder spiele. Ich darf nicht mein Killerinstinkt rauslassen, wo ich den anderen vernichten will, schon aber soviel Gas geben muss, das es für Sie nicht langweilig wird.

Ich hau mal ne These raus. Wer sich mit Börse auskennt, wird über kurz oder lang immer wieder zur Börse zurück kommen. Den fließenden Übergang zum spielen muss ich lernen zu händeln. Das ganze nennt sich dann Leben, da gibt es kein Netz und doppelten Boden.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 05 Februar 2019, 14:41:08
Hi Taro,

habe die Schachnovelle gelesen und es hat mir gut gefallen. Die Geschichte hat mich geradezu gefesselt. Der Herr im Schachfieber, wirklich gut beschrieben.

Sonst gibt es nicht viel Neues: Tag 40 ohne die Börse. Morgen der nächste Beratungstermin.

Beste Grüße,
margin_call
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 05 Februar 2019, 21:55:05
Moin MC,

ich hab das erstmal in der Schachnovelle gelesen, was ich bis dahin in Teilen ausschließlich in meinem Kopf vermutet habe, deswegen hat mich das so umgehauen.
Freut mich das es Dir gefallen hat.
Was ist das für ein Beratungstermin?
Wie geht es Dir ohne Börse und Börsennachrichten?

LG
Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 05 Februar 2019, 23:24:46
Hallo Taro,

ist ein zusätzlicher Termin bei der Suchtberatungsstelle, den ich wahrnehme, bis ich mit der ambulanten Therapie starten kann.

Tja, wie gehts mir ohne Daytrading? Auf der einen Seite gut: ich bin im Job voll bei der Sache und gebe ganz gut Gas.

Auf der anderen Seite gibt es aber immer auch mal Momente, wo ich an die getätigten Geschäfte zurückdenke (die guten wie die schlechten) und ich mir wünsche, meine Frau hätte mich nach Weihnachten nicht erwischt.

Habe heute im Internet mal kurz was zum Thema „kontrolliertes Trinken“ gelesen, weil mich das schon interessiert und ich das „es gibt kein halbschwanger“ noch (?) nicht akzeptieren möchte. Tenor war auf dieser Seite jedenfalls, dass es eine tickende Zeitbombe ist. Das deckt sich ja auch mit der Schachnovelle 😊

Nun denn, ich muss mir überlegen, wie ich da drüber hinwegkomme.

Viele Grüße,
MC
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Balduin am 06 Februar 2019, 10:41:04
Hey MC,

ich habe immer meinen Gewinnphasen (beim spielen) hinterhergetrauert und mich gefragt, ob es mit einer bestimmten Strategie nicht doch möglich ist, dauerhaft etwas Geld zu machen. Das war ein ganz starker Antrieb bei mir.

Dieser Gedanke fasziniert mich leider nach wie vor.  Die Frage, die sich stellt ist: Warum?
Ich kann ein glückliches Leben ohne zusätzliches Geld führen.

Zum Thema Alkohol: Ich hatte einen Bekannten - er war lange Jahre trockener Alkoholiker. Vor einigen Jahren hatte sich zu Sylvester ein Gedanke in seinem Hirn festgesetzt. Den hat er mir im Nachhinein erzählt:
"Andere haben ja Vorsätze zu Sylvester. Ich könnte doch im neuen Jahr wieder das Saufen anfangen"

Er hat es dann gemacht und das Trinken wieder begonnen.
Als er mir seinen Gedanken erzählt hat, war er ganz reflektiert und konnte sich die Entstehung des Gedankens nicht erklären.

Er hat wieder den Ausstieg geschafft, ist aber leider mit Mitte 40 verstorben.

Der Rückfall beginnt im Kopf. Du hast schon einiges unternommen und ich wünsche dir und mir, dass wir fernbleiben können, vom selbstzerstörerischen Glücksspiel.

Viele Grüße
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 06 Februar 2019, 13:00:57
Spielen ist das eine. Nicht Schach zu spielen obwohl man den Weltmeister schlagen kann das andere.

Ich habe mal eine schöne bildliche Darstellung über die Typen von Anlegern gehört. Es gibt Schafe, Hyänen, und Löwen.
Die meisten sind Schafe, die Hyänen locken die Schafe auf eine dreieckige Schafswiese (die Erklärung der selbigen würde hier zu weit führen) und erlegen die Schafe im Rudel.
Anders der Löwe, er schaut dem treiben aus der Entfernung zu. Wenn er hungrig ist und ein Schaf sich in seine Nähe verirrt hat schlägt er zu.

Fast jeder beginnt als Schaf, hin und wieder gelingt eine Metamorphose zur Hyäne oder zum Löwen. Als Spieler zieht es mich zu den Hyänen, nur als Löwe ist ein agieren als süchtiger jedoch möglich.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 10 Februar 2019, 18:21:13
Habe am Wochenende nochmal in alten Börsenbüchern gelesen. Dass Kostolany die "Börsenspieler" so treffend zu beschreiben vermochte, hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung...

Auszug aus Kostolany: "Die Kunst über Geld nachzudenken":

"Börsenspieler: Die Hasardeure der Börse
Eine Gruppe, die bestimmt nie ausstirbt, sondern zu meinem Leidwesen immer größer wird, sind die so genannten Börsenspieler. Ich habe sie so getauft, weil sie nach meiner Definition die Bezeichnung Spekulant nicht verdienen, auch wenn sie im allgemeinen Sprachgebrauch und von den Journalisten so bezeichnet werden. Der Börsenspieler versucht, bereits kleinste Kursbewegungen zu nutzen. Er kauft ein Papier bei 101, um es bei 103 bereits wieder zu verkaufen. Dann kauft er das nächste Papier zu 90, um es bei 91,50 zu verkaufen etc.[...]

Diese naiven Anleger glauben, sie hätten nun die gleichen Chancen im schnellen Geschäft des ständigen Kaufens und Verkaufens wie die großen Institutionen, die aus den Börsen längst ein Spielkasino gemacht haben – nicht nur aus dem Aktienmarkt, sondern auch aus den Devisen-, Rohstoff- und Anleihemärkten. Mit monströsen Gehältern kaufen sie Absolventen von Havard, St. Gallen oder der London School of Economics ein, damit sie anschließend mit Hunderten Millionen Dollar in Anleihen, Aktien oder Devisen herumzocken. Speziell am Devisenmarkt herrscht ein perverses Spiel. Über eine Billion Dollar werden in 14 Stunden um den Globus bewegt. Maximal drei Prozent dieses Umsatzes dient der Abwicklung oder Absicherung von Im- und Exportgeschäften. Der Rest ist Spiel.[...]"

Dahin möchte ich garantiert nicht mehr zurück. Insofern sehe ich das als Fortschritt für mich. Langfristige Geldanlage hingegen schon. Darf dann halt nur nicht in alte Muster verfallen. Das ist dann vielleicht nicht das Glas Sekt, das sich der trockene Alkoholiker gönnt, sondern die "Mon Chéri".

In diesem Sinne einen schönen Rest-Sonntag,
margin_call
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 13 Februar 2019, 22:21:48
Tatsächlich kenne ich ein paar trockene Alkoholiker,  Mon Cheri ist davon tatsächlich keiner.
Der Vergleich hat hinkt vielleicht auch etwas.
Pass auf jedenfall gut auf dich auf.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 27 Februar 2019, 05:22:53
Moin zusammen,

ich nochmal. Mir geht es ohne die Börse weiterhin sehr gut. Ich habe seit dem 27.12. nicht mehr spekuliert und derzeit auch keinen Drang (und auch kein überflüssiges Geld  :D), überhaupt mal in Richtung "Investieren" (also langfristig) zu recherchieren. Stattdessen stürze ich mich voll in die Arbeit und verbringe ansonsten so viel Zeit wie möglich mit der Familie. Hin und wieder schaue ich zwar auch noch in Börsenforen vorbei, um den Werdegang des einen oder anderen Traders weiter zu verfolgen, aber das nimmt auch ab und erzeugt bei mir wenig bis keinen Druck.

Viele Grüße und einen schönen Tag Euch allen,
MC
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Süchtiger am 27 Februar 2019, 09:55:52
Ich habe sehr interessiert deinen Beitrag gelesen. Ich muss dazu sagen, dass ich mit dem Thema Zocken & Börse bisher keine großen Berührungspunkte gehabt habe. Ich für mich bearbeite das Thema "Sucht". Ob nun die Spielsucht am Automaten, am Bildschirm, im Casino oder eben mit Börsencharts erlebe, es gibt neben Unterschieden auch sehr viele und starke Gemeinsamkeiten. In gewisser Weise beneide ich dich nicht um deine Sucht, weil die Abgrenzung nicht so einfach und klar ist wie bei einem Automaten-Junkie. Aber Junkie bleibt Junkie, oder?
In der Spielsucht an den Automaten durfte ich sowohl für mich erleben als auch bei anderen Spielern folgendes beobachten: Geld bzw. die Höhe des Betrages (egal ob Gewinn oder Verlust) spielt eine sehr untergeordnete Rolle. Die Sucht ist ein komplexes Gebilde aus Illusionen. Das hat der nicht süchtige Mensch genau so, allerdings auf einem viel kleinerem Level, und er erlebt den Kontrollverlust nicht bzw. weniger bedrohlich. Ich will das am Beispiel Alkohol mal verdeutlichen: Warum trinkt der Gelegenheitstrinker? Gut drauf sein, enthemmt die Welt erleben usw. Das geht dem hoffnungslosen aktiven Trinker genau so. Der große Unterschied ist aber, dass der Trinker ein Kontrolldefizit erlebt, die Eigensteuerung wird beeinträchtigt bzw. ganz ausgehebelt. Das erlebt der "normalen" Gelegenheitstrinker nicht. Nur darin sehe ich den (für die Sucht entscheidenden) Unterschied. Unterm Strich geht es aber beiden Trinkernaturen um Gefühle, um das Erleben von Bewußtseinsmomenten (-phasen).
Was ist das Wesen und die Funktionsweise einer Sucht? Ich für mich bearbeite dieses Thema sehr intensiv, weil ich zum Kern der Sucht, zu meiner Sucht, vordringen möchte. Ich möchte es verstehen.
Ein wesentlicher Punkt, so scheint mir, ist die Gewohnheit. Wenn eine Gewohnheit nicht gelebt wird ist es per Definition keine Gewohnheit. Eine nicht gelebt Sucht ist demnach keine Sucht (sehr wohl aber für vielleicht immer eine latente Gewohnheit). Diese sehr, sehr einfach Einsicht ist nach viel erlebtem Leid bitter, weil sie so einfach ist. Es geht also darum, unter keinen Umständen den ersten Schritt dieser (nach längerer Abstinenz) Gewohnheit zu reaktivieren.
Bei stofflichen Süchten kann dieser alte Highway im Hirn durch ein Alk-Praline angetriggert werden. Der (bewusst oder unbewusste) erste Schritt ist also tückisch. Beim Zocken gibt es andere Mechanismen.
Ein Gedankenspiel: Du hast eine Glaskugel und wüsstest genau, dass in der Kneipe ein Spielgerät mit den nächsten 20 Cent einen Gewinn von sagen wir mal 3000€ gibt. Würdest du einem trockenen Automatenzocker raten diese 20 Cent zu "investieren"? Vermutlich nicht. Würdest du deinem Sohn, Alter 18 und ohne jegliche Spielerfahrung raten, diese 20 Cent zu investieren? Die meisten trockenen Zocker würden vermutlich unter allen Umständen davon abraten. Warum? Es könnte der Grundstein für eine Zockerkarriere gelegt worden sein. Würdest du einem aktiven Zocker raten zu investieren? Bei einem verantwortungsvollen Ratgeber würde selbst in diesem Fall die Antwort nein lauten. Er oder sie würde den Gewinn eh wieder verspielen, früher oder später, und damit würde das alte Muster nur intensiviert werden. Würdest du überhaupt einem Menschen empfehlen diese 20 Cent zu "investieren"? Nach reiflichen Überlegen bin ich für mich zu dem Schluss gekommen: Nein, ich würde es niemanden empfehlen. Einer Organisation,einer Firma oder Verein: Ja klar! Dieser Investmentgesellschaft liegen völlig andere Rahmenbedingungen zugrunde als einem einzelnen Menschen. Die Belegschaft würde nicht euphorisch reagieren und überlegen von nun an in Spielhallen gehen. Vielleicht würde die Belegschaft ausloten wollen, ob sich da ein Businesscase erschließen könnte ...
Ich will damit sagen: Aus meiner Sicht muss dein Fazit aus der Sucht lauten: Never ever. Grundsolide Geldanlage ist eben etwas anderes als Zocken.
Ich habe mir nur für mich Gedanken gemacht und teile sie, vielleicht sind sie von Interesse, vielleicht auch nicht.
Alles Gute!


Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Süchtiger am 27 Februar 2019, 10:04:25
Kleine Ergänzung:
Der Geldanlage (je nach Umständen schließt das auch Spekulation nicht aus) geht es um nüchterne rationale Entscheidungen. Beim Zocken geht es um Emotionen und um das Spiel der Illusion.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 27 Februar 2019, 19:39:59
Hi Süchtiger,

vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag. Ich stimme dir in weiten Teilen zu. Ich sehe die Gefahr, dass sich, sollte ich mit dem Investieren loslegen, in kürzester Zeit wieder alles im Kopf um die Börse und die Aktienkurse dreht, jedoch als gering an, denn: ich habe derzeit Mitarbeiteraktien und schaue zwar ab und zu nach den Kursen, habe aber Null Verlangen, mit den Papieren zu zocken. Ist aber alles Zukunftsmusik. Und eine Gefahr mit niedriger Eintrittswahrscheinlichkeit ist ja trotzdem noch da.

Ich muss mich mal beobachten, ob Spekulationsdruck aufkommt, wenn ich auf der Arbeit mal gefrustet bin.

Eine gute Zeit wünscht
MC
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 27 Februar 2019, 23:28:26
Den Suchtdruck mit anderen Dingen zu überdecken reicht nicht aus.  Ich muss mein Leben wieder bekommen,  dann sind die Gefahren auch keine Bedrohung mehr.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Süchtiger am 28 Februar 2019, 08:03:10
"Den Suchtdruck mit anderen Dingen zu überdecken reicht nicht aus.  Ich muss mein Leben wieder bekommen,  dann sind die Gefahren auch keine Bedrohung mehr. "

Gefahren sind Bedrohungen, sonst wären sie keine Gefahren.
Ich stimme dir zu, dass Dinge überdecken keine Lösung ist. Neben dem Suchtdruck gibt es aber immer wieder mal größere und kleinere Prüfungen, um nicht das böse Wort Versuchung gebrauchen zu müssen.
Letztlich braucht es uneingeschränkte Klarheit, warum ich nicht spiele, eventuell auch warum ich gespielt habe. Ohne diese Klarheit werden meines Erachtens nach früher oder später alle Maßnahmen scheitern.
Übrigens, das gilt uneingeschränkt für jede Verhaltensänderung.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 15 März 2019, 10:13:47
Kuckuck.

Alles bestens bei mir. Die Gedanken an die Börse werden immer weniger, mir geht es gut. Die letzten Male bin ich zwar nicht zur SHG gegangen, aber nehme es mir wieder fest vor.

Die ambulante Therapie ist noch in der Vorbereitung (Antrag, Befundbericht etc.). Dort wird es dann auch regelmäßige Gruppendiskussionen geben.

Ich halte Euch auf dem Laufenden.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende Euch allen,
mc

[seit dem 27.12.2018 spekulationsfrei]
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 24 April 2019, 15:53:05
Nach mehr als einem Monat wieder mal was von mir:

Weiterhin spekulationsfrei seit besagtem 27. Dezember 2018. Verfolge immer noch sporadisch Kurse meiner "Lieblings-"Spekulationsobjekte. Dennoch überwiegt der Gedanke, dass es mir "ohne" so viel besser geht.

Ambulante Reha wurde genehmigt, nächste Woche geht es los! SHG hab ich allerdings nicht mehr besucht, werde ich wohl auch nicht mehr, weil im Rahmen der Reha wöchentlich eine Gruppendiskussion stattfindet.

Ich halte Euch auf dem Laufenden.

Eine gute Zeit wünscht
mc
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 18 September 2019, 06:43:13
Moin Moin, wollte mich nochmal melden! Bin immer noch spekulationsfrei und es geht mir sehr gut.

Hatte bloß entschieden, auch eine Auszeit von jeglichen Foren zu nehmen, weshalb ich die letzten fünf Monate nicht mehr geschrieben habe.

Ich gehe regelmäßige einmal die Woche zur Gruppentherapie und einmal pro Woche zum Einzelgespräch. Das hat mir sehr gut getan.

Natürlich kreist das Thema immer wieder mal in meinem Kopf rum, aber was will ich nach so langer Zeit, die ich mich damit beschäftigt habe, auch erwarten? Es wird mich vermutlich auch mein Leben lang begleiten. Es gilt, mir immer wieder vor Augen zu führen, dass die Spekulation in vielen Aspekten schlecht für mich ist.

Was mir auch sehr geholfen hat beim Akzeptieren der Börsensucht als Krankheit war, die Gemeinsamkeiten mit anderen Spielsüchten (sei es Automaten, Online, Poker oder Sportwetten) herauszuarbeiten: Vertrauensmissbrauch, ständiges Gedankenkreisen, nicht voll da zu sein, Kontrollverlust.

Darüber hinaus lese / höre ich Bücher zum Thema Zufriedenheit, Glücklich sein, worauf es im Leben ankommt.

Kurzum, ich denke, dass ich auf einem guten Weg bin und wünsche Euch allen hier viel Kraft und Erfolg bei Euren Vorhaben.

Beste Grüße,
mc
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 18 September 2019, 07:37:13
Moin Margin,

das hottest sich gut an, freut mich das du deinen Weg gefunden hast.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 22 Januar 2020, 21:23:27
Guten Abend in die Runde,

wieder mal ein Update von meiner Seite: meine Spielfreiheit hatte zum Jahreswechsel sogar schon ihren ersten Geburtstag. Es ist heute 391 Tage her, seit ich den letzten Trade gemacht habe. Und was soll ich sagen: es geht mir sehr gut, habe in den letzten Monaten das Leben in vollen Zügen genoßen. Sicher, immer mal wieder denke ich an die "spannenden" Zeiten während des Zockens zurück, aber die Erkenntnis, dass sich damit kein Geld verdienen lässt, festigt sich mehr und mehr. Mein ambulante Therapie geht noch bis Mitte des Jahres, danach werde ich eine SHG in der Nähe besuchen.

Ich wünsche Euch ganz viel Kraft beim Aufhören. Bleibt sauber.

Alles Gute,
mc
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 23 Januar 2020, 06:05:18
Guten Morgen!

Ich freue mich schlicht und ergreifend mit Dir ... :)

Genieße Dein Leben! :)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 23 Januar 2020, 08:33:29
Vielen Dank, Olli.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: PeterNichtlustig am 26 Januar 2020, 11:56:41
freut mich sehr für dich, bleib stark. 💪🏼
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Born4Nothing am 26 Januar 2020, 11:58:53
Schließe mich an: Weiter so!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: In5omnia am 14 Februar 2020, 20:01:29
WoW eine lange Trading Karriere hast du da hinter dir.

Ich hatte vor ein paar Jahren aus Spaß an der Freude bei Binance aus Ethereum immer auf neue Startupcoins gewartet und zum 0.000001 usw.... pro coin gekauft, dann anschließend nach Gewinnen immer wieder alles abgestoßen.

Nach dem Release sind im Grunde 99% aller Coins immer etwas gestiegen.

Ich würde sagen das es 70% dieser Coins heute nicht mal mehr gibt.

Schade für alle die, die gehalten haben und das waren garantiert einige.


Mit der Zeit dann nur noch mit BNB gearbeitet um das volle Potential auszuschöpfen.

Ich hab da wirklich Gewinne gemacht, aber es ist sowas von anstrengend und zeitaufwendig den Markt permanent im Auge zu behalten.

Man wird zum 24h Analysten und vernachlässigt sein Leben.

Das ging mir auf deutsch gesagt irgendwann tierisch auf den Sack und ich hab das gelassen.

Trotz überschaubarer Gewinne.

Was ich damit sagen will, selbst wenn man Gewinne fährt muss man mal die Zeit gegenrechnen die man da verplempert.

Ich wünsch dir alles Gute und das du die Finger davon lassen kannst.

Viele Grüße
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 21 Januar 2021, 21:59:49
Guten Abend zusammen,

wieder ist fast ein ganzes Jahr vergangen. Ich wollte mich eigentlich schon viel früher melden, habe es aber irgendwie immer vor mir hergeschoben.

Das Wichtigste vorweg: ich habe weiterhin keine Spekulationen mehr gemacht. Es sind jetzt schon über zwei Jahre. Dass ich es nicht manchmal auch vermisse, wäre gelogen, aber wenn ich mir dann wieder auch die stressigen Momente vor Augen führe, den Zeitverlust wie auch das Geld, fällt es mir viel leichter, weiterhin spekulationsfrei zu bleiben.

Meine Therapie ist im Sommer 2020 zu Ende gegangen. In der SHG war ich seitdem noch nicht, habe mir aber fest vorgenommen, das an einem der nächsten Termine endlich mal nachzuholen (einfach, weil ich dann auch ein paar Gesichter aus den Gruppentherapie-Sitzungen wiedersehe).

Euch allen wünsche ich eine spielfreie Zeit.

Macht es gut und bleibt gesund,
MC  8)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Dennis47 am 02 Februar 2021, 22:42:27
Ihre Geschichte ist wie die eines Spielers in einem Casino, Spekulationen sind ein großes Risiko

Die Frage ist doch, womit man spekuliert. Es gibt im Leben so viele Situationen in der man etwas riskiert mit der Gefahr, etwas (besseres) zu gewinnen/erleben. Man spekuliert mit einer gewissen Zuversicht, das man am Ende der Gewinner ist.

Ob es dabei nun das Casino oder die Finanzmärkte sind. Letzteres ist moralisch minimal verwerflicher, da man hier mit Verlusten anderer Gleichgesinnter rechnet und sein Profit sieht. Beim Casino ist man getäuscht in seiner Sichtweise, das man jemals einem Gegenspieler gegenüber steht, der in diesem Spiel der Verlierer sein könnte.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FinanzJunky am 26 Februar 2021, 09:04:46
Lieber Margin Call,

Deine Geschichte hat mich sehr berührt und damit auch geholfen. Ich möchte Dir sehr danken!  :)

Ich habe die gleiche Suchtentwicklung, wie Du durchlaufen. Ich bin auch abhängiger Trader und verliere immer wieder die Kontrolle bis ich mehr verliere, als ich habe. Dieses Tradingproblem habe ich seit nun 20 Jahren. In Behandlung bin ich seit 2 Jahren und hatte zwei längere (einmal 2 Monate und einmal 10 Monate) Abstinenzen.

Bei meiner letzten Abstinenz habe ich dann über meine Frau endlich ein normales Investment-Depot aufgebaut, wo ich langfristig investiere. Wir entscheiden gemeinsam, aber den Zugang zum Depot hat nur sie. Tatsächlich habe ich mir den Zugriff auf meine Konten schon lange entzogen, sonst hätte ich es nie geschafft.
=> Das kann ich jedem Spielsüchtigen empfehlen: "Reißt die Brücken ein!" Wenn ihr keinen Zugriff auf Euer gesamtes Geld habt, dann könnt ihr es auch nicht verzocken.

Zuletzt habe ich vor wenigen Monaten Bitcoins gekauft.
Und ja, der Kurs hat sich einfach so vervierfacht. Ich saß also auf einmal vor einem Berg an Gewinnen und wußte nicht weiter. Das Geld macht mich ja eigentlich nicht glücklich.
Natürlich hat die Sucht mich dann wieder ergriffen. Erst fing ich nur ganz langsam an, ein Trade pro Tag, dann zwei...
Und dann kam es, wie es kommen mußte: Ich bin in alte Muster verfallen, habe unnötige Verluste gemacht, die selben Diskussionen und Verhandlungen im Kopf und dann kam wieder dieser Schmerz: Warum? Warum schon wieder? Ich war doch geheilt? Und wieder so viel Geld verzockt. :-(

Einer hat es hier schon geschrieben: Wir sind "Alkoholiker" und werden wohl nie geheilt werden. Wir können damit nicht umgehen. Zumindest kann ich für mich so sprechen, ich bin ein verkorkster Trader, der seine Gier nicht im Griff hat.

Zur Info: Ich bin gelernter Banker und zertifizierter Börsianer. Ich habe seit über 20 Jahren mit der Börse zu tun, würde mich als den Super-Experten bezeichnen.
Nur Traden kann ich nicht. Meine Gier und mein Temperament habe ich einfach nicht im Griff. Klassischer Kontrollverlust, der mich schon sehr viel Geld gekostet hat.

Auch ich kann von Glück reden, dass meine Frau mich nicht verlassen hat. Wir haben Kinder und sind soeben in unsere neue Wohnung eingezogen. Ich hatte viel Glück in meinem Leben, sehr viel Glück, trotz der Sucht oder gerade wegen der Sucht. Ich weiß es nicht. Aber ich bin dankbar.

Vor allem Dankbar für Deine Beiträge hier und dass du Deinen Weg mit der Welt und uns geteilt hast.
Ich habe jedes Deiner Worte gelesen und mit meinem Herzen gefühlt. Es hat mir Kraft gegeben, dass ich nicht alleine bin. Denn Tradingsucht ist wirklich etwas seltsames, dass man mit Glückspiel nicht vergleichen möchte. Auch wenn es genau das ist.

Du hast mir sehr geholfen wieder einmal einen Schluss-Strich zu ziehen. Bereits gestern habe ich alles verkauft und heute morgen das restliche Geld an meine Frau transferiert. "Die Brücke ist wieder zerstört." Ich kann jetzt nicht mehr traden und fühle mich glücklich. Ich habe vor Glück eben richtig geweint. Das hat befreit.

Ich danke Dir!
Halte durch und feiere Dich. Du bist ein großer Mann, ein mutiger Mann und zwei Jahre Abstinenz darfst Du feiern.

Ich hoffe, ich kann Deinem großartigen Beispiel folgen und werde mich hier zwischendurch auch melden.
Bin gespannt, wie Deine Geschichte weiter geht und natürlich interessiert mich auch Meine.  ;D

In diesem Sinne, lasst uns fröhlich sein!
bis bald,
FinanzJunky
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 27 Februar 2021, 06:26:19
Guten Morgen FinanzJunky!

Vielen Dank für Deinen echt schönen Beitrag! Zeigt er doch Deine Veränderungsbereitschaft auf und Deine Zuversicht in die Zukunft.

Trotzdem möchte ich kliiiiiiiitzekleine Anmerkungen dazu machen, die Dich für weitere Prozesse motivieren sollen.

Zitat
Das Geld macht mich ja eigentlich nicht glücklich.
und ...
Zitat
ich bin ein verkorkster Trader, der seine Gier nicht im Griff hat.

Ich denke, dass Du Deine Interpretation der Gier einmal anschauen könntest.

auf Genuss, Besitz und Erfüllung von Wünschen gerichtetes, heftiges, ungezügeltes Verlangen (Google-Wörterbuch)

Verknüpfst Du die Gier tatsächlich mit dem Geld? Dem Gewinn? Oder doch eher mit dem Durchleben Deiner Emotionen beim Traden?

Wenn Letzteres ... woher mag dies kommen? Welche Bedürfnisse kompensierst Du damit?

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 01 März 2021, 10:29:01
Lieber FinanzJunky,

ganz herzlichen Dank für deine netten Worte. Auch du konntest mir mit deinem Beitrag weiterhelfen, denn die Situation mit deinen Bitcoin Investitionen, die du beschreibst, ist ein wichtiger Gedanke, der mir auch geholfen hat (und hilft), spekulationsfrei zu bleiben: egal ob man zwischendurch auch mal Gewinne macht / gemacht hat: am Ende haben du (und ich) es dann doch wieder verspekuliert...wozu sich dann also den ganzen Stress antun?!

Und geholfen hast du mir damit, weil ich das schon wieder ein wenig vergessen hatte, daher: danke für die Erinnerung!

Viele Grüße und einen tollen Wochenstart euch allen,
MC
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Saarländer am 13 März 2021, 15:10:42
Hallo margin_call, hallo an die Runde

ich habe soeben den ein oder anderen Beitrag zu diesem Thema hier entdeckt und bin froh darüber zu lesen.
Die  "Karrieren" sind  ähnlich und in vielen Punkten finde ich mich wieder.

Es ist ein weiter Weg bis hierher und  zugegeben ist es auch nicht so einfach sich immer wieder mit seinen Fehlern zu konfrontieren.
Gerade wenn alles rund läuft und man sein Leben gut im Griff hat, aber wehe man tut es mal ne Weile nicht.

SHG, stationäre Therapie wegen Glücksspiel liegen nun schon 20 Jahre zurück ..  und dennoch hab ich erneut nicht aufgepaßt und den Spieler in mir einfach aus den Augen gelassen.
Hab mir Spekulationsgeschäfte als "ok" ausgelegt obwohl ich es ganz genau weiß, dass darin der Grund für meine Privatinsolvenz lag.

Bin kaum aus der Restschuldbefreiung raus, hab alte Freiheiten zurückgewonnen und war fast schon stolz auf die letzten 5 Jahre wo sich alles im nicht existenzgefährdenten Rahmen hielt.

Keine Ahnung was er Auslöser war, der Lockdown?  Langeweile? Unzufriedeneit ? Ein paar Euro auf dem Konto ? Oder das Defizit auf bevorstehende Steuernachzahlungen? Ein paar Tausend fehlten nach meiner Berechnung aber ich hatte ja noch Zeit...  warum nicht mit ein bischen CFD-Handel das Defizit versuchen zu begleichen... ein kleiner Versuch mit nur 500€.

Genauer gesagt mit CFD-Handel.. Im Ergebnis hab ich es innerhalb von gerade mal 5 Monaten geschafft mein Leben mit Höchstgeschwindigkeit frontal gegen die Wand zu fahren. Es blieb nicht bei 500,-€
In Summe liegt der Fehlbetrag nun im mittleren 5 stelligen Bereich; Geld welches genaugenommen dem Finanzamt gehört. 

Grundätzlich ist mir bewußt, dass der überhebelte Handel mit schlechter Kapitalisierung meistens zu keinem guten Ende führt. Ok, man entwickelt sich weiter, verfeinert seine Chartanalyse, versucht seine Fundamentalanlyse stetig zu verbessern, lässt jahrelange Erfahrungswerte die mit teurem Leergeld bezahlt wurden einfließen.. irgendwann bekommt man ein Gefühl für Marktgeschehnisse und trifft im kurzfristigen Handel auch öfter mal die richtige Entscheidung. Aber der Dynamik an den Märken Herr zu werden ist ein illusionäres Ziel.. schon gar nicht für die, die nicht mit entsprechender Marge gegenhalten können zu welchen ich zähle.
Aber es schien für mich dennoch gerade genug um die Illusion "finanzielle Defiziete" durch verbesserten Handel zu kompensieren meiner Vernunft überzuordnen und immer wieder aufs Neue die Hoffnung zu befeuern.

Der Tumor einer solchen Risikoberetschaft:
Als Gewinner gibt es keine Probleme, hinzugewonnene Freiheiten, finanzielle Ungebundenheit, verpuffte Sorgen die Belohnung, das Ergebnis gäbe einem Recht für sei handeln. Eine sehr verlockende und süße Vorstellung. Und ob nun Spieler oder nicht stünde nicht zur Debatte.

Wieder ist der letzte  Euro verloren und nun das Erwachen ..wie geht es weiter ? Wo kann ich mir was leihen? Welche Zahlungen lassen sich hinauszögern? Wie stelle ich es an, dass es keiner mitbekommt ? Wann kommt wieder Geld, womit ich vielleicht doch noch eine Chance habe es dann besser zu machen. Sowas von "drauf", dass ich Angst vor mir bekomme.

Ein Teufelskreis aus dessen Sog ich mich nicht befreien kann, aus Angst auf den Blick des bevorstehenden finanziellen Kollapses. Ausblenden so lange es nur irgendwie möglich ist... nun bleibt keine andere Wahl wie sich der Realität zu stellen, die Sache aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Ich erkenne mich als Verlierer wieder, fühle mich schuldig und wünschte es sein nur ein Alptraum gewesen.
Nicht nur das Geld, die Exsitenz die dabei verloren geht, keinen Ausweg über Privatinsolvenz durch eine Sperrfrist von 10 Jahren zu haben wenn man schon mal Restschuldbefreit wurde .... und Geld ist lange nicht alles, man fängt an sich selbst für seine Fehler zu hassen, verbaut den Weg lieben zu können, Beziehungen gehen kaputt, auf kurz oder lang die Gesundheit.

Als Looser darzustehen ist ein verdammt hartes Los und mit das schwerste Eingeständnis.

Die eine Hälfte meines "Doppellebens" stellt den Verlierer dar, die andere, die des Vaters der ein gutes Vorbild sein will und der der einen guten Job macht, es bröckelt gewaltigt.

Mein erster Schritt mich hier und jetzt wieder in die Gemeinde der Spieler zu begeben,  ein selbst unterschätzter Schritt. DIe Erkenntnis, Opfer seines eigenen Fehlverhaltens zu sein,  es hilft irgendwie schon sich auszutauschen. Aber ich glaube auch, dass es noch wichtiger ist dran zu bleiben.

Die größte Gefahr ist die Verwässerung die mit längerer Abstinenz wächst und Rückfälle begünstigt.

Allen ein schönes Wochenende


VG
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: taro am 13 März 2021, 22:55:49

Als Gewinner gibt es keine Probleme, hinzugewonnene Freiheiten, finanzielle Ungebundenheit, verpuffte Sorgen die Belohnung, das Ergebnis gäbe einem Recht für sei handeln. Eine sehr verlockende und süße Vorstellung. Und ob nun Spieler oder nicht stünde nicht zur Debatte.

Moinmoin,

ich muss Dich mal zitieren weil so typisch für mich als Spieler. Das Zitat klingt so schön, ist aber definitiv falsch, ich habe es erlebt. Mit Gewinn gibt es für mich als Spieler kein Ende. Es gibt immer ein mehr, einen noch höheren Einsatz, immer immer weiter.
Provokation in Richtung fags entfernt! Du weißt ja schon wie es geht. Kannst gleich Vollgas geben. Wünsche Dir was.

Taro
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Saarländer am 14 März 2021, 11:16:19
Salü Taro,

Verluste zu verkraften, den Leidensdruck auszuhalten ist das eine und irgendwie scheint es auch in der Natur des Spielers zu stecken dass er das irgenwie hinbekommt.

Mit Gewinnen hingegen umzugehen ist wieder ein ganz anderes Thema und ich gebe dir vollkommen recht.. bist du erst ma ins Plus gekommen sieht die Welt plötzlich vollkommen anders aus.
Je mehr es ist je besser fühlt es sich an (wie das ziehen im Zwechfell wenn mal verliebt ist) ,aber es ist dann plözlich doch noch nicht genug und es fallen einem die Verluste aus der Vergangenheit wieder ein die man ja gerade auch noch mit ausgleichen will oder irgendetwas anderes

Ganz klar geht diese Rechnung in den seltensten Fällen auf.. natürlich machst du weiter 

Wenn du für's erste gesättigt bist dauert es nicht lange und innerlich wird wieder an Konstrukten gebastelt die nicht lange auf sich warten lassen den nächsten Versuch zu starten.

So lange nur das zuvor Gewonnene verloren wird bleibt man noch "cool" ... die Null rückt wieder näher und eigentlich sollte es ja jetzt klappen. Hat es nicht ? ok du schießt Geld nach, was du gewonnen hast ist zwischenzeitlich aufgebraucht. Du willst es nicht wahr haben versucht es zu erzwingen schießt nochmal nach und erst wenn der Multiplikator von dem was du vorher gewonnen hast sich als Verlust  erhöht knallst du wieder auf ...auf nass kaltem Beton  und versteht die Welt nicht mehr.
Es geht los mit Selbstvorwürfen, was ist passiert ? wie bescheuert bin ich eigentlich?  das darf doch nicht wahr sein!.. erzähl das mal einen der steckt dich in die Klapse  .. was hätte man doch alles damit tun können etc. 

Am schlimmsten ist dabei,  egal wir sehr ich mich verurteile, ne kleine Hintertür macht man ich mir dann doch wieder auf. Ich will es nicht so stehen lassen,  beim nächsten mal mache ich es besser.... ja ich kenne dieses Verhaltensmuster nur zu gut.

Ein klasse Hinweis von dir Taro den Bereich nochmal zu durchleuchten

Danke dir

VG 

 
 
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: TooBigToFail am 19 August 2021, 11:16:02
Moin zusammen,

ich denke ich kann nach (nur) 14 Monaten Daytrading das Kind beim Namen nennen und habe deshalb auch ein Tagebuch eröffnet. Ich bin vermutlich süchtig nach Börse und dem Kick, den mir das Scalping bereitet. Anfangs war es extrem bestürzend, wenn 300€ einfach so weg waren, weil der KO-Schein wertlos wurde. Jetzt ist es eskaliert und ich habe mich in den letzten Monaten nur noch mit Trading beschäftigt, jeden Monat das Kreditkartenlimit ausgeschöpft und das Ersparte zum Ausgleich einsetzen müssen.

Es wäre super, wenn ihr mal im Thread vorbei schaut, ich versuche nämlich erst einmal ohne externe Hilfe das Ganze in den Griff zu bekommen.

Heute ist Tag 1 und ich ärgere mich jetzt schon, nicht dabei zu sein, als gestern Abend die amerikanischen Indizes und der WTI korrigiert sind.

Die Gefahr, dass man über die Hintertür schnell wieder einsteigt, ist riesig. Es würde 2-3 Minuten dauern und ich könnte mit vollem Kreditrahmen wieder ein paar Tausender verzocken.

Lasst ihr euch sperren? Wie hier einige schon schreiben ist genau das das Problem. Man will das eigentlich nicht möchte die Verluste wieder hereinholen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: deridiot am 05 September 2021, 11:52:37
Hallo allerseits,

ich bin seit Wochen verzweifelt und depressiv und habe heute morgen spontan Sielsucht und Optionsscheine gegoogelt und dieses Forum hier gefunden. Ich habe einige Beiträge gelesen und musste direkt heulen,
da ich mich darin total wiedererkenne. Ihr seid nicht alleine mit eurem Problem.

Ich hätte bis vor kurzem mir niemals eingestanden, dass das was ich mache irgendwas mit Glücksspiel zu tun hat. Vielleicht darf ich kurz etwas zu meiner Geschichte erklären:

Ich bin freiberuflich im kreativen Bereich tätig. Es gibt Phasen, in denen es finanziell sehr sehr gut läuft und Phasen in denen es nicht gut läuft. Ich fing in einer guten Phase 2012 an mit Aktien kaufen. Einige der Aktien wären mittlerweile ein vielfaches Wert, wenn ich sie behalten hätte. Aber mein Mindsetting war dafür nicht bereit und so verkaufte ich zu schnell um Gewinne mitzunehmen oder verkaufte nie, wenn Verluste entstanden. Dabei habe ich über die Zeit schon einige harte Verluste hinnehmen müssen. 6500 EUR für eine Lithium Aktie zum Beispiel, 3000 EUR bei einer Cannabis Aktie. die Lithium Aktie ist gar nicht mehr gelistet, das Geld ist ausgebucht.
Ich habe in der Zeit von 2012-2013 ein bisschen rumgezockt und dann wieder 2017-2018. 2020 als der Corona Crash kam habe ich panikartig die meisten meienr Aktien verkaut, weil ich dachte, ich kaufe sie später wieder zurück. Das war natürlich dumm, da sie total schnell wieder gestiegen waren.

Da habe ich natürlich auch Verluste eingefahren. Ich weiß gar nicht wieviele Verluste es um 2012 herum waren. Es könnten evtl. 10000 gewesen sein. Ab 2017-2021 schaffte ich es dann nochmal mit 8-9000 EUR ins Minus zu kommen. Ich wollte diese Verluste auf gar keinen Fall hinnehmen und versuchte mit spekulativen Aktienwerten das wieder auszugleichen. Ich las viele Bücher, schaute mit X Youtube Videos an usw. Ich weiß eigentlich, dass man die Fehler, die ich mache nicht machen sollte und mache sie trotzdem. Ich kann und wollte nie akzeptieren, dass ich diese Verluste habe. Es kamm dann kurzzeitig sogar dazu, dass mit dem rasanten Anstieg von Aktien im Frühjahr 2021 mein Verlust nur noch 3000 EUR betrug. Da wurde ich gierig und dachte ich wüsste alles und könnte aus 200 EUR problemlos 400 machen, wenn man mich nur lässt.
Dann kam erstmal ein Rücksetzer und zack war ich wieder 11000 EUR im Minus. Das ging dann ein paar Monate so hin und her zwischen 15000 und 8000 EUR Minus

Dann habe ich Optionsscheine entdeckt. In einem Telegram Kanal, hat einer seine Trades gepostet, die ich kopiert habe. Anfangs liefen die echt gut. Das waren Summen wie 300-500 EUR pro Trade. Aber er lag dann auch immer öfter falsch, so dass ich dachte, man kann auch irgendwas kaufen. Da ich mich auch für Chartanalyse interessiere, habe ich selbst meine Interpretationen angestellt und meine Summen, die ich in Optionsscheine gesteckt habe wurden immer größer, genauso wie die Hebel. Ich kaufte für 2000 EUR KO Zertifikate mit großem Hebel, die ruckzuck ausgeknockt wurden. Immernoch wollte ich einfach meine Verlust wieder gradebügeln, zumindest einen Teil davon sagte ich mir, dann würde ich auch wirklich aufhören. Wenn es mal gut lief kurzzeitig, nutzte ich die Chance natürlich nicht um aufzuhören, sondern dachte ok, jetzt mache ich weiter, es läuft grade so gut.

Ich kann meine Gefühle da überhaupt nicht kontrollieren, ich handle aus Gier und Panik heraus, genau das was man nicht machen sollte.

Ab Juni 2021 wurde es richtig übel: Ich kaufte immer mehr Optionsscheine, die immer häufiger einfach ausgeknockt wurden. Ehe ich mich versah hatte ich weitere 10000 EUR verloren, ich zahlte regelmößig 2-3000 EUR wieder aus Konto ein, da es eine Phase war, in derich gut verdiente. Kurzzeitig schaffte ich es meinen Gesamtverlust von 20000 auf 14000 zu "begrenzen" aber natürlich hörte ich nicht auf. Innerhalb von 3 Wochen fiel ich auf 24000 EUR Minus. Jedes Mal habe ich meine Untergrenze wieder ein Stück erweitert und sagte mir ok bis dahin und nicht weiter. Aber es geht immer weiter. Letzten Freitag führte ich 45 Trades an einem Tag aus. Ich hätte nie gedacht, dass ich süchtig danach bin aber letzte Woche ist es mir bewusst geworden, dass es krankhaftes Verhalten ist. Ich bin wie in einem Rausch, wenn ich das mache. Ich starre teilweise stundenlang auf die Charts und führe Käufe oder Verkäufe bei kleinen Zuckungen im Chart aus. Ich schlafe sowieso sehr schlecht aber in den letzten Wochen schlief ich sehr sehr schlecht. Ich habe manchmal fast Panikattacken und Phasen in denen ich am Boden zerstört bin. Ich rede mit niemandem über das Ausmaß, ich kann es nicht eingestehen.

Meine Freundin hat schon vor 2 Jahren gesagt, dass ich aufhören soll, ich soll ETFS oder Aktien kaufen und einfach liegen lassen aber nicht dieses Hin und Her. Da hatte ich einen Verlust, den sie auch kannte. Den, den ich jetzt habe einzugestehn, kann ich nicht.  Ich bin so enttäuscht von mir selbst. Es kommt mir vor wie in einem Traum. Es ging so schnell, alleine 15000 EUR sind mir in 3 Monaten flöten gegangen. Ich habe in der Zeit gut verdient aber im Grunde alles verzockt. Wer weiß wie es beruflich in den nächsten Wochen läuft.

Manchmal wünschte ich mir, ich würde einfach endlich alles bis auf ein paar vernünftige AKtien verkaufen und mir das Depot jahrelang nicht mehr anschauen, damit ich endlich meine Ruhe damit habe. Es zerstrört mich aber ich habe das Gefühl, ich bin immernoch nicht bereit den Verlust hinzunehmen. Immer denke ich, naja dann mache ich jetzt wenigstens nochmal 3000 EUR wieder gut. Mir graut es jetzt schon davor wenn am Montag die Börsen wieder aufmachen. Bis letzte Woche, habe ich mich darauf eigentlich gefreut und war mir sicher, dass ich das alles wieder hinbiege aber jetzt habe ich das Gefühl mein Geld wird einfach nur vernichtet und es schadet meiner Gesundheit.
Es ist so schwer für mich zu akzeptieren, dass ich soviel Geld verloren habe, dass ich mir über die Jahre erarbeitet habe. Ich möchte mir auch mal eine Wohnung oder ein Haus kaufen und jetzt habe ich jahrelange Ersparnisse verloren. Ein paar Jahre sind einfach weg. Es isrt so deprimierend

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 05 September 2021, 14:19:55
Hallo lieber Mensch,

ich möchte dich nicht so ansprechen, wie du dich hier angemeldet hast,weil du einfach kein I..... bist.

Dein Vorstellungsthread ist sehr von Zahlen geprägt und als Spekulant, ist man wahrscheinlich davon sehr begeistert und muss diese auch immer vor sich haben. Ich ,als Automatenspieler ,war immer gehetzt.....es mussten mehrere Automaten sein und die 5 min Zwangspause waren die Hölle. Im restlichen
Leben musste auch alles immer schnell gehen. Ich musste viel lernen, das ich wieder alles runterregulieren konnte,ich wieder zur alten Ruhe und Gelassenheit finde.

Du musst das für dich auch lernen ,wieder zur Ruhe kommen. Du möchtest nicht mehr spekulieren oder? Du bist freiberuflich und kannst deine Finanzen nicht abgeben. Sperren lassen geht bei dir auch nicht.
Ich kann nur dringend raten mit deiner Freundin zu reden und dir professionelle Hilfe zu suchen. Mach bei einer Suchtberatung einen Termin, die helfen bei eventuellen Therapien weiter und auch bei einer SHG .

In meiner SHG war auch ein Börsenspekulant,der aber nicht freiberuflich war,er hat seine EC Karte abgegeben, konnte kein onlinebanking mehr machen und bekam erstmal Taschengeld von seiner Frau. Er hat seine komplette Familie eingeweiht.  Die Angst sie zu verlieren war sehr groß, deswegen nahm er jede Hilfe an ,die er kriegen konnte und als ich die Gruppe verließ ,war er ein Jahr spielfrei. Egal welche Spielsucht man ausübt ,in einer SHG kann jeder jedem helfen. Man kann ihn spiegeln,ihm aufzeigen, was er nicht sieht,nicht mehr wahrnimmt. Diese 90-120 min in der Woche können ganze Leben verändern. 

Wie könntest du deiner Meinung nach dir selbst Hürden einbauen, das du  mit keinen Aktien, Optionsscheinen usw mehr handelst?

LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 05 September 2021, 14:28:32
Hi und willkommen!

Ich hätte da einen anderen Namen für Dich: Laienboxer!

Wieso? Das siehst Du hier in einem Auszug aus "12 Schritte, aber wie?" der AS:

Zitat
Schritt 1:

"AUFHÖREN ZU KÄMPFEN, ZUGEBEN, DASS WIR DEM SPIELEN GEGENÜBER MACHTLOS SIND"

Im ersten Teil von Schritt l kommt der Spielabhängige zum alles entscheidenden Punkt, wenn er bereit wird, zuzugeben, dass er dem Spielen gegenüber machtlos, d.h. vom Spielen abhängig ist. Dieser Schritt sieht so einfach aus, Ist aber doch für die meisten Spielsüchtigen so ungeheuer schwer, weil soviel daran hängt:
Dieser Schritt ist so schwer, weil der Abhängige die Illusion für sich braucht, das Spielen zu beherrschen, um mit ihm weitermachen zu können. Ohne die Aussieht des Spielens scheint ihm das Leben keinen Sinn zu haben. Deshalb hält er, trotz aller gegenteiligen Erfahrungen an der Vorstellung fest, dass er das Spiel meistern kann, auch wenn es immer nur für "ein Spiel" ist, er in die Kneipe, die Spielstätte, Spielothek oder in das Casino geht, um sich dann nach Stunden oder Tagen in einem fürchterlichen Zustand wieder zu finden.
Er glaubt jedes Mal, dass dies nur ein momentaner Unfall gewesen ist und dass es das nächste Mal anders sein wird, bzw. dass seine Stabilität kurz vor der Tür steht.
Solange er diese Hoffnung noch hat, kann er das Spiel weiter gebrauchen, mit ihm experimentieren, mit ihm kämpfen. In diesem aussichtslosen Kampf gleicht ein Spieler einem Laienboxer, der gegen Cassius Clay in den Ring steigt. Nach wenigen Augenblicken ist er von den Füßen und liegt ohnmächtig im Ring, aber jedes Mal steht er wieder auf, um weiterzumachen, weil er sich weigert, das Handtuch zu werfen und zu kapitulieren.
Dieses Kapitulieren ist so schwer, weil es als Eingeständnis des eigenen Versagens erlebt wird. Unterstützt wird dieses Missverständnis durch die Vorwürfe und Ermahnungen, die der Spielabhängige von sich selbst und auch aus seiner Umgebung erfährt, dass sein Verhalten Ausdruck von Willensschwäche und Charaktermangel sei. Hat er nicht immer wieder versprochen, sich zu bessern und seine Versprechungen nicht eingehalten?  Aber Machtlosigkeit dem Spielen gegenüber ist keine Willensschwäche und kein Charaktermangel (denn Abhängige sind oft sehr willensstarke Menschen). Zugeben der Machtlosigkeit ist der Ausdruck der Erfahrung, dass da etwas stärker ist als ich, das ich nicht kontrollieren kann.
Das Zugeben der Machtlosigkeit ist so schwer, weil manche Machtlosigkeit als Ohnmacht und Hilflosigkeit verstehen, missverstehen - wie wir meinen. Sie erleben Schritt 1 damit als Zumutung, sich als klein und hilflos darzustellen.
Zugeben der Machtlosigkeit ist aber genau das Gegenteil. Es bedeutet, dass ich aufhöre zu jammern und zu klagen und mich für das Opfer der Umstände, einer Erziehung oder sonstiger Widrigkeiten zu halten. Zugeben der Machtlosigkeit ist eine mutige Tat, dass ich mich meiner Realität stelle und sie nicht mehr beschönige.
Zugeben der Machtlosigkeit ist so schwer, well dieses unseren Stolz trifft, die Einbildung, unser Leben völlig zu kontrollieren und in der Hand zu haben.
Das trifft die Größtphantasien des Spielsüchtigen, der glaubt, es alleine schaffen zu können und keine Hilfe von anderen zu gebrauchen. Dieser Schritt fällt so schwer, weil wir nicht wissen, wie es dann weitergehen soll. Das kämpfen gab uns wenigsten noch die Illusion, dass wir noch mitbestimmen, noch kontrollieren können. Wenn wir kapitulieren, geben wir uns auf. Was bleibt uns dann?
Dieser Schritt ist so schwer, weil er uns erinnert an die Erfahrungen in Grenzsituationen unseres Lebens, wie zum Beispiel bei Geburt und Tod, und auch beim Orgasmus in der sexuellen Vereinigung mit einem anderen Menschen.
In diesen Situationen haben wir nicht die Kontrolle des Geschehens in unserer Hand, sondern wir erleben, dass hier etwas stärker ist als wir selbst, dass hier etwas mit uns geschieht. Und davor haben wir alle Angst, der Abhängige offenbar in besonderer Weise (siehe Schritt 3). Um diese Angst zu vermelden, kämpft er gegen die Realität, bringt sich selbst in äußerste Gefahr und verbindet zugleich, dass Wachstum In Ihm geschieht.
Zugeben der Machtlosigkeit ist deshalb nicht nur angstvoller Abschied von Altem und Vertrautem, mit dessen Hilfe wir bisher unser Leben zu meistern versuchten, sondern auch der Anfang von etwas Neuem, durchaus einer Geburt vergleichbar.
Aufhören zu kämpfen schafft Raum für neues Leben, das ich bisher gerade durch mein Bemühen, nicht aufzugeben, verhindert habe. Das Zugeben der Machtlosigkeit ist deshalb eine ungeheure Befreiung die Erfahrung einer neuen Erlaubnis zum Leben:
- Ich brauche nicht mehr zu kämpfen!
- ich brauche nicht mehr mich selbst zu zerstören, indem ich beweise, dass ich es doch schaffe!
- Ich darf leben, stabil leben!
 Viele, die den ersten Schritt vollzogen haben, berichten, dass nach dem Auf und Ab von Angst, Trauer und Zweifeln ein starkes Gefühl der Freude, der Erleichterung und der Ruhe in ihnen Platzt ergriffen habe.

Nehme Dir einen Augenblick Zeit und frage Dich:
- Wo habe ich in meinem Leben Machtlosigkeit
dem Spielen gegenüber und auch sonst erfahren?
- Wie habe ich mich gegen das Zugeben der Machtlosigkeit gewehrt?
- Welche Ängste, welche Trauer und welchen
Ärger spüre ich, wenn ich zugebe, dass ich machtlos bin ?

"... UND UNSER LEBEN NICHT MEHR MEISTERN KONNTEN"

Der zweite Teil von Schritt 1 weist darauf hin, dass Spielsucht/Spielabhängigkeit keine isolierte Sache ist, sondern immer etwas mit unserem ganzen Leben zu tun hat.
Nicht wenige Abhängige sagen am Anfang Ihrer Stabilität: "Sonst ist alles in Ordnung bei mir...... wenn nur das Spielen nicht wäre." - Sie wehren sich damit ihr Leben näher anzusehen und halten die Meinung aufrecht, es genüge, nur nicht mehr zu spielen.
Aber das hilft erfahrungsgemäß nicht weiter, wenn wir nur etwas weglassen, von dem wir uns sehr lange viel versprochen hatten. Die zwölf Schritte zielen auf eine Neuordnung unseres Lebens hin, und darum ist es wichtig zu wissen, wie unser gesamtes Leben mit dem Spielproblem verflochten ist.

Frage Dich deshalb?
- Was sind meine Probleme im Beruf?
- Wie komme ich mit mir selbst zurecht?
- Bitte darüber hinaus Deine Angehörigen, Deine Freunde und Kollegen am Arbeitsplatz um Rückmeldungen, was sie mit Dir erlebt haben und wie sie sich dabei fühlten.
- Wenn Du in einem Kuraufenthalt oder in einer Therapie bist, lasse Dir von den Betroffenen Briefe schreiben, bzw. gehe gemeinsam mit Deinen Angehörigen in ein Familien- oder Partnerseminar, wo diese Fragen bearbeitet werden können. Wenn Du bereit bist, diese Untersuchungen vorbehaltlos zu machen, wirst Du wahrnehmen, dass uns das Spielen unfähiger machte, mit unseren Problemen umzugehen.
- Vielleicht hatten wir uns mal versprochen, bestimmte Probleme durch das Spielen zu lösen (wie z.B. mehr als 10 Stunden zu arbeiten, besser zu schlafen, ruhiger zu argumentieren, gefälliger zu sein, uns von den Sorgen und Problemen des Alltags abzulenken); aber letzten Endes hat das Spielen doch nicht das gehalten, was es versprochen (was wir uns davon versprochen haben), denn die Probleme die wir hatten, sind am Ende größer geworden, anstatt kleiner.

Das ist die eine Seite der Bedeutung dieses Satzes, die besagt: Dann, wenn das Spiel in unser Leben kommt, können wir unser Leben nicht mehr meistern.
Schon lange bevor das Spiel sichtbar in unser Leben getreten ist, haben wir unser Leben nicht mehr meistern können. Dieser erweiterte Ansatz macht deutlich:

- dass es nicht nur darum geht, das Spielen aufzugeben, sondern, dass eine Neueinstellung unseres Lebens nötig Ist.
- dass Grundprobleme und Engpässe in unserem Leben vorhanden sind, auf die ich eine Antwort finden muss, um weiterhin stabil zu leben.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Eskanor am 06 September 2021, 20:41:43
Dieser Thread hat mir vor einigen Monaten geholfen zu verstehen, was gerade bei mir passiert ist. Denn mal abgesehen von diesen Forum, findet man kaum was zu diesem spezifischen Thema.
Ich habe mir alle eure Texte aufmerksam durchgelesen und bin euch echt dankbar dafür. Sie haben mir bei geholfen, dass Geschehene etwas besser zu verarbeiten.
In diversen Berichten von euch habe ich mich wieder erkannt. Nie habe ich mein Verhalten an der Börse mit Spielsucht assoziiert, jedoch scheint zweifellos einige Paralellen zu geben.

Himmel und Hölle liegen an der Börse sehr nah beinander. Bei mir waren es, wie auch bei einigen Vorrednern, die Kryptowährungen welche mich krass in ihren Bann gezogen haben. Mit  Derrivate können in paar Minuten Tausende gewonnen oder Tausende verloren gehen. Mieser Film und leider sind wir damit wohl bei der Königsklasse des Zockens angelangt ::) Die Verluste, welche sich während dieser Phase ergeben haben, sind nicht wirklich rosiger als eure. Bin froh seit einigen Monaten weg davon zu sein, es liegt aber noch ein gutes Stück Arbeit vor mir.
Ich verzichte auf eine Auflistung meiner Ereignisse, sie sind jedoch sehr ähndlich wie bei den bereits hier erwähnten Posts.
Warum ich das schreibe? Um zu zeigen, dass ihr nicht alleine seid. Die Erkenntnis ist erstmal hart aber es wird bergauf gehen!
Wenn sich jemand darüber per PN austauschen möchte, schreibt mich an. Auch ich habe noch Gesprächsbedarf um besser damit umzugehen.
 
Zitat
Ich bin wie in einem Rausch, wenn ich das mache. Ich starre teilweise stundenlang auf die Charts und führe Käufe oder Verkäufe bei kleinen Zuckungen im Chart aus. Ich schlafe sowieso sehr schlecht aber in den letzten Wochen schlief ich sehr sehr schlecht. Ich habe manchmal fast Panikattacken und Phasen in denen ich am Boden zerstört bin. Ich rede mit niemandem über das Ausmaß, ich kann es nicht eingestehen.

So war es dann am Ende auch bei mir. Es fing alles ganz seriös an aber ab nem gewissen Punkt ging total die Kontrolle verloren. . Irgendwann steigt die Risikobereitschaft und die Hebel werden grösser in diesem so oder so schon volatilen Markt... Mir wird unheimlich, wenn ich daran zurück denke.


Zitat
Heute ist Tag 1 und ich ärgere mich jetzt schon, nicht dabei zu sein, als gestern Abend die amerikanischen Indizes und der WTI korrigiert sind.

So fest ich deine Aussage verstehe, würde dir ans Herz legen zumindest einmal Abstand zu gewinnen und dein bisheriges Verhalten an der Börse zu reflektieren. Was nun folgen wird wenn du weitermachst sind nur Verzweiflungstaten die sehr schmerzvoll werden können. An diesem Punkt sind keine Handlungen mehr möglich, welche du zu deinen Gunsten steuern kannst.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 29 September 2021, 13:48:57
In diversen Berichten von euch habe ich mich wieder erkannt. Nie habe ich mein Verhalten an der Börse mit Spielsucht assoziiert, jedoch scheint zweifellos einige Paralellen zu geben.
Jepp, die Erfahrung hatte ich auch gemacht (habe meine Story damals hier veröffentlicht: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php/topic,4359.msg36029.html#msg36029), das Erlebnis hat mir in 2020 einen sechsstelligen Verlust beschert. Mit 1,5 Jahren Abstand kann ich sogar mittlerweile darüber schmunzeln, die Erfahrung war zwar teuer aber richtig und wichtig.
Im Gegensatz zu Online-Casinos und Sportwetten ist es an der Börse mit entsprechenden Regeln und Disziplin möglich sein Geld systematisch zu vermehren allerdings fürchte ich dass die Dunkelziffer pathologischer Zocker im CFD- und Zertifikate-Bereich hoch ist. Die Grenze zwischen einem spekulativen Trade und eben Zockerei ist fließend. Und das perfide daran ist dass viele in den ja hochseriösen Finanzmärkten gar nicht bemerken dass sie einer Kontrollillusion unterliegen. Mich interessiert das Thema Spielsucht nach wie vor und thematisch passt es schon hier her.

Zitat
Ich bin wie in einem Rausch, wenn ich das mache. Ich starre teilweise stundenlang auf die Charts und führe Käufe oder Verkäufe bei kleinen Zuckungen im Chart aus. Ich schlafe sowieso sehr schlecht aber in den letzten Wochen schlief ich sehr sehr schlecht. Ich habe manchmal fast Panikattacken und Phasen in denen ich am Boden zerstört bin. Ich rede mit niemandem über das Ausmaß, ich kann es nicht eingestehen.
Das Gefühl ist leider auch gut bekannt, ich denke nicht gerne daran zurück. Heute handhabe ich das so, wie es auch im institutionellen Umfeld gemacht wird: es wird ein Plan erarbeitet und dann, wenn man die Statistik auf seiner Seite hat, wird jede Order mit fest definierten S/L und Profitmarken eingegeben. Den Rest machen Handelsrechner und man selbst muss nicht mehr auf irgendwelche Charts schauen, man wird dann nicht dazu verleitet den jeweiligen Markt als Casino-Ersatz zu sehen
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 07 Januar 2022, 09:46:09
Nach langer Zeit nochmal ein kurzes Update von meiner Seite: bin seit dem 28.12. nun schon drei Jahre spekulationsfrei. Ab und zu denke ich mal an die Zeit zurück, aber unterm Strich möchte ich dahin nicht wieder zurück.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 07 Januar 2022, 09:53:17
[...]Heute handhabe ich das so, wie es auch im institutionellen Umfeld gemacht wird: es wird ein Plan erarbeitet und dann, wenn man die Statistik auf seiner Seite hat, wird jede Order mit fest definierten S/L und Profitmarken eingegeben. Den Rest machen Handelsrechner und man selbst muss nicht mehr auf irgendwelche Charts schauen, man wird dann nicht dazu verleitet den jeweiligen Markt als Casino-Ersatz zu sehen

@blow_up: Das würde ich mich übrigens nicht trauen. Hätte zu viel Respekt, irgendwann wieder in alte Verhaltensmuster zurückzufallen (wenn man trotz aller Disziplin das Gefühl hat, besser als der Handelsrechner zu sein und dann abweicht und größere Hebel fährt...)  ::).
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 07 Januar 2022, 10:05:20
Cool ... drei Jahre ... wie die Zeit vergeht ... :)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 25 Januar 2022, 23:53:39
Hallo zusammen
Schön dass ich dieses Forum entdeckt habe und solch gut formulierte Beiträge lesen durfte.
Da ich mich ziemlich schäme, mit meinen Freunden darüber zu reden, tut es mir vermutlich gut, hier mal meine Geschichte zu erzählen.
Ich bin heute 40ig und habe früher als Bankberater gearbeitet und kenne mich mit der Börse gut aus. Als Berater habe ich meinen Kunden immer geraten: Aktien kaufen und liegen lassen - aber für mich persönlich habe ich das leider nie gemacht :-). Als ich anfing bei der Bank zu arbeiten, erlebte ich den 2000er-Tech-Bubble-Crash. Danach habe ich immer wieder mal ultra-spekulative Aktien oder Optionsscheine gekauft und meistens das Geld vernichtet. Wenn ich mal Aktien mit Gewinn am Laufen hatte, stieg ich viel zu schnell aus. Ich hatte keine Geduld. Die Verluste waren zwar ziemlich hoch, aber ich konnte es verkraften weil ich sparsam lebte und keine Familie habe. Trotz Verlusten konnte ich ein Vermögen aufbauen. Ab 2019 dachte ich, dass die Börse überbewertet sei und startete immer wieder Short-Versuche, d.h. ich setzte auf fallende Kurse. Sie fielen leider nicht sondern stiegen weiter an. Dann hatte ich meinen Glücksmoment: Vor dem Coronacrash im März 2020 ging ich short und zack hatte ich 10'000 Euro Gewinn. Ich dachte mir natürlich, dass ich das wiederholen könnte. Die Erholung der Märkte im 2020 und 2021 fand ich übertrieben und ging dann x-mal short, immer ohne Erfolg. Ich habe auch angefangen mit CFD - das kann man halt einfach auf dem Mobiltelefon benutzen und überall traden. Schlussendlich habe ich in den letzten 1.5 Jahren sicher 1/4 meines Vermögens verzockt (ca. 50'000 Euro). Und ich will nicht noch mehr verzocken. Ich bin getrieben davon, meinen Verlust wieder reinzuholen, weil ich eigentlich vielfach richtig gelegen bin in den letzten Wochen, aber immer durch ganz knappe Knockouts und SLs aus dem "Spiel" genommen wurde. Danach gings dann wieder in die von mir vorhergesagte Richtung und ich begann panikartig hinterher zu traden. Abende lang am Mobiltelefon. Auch las ich in Börenforen immer wieder Kommentare, wie sie dort fast alle super Gewinne gemacht haben etc.. Ich dachte mir: Du musst doch auch nachhaltig traden können etc.. Ich las Bücher und fing aber an wie im Gleichgültigkeits-Rausch auf Disziplin, starre Regeln etc. zu verzichten und tradete auch emotional. Aber am letzten Freitag als der Nasdaq ca. -2.7% gemacht hat (und später noch tiefer ging) und ich schon vorher auf einen Bounce gehofft hatte, habe ich die Geduld endgültig verloren und gedacht, mehr als 2-3% fällt der nicht und bin mit hohen Hebeln rein etc.. Fakt ist, ich habe nochmals eins richtig auf die Fresse gekriegt und habe festgestellt, dass ich börsensüchtig bin. Es tut mir nicht gut und ich nutze meine Zeit nicht mehr gross anderweitig. Meine Freundin ist leider vor ein paar Monaten ausgezogen (wir haben uns getrennt) und irgendwie habe ich einfach meine Freizeit mit Traden (auch während der Arbeit im Homeoffice) ausgefüllt. Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, wo ich überlege, nochmals mein Trading-Konto aufzufüllen und die vergangenen Verluste diszipliniert wieder zurück zu traden. Ich muss schon ein wenig Lachen während ich das schreibe...und warum ist mein Nickname FOMO? Das heisst Fear of missing out - und genau das Gefühl belastet mich sehr, ich habe Angst die besten Gelegenheiten zu verpassen....und der Griff zum Mobiltelefon ist ja ganz einfach....
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 26 Januar 2022, 09:05:29
Hi und herzlich willkommen!

Zitat
und warum ist mein Nickname FOMO? Das heisst Fear of missing out - und genau das Gefühl belastet mich sehr, ich habe Angst die besten Gelegenheiten zu verpassen....und der Griff zum Mobiltelefon ist ja ganz einfach....

Und? Hast Du zum Telefon gegriffen?

Ich möchte Dir gerne eine Aufgabe stellen ... schaue einfach mal, wo Du stehst. Was hast Du bisher im Leben so erreicht? Woran hindert Dich nun die Angst etwas Großes zu verpassen?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 27 Januar 2022, 00:15:56
Da ich mich ziemlich schäme, mit meinen Freunden darüber zu reden, tut es mir vermutlich gut, hier mal meine Geschichte zu erzählen.
Hi FOMO, ich versuche mal meinen Senf dazu zu geben da ich mich mit dem Thema Trading und (potenzielle) Spielsucht beschäftigt habe. Eine Nische hier im Forum, meine eigene Geschichte samt Weg hierher kannst du in diesem Faden nachlesen: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php/topic,4359.msg36029.html#msg36029

Zitat
Ab 2019 dachte ich, dass die Börse überbewertet sei und startete immer wieder Short-Versuche, d.h. ich setzte auf fallende Kurse. Sie fielen leider nicht sondern stiegen weiter an. Dann hatte ich meinen Glücksmoment: Vor dem Coronacrash im März 2020 ging ich short und zack hatte ich 10'000 Euro Gewinn. Ich dachte mir natürlich, dass ich das wiederholen könnte. Die Erholung der Märkte im 2020 und 2021 fand ich übertrieben und ging dann x-mal short, immer ohne Erfolg.
Du kennst sicherlich den Spruch "trade what you see". Meine hohen Verluste kamen dann zustande wenn ich der Meinung erlag wissen zu müssen was wohl passieren wird. Wenn man in "überbewertet" und "unterbewertet" denkt. Wenn man ernsthaft an der Börse unterwegs ist muss man es wie ein Business sehen, die Einnahmen (Gewinne) müssen die Ausgaben (Verluste) übersteigen aber letztere gehören mit dazu, man muss sie akzeptieren und sie immer(!) begrenzen. Das läuft über lange und langweilige Excel-Dateien und Journale ab, es ist definitiv kein Spiel. Auch wenn viele es als solches verstehen, es knallbunte Trading-Apps gibt die genau so gut ein Online-Casino darstellen können - frage dich selbst wem das was nutzt. Der Erwartungswert deiner Geschäfte muss positiv sein. Meinst du es gäbe auch nur ein Online-Casino wenn deren Erwartungswert nicht positiv wäre? In Sachen Spielsucht und deren pathologischen Muster habe ich bei weitem nicht die Erfahrung wie andere User hier, aber ich meine gerade bei Börsengeschäften den schmalen Grat ausfindig gemacht zu haben: es ist die Kontrollillusion. Wenn immer man denkt "das muss korrigieren", "das muss jetzt wieder steigen", "unterbewertet" / "überbewertet"... Löse dich davon, sonst kommst du auf keinen grünen Zweig.

Ich war als ich vor 2 Jahren meinen Beitrag hier verfasst hatte an einem Punkt an dem ich derart paralysiert über mein dämliches Tun war dass ich am liebsten alles hingeschmissen hätte und mir nie wieder einen Chart angeschaut hätte. Nur war ich beruflich dazu verdonnert im FX Hedging eines großen Konzerns weiterhin genau anzuschauen was da an den Märkten passiert. Wenn ich süchtig nach Alkohol, Online-Casinos oder Pornos bin und mir das den ganzen Tag reinziehe dann sieht auch ein Außenstehender dass der oder diejenige wohl ein Problem hat, wenn man den ganzen Tag Charts und Tabellen anschaut dann macht man ja was "seriöses" und kommt ggf als besonders fleißig rüber. Man kann sich aber genau so damit ruinieren, das ist Fakt. Letztendlich bin ich froh dass ich heute meinen Handel im Griff habe - was natürlich nicht heißt dass es auch weiterhin Drawdowns gibt.

Ich habe auch angefangen mit CFD - das kann man halt einfach auf dem Mobiltelefon benutzen und überall traden. Schlussendlich habe ich in den letzten 1.5 Jahren sicher 1/4 meines Vermögens verzockt (ca. 50'000 Euro). Und ich will nicht noch mehr verzocken. Ich bin getrieben davon, meinen Verlust wieder reinzuholen, weil ich eigentlich vielfach richtig gelegen bin in den letzten Wochen, aber immer durch ganz knappe Knockouts und SLs aus dem "Spiel" genommen wurde. Danach gings dann wieder in die von mir vorhergesagte Richtung und ich begann panikartig hinterher zu traden.
Provokative Frage dazu: wie viele Experten kennst du aus deiner Bank-Vergangenheit die mit CFDs oder Knockout-Zertifikaten handeln? Wie ist denn der Erwartungswert dabei (Stichworte Slippage, Spreads, Finanzierungskosten etc.)? Bei den CFD-Buden wird es dir sogar unter die Nase gerieben, weil die gesetzlich dazu verdonnert wurden es zu veröffentlichen. Nehmen wir mal einen beliebigen, großen Anbieter - auf deren Webseite steht:

"CFDs sind komplexe Instrumente und gehen wegen der Hebelwirkung mit dem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren. 74 % der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie verstehen, wie CFDs funktionieren, und ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren. Optionen und Turbozertifikate sind komplexe Finanzinstrumente und gehen mit dem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren."

Aha, 74% verlieren also systematisch Geld damit. Diese Info an sich ist übrigens interessant wenn man dann noch schaut wie die Anleger im Schnitt positioniert sind ;-) Klar, auf Zigarettenpackungen sind auch schreckliche Bilder drauf und es gibt Raucher/innen. Und vermutlich müssen Online-Casinos nicht offenlegen welcher Prozentsatz der Spieler Geld verliert, ich tippe die Zahl wäre nicht 74% sondern eher 99%. CFDs wurden für Kleinanleger geschaffen um diese auszubeuten, der Vergleich mit OCs ist so abstrakt nicht.

Zitat
Auch las ich in Börenforen immer wieder Kommentare, wie sie dort fast alle super Gewinne gemacht haben etc.. Ich dachte mir: Du musst doch auch nachhaltig traden können etc..
Naja in den Börsenforen und bei Twitter liest man immer was über die super Gewinne. Die Verluste erwähnt man dort eher selten. Jeder Händler der nachhaltig profitabel handelt wird dir offen sagen dass man auch Verluste akzeptieren muss. Dass der Markt immer recht hat, nicht die eigene Meinung. Dass Disziplin das A und O ist und Emotionen fehl am Platze sind, das eigene Ego lieber leise sein sollte (PS: deswegen sind Frauen auch erfolgreicher in diesem Geschäft)

Zitat
Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, wo ich überlege, nochmals mein Trading-Konto aufzufüllen und die vergangenen Verluste diszipliniert wieder zurück zu traden. Ich muss schon ein wenig Lachen während ich das schreibe...und warum ist mein Nickname FOMO? Das heisst Fear of missing out - und genau das Gefühl belastet mich sehr, ich habe Angst die besten Gelegenheiten zu verpassen....und der Griff zum Mobiltelefon ist ja ganz einfach....
Zurück traden kann man hier gar nix. Du kannst entweder frische Gewinne machen oder frische Verluste. Und bisher hast du unterm Strich mit deinem Vorgehen Verluste erzeugt. Warum sollte dieser Weg also irgendwie zielführend sein? Entweder du ziehst jetzt einen Schlussstrich, sagst der Börse Auf Nimmerwiedersehen oder du versuchst in einen profitablen Handel zu gelangen und dafür musst du nicht in dein Trading-Konto investieren sondern in dich selbst, in dein Mindset, deine Disziplin. Handelsprotokoll, vor jedem Trade Ziel und Stop festlegen. Vergiss die dämlichen Hochglanz-Videos mit irgendwelchen Lamborghinis, das ist alles Quatsch. Das ist harte Arbeit - die nicht immer fair bezahlt wird. Die berühmten 10.000 Stunden haben bei mir wohl gar nicht gereicht, es hat über zehn Jahre gedauert bis ich es meine einigermaßen verstanden zu haben .Und da sind wir dann in der wohl kapitalistischsten Maschinerie die es auf unserem Planeten gibt plötzlich ganz nah beim alten Marx, frei nach dem Motto nur mit Arbeit entsteht ein Wert.

Ich möchte Dir gerne eine Aufgabe stellen ... schaue einfach mal, wo Du stehst. Was hast Du bisher im Leben so erreicht? Woran hindert Dich nun die Angst etwas Großes zu verpassen?
Ha, geniale Frage. Die sollte man sich in der Tat immer wieder selbst stellen, danke dafür.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 27 Januar 2022, 18:31:17


Und? Hast Du zum Telefon gegriffen?

Ich möchte Dir gerne eine Aufgabe stellen ... schaue einfach mal, wo Du stehst. Was hast Du bisher im Leben so erreicht? Woran hindert Dich nun die Angst etwas Großes zu verpassen?
[/quote]

Hallo und herzlichen Dank für die sehr intelligente Frage.

Ich habe zum Mobiltelefon gegriffen ja, aber kein Geld mehr eingezahlt sondern nur die Kurse angeschaut. Das ist so eine Gewohnheit. Aber mir ist auch bewusst geworden, wie viel Freizeit ich in das "Hobby-Trading" investiert habe und es schockiert mich....

Zu deiner Frage: Sie beschäftigt mich und hat mir Trost gespendet. In den letzten Monaten habe ich viel  Freizeit verpasst mit sinnlosem Kurs beobachten und entscheiden, was ich jetzt tun sollte. Ich war getrieben von der Angst, etwas zu verpassen. Aber eigentlich habe ich im Leben einiges erreicht und bin grundsätzlich zufrieden. Die FOMO-Angst hindert mich, mein Leben zu leben so wie es mir guttun würde...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 27 Januar 2022, 18:48:20
Hi!

Zitat
Aber eigentlich habe ich im Leben einiges erreicht und bin grundsätzlich zufrieden. Die FOMO-Angst hindert mich, mein Leben zu leben so wie es mir guttun würde...

Richtig! Die Angst hindert Dich zudem daran das Erreichte zu genießen!

Eigentlich fand ich gerade meine Frage danach, ob Du zum Telefon gegriffen hast, zu provokant. Aber eigentlich passt sie ...
Wozu schaust Du Dir die Kurse an? Du sprichst von Gewohnheit ... aber eigentlich ist das schon mehr ... nicht wahr?

Beim Glücksspiel reden wir durchaus von einer Gewöhnungsphase, die erst in eine problematische, dann in eine pathologische Phase übergeht. Die Grenzen sind bei jedem verschieden positioniert.
Die Gewöhnungsphase beinhaltet aber bereits das immer weiter steigernde Problem, dass das Glücksspiel im Alltäglichen immer mehr Raum einnimmt und den Alltag schließlich beherrscht. Aus einem Interesse wird ein Bedürfnis und dann ein unbändiges Verlangen.
Wenn Du spielfrei werden möchtest, dann ist es empfehlenswert, wenn Du Dich auch vom Traden und allem damit Verbundenem fern hälst.
Vielleicht ändern wir die Frage einfach mal ab? Wenn Du das nächste Mal nach dem Telefon greifst, um nach den Kursen zu sehen, dann frage Dich einfach: Warum gerade jetzt?
Es gibt nämlich immer einen Auslöser.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 27 Januar 2022, 19:12:19
Hallo Blow Up

Herzlichen Dank für deinen Beitrag.
Als ich deine Geschichte gelesen habe, hat mir das auch Trost gespendet...es ist schön, wenn man nicht alleine ist.

In der Tat bin ich mir bewusst, dass seriöses Trading viel Arbeit und Disziplin etc. bedeutet - ich denke eigentlich, dass ich gut weiss, wie man damit nachhaltig Geld verdienen könnte. Aber es ist harte Arbeit und benötigt viel Zeit. Ich wollte neben der Arbeit im Homeoffice mit halbpatzigen Strategien traden und ich wusste eigentlich von Vornherein, dass das nur mit Glück funktionieren würde. Und das mit den CFDs wollte ich einfach mal ausprobieren und hab insgesamt 20'000 Euro damit verzockt. Die anderen 30'000 aber leider mit Optionen und anderen Derivaten, dort habe ich dann die grösseren Trades gemacht. Und du hast natürlich völlig recht, ich habe mich informiert, bevor ich das CFD-Konto eröffnet habe und viel gelesen und recherchiert. Trotzdem dachte ich: ich bin sicher schlauer als die anderen...CFD ist schon eher eine Abzocke, ich bin mir sicher, dass der Broker teilweise die SLs holt und die Kurse ein wenig mehr ausschlagen lässt, als diese es an der Börse in Wirklichkeit tun. Auch würde es mich interessieren, ob die Charts auf der Handelsplattform alle identisch sind oder für jeden Kunde ein wenig anders aussehen (je nachdem wo ihr SL gelegen hat).

Ich könnte mir durchaus vorstellen, seriöses Trading zu betreiben, aber dafür müsste man ja eigentlich den ganzen Tag dafür opfern und eiserne Disziplin haben. Da bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt der Typ dazu bin. Ich kenne mich zwar in Finanz-Angelegenheiten sehr gut aus mit der Funktionsweise von Börse und Anlageinstrumenten, aber bin wohl emotional zu wenig stark, um roboterhaft mit klaren Stopps und Limits zu traden - denn das ist nötig um erfolgreich zu sein.
Ev. werde ich es mal versuchen, aber momentan sollte ich meine privaten Angelegenheiten in den Griff bekommen und während der Arbeit nicht zu abgelenkt sein und alle 10 Minuten auf die Kurse zu schauen.

Auch war ich irgendwie zu faul, mir eine vernünftige Strategie zu erarbeiten und die Charts sauber zu analysieren und die wichtigen Unterstützungsmarken etc. einzuhalten und zu traden. Stattdessen find ich an, aus dem Bauch heraus zu handeln und das kommt an der Börse eben meistens nicht gut. Und ich hatte am Schluss komplett die Geduld verloren und wollte meine Verluste so schnell wie möglich mit hohem Risiko zurück holen....nur schon wenn ich das schreibe tönt es bescheuert, weil ich genau weiss, dass das gar nicht funktionieren kann....

es ist die Kontrollillusion. Wenn immer man denkt "das muss korrigieren", "das muss jetzt wieder steigen", "unterbewertet" / "überbewertet"... Löse dich davon, sonst kommst du auf keinen grünen Zweig.

Absolut korrekt - da muss ich dir zu 100% recht geben. Das wollte mir nicht in den Kopf, ich dachte immer wieder: zuerst hole ich meinen Verlust wieder rein und danach fange ich an, seriös zu traden mit Konzept und Excel-Listen etc.. Das ist natürlich total unrealistisch :-).

Zurück traden kann man hier gar nix. Du kannst entweder frische Gewinne machen oder frische Verluste. Und bisher hast du unterm Strich mit deinem Vorgehen Verluste erzeugt. Warum sollte dieser Weg also irgendwie zielführend sein? Entweder du ziehst jetzt einen Schlussstrich, sagst der Börse Auf Nimmerwiedersehen oder du versuchst in einen profitablen Handel zu gelangen...

Auch hier, absolut korrekt formuliert und ich glaube für mich zu wissen, dass es momentan besser ist, vorübergehend einen Schlussstrich zu ziehen. Denn ich habe zurzeit Dinge im Leben, die wichtiger sind als Börse gucken und nervös am Abend auf dem Mobiltelefon herumzudrücken....und der angerichtete Schaden ist zwar schmerzhaft, aber verkraftbar aus finanzieller Sicht. Und dafür bin ich dankbar. Ich habe einfach Mühe zu akzeptieren, dass ich das verlorene Geld definitiv abschreiben muss....und es nervt mich immer wieder, dass ich solche Verluste erlitten habe, obwohl ich eigentlich ein ziemlicher Fachmann wäre, denn ich habe wirklich viel Know-How. Aber ich hatte die Grundregeln welche in jedem Trading-Buch stehen leider nur am Anfang eingehalten und danach mehr und mehr nicht mehr ernst genommen (zu hohe Einsätze etc.). Ich muss einfach eingestehen, dass ich entweder nicht geeignet bin fürs Trden oder zu ungeduldig....

Und ja, diese Börsenforen (z.B. auf investing.com) sind eigentlich auch nicht förderlich, denn es werden fast nur immer die Gewinne mitgeteilt und man lässt sich schnell mitreissen von irgendwelchen Marktschreiern....

Gratuliere, dass du dein Handeln im Griff hast - aber kannst du denn deine Arbeit und das Trading so verbinden, dass du für beides genügend Zeit hast? [/quote][/quote]

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 27 Januar 2022, 21:27:00
[...]vorübergehend einen Schlussstrich zu ziehen[...]

Gute Entscheidung! Alles andere würde nur noch mehr Schaden anrichten. Und selbst wenn du es nach ausreichender Pause nochmal probieren solltest: eines der Hauptargument dagegen hast du selbst aus meiner Sicht schon genannt: es ist kein leicht verdientes Geld, kostet unglaublich viel Zeit und viele, viele Nerven. Überleg einfach mal, wie gut es dir momentan geht, wie sehr du (wahrscheinlich) gerade das Leben genießen kannst.

Und frag dich: was wolltest du dir von den Tradinggewinnen kaufen? Ich habe für mich festgestellt, dass ich viel weniger im Leben brauche, um glücklich zu sein. Muss man Freunde und Nachbarn wirklich immer beeindrucken wollen? Es gibt jede Menge guter Bücher zum Glücklichsein, Achtsamkeit etc..

Die Gedanken "eigentlich kenne ich mich sehr gut aus", "Börse muss kein Glücksspiel sein, wenn man es professioniell betreibt", "ich habe so viel Erfahung und habe gefühlt unendlich viele Stunden investiert, soll ich das einfach alles aufgeben?", waren für mich übrigens der Punkt, an dem ich am meisten zu knabbern hatte. Meine ambulante Therapie und vor allem die Gruppendiskussionen (schonungsloses Feedback der anderen Teilnehmer), haben hierbei letztlich den Ausschlag zur Abstinenz gegeben.

Insgesamt eine sehr gute Diskussion von euch. In vielen der inneren Kämpfe, die ihr beschreibt, finde - oder besser: fand :)) - ich mich selbst wieder.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 28 Januar 2022, 00:26:15
Hallo Blow Up

Herzlichen Dank für deinen Beitrag.
Als ich deine Geschichte gelesen habe, hat mir das auch Trost gespendet...es ist schön, wenn man nicht alleine ist.

Freut mich sehr dass ich etwas beitragen konnte, man hat ja die Weisheit nicht gepachtet aber in diesem Feld durfte ich einiges an Erfahrung sammeln :-) Alleine dass du wie ich damals hier her gefunden hast zeigt doch dass du die notwendige Einstiegshürde an Selbstreflexion mitbringst. Der Blick auf das knallgelbe Banner "Glückspielsucht" erdet einen, auch wenn die Trading- bzw. Börsen-Beiträge hier ein wenig deplatziert wirken. Nichtsdestotrotz werden sie geduldet und ich denke die Dichte an Erfahrungsträgern mit Suchtproblemen und Psychologen ist hier höher als wenn man die Diskussion in einem Trading-Forum starten würde. Ich behaupte dass sehr viele an diesem Punkt stehen an dem sich du gerade befindest oder vor geraumer Zeit auch margin_call und ich. Die Dunkelziffer dürfte sehr hoch sein, trotzdem würde es wahrscheinlich wenig bringen die Diskussion in einschlägigen Trading Boards zu starten. Hinter den Retail Produkten wie CFDs, Knockouts etc. steht letztendlich auch da eine Industrie dahinter die genährt werden möchte; im Endeffekt würde es in die selbe Richtung gehen wie wenn du versuchen würdest auf dem Schützenfest die Gefahren von Alkohol oder in der Spielothek die Problematik der Spielsucht zu erörtern. Gerade hat der Aktienmarkt wieder einen leichten Schluckauf, die Zahl der Besorgten dürfte sich in nächster Zeit wohl erhöhen

Und du hast natürlich völlig recht, ich habe mich informiert, bevor ich das CFD-Konto eröffnet habe und viel gelesen und recherchiert. Trotzdem dachte ich: ich bin sicher schlauer als die anderen...CFD ist schon eher eine Abzocke, ich bin mir sicher, dass der Broker teilweise die SLs holt und die Kurse ein wenig mehr ausschlagen lässt, als diese es an der Börse in Wirklichkeit tun. Auch würde es mich interessieren, ob die Charts auf der Handelsplattform alle identisch sind oder für jeden Kunde ein wenig anders aussehen (je nachdem wo ihr SL gelegen hat).
Es gibt auch da genügend schwarze Schafe, sicherlich. Am fairsten ist immer der echte Markt, sprich die Underlyings direkt oder eben die börsengehandelten Derivate (Futures, Optionen). Am Ende des Tages wird man immer dazu verleitet durch den Hebel zu hohe Positionsgrößen zu fahren und dann ist es statistisch nur eine Frage der Zeit bis es schief geht. Viele Hobbytrader machen dann den Fehler und skalieren im Verlust (an alle mitlesenden Nicht-Trader: das ist nichts anderes als die Martingale Strategie) oder handeln schlicht gegen den Trend. Oder ignorieren Marktevents. Oder handeln ohne Stops (nennen es dann "mentale Stops" die bei Bedarf weggezogen oder gelöscht werden). Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Und das sind alles Fehler die man auch nach 15 Jahren Erfahrung noch ab und zu macht, Fehler sind menschlich und man kann nicht permanent zu 100% fokussiert sein

Ich könnte mir durchaus vorstellen, seriöses Trading zu betreiben, aber dafür müsste man ja eigentlich den ganzen Tag dafür opfern und eiserne Disziplin haben. Da bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt der Typ dazu bin. Ich kenne mich zwar in Finanz-Angelegenheiten sehr gut aus mit der Funktionsweise von Börse und Anlageinstrumenten, aber bin wohl emotional zu wenig stark, um roboterhaft mit klaren Stopps und Limits zu traden - denn das ist nötig um erfolgreich zu sein.
Ev. werde ich es mal versuchen, aber momentan sollte ich meine privaten Angelegenheiten in den Griff bekommen und während der Arbeit nicht zu abgelenkt sein und alle 10 Minuten auf die Kurse zu schauen.

Auch war ich irgendwie zu faul, mir eine vernünftige Strategie zu erarbeiten und die Charts sauber zu analysieren und die wichtigen Unterstützungsmarken etc. einzuhalten und zu traden. Stattdessen find ich an, aus dem Bauch heraus zu handeln und das kommt an der Börse eben meistens nicht gut. Und ich hatte am Schluss komplett die Geduld verloren und wollte meine Verluste so schnell wie möglich mit hohem Risiko zurück holen....nur schon wenn ich das schreibe tönt es bescheuert, weil ich genau weiss, dass das gar nicht funktionieren kann....

es ist die Kontrollillusion. Wenn immer man denkt "das muss korrigieren", "das muss jetzt wieder steigen", "unterbewertet" / "überbewertet"... Löse dich davon, sonst kommst du auf keinen grünen Zweig.

Absolut korrekt - da muss ich dir zu 100% recht geben. Das wollte mir nicht in den Kopf, ich dachte immer wieder: zuerst hole ich meinen Verlust wieder rein und danach fange ich an, seriös zu traden mit Konzept und Excel-Listen etc.. Das ist natürlich total unrealistisch :-).

Glaub mir ich kenne diese Gedankengänge wirklich gut. Man schaut auf sein überfrachtetes Depot das im Minus ist und denkt sich jetzt eine Marktkonsolidierung dann bin ich raus aus diesem Schlamassel. Weil es nie schadet es sich selbst ins Gedächtnis zu rufen will ich nochmal kurz auf meine Handelsposition von vor 2 Jahren eingehen (mittlerweile kann ich darüber echt schmunzeln). Genau wie du hab ich der Hausse am Aktienmarkt nichts mehr abgewinnen können und dachte das Top muss jetzt erreicht sein. Diese Meinung hatte ich über 2 Jahre lang (warum sind Privatanleger eigentlich immer so negativ?!). Bis auf ein paar Dividendenwerte war ich mit Mann und Maus short über S&P Futures mit irgendwelchen wilden Optionskonstrukten drumherum. Dann kam der Covid Crash, der breite Markt crashte um -20%. Mein Depot hat dementsprechend zugelegt, über 90 Tsd Euro in wenigen Tagen (von ca. 130 auf 220 Tsd). Ein rationaler Trader wäre nie mit so einer Allokation unterwegs gewesen aber wenn aus irgendwelchen Gründen doch hätte er spästens zu diesem Zeitpunkt gesagt "Was kann mir bitte besseres passieren?" und hätte alle Positionen glatt gestellt. Habe ich aber nicht. Aus welchen Gründen auch immer hatte ich im Eifer des Gefechts entschieden dass der Einbruch übertrieben ist, dass der VIX Höhen erreicht hat welche die Finanzkrise in 2008 in den Schatten stellten. Also habe ich alle Absicherungen (die Futures) geschlossen und bin long gegangen und weil ich mir so sicher war habe ich gleich noch auf eine fallende Volatilität im VIX gewettet. Der kleine Teufel auf meiner Schulter hat gesagt eine Viertel Mio ist zwar toll aber eine halbe wäre noch viel besser.
Es war dann eine Sache von wenigen Tagen, der Markt brach weiter ein, ich bin ich Schockstarre verfallen und wollte es nicht einsehen dass ich komplett falsch lag. Wollte das aussitzen. Der Margin Desk meines Brokers hat sich dann um mein Depot gekümmert da ich die geforderten Sicherheiten längst nicht mehr stellen konnte (Margin Call ist mehrfach erfolgt wenn auch nur elektronisch und nicht wie früher mal telefonisch. Die wären auch komplett überlastet gewesen in der Phase). Aus der erhofften halben Million waren dann noch rund 5000€ übrig, also ziemlich genau 1% :-) Ich hatte mich erst im Nachgang mit den Regularien der Futures auseinandergesetzt (also diese 90-seitigen englischen Dokumente die man einfach als genehmigt weg geklickt hat), rückblickend bin ich meinem Broker sehr dankbar für deren professionelles Vorgehen weil sie mich da auch noch viel schlimmer hätten rausholen können. Dann wären auch noch Nachschussforderungen im Raum gestanden die ich zu der Zeit nicht hätte aufbringen können.
Zur selben Zeit hatten mich Kollegen und Kumpels angerufen oder bei Whatsapp geschrieben und mir gratuliert weil sie wussten dass ich immer davon geredet habe dass ich den Markt shorten werde. Beim Abendbrot lief die Tagesschau und die Panik an den Börsen wurde thematisiert, meine Frau hat mich voller Vorfreude gefragt wieviel Geld ich denn jetzt verdient hätte. Die Antwort die mich geschockt hatte, hatte sie dann auch geschockt ;-) Damals kam ich mir wie der dümmste, ärmste und auch unglücklichste Tropf der Welt vor. War natürlich auch in der damaligen Situation eine schwachsinnige Denke wenn man überlegt wie privilegiert wir in unserem Land leben ggü. vielen anderen.
Irgendwann war das Selbstmitleid vorbei, ich hab mich wieder aufgerappelt - alles hinterfragt, alles geändert. Regeln festgelegt. Rückblickend war diese Erfahrung für mein Trading die beste überhaupt. Die Medizin war sehr bitter aber der Patient hat sie dringend benötigt. Finanziell geht es mir und meiner jungen Familie heute auch besser als zuvor.

Übrigens, kurzer Exkurs: ich meinte dass wohl die Kontrollillusion der Fahrschein in Richtung Spielsucht ist. Dieses Muster das du beschrieben hast und dem auch ich unterlegen bin (nur noch ein Gewinner Trade und ich bringe das alles in geordnete Bahnen), das ist auch ein markantes Merkmal das etwas aus den Fugen geraten ist. Das könnte man sogar 1:1 mit einem Casino vergleichen: einmal den Jackpot abräumen, dann spiele ich nicht mehr. Die meisten gewinnen den nie. Und die wenigen die es schaffen verzocken die Kohle dann wieder. Lies meine Zeilen von oben, ich hatte einen Jackpot in den "dunklen" Tagen. Und wurde dann gierig und hab alles verzockt.

Zurück traden kann man hier gar nix. Du kannst entweder frische Gewinne machen oder frische Verluste. Und bisher hast du unterm Strich mit deinem Vorgehen Verluste erzeugt. Warum sollte dieser Weg also irgendwie zielführend sein? Entweder du ziehst jetzt einen Schlussstrich, sagst der Börse Auf Nimmerwiedersehen oder du versuchst in einen profitablen Handel zu gelangen...

Ich habe einfach Mühe zu akzeptieren, dass ich das verlorene Geld definitiv abschreiben muss....und es nervt mich immer wieder, dass ich solche Verluste erlitten habe, obwohl ich eigentlich ein ziemlicher Fachmann wäre, denn ich habe wirklich viel Know-How. Aber ich hatte die Grundregeln welche in jedem Trading-Buch stehen leider nur am Anfang eingehalten und danach mehr und mehr nicht mehr ernst genommen (zu hohe Einsätze etc.). Ich muss einfach eingestehen, dass ich entweder nicht geeignet bin fürs Trden oder zu ungeduldig....

Unabhängig von dieser Entscheidung die dir niemand abnehmen kann und sollte, ich empfehle dir dringend eine Auszeit von dem gesamten Thema zu nehmen. Mache es plakativ, kündige deiner CFD Bude und hole dir das verbliebene Geld auf dein Girokonto. Wenn du einen Neuanfang beschließt: nimm dir die Zeit eine Strategie zu formulieren die zu dir passt. Suche einen seriösen Broker. Kleine Positionsgrößen (um nicht das Wort Einsätze zu wiederholen, denn wenn du es dann richtig machst wettest du nicht mehr). Ich respektiere die Meinung von margin_call dass eine komplette Abstinenz ein guter und vielleicht der richtige Weg für dich sein kann. Als kleinen Einwand möchte ich anfügen dass nur du dich wirklich um dein Geld kümmern kannst, ohne Sparen steht man im Alter arm da und wenn man die Rendite den Banken überlässt.. du weißt als Bankberater selbst wie "fürsorglich" die mit deinem hart Ersparten umgehen. Die Aktienkultur sollte im deutschsprachigen Raum gestärkt werden, stattdessen wird das Thema stigmatisiert und man erlaubt Produkte wie CFDs und Hebelzertifikate. Das sind Produkte die übrigens in den USA verboten sind -aus gutem Grund wie ich finde weil man viel zu schnell zur Spekulation verleitet wird. Aber jetzt genug geschimpft!

Gratuliere, dass du dein Handeln im Griff hast - aber kannst du denn deine Arbeit und das Trading so verbinden, dass du für beides genügend Zeit hast?
Klappt mittlerweile gut, ich fokussiere mich auf den amerikanischen Markt und handle überwiegend Stillhaltergeschäfte mit klar definierten Regeln. Da braucht es am Abend ne Stunde Zeit wenn der Junior im Bett ist, mehr nicht. Natürlich schaue ich mir tagsüber auch die Märkte an, passenderweise ist mein Job da nah dran. Und alles was viel Aufwand oder Stress und Nervenkitzel verursacht lasse ich konsequent weg - schließlich soll einem der Markt zu mehr Freiheit sprich weniger Arbeit verhelfen und man sollte sich nicht abhängig davon machen. Vor allem letzteres, im wahrsten Sinne des Wortes :-)
Letztes Jahr war der Gegenentwurf zu 2020: ich habe eine gute Ernte eingefahren und die Erträge lagen gleichauf mit den Einkünften aus meinem Job. Trotzdem denke ich zumindest heute gar nicht daran den Job an den Nagel zu hängen - Trading in Vollzeit würde mir wahrscheinlich auch wieder Trades gegen die Langeweile bescheren - ihr wisst was dann passiert.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 28 Januar 2022, 01:08:13
Hallo ihr zwei ,

Ihr fachsimpelt hier so begeistert übers traden,die Börse, gebt auch noch Tipps ,wo und was und wie am meisten Kohle bringt, was eingenommen wurde......aber euch ist schon noch bewusst,dass das hier ein Spielsuchtforum ist,wo Spieler Hilfe suchen, um aufzuhören??! Ist nicht unbedingt so förderlich für andere,sowas triggert. Vielleicht schreibt ihr euch dann lieber per PN weiter......

LG Wolke




Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 28 Januar 2022, 12:29:00
Hallo Margin Call, danke für dein Feedabck! Diese Diskussionen tuen mir echt gut und helfen mir weiter.

Die Gedanken "eigentlich kenne ich mich sehr gut aus", "Börse muss kein Glücksspiel sein, wenn man es professioniell betreibt", "ich habe so viel Erfahung und habe gefühlt unendlich viele Stunden investiert, soll ich das einfach alles aufgeben?", waren für mich übrigens der Punkt, an dem ich am meisten zu knabbern hatte. Meine ambulante Therapie und vor allem die Gruppendiskussionen (schonungsloses Feedback der anderen Teilnehmer), haben hierbei letztlich den Ausschlag zur Abstinenz gegeben.

Ja daran habe ich zu beissen und ev. muss ich mir eingestehen, dass ich zwar Erfahrung habe, aber ev. kein Talent dazu :-). Nichts desto trotz, ich sollte auf jeden Fall momentan eine längere Pause einlegen...da hast du völlig recht...denn ich möchte nicht noch mehr Schaden anrichten. Auch die ganze Zeit die man investiert und nervös auf dem Handy nachschaut ist eigentlich total für die Katz...
Auch gibt es eigentlich auch nichts Materielles, was mir zurzeit fehlt....ich wollte einfach das Geld vermehren und ja, es geht schlussendlich auch um vorübergehende Langeweile oder ein Flüchten vor etwas, sich dann aus diesem Grund mit Trading abzulenken.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 28 Januar 2022, 13:00:00

Hallo Blow Up
Danke für dein ehrliches Feedback und die anregenden Gedanken. Um dem Forum gerecht zu werden (Input von Wolke7) , gehe ich jetzt nicht noch auf die einzelnen Produkte und Strategien ein, teile aber deine Meinung zu 100%. Wenn, dann direkt am Markt, statt über zwielichtige Broker etc.. Und sorry Wolke 7, es tut manchmal gut sich ein wenig detaillierter auszutauschen, damit man die Gedanken der einzelnen Leute nachvollziehen kann.
Übrigens habe ich auch schon in einem Börsenforum versucht, eine Diskussion über Verluste und FOMO-Angst zu starten, die ging aber dann schnell unter oder wurde nicht ernst genommen, auch wenn ich überzeugt bin, dass extrem viele gerne darüber reden wollen, sich aber schämen, weil sie glauben, dass die anderen alles besser gemacht hätten....

Zur selben Zeit hatten mich Kollegen und Kumpels angerufen oder bei Whatsapp geschrieben und mir gratuliert weil sie wussten dass ich immer davon geredet habe dass ich den Markt shorten werde.

Danke für diese Erklärung. Bei mir was es ziemlich ähnlich und auch hier tut es gut mal zu Lesen, dass sich einige Leute die gleichen Gedanken gemacht haben :-). Der Corona-Crash war ja mein Einfallstor für das Ganze nach einem guten Short-Gewinn. Im letzten Jahr habe ich dann auch immer wieder geshortet und den VIX gelongt (und auch ein paar Leuten erzählt, dass ich skeptisch bin und fast immer short) und wurde das letzte Mal im November fast exakt beim Allzeithoch des Nasdaq ausgestoppt. Danach dachte ich mir: Ich warte ab bis im März 2022, dann versuche ich es noch einmal. Nun habe ich den aktuellen Börsentaucher verpasst (und jetzt erhalte ich auch Gratulationen dass ich jetzt den Gewinn einfahren könne und muss dann mit "leider nein" antworten, was mir natürlich peinlich ist) und neulich stattdessen auf einen kurzfristigen Rebound gewettet mit zu hoher Positionsgrösse, welche dann durch den SL komplett rasiert wurde. Ich habe also die Geduld verloren und alle Grundsätze über Bord geworfen. Ich denke, das ist jetzt meine bittere Medizin und ich muss endlich einsehen, dass es das Beste ist, jetzt eine längere Pause zu machen oder einfach damit aufzuhören. Und ja, "nur noch ein Trade welcher gelingt" ist auch wirklich der Fahrschein in den Abgrund....besser man hört sofort auf. Ich habe mir auch mal überlegt, was denn gewesen wäre, wenn ich meinen Verlust zurück-getradet hätte? Ich glaube, ich hätte einfach weitergemacht und wäre irgendwann wieder am gleichen Punkt gelandet....und ja, das Traden in der Langeweile ist ein grosses Problem und sicher 1:1 mit Casino vergleichbar - ich habe jetzt einfach Lust zu traden - wo könnte ich einsteigen?

Auf jeden Fall danke für deine detaillierten Erklärungen und das Aufschreiben deiner Gedankengänge - ich habe mich darin selbst wieder erkannt. Und der kleine Teufel auf meiner Schulter...ich lasse ihn jetzt hoffentlich herunterfallen, damit er mir nicht wieder etwas ins Ohr flüstern kann....

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 28 Januar 2022, 13:17:40
Zitat
ich habe jetzt einfach Lust zu traden - wo könnte ich einsteigen?

Hi!

Woher kommt das bloss? :)

Selbst wenn Du Vieles von Dir weist, so hast Du Dich doch in Rage geredet - oder? Du denkst, dass es gut tut mit jemandem zu reden, der sich auch auskennt? Nun, nicht wenn es um die direkte Suchtausübung geht! Dann passiert das, was hier eben passiert ist ... das craving beginnt ... der Suchtdruck ... das Verlangen ...

Die Glücksspielsucht hat immer etwas mit Gefühlsregulation zu tun. Jeder glaubt Euch, dass ihr das Wissen habt Millionen über Millionen beim Traden zu verdienen. Das Wissen alleine macht es aber nicht aus. Wenn es nur darum ginge, dann wäret Ihr nicht hier, sondern in dem von Dir angesprochen Forum.
Will da wirklich jemand etwas über Eure Emotionen wissen? Über Kontrollverluste? Über vielleicht sogar existenzielle Ängste?

Wenn ein Automatenspieler sich bei GJ im Forum outet als spielsüchtig ... wie oft wird ihm dann von den Spielsüchtigen Unverständnis entgegen gebracht? Hieße es doch sich mit den eigenen Unzulänglichkeiten zu befassen!

Ich denke übrigens jetzt auch, dass genug über die Suchtausübung gesprochen wurde.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Balduin am 28 Januar 2022, 13:56:54
Ich denke, dass die Suche nach Kontrolle und die Illusion diese erlangen zu können ein wesentlicher Gedankengang ist, der uns daran hindert, das selbstzerstörische Zocken mit allen Mitteln zum Stoppen zu bringen.

Dabei kann es dahingestellt sein, ob es Menschen gibt, die mit traden/pokern/automatenspielen dauerhaft Geld verdienen (können) oder nicht.
Wir haben bewiesen: Wir können es nicht. Deshalb sind wir hier. Das ist die Erkenntnis, die uns weiterbringt. Was aber nun, wenn ein Teil in uns sagt, dass es uns ja doch vielleicht möglich ist?

Dann können wir entscheiden, es wieder mit anderen Strategieen zu probieren. Erneut unser Geld riskieren.

Einer der der häufigen Sätze, den viele die neu hier sind denken oder schreiben: Ich bin anders.... online casinos haben mich nie interessiert.....mit Kryptos hatte ich nie Problem.....hätte ich diszipliniert gepokert, wäre alles anders gekommen.....hätte mich das Casino nicht um mein Geld betrogen, hätte ich nicht weitergemacht.... wenn ich keine Geldprobleme hätte, hätte ich nie gespielt...... ich habe ja keine Schulden gemacht, sondern nur eigenes Geld verspielt.....

Das sind alles Vorbereitungsgedanken auf die nächsten Geldeinsätze. Unser SuchtIch kann und will sich nicht mit der Abstinenz anfreunden und diskutiert mit uns.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 28 Januar 2022, 14:12:34
Hey,

man kann sich halt schnell in Rage reden und fröhlich austauschen, wenn es um spezielle Gewinntechniken geht. Hatten wir in der SHG auch mal,als jemand fragte ,was denn dieser Knopf bei dem und den Spiel für ne Funktion hat und wie man das nächste Level erreichen kann.  Plötzlich sprachen alle begeistert von ihren Erfahrungen und erklärtem demjenigen alles dazu.....diese Euphorie musste dann unterbrochen werden, denn alle sprachen liebevoll und glücklich von dem Automaten.

In Gedanken macht der Automat rückwirkend  wieder glücklich und durch solche Gespräche feuert man diese Gedanken wieder an und holt das positive Gefühl zurück und das sollten wir alle vermeiden.

Ja  ,mir tat der Automat erst gut,aber dann war es die Hölle. Die Hölle vergisst man schnell,das gute Gefühl nicht. Deswegen bin ich zumindest, ein Leben lang anfällig dafür und muss auf mich aufpassen. 

LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 28 Januar 2022, 19:10:04
Ui, gute Diskussion hier  :) Ich versuche mal darauf einzugehen in der Hoffnung dass ich nicht vergesse auf Argumente zu antworten die von euch in der Zwischenzeit gepostet wurden

Ihr fachsimpelt hier so begeistert übers traden,die Börse, gebt auch noch Tipps ,wo und was und wie am meisten Kohle bringt, was eingenommen wurde......aber euch ist schon noch bewusst,dass das hier ein Spielsuchtforum ist,wo Spieler Hilfe suchen, um aufzuhören??! Ist nicht unbedingt so förderlich für andere,sowas triggert. Vielleicht schreibt ihr euch dann lieber per PN weiter......
Ich denke übrigens jetzt auch, dass genug über die Suchtausübung gesprochen wurde.
Übrigens habe ich auch schon in einem Börsenforum versucht, eine Diskussion über Verluste und FOMO-Angst zu starten, die ging aber dann schnell unter oder wurde nicht ernst genommen, auch wenn ich überzeugt bin, dass extrem viele gerne darüber reden wollen, sich aber schämen, weil sie glauben, dass die anderen alles besser gemacht hätten....

Die Einwände leuchten natürlich ein. Ich meine zwar dass die bisher beschriebenen Erfahrungen mehr abschreckend als begeisterungsfähig sind aber wir sollten beim Thema bleiben. Daher würde ich es gut finden wenn wir die Thematik Trading und Suchtgefahr öffentlich hier stehen lassen können, irgendwelche Details welche Instrumente, welche Märkte etc spielen aber keine Rolle. Guter Vorschlag solche Details über PN zu besprechen dann wird es auch nicht so unübersichtlich bzw. konfus. Und beim Thema Details, mir hat z.B. der Begriff Craving noch nichts gesagt - danke für die Erläuterung. Das wäre natürlich extrem ungünstig wenn durch das Lesen der Beiträge dieses Gefühl hochkommt!

Einer der der häufigen Sätze, den viele die neu hier sind denken oder schreiben: Ich bin anders.... online casinos haben mich nie interessiert.....mit Kryptos hatte ich nie Problem.....hätte ich diszipliniert gepokert, wäre alles anders gekommen.....hätte mich das Casino nicht um mein Geld betrogen, hätte ich nicht weitergemacht.... wenn ich keine Geldprobleme hätte, hätte ich nie gespielt...... ich habe ja keine Schulden gemacht, sondern nur eigenes Geld verspielt.....

Das sind alles Vorbereitungsgedanken auf die nächsten Geldeinsätze. Unser SuchtIch kann und will sich nicht mit der Abstinenz anfreunden und diskutiert mit uns.
Nun ja, ich muss gestehen ich befinde mich da gedanklich auch schnell in einer Einbahnstraße. Natürlich gefällt mir die Vorstellung dass ich nah dran war ein Spielproblem zu haben aber dann die Kurve bekommen hab. Vielleicht hat mich aber mein ggf. vorhandenes Sucht-Ich auch erfolgreich überredet und das Problem ist nicht behoben sondern nur vertagt. Grund genug hier immer wieder sporadisch vorbei zu schauen und das eigene Tun regelmäßig zu hinterfragen (das sollte man übrigens in vielen Lebensbereichen meiner Meinung nach)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 28 Januar 2022, 20:15:38
Hallo Blow up,

Zitat
Natürlich gefällt mir die Vorstellung dass ich nah dran war ein Spielproblem zu haben aber dann die Kurve bekommen hab.

Widersprechen sich die folgenden Zitate nicht ein wenig von dem ,was da jetzt schreibst? Unterschätzt du das Problem,deine Sucht?



Zitat
Wobei Begeisterung wirklich untertrieben ist, ich handel exzessiv am Finanzmarkt. Alleine in den letzten drei Jahren waren es mehrere Tausend Transaktionen. Ich habe mindestens 150 Bücher gelesen, nebenbei schon zwei Seminare gegeben, mich mit dem schrägsten Kram beschäftigt



Und so kam es dass ich in wenigen Wochen rund 100.000€ verzockt habe.

Ich bin völlig schockiert dass mir das passiert ist und obwohl ich mir die vergangenen Jahre nie in mein „Hobby“ reinreden hab lassen kam mir jetzt nach ein paar Tagen Abstand der zugegeben naheliegende Gedanke dass ich einer massiven Kontrollillusion unterlegen bin. Dass es mittlerweile (oder schon sehr lange?) pathologisch ist.

Obwohl sich an meinem täglichen Leben durch den Vorfall nichts geändert hat, schlafe ich schlecht und mache mir selbst Vorwürfe.

Du hast (noch ) keine Schulden und du hast beruflich mit Trading zu tun......du beschreibst dich als Alkoholiker hinterm Tresen......in der SHG gab es auch jemanden, der zuerst als Spielsaufsicht in einer Spielhalle gearbeitet hat,bevor er süchtig wurde.  Er hat dort gekündigt. Würdest du kündigen, wenn du jetzt weiter privat traden würdest und Schulden machst? Denkst du,du kannst das trennen? Ich fürchte nicht.

Ich höre aus deinen Worten heraus ,dass dein Beruf dein Hobby ist oder umgekehrt und du es etwas auf die leichte Schulter nimmst.......die Geldmenge,die Zeit das Lernen ,das Geld zurückgewinnen wollen,alles spricht für übertriebenes Handeln,also für eine Sucht.
Ich habe den Automaten und andere Spieler und deren Technik auch studiert,Sachen ausprobiert, Tipps auf YT angesehen......
Ich weiß auch nicht,ob deine Frau so genau über Spielsucht /Tradingsucht bescheid weiß, sich der Problematik bewusst ist......sonst würde sie dir keine 5 stellige Summe für eine langfristige Anlage geben.

Pass auf dich auf,achte auf dich,dein Verhalten, vielleicht sprichst du aber auch mal mit einer Suchtberatung.

Lies dir trotzdem nochmal deine Zitate durch und geh mal in dich ,was du dabei fühlst. 

LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 29 Januar 2022, 00:12:00
Widersprechen sich die folgenden Zitate nicht ein wenig von dem ,was da jetzt schreibst? Unterschätzt du das Problem,deine Sucht?
Hi Wolke, danke dass du mir mit dem Zitat meiner eigenen Worte sozusagen den Blick in den Spiegel zeigst, ich kann mich noch gut daran erinnern als ich diese Zeilen schrieb. War wie bereits erwähnt keine leichte Zeit aber eine lehrreiche Erfahrung.

Du hast (noch ) keine Schulden und du hast beruflich mit Trading zu tun......du beschreibst dich als Alkoholiker hinterm Tresen......in der SHG gab es auch jemanden, der zuerst als Spielsaufsicht in einer Spielhalle gearbeitet hat,bevor er süchtig wurde.  Er hat dort gekündigt. Würdest du kündigen, wenn du jetzt weiter privat traden würdest und Schulden machst? Denkst du,du kannst das trennen? Ich fürchte nicht.

Ich höre aus deinen Worten heraus ,dass dein Beruf dein Hobby ist oder umgekehrt und du es etwas auf die leichte Schulter nimmst.......
Thematisch sind Beruf und meine privaten Handelsgeschäfte zwar stark verwandt, teilweise beschäftigt man sich auch 1:1 mit denselben Dingen (z.B. weiß ich wenn ich mich abends um mein Depot kümmere genau wie viele Währungspaare gehandelt werden weil ich mir während der Arbeitszeit die Entwicklungen angeschaut habe). Aber die Praxis läuft dann doch anders ab, in meinem eigenen Bereich trennen mich nur ein paar Mausklicks von der Umsetzung (hier kann man auch in die Gefahr laufen zu zocken!), im Job gebe ich meine Einschätzungen in E-mails, irgendwelchen spezifischen Firmenprogrammen oder im direkten Gespräch mit Kollegen ab, da handel ich selbst überhaupt nix. Da wird dann ein paar Ebenen über mir entschieden ob was wirklich gemacht wird und falls ja macht das dann eine eigene Abteilung in einer angeschlossenen Bank. Davon bekomm ich dann erst wieder was mit wenn das Geschäft vollzogen ist. Eigentlich so spannend wie Telefax, falls das noch jemand kennt ;-) Und ich kann auch nicht in die Versuchung kommen irgendwas verrücktes zu tun, da schauen mindestens 6 meistens aber 8 oder mehr Augen drüber.
Zur Frage ob ich meinen Job kündigen würde: ich bin mit meinem Job nicht verheiratet. Aber momentan Hauptverdiener in der Familie, das Häuschen muss noch abgezahlt werden und aktuell beziehe ich mit Ende 30 ein 6-stelliges Jahresgehalt. Wenn ich mit der Gehaltsvorstellung beim städtischen Forstamt aufschlage würden die mich auslachen. Arbeiten im Wald würde mir tatsächlich großen Spaß machen, ich liebe Outdoor - bin aber nicht sicher ob ich das als Schreibtischtäter überhaupt jeden Tag durchstehen würde. Bei der Arbeit könnten mir zwar alle Währungen egal sein, aber wer weiß vermutlich würde ich dann beauftragt die Holzpreise auszuhandeln. Man kommt halt doch nicht so leicht aus seiner Haut :-)

die Geldmenge,die Zeit das Lernen ,das Geld zurückgewinnen wollen,alles spricht für übertriebenes Handeln,also für eine Sucht.
Ich habe den Automaten und andere Spieler und deren Technik auch studiert,Sachen ausprobiert, Tipps auf YT angesehen......
Geld zurück zu gewinnen war tatsächlich nie mein Antrieb, wenn das die Motivation ist dann ist es zum scheitern verurteilt (da habe ich auch FOMO weiter oben gewarnt). Überhaupt immer der Versuch schnell reich zu werden. Der Vergleich mit dem Automaten hinkt etwas: der ist so gebaut oder besser gesagt programmiert dass der Spielende langfristig immer verliert (negativer Erwartungswert). Sonst würde den niemand aufstellen, es würden keine Räume angemietet und es könnten keine Mitarbeiter bezahlt werden. Es ist ein Losers' game, von vornherein. Und selbst wenn einer von 1000 den Jackpot knackt und diesen dann nicht wieder direkt verspielt - die 999 werden im Schnitt verlieren. Jede Lotterie funktioniert genauso, ich habe zweimal in meinem Leben Lotto gespielt und dann nie wieder, weil es schlicht eine Dummensteuer ist und die Wahrscheinlichkeit auf der Stelle vom Blitz getroffen zu werden ist höher. An der Börse hingegen wird das Geld langfristig mehr wert, wenn man denn nicht ins Zocken verfällt. Dort hast du dann die Wahl ob du Spieler bist oder selbst Kasinobetreiber - und der Verlauf zwischen den beiden Grenzen ist leider fließend.

Pass auf dich auf,achte auf dich,dein Verhalten, vielleicht sprichst du aber auch mal mit einer Suchtberatung.

Lies dir trotzdem nochmal deine Zitate durch und geh mal in dich ,was du dabei fühlst.
Die Zeilen lehren mich demütig zu sein, es ist gut sich das wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Bei einer professionellen Suchtberatung war ich nicht sondern bei der Sozialberatung meines Arbeitgebers. Im vertraulichen Gespräch haben wir besprochen inwiefern Impulskontrolle oder soziale Beziehungen aus dem Ruder gelaufen sein könnten und vor allem ob ich andere Lebensbereiche durch das Trading vernachlässigt habe. Eine wesentliche Frage war ob ich jemals Probleme hatte damit aufzuhören. Die Meinung war dass ich das ganze zwar beobachten solle aber in dem Stadium keine direkte Therapie anzuraten ist. Ich hatte mir damals gedacht dass die Fragen wohl eher einer Checkliste entstammen um zu prüfen ob man Alkoholiker ist, ich bin mir nicht sicher ob die Diagnostik da wirklich so artverwandt ist. Zum Abschied des Gesprächs wollte die Dame dann noch meine Einschätzung wissen was jetzt mit den Mitarbeiteraktien passiert.... da konnte ich mir das lachen nicht verkneifen ;-)
Wahrscheinlich wäre mein Gegenüber aufmerksam geworden wenn ich erwähnt hätte dass ich täglich in eine Spielbank renne, aber auch da wurde das Thema Trading wohl eher "milder" gesehen. Aber wer weiß vielleicht hätte sie mich auch nach meiner Lieblingsbiersorte gefragt wenn ich offenbart hätte dass ich mir jeden Tag eine halbe Kiste Pils reinstelle. Vermutlich war die Qualität der Beratung eher unterdurchschnittlich, um es mal diplomatisch auszudrücken
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 29 Januar 2022, 18:13:44
Hallo zusammen
Besten Dank für eure Kommentare und Hinweise, vor allem auch von Olli. Es hat mich stark zum "richtigen" Nachdenken angeregt wie ich finde. Und ja, wenn ich weiter fachsimpeln möchte, dann tausche ich mich privat aus - das ist sicher gescheiter. Und ihr habt vollkommen recht, in diesem Forum sollte nicht über die Sucht-Ausübung philosophiert werden, sondern über die Verhaltensmuster, welche uns dazu bringen...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: lerntnochimmerdazu am 29 Januar 2022, 20:14:42
War für mich jetzt mal wieder ein Thread, bei dem ich die Einträge der letzten Tage interessiert durchgelesen habe.

Auffällig ist für mich, dass es irgendwo am Ende immer wieder auf Gier und Eitelkeit als Antriebsfedern hinausläuft. Zumindest lese ich das das so heraus.
Ich denke das Problem der Gier kennt jeder, egal ob er Erfahrungen mit Glücksspiel oder CFDs (bzw. Trading im Allgemeinen), oder wie ich beides, gemacht hat.
Man hat irgendwo mal Glück gehabt und anstatt sich über das Glück zu freuen, hat man anschließend vor lauter Gier ein vielfaches an Geld "über den Jordan geschickt".

Ich für mich habe aber auch die persönliche Eitelkeit als Problem definiert und lese diese auch in den Beiträgen hier zum Teil heraus. Ich erkenne mich in dem Rausposaunen von Strategien (Markt überhitzt, Short) durchaus wieder. Wenn ich mich reflektiere: Es ging mir damals schon auch darum zu zeigen, klüger, gewiefter oder abgezockter als andere zu sein und daraus Profit zu ziehen. Alleine deshalb ignoriert man ja gerade bei den CFD schon mal die 3/4 der Leute die Draufzahlen - man gehört ja zum anderen 1/4.

Verluste einzugestehen macht entsprechend dann weniger Spaß. Im Herbst habe ich - und damit mit einigem Abstand zu den Geschehnissen - im Freundes- und Bekanntenkreis eingestanden, hier einen gut fünfstelligen Betrag "verzockt" zu haben. Mit Abstand war es mir mittlerweile nicht mehr so peinlich. Ich denke und hoffe, es war auch Teil des Prozesses damit Frieden zu schließen. Fast noch wichtiger aber: Ich hoffe damit einigen an dieser Runde Beteiligter die Augen geöffnet zu haben. Denn letztlich ging es auch für die Bekannten und Freunde zum Teil, wie anfangs für mich, in der Diskussion um "EasyMoney".
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolfgang am 30 Januar 2022, 01:08:20
Sehr interessante Beiträge und Sichtweisen. Allerdings stelle ich mir die gleiche Frage wie andernorts auch schon: Was macht uns tatsächlich unglücklich? Ist es das Zocken an sich, oder sind es die dabei erlittenen Verluste? Irgendwann endet die Sucht im finanziellem Fiasko. Seltsamerweise kotzt es einen immer erst richtig an, wenn alles weg ist. Ich sag mal, ohne diese hohen Verluste würden hier fast alle ihrer Leidenschaft weiterhin frönen. Warum sollte ich irgendetwas ändern? Dies wäre gleichbedeutend mit der freiwilligen Einschränkung meiner Lebensqualität.
Nun, ich habe alles geändert und zwar kompromisslos. Das Zocken würde mir wahrscheinlich sogar wieder Spaß machen, aber ich habe eben keinen Bock mehr auf Verluste.

Wolfgang
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 30 Januar 2022, 06:02:04
Zitat
Was macht uns tatsächlich unglücklich? Ist es das Zocken an sich, oder sind es die dabei erlittenen Verluste?

Hey,

ich möchte nicht ausschließen, dass ich noch zocken würde,wenn ich noch Geld gehabt hätte. Aber da wusste ich auch noch nicht,wie ich mit meinen anderen Problemen, Sorgen und vor allem mit meinen Gefühlen und Gedanken dazu umgehen sollte. Wie das bei neuen extremen Situationen aussieht,weiß ich nicht. Ich hoffe,ich kann das erlernte aus der Therapie anwenden.

Du erwähnst das Zocken und die Geldverluste.......aber was ist mit dem Verlust der Familie und von Freunden,der verloren Lebenszeit,dem Schlafmangel, den gesundheitlichen Problemen.....? Wäre das alles vergessen bzw wird dem Geld /Gewinn alles  untergeordnet? Hört sich so an.......wenn wir alle gewinnen oder zumindest  +/- rauskommen würden,wären wir Spieler weiterhin sehr egoistische A.........,die mit ihren anderen Problemen nicht anders umzugehen wissen ,weil zocken der einfachste Weg ist und das ist erschreckend und traurig. 


LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolfgang am 30 Januar 2022, 06:59:48
Hallo Wolke,
genau das meine ich. Würden wir uns auch an unsere Familie erinnern, wenn das "Geschäft" einträglicher gewesen wäre? Was meinen wir, wenn wir von einem  "neuen Leben" sprechen? Ist unsere Moral plötzlich eine ganz andere? Wird uns Familie und Gesundheit nur wegen der dauernden finanziellen Verluste wieder wichtig?
Das wäre tatsächlich erschreckend und traurig!

Wolfgang
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 30 Januar 2022, 08:07:33
Guten Morgen!

Ganz wichtiges Thema ... !

Wer mich schon mal gelesen hat ;) , der weiss, dass hier ein anderer Ansatz von mir gemacht wird. Erst existierten die Defizite, dann kam die Sucht. Mit der Sucht wurden die Werte nicht eingehalten. Vielleicht kamen auch noch Defizite hinzu.
Ich denke, dass jeder seinen eigenen individuellen Tiefpunkt hat, den es zu erreichen gilt, um Veränderungen herbei zu führen.
Das kann durchaus der finanzielle Schaden sein - muss es aber bei Weitem nicht. Da braucht nur ein Wert oder eine Norm zu oft mißachtet worden zu sein - einmal zu viel sich schlecht gefühlt worden sein ... und schon wird ein Schalter umgelegt.
Im Moment sieht es so aus, als stünde da der finanzielle Kollaps an erster Stelle der Liste der Gründe zum Umdenken. Ich denke, das kommt einfach daher, weil die Verluste und damit Schulden in viel kürzerer Zeit als früher angehäuft werden können.
Früher verweilten tatsächlich die Glücksspieler durchschnittlich um die 20 bis 30 Jahre in der Sucht.

Ich persönlich mag die "Gier" als Selbstdiagnose gar nicht. Doch das mag jeder betrachten, wie er oder sie es möchte.
Ich mag es nicht, weil die Gier eine Charaktereigenschaft ist, die unveränderlich ist. Wart Ihr wirklich auch schon vor Eurer Sucht gierig? Seit Ihr es jetzt auch als glücksspielabstinent Lebende?
Unser Gehirn sucht nach schnellen Lösungen. Das macht es immer, es ist energieeffizient so zu denken.
Da ist ein Problem, die Lösung könnte passen, mal schnell gegenchecken ... ach, passt schon ... nächstes Thema ...

In unserer Gesellschaft sind wir auf Erfolg gepolt. Meine Eltern haben als Nachkiegsgeneration den Wirtschaftsaufschwung noch miterlebt. Da hieß es oft genug: Du musst die Fingerchen gehen lassen, wenn Du was werden willst!
Also: Nur durch Arbeit hast Du Erfolg, denn dann verdienst Du Geld und wer davon besitzt, der "ist auch wer"!
Nun ja, als kleiner Rebell musste ich dem wiedersprechen und machte genau das Gegenteil ... :)

Die Gier ist in meinen Augen ein Glaubenssatz - und zwar ein falscher. Glaubenssätze haben es an sich, dass sie nicht mehr überprüft werden und ultimativ sind. Wir können sie erst ablegen, wenn wir sie gegen diesen inneren Wiederstand überprüft haben - und zwar so richtig. Es kann sein, dass wir dabei unsere Werteverstüße überhaupt erst wahr nehmen. Doch ich sehe das nicht als Ballast, sondern als Chance es zu ändern. Das Übliche ... die Vergangenheit ist unveränderbar ... Veränderungen geschehen und Leben geschieht im Jetzt ...

Ich denke, dass ein Kriterium des Umdenkens durchaus auch das Alter ist. Wir werden reifer ... lebenserfahrener.
Anders ausgedrückt ... die verbliebene Zeit wird wertvoller, je weniger sie wird! Die Zickerlein hier und da erinnern uns daran ... tagtäglich ...
Dabei machen wir das, was ich schon angesprochen habe: Wir stellen unsere Normen und Werte auf den Prüfstand ... aber doch eher unbewusst.

Von daher möchte ich die Frage von Wolfgang:
Zitat
Würden wir uns auch an unsere Familie erinnern, wenn das "Geschäft" einträglicher gewesen wäre?
... mit Ja beantworten. Vielleicht nur nicht so schnell, doch der Umdenkprozess kommt bestimmt.

Zitat
Was meinen wir, wenn wir von einem  "neuen Leben" sprechen?
Es ist nicht neu ... das klingt, als käme da ein außerirdisches Wesen in unser Gehirn, welches dann in Coexistenz mit uns lebt ... Krankheiten heilt etc.
Alles, was wir brauchen, um abstinent und zufrieden leben zu können, steckt bereits in uns. Viele gehen nicht nur aus Scham nicht in eine SHG, sondern weil sie denken, dass dort eine Art Gehirnwäsche geschieht. Man manipuliert wird Dinge zu tun oder zu lassen, die dem eigenen Wesen wiedersprechen.
Nun, das Wort Gehirnwäsche ist gar nicht so schlecht als Gleichnis, wenn man auf seine Bestandteile schaut. Es muss ja Wäsche existieren, um diese waschen zu können. Der Waschvorgang ist nicht mal näher beschrieben, Die Möglichkeit der Fremdeinwirkung (Waschaschine) ist nicht näher beschrieben. Ich denke mir eher, dass hier die eigene Muskelkraft am Waschzober benötigt wird.
Auch über die Art der Wäsche wird keine Aussage getroffen. Ist es Unterwäsche? Oberbekleidung? Sind es Handtücher oder doch Bettzeug? Wenn es Kleidung ist, wer hat die Mode ausgesucht, die die Wäsche wiederspiegelt?
Genesung ist ein Prozess. Und wenn während der Genesung gegen die eigenen Werte und Normen verstoßen wird, dann fühlen wir uns in erster Instanz unwohl damit und in zweiter Instanz lehnen wir es ab.
Ich rede ja immer davon, dass die Spielsucht nur ein Symptom eines tiefer liegenden Defizites ist. Zumeist sind diese Defizite schwarze Pflecken. Wir können sie selbst nicht sehen. Dies liegt an anserer Erziehung, unserer Sozialisation. Wir haben das gelernt, was nötig war und wenn mehr gebraucht wurde, die Erfahrung aber fehlte, dann wurde etwas vermeindlich Passendes gesucht. Bei uns war es die Suchtausübung. Da gab es in der Anfangszeit des Gewöhnungsprozesses positive Erfahrungen, also erfüllte das Glücksspiel eine Funktion! Und wie bei den Glaubenssätzen auch wurde die Handlung nun nicht mehr hinterfragt und das Gehirn nutzte fortan den einfachen Weg ... den Automatismus.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Juliano5000 am 30 Januar 2022, 10:14:13
Hi zusammen,

Bin auf dieses Thema hier aufmerksam geworden. Ich bin seit dem Corona Crash dabei 2020. Anfangs nur mit ETF, was noch ok war, dann mit Einzel Aktien, und nun mit K.o. Scheinen, ich wünschte ich hätte sie nie entdeckt.

Inzwischen habe ich seit 2020 12.000 Euro verloren. Ich wollte bei 10.000 eigentlich letztes Jahr Schluss machen, das stand eigentlich fest. Doch dann hat es mich wieder gepackt, ich habe meine Karte wieder entsperrt und weitergemacht.

Ich habe eine App wo ich die trades anderer Leute verfolge, manchmal liegen sie richtig manchmal falsch.

Mich hat das traden mit k.o. Scheinen einfach süchtig gemacht. Ich sitze nach der Arbeit mit dem Handy auf der Couch und check den ganzen Tag die Kurse. Bis 22 Uhr, danach kann man nichts mehr traden.

Ein Schock Moment war für mich als Tesla neulich so fiel, ich mit Hebel 50 long dagegen, Schein erst bei 3,00 dann bei 2,00, dann wieder bei 3,00 (wo ich ja plus minus null rausgekommen wäre). Dann bei 2,00 1,50 dann k.o. und 900 Euro weg.

Nunja meine Gesamtsituation ist so, dass ich noch restliche 7.500 Euro Vermögen habe und mir denke, Mann du hättest jetzt locker an die 20.000 Euro schon zusammen sparen können. Ich möchte das Geld unbedingt zurückgewinnen, kann den Stand von verlorenen 12.000 Euro nicht akzeptieren. Ich möchte das auf etwa 5.000 Euro Verlust wieder eindämmen und dann aufhören.

Hat jemand Ideen wie man den Verlust einfach akzeptieren kann? Ich habe die Befürchtung wenn ich jetzt weitermache verliere ich nur noch mehr statt zurückzugewinnen.

Und ich bin damals nur durch eine neue Arbeit (wo ich jetzt nicht mehr bin) und die dortigen Arbeitskollegen auf die Börse aufmerksam geworden. Hätte ich diese Arbeitsstelle mal nie angenommen denke ich mir, dann hätte ich dir Börse auch nie kennengelernt.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 30 Januar 2022, 10:48:37
Hi und willkommen!

Bitte nicht zu viele Details zur Suchtausübung hier schildern. Es triggert Andere und es triggert auch Dich selbst.

Zitat
Nunja meine Gesamtsituation ist so, dass ich noch restliche 7.500 Euro Vermögen habe und mir denke, Mann du hättest jetzt locker an die 20.000 Euro schon zusammen sparen können. Ich möchte das Geld unbedingt zurückgewinnen, kann den Stand von verlorenen 12.000 Euro nicht akzeptieren. Ich möchte das auf etwa 5.000 Euro Verlust wieder eindämmen und dann aufhören.

Wenn der nachfolgende Absatz von Dir nicht gewesen wäre, dann hätte ich wahrscheinlich gar nicht geantwortet. Gedacht hätte ich mir dann aber: Er ist noch nicht so weit! ...
Denn: Welcher Teil von Dir denkt so? Ist es der gesunde Teil oder doch der Süchtige?
Ist es nicht offensichtlich, dass dieser Gedankengang nur einen Zweck erfüllt? Nämlich den des Weitermachens?
Wo liegt wirklich der Hund begraben, dass Du 12.000 als Verlust nicht akzeptieren kannst, 5.000 € aber sehr wohl?
Wie viel von dem Restvermögen würdest Du noch einsetzen und damit potentiell verlieren wollen?
Stellt sich nicht bereits jetzt die Frage, ob Du einen Kredit aufnimmst, wenn der erste Anlauf Deines Versuches schief geht?
Folgt dem einen Kredit dann nicht bald der Nächste ... natürlich ein wenig mehr an Summe aufgenommen als eigentlich nötig, vielleicht klappt ja dieser letzte Versuch?

Das Geld ist für Dich nicht weg ... es hat nur ein Anderer. Geld befindet sich in einem Kreislauf. Heute hat es Person A, morgen schon Person B. Irgendwann kommt es auch wieder zu Dir zurück. Doch was ist wohl die sicherste Einnahmequelle? Ist es nicht Dein wahrer Beruf? Woher kommen denn sonst die Ersparnisse?

Noch ein letztes Spiel ... noch ein letzter Trade ... nur bloß noch der Eine, dann höre ich auf damit .... das funktionierte noch nie und das wird es auch nicht.

Hier noch mal der Absatz, der Dir so wichtig ist und es auch tatsächlich ist:
Zitat
Hat jemand Ideen wie man den Verlust einfach akzeptieren kann? Ich habe die Befürchtung wenn ich jetzt weitermache verliere ich nur noch mehr statt zurückzugewinnen.

Du kannst es einmal als Lehrgeld ansehen für eine wichtige Erfahrung! Du bist fehlbar und darfst es auch sein!
Ich sage mir aber immer wieder, dass ich eine emotionale Dienstleistung bestellt und bezahlt habe. Ich habe also eine Gegenleistung erhalten. Gut, jetzt könnte man noch spekulieren, ob der Preis dafür Wucher ist ... :)

Du stehst wie alle hier einmal oder gerade eben vor dem Problem des Aufhörens. Bist Du bereits dabei, ist es leichter, als Du es Dir je vorgestellt hast. Doch aller Anfang ist schwer: Das "Beginnen" der Abstinenz! Mache es einfach!

Und damit Du nicht denkst, dass Du der größte Looser aller Zeiten bist, höre auf Dich mit irgendwelchen, wahrscheinlich Lügentradengeschichten Anderer zu befassen. Suche Dir eine reale SHG und finde heraus, dass Du nicht der Einzige bist, der der Verführung des Glücksspiels erlegen ist. Endecke, dass es ein wunderbares Leben nach dem Glücksspiel gibt.

Finde heraus, dass Du so gut bist, wie Du eben bist! Dabei geht es doch eigentlich bei der geplanten Reduzierung Deines Verlustes.
Du willst Dir etwas beweisen. Das brauchst Du aber nicht. Keiner zwingt Dich dazu. Wieso also denkst Du es trotzdem?

Heute kann der erste Tag ohne Traden für Dich sein! Klar, das kannst Du Dir auch morgen sagen. Doch wenn Du heute schon beginnst, dann hast Du morgen schon einen Tag Erfolg auf Deinem "Konto". Du sparst Dir also wertvolle Lebenszeit an, die Du anderweitig nutzen kannst. Dass Dein monitäres Erspartes dabei auch gleichzeitg wächst, dürfte durchaus klar sein ...
Heute ist ein guter Tag!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 30 Januar 2022, 18:38:29
Bin auf dieses Thema hier aufmerksam geworden. Ich bin seit dem Corona Crash dabei 2020. Anfangs nur mit ETF, was noch ok war, dann mit Einzel Aktien, und nun mit K.o. Scheinen, ich wünschte ich hätte sie nie entdeckt.
Hi & herzlich willkommen in unserem Faden!

Olli hat dir bereits in einer Form geantwortet die ich so elegant gar nicht hinbekommen würde. Meine kurze Einschätzung der Dinge auch an dich, leider ist das Themenfeld dem du verfallen bist ziemlich weiträumig. Während "langweilige" ETF- oder Aktien-Sparpläne für den Vermögensaufbau sinnvoll sind, so sind Zockereien mit Differenzkontrakten (CFDs) oder eben auch Knockouts/Turbo-Zertifikaten ein großes Einfallstor in die Spielsucht. Was dabei rauskommen kann kannst du hier in vielen Beiträgen lesen, ob man sich mit OCs, Automaten oder Daytrading ruiniert hat spielt am Ende des Tages dann auch keine Rolle mehr.

Auch wenn der scheinbar seriöse Deckmantel der Börse darüber liegt, hektische Ein- und Ausstiege auf kleiner Zeitebene mit Hebel sind wie ein Online-Casino nur dass es anders ausschaut. In den USA sind solche Instrumente übrigens verboten, hierzulande ist es legal. Die Lobby ist auch hier groß und hat tiefe Taschen.

Ich möchte das Geld unbedingt zurückgewinnen, kann den Stand von verlorenen 12.000 Euro nicht akzeptieren. Ich möchte das auf etwa 5.000 Euro Verlust wieder eindämmen und dann aufhören.

Hat jemand Ideen wie man den Verlust einfach akzeptieren kann? Ich habe die Befürchtung wenn ich jetzt weitermache verliere ich nur noch mehr statt zurückzugewinnen.
Akzeptiere was ist, sei erwachsen und trage die Konsequenzen! Der Verlust ist bereits eingetreten, er ist real und es wird auch nicht mehr darüber verhandelt. Es ist ein bitteres Lehrgeld aber am Ende des Tages kommst du darüber weg. Das lässt sich auch nicht rückgängig machen, wenn du jetzt weiter zockst dann bringt dir das neue Verluste oder Gewinne - aber das was du bisher getan hast funktioniert offensichtlich nicht, oder? Und außerdem sei ganz ehrlich zu dir selbst: warum hast du jetzt weniger Lebensqualität wenn die 12 Scheine weg sind? Ist deine Gesundheit dadurch schlechter, dein Verhältnis zu deinen Liebsten? Sind es am Ende nicht einfach Zahlen in irgendwelchen Computern? Also, warum sollte dir das aufs Gemüt schlagen?

Und zur Frage Rückgewinnung - die gilt es ernsthaft zu beantworten und Olli hat dir die meiner Meinung nach einzig richtige Antwort darauf gegeben. Lies dir den letzten, markierten Teil mehrfach selbst laut vor:
Noch ein letztes Spiel ... noch ein letzter Trade ... nur bloß noch der Eine, dann höre ich auf damit .... das funktionierte noch nie und das wird es auch nicht.
Heißt übersetzt für dich: nie wieder Hebelzertifikate, nie wieder CFDs!

Einen kleinen Trost habe ich für dich - bist du in Deutschland steuerpflichtig? Falls ja, dann wandern deine Verluste aus Knock-Out Zertifikaten in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf. Damit lassen sich auch Geschäfte mit den erwähnten langweiligen ETFs verrechnen, die du ganz ohne Zockerei monatlich über einen Sparplan ausführen lassen kannst. Ohne dass du irgendwelche Kaufen/Verkaufen Buttons drückst, keine Charts anschaust und so weiter. Schneller Reichtum funktioniert nicht, slow and steady wins the race (sorry für das "wins", aber das Wort zu ersetzen macht dann sprachlich keinen Sinn mehr ;-)

Heute ist ein guter Tag!
So ist es!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Juliano5000 am 30 Januar 2022, 18:43:00
Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort.
Vermutlich würde ich wirklich nicht aufhören wenn ich jetzt 5.000 Euro zurückgewinnen würde sondern weitermachen. Da hast du schon recht. Das ist eben das verflixte daran.
Das beste wird sein, den Verlust zu akzeptieren, mein Restgeld zu retten und eine Therapie zu machen.

Ich verdiene ganz gut und kann über 1.000 Euro im Monat beiseite legen darum das Vermögen dass sich schnell bildet.

Tatsächlich habe ich Gedanken noch mein restliches Geld einzusetzen und wenn das nicht klappt dann Kredit nehmen, aber das gilt es zu vermeiden. Ich muss jetzt die Reißleine ziehen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 30 Januar 2022, 20:00:28
Hallo und willkommen hier im Forum !

Zitat
Tatsächlich habe ich Gedanken noch mein restliches Geld einzusetzen und wenn das nicht klappt dann Kredit nehmen, aber das gilt es zu vermeiden. Ich muss jetzt die Reißleine ziehen.

Hast du schon eine Idee ,wie du das machen wirst?

LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 30 Januar 2022, 20:49:28
Das beste wird sein, den Verlust zu akzeptieren, mein Restgeld zu retten und eine Therapie zu machen.

Ich verdiene ganz gut und kann über 1.000 Euro im Monat beiseite legen darum das Vermögen dass sich schnell bildet.
Das sind doch beste Voraussetzungen. Idealerweise sparst du gleich zu Monatsbeginn und zahlst dir selbst ein persönliches Gehalt dass niedriger ist als dein tatsächliches. Das Geld dann auf einem Tagesgeldkonto sammeln und den bestehenden Marktzugang erst mal dicht machen. Die 12.000€ spielen keine Rolle mehr, sei froh dass es nicht mehr war (du kannst dir weiter oben meine Eskapaden durchlesen, es war vom Hoch zum Tief ungefähr eine Viertelmillion. Die hätte aber mein jetziges Leben weder verbessert noch verschlechtert. Steuerlich geht dir der entstandene Verlust nicht verloren (mache eine Steuererklärung dann bekommst du den Verlustvortrag vom Finanzamt). Nutze die Zeit um deinen Vermögensaufbau zu planen, Spoiler Alarm: Knockout-Zertifikate oder CFDs kommen dabei nicht vor…

Tatsächlich habe ich Gedanken noch mein restliches Geld einzusetzen und wenn das nicht klappt dann Kredit nehmen, aber das gilt es zu vermeiden. Ich muss jetzt die Reißleine ziehen.
Ja das solltest du unter allen Umständen vermeiden. Warum hast du mit den Trades überhaupt angefangen, vermutlich weil du finanziell besser gestellt sein wolltest. Du siehst was passiert ist.Wenn dir jetzt jemand einen ersten Kredit ausreicht und du unverändert so weiter machst stehst du in einigen Wochen oder Monaten an der selben Stelle aber dann mit 30.000€ Verlust oder mehr. Die Spirale dreht sich dann schnell und selbst der Gedanke daran sollte dich abschrecken. Vielleicht sprichst du mit jemand Vertrautem aus deinem Umfeld darüber, das gibt dem eigenen Vorhaben nochmal mehr Verbindlichkeit.Bitte unterzeichne keinen Kreditvertrag, damit verbaust du dir unter Umständen viele Möglichkeiten in deinem späteren Leben (Immobilienerwerb, Firmengründung etc)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Juliano5000 am 30 Januar 2022, 22:08:51
@ Wolke: ich habe erstmal alles auf mein normales Bankkonto gerettet und mir den Zugang gesperrt bei den Brokern.

@ Blow: Den Verlustvortrag mach ich. Frage mich aber für die Zukunft was darf ich und was nicht. Krypto erlaubt? ETF erlaubt? Oder einfach gar nix mehr dergleichen. Ich denke mir an sich: investieren sollte erlaubt sein, nur spekulieren nicht.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 30 Januar 2022, 23:37:53
@ Blow: Den Verlustvortrag mach ich. Frage mich aber für die Zukunft was darf ich und was nicht. Krypto erlaubt? ETF erlaubt? Oder einfach gar nix mehr dergleichen. Ich denke mir an sich: investieren sollte erlaubt sein, nur spekulieren nicht.
Da kann ich dir leider kein Patentrezept an die Hand geben, zunächst solltest du erst mal gar nichts mehr handeln um Abstand zu bekommen. Und zeig mir mal exakt die Grenze zwischen Investieren und Spekulieren, auch das ist fließend sobald du auf Einzelwerte oder z.B. einzelne Rohstoffmärkte gehst. Ich meine das ist eine sehr individuelle Angelegenheit.

Spontaner Gedankengang: wenn du ernsthaft Vermögen aufbauen willst bei einem Realzins von -4% dann musst du einen für dich geeigneten Weg finden. Weniger riskant ist wohl das, was die Begeisterungsfähigkeit eines Formulars für dich hat. Ein ETF-Sparplan der monatlich ausgeführt wird ohne dass du schaust zu welchem Kurs. Ein Ding das du einmal einrichtest, wenn du hier schon einen Trigger siehst bitte einen Vertrauten da mit drüber zu schauen. Wenn du wissen willst wie sich dein Vermögen entwickelt,dann schaust du an einem Wochenende wenn die Märkte geschlossen sind drauf. Und auch nicht jedes Wochenende, einmal im Quartal, Halbjahr oder Jahr. Mit einem “klassischen” Broker, keine “bunte” Trading-Apps. Überhaupt solltest du alles vermeiden was einen Impuls auslösen könnte, schau nicht während der Handelszeit drauf. Wenn wieder eine volatile Marktphase ist und du über Nachrichten beschallt wirst, dann versuche es auszublenden.

Alles was aktiven Handel anbelangt solltest du ignorieren wenn du eine Suchtgefahr erkannt hast. Und Kryptos würde ich, zumindest in der Form wie sie sich heute darstellen, komplett weglassen. Dort hast du große Handelsspannen, das Zeug wird 24h an jedem Tag gehandelt - größte Trigger-Gefahr wenn du mich fragst.

Aber, nochmal zur Erinnerung: die nächste Zeit Füße still halten  ;)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 31 Januar 2022, 21:32:43
Zitat
Spontaner Gedankengang: wenn du ernsthaft Vermögen aufbauen willst.......

..........dann lässt du die Finger von allem  und dein Vermögen wächst um 12.000€ pro Jahr...........besser geht's nicht!!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 31 Januar 2022, 21:49:08
Zitat
Aber, nochmal zur Erinnerung: die nächste Zeit Füße still halten

Nur für heute !

Immer nur nur für heute. Das reicht. Morgen darfst Du Dir überlegen, ob Du ihn wieder nutzt. Weiter wollte ich gar nicht denken wollen.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: radfahrer am 22 April 2022, 20:08:12
Hallo,

ich bin 37 Jahre alt, spekuliere seit 18 Jahre an der Börse und bezeichne mich als „spekulationssüchtig“. Um gleich mal die Tragweite und Schwere vorwegzunehmen: bis heute habe ich dadurch fast 95.000 EUR verloren, ganz zu schweigen von meiner Lebenszeit.
...

Ich habe in 10 Jahren ca. 65.000 Euro mit Forex im Day Trading und auch mit Aktien-Optionen verballert.

Ich kann alles haargenau nachvollziehen, was du schreibst, möchte aber mit meinem positiven Beispiel hier einmal antworten.
Denn ich habe es geschafft, mich vom Spieler an der Börse zum erfolgreichen Day Trader zu wandeln.

Die Gründe des Mißerfolgs hast du ja bereits ausführlich berichtet, ich fasse sie gemäß meiner Erfahrung nochmal zusammen:

- zu großer Hebel
- keine Verlustbegrenzung (kein Stopp-Loss und Nachschießen im Verlust)
- Kontrollverlust (Sucht)

Diese Punkte trafen auf mich komplett zu, v.a. der 400'er Hebel bei Forex, der erst vor einigen Jahren verboten und in der EU auf 30 reduziert wurde, brach mir in meinen früheren Trading-Abenteuern das Genick. Der größte Tagesverlust im EURUSD war ca. -15.000 Eur, nachdem ich mein gesamtes Erspartes mit maximalem Hebel einsetzte. Es war im Juli 2013, als es eines nachts zu einem Short-Squeeze im  EURUSD kam und ich ungläubig zuschaute, wie mein Konto Richtung Margin Call rauschte. Noch einige Punkte vor dem Ende betete ich zu Gott, dass nun endlich  die Gegenbewegung eintreten müsste.

So erging es mir viele Jahre, und ich war in einem Sucht- und Selbstzerstörungs-Muster gefangen.

Aber nun zum Positiven.
Ich hatte zum Glück noch nie mit fremdem Geld gespielt, und das war immer meine absolute Grenze. Auch die Begleichung meiner Kosten, Miete etc. habe ich niemals risikiert.
Ich bin so wie du ein sparsamer Mensch. Wenn ich pleite war, habe ich einige Monate gewartet, um dann wieder mit Beträgen zwischen 1000 und 5000 Euro einzusteigen.

Was hat mich nun aber mittlerweile zu einem erfolgreichen Trader seit zwei Jahren gemacht (ich trade fast jeden Tag)?

1. Ganz wichtig war, den Hebel zu begrenzen, wie schon geschrieben, hat hier glücklicherweise der Gesetzgeber bei Forex und CFD den Hebel auf max. 1:30 begrenz (vorher 1:400)

2. Ich führe ein Tradingtagebuch

3. Ich konzentriere mich nur auf einen Markt, den ich kenne und wo ich mich "sicher" fühle. So vermeide ich es, mich in vielen Märkten zu verzetteln.

4. Ich betreibe im Gegensatz zu früher eine technische und fundamentale Analyse, also weg vom Spielen, hin zur Strategie.

5. Ich habe "goldene Regeln", die auch durch das Tradingtagebuch unterstützt werden.
Dazu gehören v.a.
- Max. Tagesgewinn- oder Verlust (200-400 Eur) dann aufhören, d.h. Vermeidung von "Overtrading"
- Feste Handelszeiten (bei mir 9:00 bis 16:00 Uhr)
- Rigorose Verlustbegrenzung, auch hier hilft das Tradingtagebuch, indem man sich an früheren Verlusten orientieren kann und Verluste als naturgegeben akzeptiert
- Kein Nachschießen von Kapital im Verlust
- Sporadisches Aufhören mit dem Traden einige Wochen, um den "Kopf freizubekommen"

Durch diese Regeln handel ich mittlerweile seit zwei Jahren erfolgreich, habe ein kontinuierliches Wachstum an kleinen Gewinnen.
Die Zeiten, als ich glaubte, das schnelle Geld machen zu können, sind vorbei. Denn das kann man im Day Trading nicht ohne hohes Risiko und großes Kapital.
Ich verdiene im Monat mit Trading ca. 1000 Euro neben meinem normalen Gehalt als selbständiger Programmierer.
Ich gebe mich mit den kleinen Gewinnen zufrieden und halte mich an die eisernen Regeln.

Diese Regeln geben mir Sicherheit. Ich kam durch sie aus der Gier-Angst-Sucht-Spirale raus und habe meine frühere Sucht jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt überwunden.

Ich habe kein Interesse mehr, in das alte Muster zu verfallen, da ich ein besseres, erfolgreiches Muster für mich entwickelt habe.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 22 April 2022, 20:41:40

lieber Radfahrer,

sei gegrüsst!

Was willst Du uns mit Deinem Beitrag sagen? Wenn ich Deine Geschichte so lese dann denk ich mir: in3,5 Jahren biste – wenn alles gut geht – auf +- 0. Du hast ca 16 Jahre Deines Lebens mit Scheinen, Aktien, Hebeln, Warentermingeschäften, Währungen etc. verbracht. Ist das ein Leben, wie Du es uns schmackhaft machen möchtest? Ist DAS Leben?

Gruß Rainer

PS: in diesem Forum geht es nicht darum, wie ich ein erfolgreicher Trader werde. Wir suchen nach einem lebenswerten Leben!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: radfahrer am 22 April 2022, 20:46:08
Edit Olli: Vollzitat entfernt


Ich sage ja nur, dass es einen Weg aus der Suchtspirale gibt, ohne komplett zu verzichten.
Es geht um positives Umprogrammieren

Sucht ist immer eine falsche Programmierung im Belohnungssystem, wenn man eine erfolgreichere Strategie entwickelt, kann sich die irrationale Suchtspirale verändern.
So jedenfalls meine Erfahrung.

Ich verstehe es nicht, dass hier nur "kompletter Verzicht" gepredigt wird.
Es gibt ja erfolgreiche Trader, und die haben eben gewisse Regeln, die sie erfolgreich machen.

Traden ist ja nicht komplettes Glücksspiel, wo man definitiv immer verlieren wird.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 22 April 2022, 21:04:31
lieber Radfahrer,

positives Umprogrammieren ????? wie willste jemand der/die am Spielautomaten am Wettschein hängt umprogrammieren??? Du bist Programmierer, ich war es auch. ich kenne niemanden der / die erfolgreich umprogrammiert worden ist. Programme kennen keine Gefühle.

ich frage nochmal: IST DAS EIN LEBENSWERTES LEBEN, brauchst Du den Stress / den Kick ?????

jemand sagt hier immer :"Sucht ist eine Störung der Gefühlsregulation" . wenn Du danach gugelst kommst Du zwangläufig auf "borderline Störung". kannst Du borderliner umprogrammieren?

ein nachdenklicher Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 22 April 2022, 21:26:27
Hallo Radfahrer,

du kannst das ja so für dich machen,aber ich möchte komplett spielfrei bleiben und hier keine Tipps und Tricks lesen,wie ich Geld nebenbei machen kann . Ich möchte nicht von der Automatensucht ,in die Wettsucht kommen ,um dann zum Traden über zu gehen......was du schreibst ,das triggert mich.

Es wäre nett,wenn du sowas mit Gleichgesinnten wenigstens per pn hier schreiben könntest. Obwohl deine Beiträge auch eher in ein Börsenforum passen.

Ich kann am Automaten nicht an der Leiter die Gewinne teilen,ich muss ganz hochdrücken. Ich kann nicht nur ein bisschen spielen oder vorsichtig wenig Geld bei bestimmten Spielen einsetzen. Ich kann ,ich muss volles Risiko, deswegen gibt es bei mir nur völlige Abstinenz.  Egal ob Halle, Casino,OC ,Wettbüro,Trading ,Kartenspiele oder Kniffel.

Ich finde es gut,dass du deinen Weg gefunden hast. Dieser Weg funktioniert anscheinend bei dir,bei mir würde er die Sucht nur wieder entfachen.

LG Wolke

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wirbelwind am 23 April 2022, 01:15:20
Eigentlich wollte ich nur mal schauen was genau Spekulationssucht ist und dann lese ich hier, wie toll und schön man das doch mit System hinbekommen kann O_O

Ich sehe trigger über trigger und STAUNE sehr wie mein Gehirn und meine Gefühle damit JETZT gerade umgehen und stelle dabei fest wie WENIG GELD MIR bedeutet, nämlich NIX !
Ich finde es sehr erschreckend wieviel NÜCHTERNHEIT hier rüber kommt....

@Wolke 7, ich bin VOLL und GANZ bei Dir, bis auf die totale Abstinenz, da arbeite ich noch schwer dran. Wenn Du mal Lust und Zeit hast, gerne eine PN wie du das so "wuppst" so auf echt alles zu verzichten bzw. ja auch aus dem weg zu gehen OHNE ebend zu "krank zu verlagern auf was anderes".....
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 23 April 2022, 07:41:54
Guten Morgen Radfahrer!

Eines der Probleme süchtiger Spieler ist der Verlust der Kontrolle. Dies ist Dir, wie Du schilderst, selbst passiert.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Ich akzeptiere das ... und 2. ich kämpfe dagegen an.
Meine Erfahrung ist, dass diejenigen, die akzeptieren, dann auch Veränderungen etablieren, die sie nicht nur spielfrei werden lassen, sondern auch beginnen, ihr Leben zu genießen.
Die, die Kämpfen, so wie Du gerade, verweilen in der Sucht. Etwas, was wir wirklich gut können, dass ist sich zu arrangieren. Es gibt tausende Wege sich zu arrangieren. Ich kann mir auch einreden, dass sich die Zeiten gewandelt haben und ich ab heute erfolgreich bin. Für einen Automatenspieler bin ich da das beste Beispiel. Mir hat man mal vorgeworfen, ich könne mich, da ich nie solch enorme Schulden aufgebaut habe, wie es heute üblich ist, gar nicht nachvollziehen, wie es ist solche Schulden zu haben.
Ich kann gar nicht genau sagen, wie viel ich genau verspielt habe. Wenn ich aber mal grob überschlage und den Geldwert von heute ansetze, dann sind das mehr als eine Viertelmillionen ... Doch ... kann ich ... Wie oft habe ich mir eingeredet ... jetzt lässt Du es sein! Siehst´e ... geht doch! Ich spielte - hörte auf - fing wieder an - steigerte vorsichtig wieder meine Einsätze - war wieder auf dem Level wie eh und je ... hörte wieder auf ... fing wieder an ... ein sich immer weiter drehendes Karussel.
Und das alles nur, weil ich tief in mir drin gar nicht aufhören wollte.
Wenn ich bedenke, wie viel Zeit ich in das Spielen investiert habe ... Jeder einzelne Tag klingt so ... selbstverständlich und gering.
Es ist ja nicht nur die Suchtausübung selbst. Zur vergeudeten Zeit gehört auch die Suchtmittelbeschaffung. Was habe ich Stunden um Stunden abends daran gesessen für billiges Geld Lagepläne zu zeichnen, um das Geld in einer halben Stunde an zig Automaten gleichzeitig zu verballern. Von den 20 Jahren Lebenszeit habe ich bestimmt, wenn man sie zusammenfasst, nur 7 Jahre nicht gespielt. Und davon waren 6 Jahre Schlaf.
Was Du hier machst, das ist das berühmte Spiel mit dem Feuer. Das Ende Deines Suchtbuches ist noch nicht geschrieben.
Gab es unter Tradern nicht auch eine Regel, dass man nur mit dem Geld Traden darf, welches man wirklich über hat? Gab es da nicht eine Zahl, die den Bruchteil des Gesamtkapitalvermögens angibt, mit welchem man tradet? Die Regel scheinst Du ja auch gebrochen zu haben ... oder?
Dein Beitrag triggert nicht nur Andere - er triggert vor Allem Dich selbst! Er suggeriert Dir die Kontrolle zu haben - doch eigentlich hast Du sie nicht - Du zockst ja weiter. Du verschwendest weiter wertvolle Lebenszeit.

Beantworte mal die Frage von Rainer ...

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: radfahrer am 23 April 2022, 10:59:28
lieber Radfahrer,

positives Umprogrammieren ????? wie willste jemand der/die am Spielautomaten am Wettschein hängt umprogrammieren??? Du bist Programmierer, ich war es auch. ich kenne niemanden der / die erfolgreich umprogrammiert worden ist. Programme kennen keine Gefühle.

ich frage nochmal: IST DAS EIN LEBENSWERTES LEBEN, brauchst Du den Stress / den Kick ?????

jemand sagt hier immer :"Sucht ist eine Störung der Gefühlsregulation" . wenn Du danach gugelst kommst Du zwangläufig auf "borderline Störung". kannst Du borderliner umprogrammieren?

ein nachdenklicher Rainer

Positives Umprogrammieren könnte z.B. sein, einen gewissen Betrag pro Jahr fürs "Spielen" zu verwenden.
Also man spielt weiter, aber hält sich an Regeln.

Das positiven Gefühl der Regeln sollte stärker sein, als der zuvorige Kontrollverlust.

Bei mir war es immer ein positives Gefühl, dass ich mir nie Geld fürs Spielen an der Börse geliehen habe und meine sonstigen finanziellen Verpflichtungen
und meine Zeit für den normalen Beruf nicht vernachlässigte.

Sagen wir so:
Ich hatte Phasen des Kontrollverlustes, habe sie aber durch ein Regelwerk in den Griff bekommen.

Warum sollte das keine Option sein?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: radfahrer am 23 April 2022, 11:12:16
Guten Morgen Radfahrer!

...
Die, die Kämpfen, so wie Du gerade, verweilen in der Sucht.  ...

Es ist kein Kampf, es ist ein kontrolliertes Hobby mittlerweile, wobei der Fokus nicht auf "Geld gewinnen", sondern auf dem sporadischen Spaß und der Analyse der Märkte liegt.
Positives Gefühl zieht man aus den Regeln, nicht aus einem imaginären Gewinn.

Also das Halten an Regeln ist wichtiger und erfüllender geworden, als ein Gewinnstreben.

Das meinte ich mit "Umprogrammieren".

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 23 April 2022, 12:43:53
Dir wurde doch schon mehrfach gesagt, dass sich die Leute durch Deine Worte getriggert fühlen.
Wieso respektierst Du das nicht?

Sorry, ich mache mich jetzt unbeliebt bei Dir!

Was Du da schreibst, das bestätigt nur meine Worte. Wieso steckst Du so viel Energie in die Rechtfertigung Deines Standpunktes?
Würdest Du einem Drogenabhängigen tatsächlich nahe legen sich nicht mehr täglich, sondern nur noch wöchentlich eine Nadel zu setzen? Den Fokus nicht auf die Entfaltung des Wirkstoffs im Körper, sondern auf das Setzen der Nadel zu legen?
Glaubst Du wirklich, dass solch eine "Umprogrammierung" logisch ist? Du hast Dir da in Deiner Dir eigenen Welt etwas zurecht gelegt, von dem Dir jeder andere auf dieser Welt sofort abraten würde.
Du zerstörst Dich nur weiter - Du schindest Zeit Dich mit wirklich essentiellen Fragen zu beschätigen.

Zitat
Positives Gefühl zieht man aus den Regeln, nicht aus einem imaginären Gewinn.
Gefühle entstehen aus der Bewertung einer Situation! Diese Bewertung in Sekundenbruchteilen greift aber auf Mechanismen zurück, die bereits mit Deinem Suchtverhalten belegt sind. Erst wenn die Gefühle da sind, folgt die rationale bewusste Bewertung, sofern dies überhaupt erwünscht ist.
Dein Zitat ist daher mit Verlaub nur eine Rechtfertigung - ein Argument sein OK-Plateau nicht zu verlassen. Du konsummierst weiterhin ...

Zitat
Also das Halten an Regeln ist wichtiger und erfüllender geworden, als ein Gewinnstreben.
Das ist der Wunsch nach Kontrolle! So lange Du die Suchtausübung aber nicht einstellst, hast Du die nicht!
Was zum Teufel ist Dir so wichtig daran Deine Form des Glücksspiels so zu verteidigen?

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Ambivalenzforscher am 23 April 2022, 13:06:26
Lieber Radfahrer,
ich habe mir deine Beiträge aufmerksam durchgelesen und habe eine relevante Frage an dich: Weshalb hast du dich hier im Forum registriert? Ist dir bewusst, dass dies ein Glücksspielsucht Forum ist, wo Menschen Unterstützung suchen um vom spielen loszukommen, um wieder ihr Leben in gesunde Bahnen zu lenken.

Deine Beiträge sind voller Trigger und eine "Ohrfeige" für jeden, der das Spielen wirklich loslassen möchte.

Ich wünsche dir Selbstreflektion und freue mich über Antworten.
 
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 23 April 2022, 18:19:22
lieber Radfahrer,

tscha, da iss ja einiges an input hinzugekommen. Ich versuche immer zu verstehen, was der/die andere genau meint. Ich bin über „irrationale Suchtspirale“ gestolpert. Frau Gugel konnte mir da auch nicht weiterhelfen. Frage: gibts auch ne „rationale Suchtspirale“?

Frau Gugel hat mir zur Suchtspirale einen Artikel in scinexx.de vorgeschlagen. Ich zitiere:

SUCHT:
„Sie dient oft als Ersatzbefriedigung für etwas, was man nicht anders bekommt“, sagt Mörsen. Wer beispielsweise im Job keine Anerkennung oder in der Ehe keine Bestätigung bekomme, der suche positive Gefühle und Erlebnisse auf andere Weise. Schnell wird das Suchtverhalten dann zum zuverlässigen Strohhalm, nach dem man immer greifen kann und der so eine Flucht vor den eigenen Problemen ermöglicht.

SUCHTSPIRALE:
Doch bald muss die Reizintensität erhöht werden, um die gleiche Zufriedenheit wie am Anfang zu erzielen. Ein Teufelskreis beginnt. 

„Sucht ist keine Einbahnstraße. Viele schaffen es ohne professionelle Hilfe, sich dem Suchtverhalten lang genug zu entziehen, so dass der Druck geringer wird“, sagt Mörsen.


Da steht nix von umprorammieren, nix von „wie kann ich fröhlich und glücklich meiner Sucht / meinem Hobby fröhnen, wenn ich nur bestimmte Regeln einhalte“………

Sagmal zu Deinen Regeln (ich zitiere):

Positives Gefühl zieht man aus den Regeln, nicht aus einem imaginären Gewinn.

Also das Halten an Regeln ist wichtiger und erfüllender geworden, als ein Gewinnstreben.
------------------------
Nehmen wir mal an, Du tätigst ein Geschäft bei dem Du nicht mehr als 5 % verlieren möchtest. Du steigst rechtzeitig aus und hast nen Betrag x in den Sand gesetzt. Bist Du dann zufrieden, ist Dein Tag erfüllt, hast Du ein positives Gefühl weil Du Deine Regel eingehalten hast????

ich würde mich ärgern, ich würde mich minderwertig fühlen weil ich den Markt falsch eingeschätzt habe…….

Gruß Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rolf1111 am 23 April 2022, 22:13:03
Hallo, ich bin auf dieses Forum gestoßen und finde es sehr hilfreich. Entscheidend ist, dass die Lebensqualität unter der Sucht enorm leidet. Ich habe 2011 angefangen mit Knockout-Produkten zu handeln. Ich habe bis 2013 ca. 700.000 EUR verloren. Bin völlig am Ende gewesen und habe im  Freundes und Bekanntenkreis Schulden gemacht. Ich hatte vollkommen die Kontrolle verloren. Ich habe Tag und Nacht nur aufs Handy geschaut und die Kurse verfolgt. Wenn in den USA der Handel beendet war, habe ich nachts im Bett gelegen und mir die Kurse in Asien angeschaut. Ich habe melne Familie und meine Freunde völlig vernachlässigt und bin depressiv geworden. Ich habe dann schlagartig aufgehört und mir ging es sehr gut. Ich habe einen sehr gut bezahlten Job und habe mich in die Arbeit gestürzt. Es ging alles gut bis 2020. Dann bin ich in der Corona-Krise wieder eingestiegen. Ich habe auf fallende Kurse spekuliert. Das ist gründlich daneben gegangen, nachdem die Notenbanken die Geldschleusen aufgemacht haben und die Kurse rasant gestiegen sind. Bis jetzt sind weitere 300.000 EURO weg. Obwohl ich sehr gut verdiene, bleibt am Monatsende nichts übrig und ich habe auch zwei Kredite aufgenommen. Ich habe sogar eine teuere Uhr ins Pfandhaus gebracht. Das Geld habe ich sofort an der Börse verzockt. Ich habe sehr viel Geld verloren aber man hat nur ein Leben und letztlich will ich nicht auch noch meine Gesundheit und meine Familie verlieren. Ich werde mir dieser Scheisse aufhören, es ist Selbstvernichtung. Ich ärgere mich so sehr, dass ich 2020 wieder angefangen habe. Ich bin es aber selbst Schuld. Ich hatte wieder ein schönes Leben und habe wieder alles ruiniert. Es ist unglaublich.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 24 April 2022, 00:11:47
Hallo Rolf,

sei gegrüsst. Zunächst mal, die Zahlen die Du präsentierst sind sportlich.

Sag mal, Du redest von Sucht, von Deiner Sucht – wie stehst Du denn dazu? Du hast 2011 mit Scheinen angefangen – da hast Du doch bestimmt auch schon vorher einige Zeit mit Börse verbracht. Von 2011 bis 2013  700k verbraten, 7 Jahre Ruhe und dann von 2020 bis jetzt nochmal 300k verbrannt. Richtig? Was war in den7 Jahren dazwischen?  Zwangspause? Oder hattest Du die Sucht im Griff oder hast Du Dich in dieser Zeit als normalhandelnd aber nicht süchtig gesehen?

Wie ist Deine Familie mit der Situation umgegangen? Wusste jemand Bescheid oder hast Du heimlich Kurse gecheckt?

Du schreibst „seit 2020 habe ich bis jetzt ….“ d.h., Du warst am Freitag noch aktiv?

„ich habe sehr viel Geld verloren aber man hat nur ein Leben“ …. DU hast nur ein Leben

Ich wünsch Dir, dass Du Dein schönes Leben wieder findest!

Gn8 Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rolf1111 am 24 April 2022, 03:26:22
Hallo Rainer, die ersten Erfahrungen hatte ich mit Optionsscheinen schon in jungen Jahren gesammelt. Ein Freund hatte mir erzählt, wie viel Geld er mit Aktien und Optionsscheinen verdient. Es war die Anfangszeit des Neuen Marktes. Ich habe dann erst 2011 wieder neu angefangen bis 2013. 2011 hatte ich auch erst gute Erfolge. Dann bin ich gierig geworden und mir hat der Nervenkitzel gefallen. Es ging mir nachher gar nicht mehr ums Geld. Ich hatte jeglichen Bezug zum Geld verloren. Es ist etwas anderes wenn Du 40.000 Euro in der Hand hast oder die Zahl nur eintippst. An Gewinnen konnte ich mich nur kurz erfreuen. Sobald ich gewonnen hatte , ist es ein Drang gewesen, sofort wieder zu setzen, mit höherem Risiko. In der Zeit von Ende 2013 bis 2020 habe ich nicht gehandelt. Dann habe ich gedacht, ich hätte aus meinen Fehlern gelernt und könnte jetzt besonnener agieren. Das war ein Trugschluss. In der Zeit von 2011 bis 2013 wusste meine Familie Bescheid. Das ich 2020 wieder angefangen habe, habe ich verheimlicht. Am letzten Freitag hatte ich das letzte Mal gehandelt. Nachdem die Nasdaq schon ziemlich gefallen war, hatte ich Longpositionen mit hohem Hebel aufgebaut, die dann gegen Handelsschluss ausgeknockt worden sind. 15.000 Euro waren wieder pfutsch. Ich hatte mir vorgenommen Montag weitere Longpositionen aufzubauen. Ich habe aber Samstag beschlossen endgültig aufzuhören. Ich schaue mir keine Charts mehr an  und lese keine scheiss Börsennachrichten mehr. Soll die FED machen was sie will. Ich muss die Finger von Aktien etc. lassen. In der Zeit von Ende 2013 bis 2020 hatte ich es geschafft. Ich hatte mir allerdings einer anderen Sucht zugewendet und bin arbeitssüchtig geworden. Ich hatte auch da keine Grenze gefunden. Ich wollte einfach nicht mehr an die Börse denken. Letztlich verdient man sein Geld durch Arbeit. Ich hätte sicherlich auch ohne großes Risiko in Fonds oder dergleichen investieren können. Das hat mich aber nicht interessiert. Es musste der Kick dabei sein; Adrenalin vielleicht. Mir hat Mal jemand gesagt, Spielsüchtige spielen nicht um zu gewinnen, sondern um zu verlieren. Klingt irgendwie nicht logisch, aber weshalb geht man bzw. gehe ich dann bewusst so ein Risiko ein. Und ich weiß, dass ich das Risiko immer weiter steigern muss. Ist schon bekloppt zumal ich nicht nur das Geld, sondern auch meine Familie, meine Gesundheit und meine Lebensfreude aufs Spiel setze. Wofür? Das muss aufhören ein für allemal.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 24 April 2022, 06:55:34
Hi Rolf!

Herzlich willkommen!

Zitat
Wofür? Das muss aufhören ein für allemal.

Du wandelst hier gerade Deine Energien, die Du bisher in Deine Sucht investiert hast, um in etwas, was Dir gut tun wird.
Der erste Schritt ... das Lesen und dann die Anmeldung und der erste Beitrag in diesem Forum.
Ich denke, dass das nicht reichen wird. OK ... Du kannst weitere 7 Jahre schaffen abstinent zu leben. Das hast Du Dir ja schon bewiesen. Doch Du hast Dir auch gezeigt, dass irgend ein Umstand in Deinem Leben Dich wieder hat zocken lassen.
Wenn Deine Frage da oben aus tiefstem Herzen kommt, dann solltest Du dieser Frage auch auf den Grund gehen.
Ansonsten ... Hamsterrad ...

Es ist schön zu lesen, wie Du bereits wieder innere Hürden aufbaust. Du hast erkannt, dass da etwas in Dir ist, was derzeit wieder so dermaßen selbstzerstörerisch wirkt, dass Du, wie es die GA beschreibt, "Dein Leben nicht mehr meistern kannst".
Dazu zählt auch das zwischenzeitliche Extrem, Deinen Bezug zu Arbeit. Auch durch übertriebene Arbeitswut geht wertvolle Lebenszeit und Lebensqualität verloren. Wahrscheinlich sorgst Du so, wie ich damals auch, für einen permanent hohen Stresslevel, damit Du Dich selbst spüren kannst. Doch who knows ...

Daher suche Dir bitte neben diesem Forum unbedingt reale Hilfe bei Dir vor Ort. Schmeisse die tradingbezogenen Vokabeln heraus und ersetze sie durch Automaten, Sportwettten oder sonstiges Glücksspiel. Es wird sich so mancher Spieler in Deinen Worten wiederfinden.

Zum Schluss noch mal ein paar Worte zu dem Punkt, dass Spieler verlieren wollen.
Für mich ist das ein falsches Gleichnis. Denn Geld ist für einen Spieler nichts wert - es ist Suchtmittel. Also wird so lange konsummiert, bis kein Suchtmittel mehr vorhanden ist. "Gewinne" erhöhen nicht das Kapital, sondern verlängern lediglich die Suchtausübung. Daher will ein Spieler auch gewinnen - er kann dadurch länger kosummieren. Im Ergebnis verliert er aber immer.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Dennis47 am 24 April 2022, 07:00:59
Letztlich verdient man sein Geld durch Arbeit. Ich hätte sicherlich auch ohne großes Risiko in Fonds oder dergleichen investieren können. Das hat mich aber nicht interessiert. Es musste der Kick dabei sein; Adrenalin vielleicht. Mir hat Mal jemand gesagt, Spielsüchtige spielen nicht um zu gewinnen, sondern um zu verlieren. Klingt irgendwie nicht logisch, aber weshalb geht man bzw. gehe ich dann bewusst so ein Risiko ein. Und ich weiß, dass ich das Risiko immer weiter steigern muss. Ist schon bekloppt zumal ich nicht nur das Geld, sondern auch meine Familie, meine Gesundheit und meine Lebensfreude aufs Spiel setze. Wofür? Das muss aufhören ein für allemal.

Du hast dir doch deine Frage (von mir gekennzeichnet) selbst beantwortet.

Mit Geld spielt man nicht

Wenn man spielt sich nunmal immer Emotionen/Gefühle allgegenwärtig. Man will immer gewinnen, das Spiel für sich entscheiden. Wenn man verliert, dann gibt man sich nie geschlagen und versucht es erneut. Dieser Kick ist nicht das Problem, wenn es sich um digital unwesentliche Verluste handelt.
Verliere ich eine Partie in Fifa, dann schalt ich den PC aus und versuche es nächstes Wochenende erneut. Der Verlust kratzt kurzzeitig vielleicht an mein Ego, aber der ist schnell durch den Ehrgeiz wieder bereinigt.

Setzt man aber reale Vermögensgüter ein und verliert, de facto wichtige Tauschgüter (Geld) die man für die private Existenz benötigt, dann wird Spielverlus zur bitteren Realität die man nicht eben weglegen / ausschalten kann. Der dazu führt, das der Ehrgeiz zum Neuversuch die persönliche Finanzsituation nachhaltig beschädigt und am Ende sogar das soziale Umfeld mit hineinzieht
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rolf1111 am 24 April 2022, 09:21:15
Hallo Olli, Du hast Recht, wenn Du sagst, dass es darum geht einen möglichst hohen Stresslevel aufzubauen, möglicher Weise um sich selbst zu spüren. Das habe ich in anderen Lebenssituationen auch. Ich komme beispielsweise immer zu spät, auch zu wichtigen Terminen. Wenn ich beeilen muss, erzeugt das bei mir Stress. Ich hätte diesen Stress nicht, wenn ich einfach früher losfahren würde, das mache ich aber nicht. Ich spiele daher letztlich auch mit der Zeit, um ein Stresslevel aufzubauen. Das ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar. Der ständige Stress ist selbstzerstörerisch. Es geht letztlich auch um das Selbstwertgefühl, dass mir zu fehlen scheint. Ich spiele letztlich nicht nur mit Geld, sondern der Einsatz ist in Wirklichkeit viel höher. Der Spieleinsatz ist letztlich meine gesamte Existenz.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 24 April 2022, 09:51:23
Hi Rolf!

Ja, ja ... der Stress ...
Er braucht unbedingt einen Ausgleich! Ansonsten kommst Du von den Hormonen nicht runter und auch das ist zerstörerisch - körperlich.
Mir ist das echt Jahrzehnte gar nicht aufgefallen. Ach, ich habe es hier schon so oft geschieben ... für Dich noch mal in Kurzform:
Hauptjob, Zeitungen ausgetragen 2* die Woche. Nebenjob Pläne und Teilungen bearbeiten, kompletten Schreibkram für meinen selbstständigen Vater machen, Material für ihn holen in der Mittagspause oder nach Feierabend, ab Freitags mittags zu ihm zu den Baustellen fahren, Samstags mit ihm Fliesen legen oder fugen, dies teilweise auch Sonntags. 2 Dartvereine, Vorstandsposten im Tambourcorps (Zeugwart), dort auch Ausbilder an der Spielmannstrommel, der Dicken, der Tenortrommel und der Becken in drei Sessions hintereinander ... Jugend ... Erwachsene und Gesamtprobe, Jugenwart, Reise- und Feierorganisator ... und da das immer noch nicht genug Stress war, ging ich auch noch in Spielhallen spielen.

Das alles habe ich zurück geschraubt. Nun sitze ich hier seit 6 Uhr, lese und schreibe im Forum, schaue gerade eigentlich einen Animationsfilm auf Englisch. Wenn die Rolladen nicht noch unten wären, würde ich sagen, ich lasse mir die Sonne auf den Wams... den Bauch scheinen :)

Das mit dem zu spät erscheinen kenne ich nicht. Ich mache mir den Stress gefälligst pünktlich zu sein. Dafür nehme ich gerne auch einemal einen Zug vorher (wenn ich denn mit dem Zug fahre).

Der Stress bewirkt nur, dass Du ausgesuchte Gefühle bei Dir verspürst. Wann hast Du das letzte Mal morgens auf das Vogelgezwischer gehört und es auf Dich wirken lassen?
Wann bist Du das letzte Mal durch Deine Wohngegend gelaufen und hast die Veränderungen wahrgenommen? Vielleicht in Erinnerungen geschwelgt?
Ich habe am Freitag mit einem Portugisen in Erinnerungen geschwelgt. Als ich in der 2. Klasse war, sind sie zu uns gezogen. Wir Kinder haben zusammen gespielt und wie haben unser Erstklässlerbuch genutzt, um den Freunden Deutsch beizubringen.
Meine Eltern hatten am Ende einer Sackgasse gebaut, gegenüber einer riesigen Wiese. Wenn wir darüber schauten, dann konnten wir das kleine Haus sehen, in dem sie wohnten. Wie bei uns gab es auch dort einen Nachzügler und auch diese beiden haben viele Jahre zusammen gespielt. Mit der Bebauung der Wiese verloren wir nicht nur den Blickkontakt - so spielt das Leben nun manchmal.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 24 April 2022, 12:47:33
moin Rolf,

Deine posts gehen mir ganz schön unter die Haut; Du suchst Dein schönes Leben zurückzubekommen…..

Ist es schön permanent unter Strom zu stehen? Wie stellst Du Dir Dein schönes Leben vor?

Wann hast Du das letzte mal was schönes mit der Familie unternommen? Weisst Du welche Probleme Deine Kinder gerade haben? Hast Du sie mal gefragt was sie gerne mit Dir unternehmen würden – ob sie überhaupt was mit Dir unternehmn wollen? Was möchte Deine Frau ? Was beschäftigt sie intensiv? Würde sie gerne ein Wochenende mit Dir alleine verbringen wollen?

Falls Du die Fragen anmassend findest: ich hab mehrere gescheiterte Beziehungen hinter mir. Ich habe 2 erwachsene Kinder. Mit meinem Sohn verbindet mich sehr viel, meine Tochter schaut mich mitm Arsch nicht an….

Gruß Rainer

BTW: ich hab mir nochmal den gesamten thread durchgelesen / durchgearbeitet: da steht jede Menge Gutes / Nützliches drin. Ich kanns Dir nur empfehlen!

PPS: wenns mir dreckig geht fahr ich mit der 62 rüber nach Finkenwerder. Ich lass mir „die steife Brise“ um die Nase wehen. Manchmal gibts auch grosse Pötte auf der Elbe zu sehen. Wenn ich Glück habe schwebt auch gerade ein Beluga bei Airbus rein. Dann gehts mir wieder gut. So ein Ausflug wär auch was für ne Familie …..
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: andreasg am 07 Mai 2022, 09:32:38
Guten Morgen ihr Lieben,

interessant hier, den Tread zu lesen, aber die Zeit drängt:

meine Pflegerin kommt gleich. Will ich ihr sagen, daß ich Gestern auf meinem Chefsessel am PC eingeschlafen bin? Die Investition hat sich jedenfalls bezahlt gemacht, denn:
ich muß meiner Ex - noch einen Brief schreiben, die das Sterben und den Tod ihres Bruders betrauert. Heute Abend habe ich mein Männermeeting für Essgestörte - (darum bin ich nicht hier im Zoom - Meeting),
ich brauche noch ein Update für meinen Impfpass - an der Apotheke, und Einkauf und ein Gespräch mit dem Straßemzeitungsverkäufer sind obligarorisch.

Mein verstorbener Ex - Schwager. Bei der Trauerfeier seiner Mutter lernte ich ihn kennen. Er ließ den Kopf sinken, als wir ins Gespräch kamen, und er weinte fast, als er von seiner Arbeitssucht sprach. Er war Facharzt, hat in einer Psychiartrischen Klinik gearbeitet, und eine Praxis für Innere Medizin aufgebaut. Ich wußte, von meiner Damaligen, daß es sein Lebenswerk war. Die "68er Regelung" der Kassenärztlichen Vereinigung hat er gleich - meines Hausarztes - nicht berücksichtigt, sondern mit Anfang 70 sich eine Wohnung im Arzthaus eingerichtet..

Die Sorgen brauche ich ja nicht habenn, wenn die Pflege mit mir ihr "Entspannungsprogramm" vornimmt, dann schlage ich im Kern besser, ich bekomme kaum Träume von meiner Arbeitswelt, also den Traum, daß die Firma fast pleite ist, eine finale Reklamation eines wichtigen Kunden bei mir landet, aber eine Rücksprache bei Disponent und Chef kann nicht erfolgen, weil die sich verpissen, oder mich gerade mobben...


Gestern habe ich leise einen Auszug der Filmmusik "Der Clou" gehört, ohne panische Schreikrämpfe zu kriegen. (Unter dieser Musik fand die Serienausspielung an meinem "Lieblingsautomaten" statt" - auch wenn ich im Geiste die Risikoleiter und den geifernden Blick in mir spürte. Ich habe das Heute in meinem Bewußtsein, daß ich diesen Rausch brauchte, es war meine Droge.

Daß ich ein Cooler, ein ewiger Verlierer war, der nicht zuwege brachte, der alles falsch machte, ungeschickter Linkshänder dazu, der zu dick, zu unsportlich war, der von den Mädchen allenfalls ausgelacht wurde, eben ein Taugenichts, ein Sozialschmarotzer dazu, das durchzog sich von meiner Ursprungspartei, über Schule, Religionsgemeinschaft, und meiner Lieblingspartei. Ich war "der verlorene Sohn" und ich wollte es auch so auskosten. Die Lust auf Selbstverletzung wurde ein Gerüst meiner selbst.

So bleibe ich mei meiner Ausführung hier nicht stehen, ich denke an meine Klinikaufenthalte, und an den Freund, der mich Gestern Abend angerufen hat, weil er den Austausch mit mir mag. (Vielleichht liest er ja auch den Tread mit?

Danke für Euer Verständnis, daß ich nicht anders kann, als meine Erfahrungen hier einzubringen, vielleicht meine Art, einen gepflegten Umgang mit Menschen zu finden.

Gute 24 Stunden
Andreas
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 07 Mai 2022, 11:20:56
Heute Morgen gab es hier im Thread ein neues Posting von User Kontrollverlust und seinen Aktieninvestitionen. Jetzt ist es weg. Wollte eigentlich noch was dazu schreiben.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Ambivalenzforscher am 08 Mai 2022, 22:46:04
Würde gern wissen weshalb der Beitrag von „Kontrollverlust“ nicht mehr da ist. Wurde dieser zensiert oder hat der User ihn selbst gelöscht, warum auch immer.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 09 Mai 2022, 06:51:39
Mein Name ist Hase ...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 10 Mai 2022, 22:27:05
Heute Morgen gab es hier im Thread ein neues Posting von User Kontrollverlust und seinen Aktieninvestitionen. Jetzt ist es weg. Wollte eigentlich noch was dazu schreiben.
Ich weiß, das Thema Spekulation in diesem Forum ist ein eher schwieriges... Aber ich spekuliere darauf dass wir hier in den nächsten Tagen viele neue User und Beiträge aus dem Börsen-/Investing-/Trading-"wie auch immer du das Kind nennen magst" Umfeld bekommen werden. An den Finanzmärkten rappelt es mal wieder.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Ambivalenzforscher am 10 Mai 2022, 22:34:27
Ich würde mich darüber freuen wenn die vielen Daytrader „unter dem Radar“ hier herfinden um sich darüber bewusst zu werden, welch Tragweite Spielsucht haben kann…
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 10 Mai 2022, 22:38:28
Zitat
Aber ich spekuliere darauf dass ....

Tse, tse, tse, tse ... tse ... :)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 10 Mai 2022, 23:14:21
Zitat
Aber ich spekuliere darauf dass ....

Tse, tse, tse, tse ... tse ... :)
Auf frischer Tat ertappt ;-) Vivere est militare
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Ambivalenzforscher am 10 Mai 2022, 23:15:51
Lieber Rolf,
lass gern mal wieder was von dir hören, wie es dir im Moment ergeht. Deine Ausführungen gehen auch mir nah, gerade weil ich viele Parallelen darin sehe zu meinem eigenen Leben.

Schön dass du hier bist.

Viele Grüße
Chris
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 11 Mai 2022, 06:15:34
Heute ist wieder Mittwochsgruppe und Dipl.-Psych. Dr. phil. Jörg Petry erzählt uns etwas zum Thema "Umgang mit Triggern".

Wer immer noch nicht weiß, wie man da hin kommt, dem zeige ich gerne die Tür: :)

https://gluecksspielsucht-selbsthilfe.de/2022/01/28/herzliche-willkommen-zur-online-selbsthilfegruppe/
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 12 Mai 2022, 08:32:40
Heute Morgen gab es hier im Thread ein neues Posting von User Kontrollverlust und seinen Aktieninvestitionen. Jetzt ist es weg. Wollte eigentlich noch was dazu schreiben.

Würde gern wissen weshalb der Beitrag von „Kontrollverlust“ nicht mehr da ist. Wurde dieser zensiert oder hat der User ihn selbst gelöscht, warum auch immer.

Hallo zusammen, ich habe den Beitrag selbst gelöscht. Einmal sicher aus Scham, dann hatte Olli mich sinngemäß gefragt was ich eigentlich hier will. Die Frage hat mich in meinem aktuellen Zustand überfordert.
Wäre schön wenn ihr mir trotzdem was schreiben könntet.

Nunja, letzten Donnerstag war ich 10.000 EUR in den Miesen, habe das Risiko erhöht und war am Freitag dann wie geschrieben bei Minus 20.000 EUR. Ich befürchtete nochmal weitere 20.000 EUR zu verlieren, was dann auch Montag passierte, als ich am Tagesende bei Minus 40.000 EUR stand. Am Dienstag reduzierte ich wenigstens das Risiko, in dem ich verlustreiche hochspekulative Positionen teilweise verkaufte.

Eine sehr große Position schaffe ich aber psychologisch nicht zu reduzieren. Ich hoffe ständig sie würde zurückkommen, um wenigstens 20.000 EUR wieder zu bekommen. Das Geld was durch die Verkäufe zurückkam, habe ich wieder in eine hochspekulative Aktie gesteckt, mit der ich hoffte meine Verluste wettzumachen. :-\

Stand heute sind etwa 50.000 EUR Minus. Wenn ich sehr viel Glück habe, die eine hochspekulative Aktie läuft und meine eine Position zurückkommt, kann ich die Verluste noch ausgleichen. Andernfalls habe ich ca. weitere 50.000 - 70.000 EUR Verlustrisiko. Ingesamt dann 100.000 EUR bis 120.000 EUR.

Es ist schon seltsam, ich war das ganze Wochenende psychisch am Ende, weil ich 20.000 EUR im Minus stand. Am Montagmorgen hätte ich die 20.000 EUR Verluste realisieren können, konnte es psychisch aber nicht. Jetzt mit 50.000 EUR Minus wünschte ich ich hätte bei den 20.000 EUR einen Cut gemacht. Irgendwie ist aktuell eine gewisse Gleichgültigkeit da, am Wochenende ging es mir defininitv schlechter. Ich glaube ich habe mich damit schon abgefunden, wie übel das alles für mich enden könnte. Oder die Hoffnung hilft mir das sich alles ja noch zum guten drehen kann.

Wenn ich es ohne Verlust rausschaffe, würde ich mit dem aktiven investieren aufhören. Andererseits könnte ich es auch heute machen und die weiteren möglichen 50.000 - 70.000 EUR Verluste eben nicht riskieren. ::)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 12 Mai 2022, 08:54:02
Es wäre auch noch was übrig wenn ich jetzt tatsächlich die 120.000 EUR verlieren sollte. Ich bin ansonsten schuldenfrei und habe einen guten Job.

Ich denke das grundlegende Problem ist eine Unzufriedenheit mit dem Leben, dem Job usw. Die Spekulation bot mir einen Ausweg, wenn auch nur in der Fantasie, nie mehr arbeiten zu müssen.
Vielleicht sollte ich mich darauf konzentrieren, wieder die Beziehung zu meinem Job zu reparieren. Grundsätzlich habe ich einen guten und interessanten Job mit netten Kollegen, das Corona Home-Office und eine gefühlte Unterforderung hat mich in letzter Zeit allerdings eine Abneigung entwickeln lassen, meine Produktivität hat ziemlich gelitten. Ich habe aktuell so eine Art Schreibblockade.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: andreasg am 12 Mai 2022, 10:38:47
Zitat
Ich denke das grundlegende Problem ist eine Unzufriedenheit mit dem Leben, dem Job usw. Die Spekulation bot mir einen Ausweg, wenn auch nur in der Fantasie, nie mehr arbeiten zu müssen.
Vielleicht sollte ich mich darauf konzentrieren, wieder die Beziehung zu meinem Job zu reparieren. Grundsätzlich habe ich einen guten und interessanten Job mit netten Kollegen, das Corona Home-Office und eine gefühlte Unterforderung hat mich in letzter Zeit allerdings eine Abneigung entwickeln lassen, meine Produktivität hat ziemlich gelitten. Ich habe aktuell so eine Art Schreibblockade.

Guten Morgen Kontrollverlust.

Beim Lesen der vielen Betrags - Zahlen ist mir ganz schwindelig geworden. Schau bitte einmal nach, ob all' das genannte Geld nicht unter einem großen Trümmerhaufen begraben liegt?

Wir Spielscüchtigen wissen: "verlorenes Geld lässt sich nicht zurück führen;
Viele Spielsüchtige haben das unterbewußte Verlangen, verlieren zu wollen.

Zu erstem, hier gibt es keine Zweifel, ich kenne eben niemanden, dem das gelungen wäre; zu zweitem Das Forum hat sich damit beschäftigt, und hier liegt offenbar die Wurzel in der  Psyche des einzelnen Süchtigen als Grundlage. In meiner Destruktivität kann es ein Anhaltspunkt für den Drang zur Selbstverletztung sein, aber auch ein Erkennen der KRANKHEIT Spielsucht.

Zum Trümmerhaufen: Irgendwo habe ich noch eine Karikatur, die zwei Männer zeigt, die vor einem Schuttberg stehen. Und der Grundbesitzer sagt dem anderen: "Heute fange ich einfach neu an"!

Was ist da alles in dem oben ziterten Satz für Zündstoff drinne, Wow.

Du schreibst - nicht faul, sondern für Nuter es Forums ersichtlich, bitte werde Dir darüber klar, daß Du aktiv geworden bist. We viele Menschen gehen gut mit dem Home - Office um, und wollen es ferner weiter benutzen, wie viele brauchen das Büro, den Betrieb?

Als Beispiel: Selbsthilfegruppe: Es gibt Telefonmeetings, Videokonferenzen, Kontaktmeetings. Die allermeisten Nutzer wünschen sich Präsenzmeetings, weil eben das sesitive Empfinden, der direkte Austausch in allen Sinnen, mit Kolleginnen und Kollegen, eine Athmosphäre erzeugt, die ein Zusammenwirken ermöglicht.

Bitte verstehe, daß ich nicht darüber plappern möchte, wie viele und welche Möglichkeiten es gibt, sich von der Last zu befreien. Der Bagger fängt schon an, das Konvolut der Misstände , d.h. der Trümmer aufzuräumen.

schöne 24 Stunden
Andreas

Edit Olli: Zitatfunktion korrigiert
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 12 Mai 2022, 11:22:08
Moin KoV,

Zitat:
„Einmal sicher aus Scham, dann hatte Olli mich sinngemäß gefragt was ich eigentlich hier will. Die Frage hat mich in meinem aktuellen Zustand überfordert.
Wäre schön wenn ihr mir trotzdem was schreiben könntet.

lass es mich mal versuchen: Du weisst schon, dass Ollis Frage immer noch im Raum steht !?!

Zitat:
„Wenn ich es ohne Verlust rausschaffe, würde ich mit dem aktiven investieren aufhören.“

möchtest Du von uns wissen wie Du es ohne Verlust raus schaffst oder brauchst Du Unterstützung beim Ausstieg? Wie weit bist Du denn süchtig? Willst Du denn überhaupt aufhören? Wie lange bist Du an der Börse aktiv? Wie gut kennst Du Dich aus? Wieviel Zeit frisst sie Dir weg? Hast Du Familie / Freunde / Freundin? Hast Du Hobbies?

Schreibblockade ? Bist Du journalistisch tätig? Dann hättest Du doch nen erfüllenden Job ….


Zitat:
„Irgendwie ist aktuell eine gewisse Gleichgültigkeit da, am Wochenende ging es mir defininitv schlechter. Ich glaube ich habe mich damit schon abgefunden, wie übel das alles für mich enden könnte.“ → das kann sich ganz schnell in Richtung Depression entwickeln – achte auf Dich und geh rechtzeitig zum Arzt!

 Ich muss auch Dich fragen: hast Du den thread komplett durchgelesen???


Gruß Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Ambivalenzforscher am 12 Mai 2022, 11:35:09
Hallo Kontrollverlust,
willkommen zurück :).

Ich möchte mich Andreas und Rainer anschließen. Die beiden haben bereits viele Impulse und Fragen in den Raum geworfen. Ich wünsche dir, dass du diese an dich ranlassen und in dir wirken lassen kannst.

Du schreibst dass du bisher Schuldenfrei seist, also scheinst du die 120.000€ übrig gehabt zu haben? Verstehe ich das richtig?
Ich möchte dir noch mitgeben, dass es eine große Falle ist, wenn du glaubst, ich möchte ja nur mein Geld zurück haben welches ich verloren habe…da ist der Weg zur Schuldenaufnahme nur noch sehr kurz. Ich spreche aus eigener Erfahrung.
Und das damit dann wieder alles gut sei? Nein, ist es nicht. Das geht viel viel tiefer und ist komplex.

Ich wünsche dir die Kraft für einen neuen Weg, ganz ehrlich.

Viele Grüße
Chris
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 12 Mai 2022, 11:42:37
Hi!

Du solltest Dir klar machen, wer da bei Dir im Ring der Boss ist. Das bist ganz alleine Du! Es ist egal, wer was schreibt. Du entscheidest, ob Du es annimmst, ablehnst oder auf Deine Bedürfnisse anpasst.

So ... und nun lese Dir Deinen Beitrag noch mal selbst durch. Was fällt Dir auf? Du schreibst, als säße da jemand in Deinem Oberstübchen, der gegen Deinen Willen Hebel (Hoppla ... Wortspiel) und Knöpfe bedient. Das stimmt so aber nicht!

Wieso schämst Du Dich? Das ist ein ganz wichtiger Punkt! Was löst bei uns Scham aus? Welchen Zweck hat sie?
Kurz umrissen soll die Scham den Zusammenhalt in einem sozialen Gefüge sicher stellen. Die Scham zeigt einem selbst an, dass es da einen selbst verursachten Verstoß gegen die Normen und Werte der Gruppe gibt. Dem Gegenüber zeigt Deine Scham, dass Du Dir dessen bewusst bist. So werden z.B. Konfrontationen vermieden.
Anders herum betrachtet ... Du weisst zu unterscheiden, was richtig und was falsch ist. Ist etwas richtig, dann gibt es in der Regel keinen Grund daran zu rütteln. Doch wie siehst es aus, wenn Di u merkst, dass Du etwas falsch machst? Ist es dann normal, in Stagnation zu verfallen? Sich einer selbst erzeugten Situation, von der man weiss, dass sie einem schadet immer wieder neu auszusetzen?

Nehmen wir ein einfaches Beispiel. Du läufst auf einem Gehweg entlang und starrst auf Dein Handy. Da macht es boing und auf Deiner Stirn wächst ein Hörnchen, weil die Straßenlaterne sich Dir provokant in den Weg geworfen hat. Ist es jetzt ratsam ein paar Meter zurück zu gehen, wieder auf das Handy zu starren und zu hoffen, dass die Laterne dieses mal aus dem Weg springt?
Egal, wie oft Du es versuchen wirst - es wird nicht funktionieren! Boing! ... Boing! ...
Du schließt Dich nun einer Selbsthilfegruppe für Laternengeschädigte an. Du selbst kommst ja nicht auf eine Lösung Deines Problems. Ist es lösungsorientiert sich zu schämen? Oder ist es nicht einfacher in den sauren Apfel zu beißen und Dein Problem offen und ehrlich zu schildern?
Der Eine wird Dir sagen ... "Trete einen Schritt nach links ... " ... der nächste ... "Trete einen Schritt nach Rechts ...". Wieder der Nächste wird Dir nahe legen einen anderen Weg zum Ziel zu nutzen .... ohne lästige Kampflaternen.
Du bekommst Lösungen präsentiert. Egal, welche Du Dir aussuchst, alle werden sich mit Dir über Deine heilende Stirn freuen und niemand wird Dich an Deine Scham erinnern.
Doch Du musst Dir eine Lösung aussuchen! Du - nicht jemand anders - Du alleine! Du bist derjenige, der diese Entscheidung aktiv trifft. Du musst ins Handeln kommen!
Es stimmt nämlich nicht, dass Du ferngesteuert bist. Du bist in Deinen Gewohnheiten gefangen!
Was Du hier in Deinem Beitrag deutlich machst ... Du schiebst Deine moralische Entscheidung vor Dir her ... Du triffst sie nicht. Du übernimmst dadurch keine Verantwortung.
Was ist das für eine Aussage, dass Du trotz der Verluste keine Schulden hast? Ist das nicht ... Augen zu und durch?
Das ist verdammt viel Geld ... dafür hast Du lange sparen müssen. Hattest Du nicht vielleicht sogar ein Ziel für was Du das Geld gespart hattest? Was ist damit geschehen?

Was sind Deine Ziele? Mal unabhängig vom Glücksspiel betrachtet. Was wünschst Du Dir? Was möchtest Du in Deinem Leben erreichen? Wie kannst Du es erreichen?
Welche Deiner Werte verletzt Du selbst gerade? Welchen scheinbaren Vorteil erhälst Du durch diese Verletzung?

Du musst eine Entscheidung treffen! Entweder sie ist passiv ... dann geht alles weiter, wie gehabt. Nur das mit "keine Schulden" wird sich dann irgendwann erledigen.
Oder aber sie ist aktiv, dann musst Du einiges verändern.

Denke darüber nach ... in Deinem Tempo ... keiner hetzt Dich ... keiner setzt Dich unter Druck ...




Ups ... da haben ja schon zwei geantwortet ... ich lasse meinen Beitrag mal trotzdem so stehen ...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 12 Mai 2022, 11:44:31
Zitat
Ich denke das grundlegende Problem ist eine Unzufriedenheit mit dem Leben, dem Job usw. Die Spekulation bot mir einen Ausweg, wenn auch nur in der Fantasie, nie mehr arbeiten zu müssen.
Vielleicht sollte ich mich darauf konzentrieren, wieder die Beziehung zu meinem Job zu reparieren. Grundsätzlich habe ich einen guten und interessanten Job mit netten Kollegen, das Corona Home-Office und eine gefühlte Unterforderung hat mich in letzter Zeit allerdings eine Abneigung entwickeln lassen, meine Produktivität hat ziemlich gelitten. Ich habe aktuell so eine Art Schreibblockade.

Guten Morgen Kontrollverlust.

Beim Lesen der vielen Betrags - Zahlen ist mir ganz schwindelig geworden. Schau bitte einmal nach, ob all' das genannte Geld nicht unter einem großen Trümmerhaufen begraben liegt?

Gefühlt ist mein Leben ein Trümmerhaufen, auch wenn die "Fakten" eigentlich dagegen sprechen: Eine tolle Partnerin, ein guter Job, guter liebevoller Kontakt zur Familie, gute Freunde und eine schöne Wohnung. Trotzdem bin ich dem Alltag meines Lebens einfach überdrüssig und der Gedanke finanziell frei zu sein, hat eine unglaubliche Anziehung auf mich.

Statt zu schauen wie ich aktuell in meinem Leben zufriedener werden könnte, welche kleinen Schritte ich unternehmen müsste, verliere ich mich in Tagträumen wie es wäre finanziell frei zu sein, um die Welt zu reisen, nicht mehr arbeiten zu müssen, mich völlig dem Hedonismus hinzugeben. Vielleicht liegt es daran dass ich mein Leben so viel und hart arbeitete, immer sparsam lebte, jeden Euro umdrehte, mich nur über den Erfolg im Job definierte und lange Zeit alles andere vernachlässigte, was zu einer Depression führte. Heute hätte ich am liebsten nur noch Spaß und keine Verantwortung mehr. Vielleicht ist es das Gefühl so viel verpasst zu haben, weil ich jahrelang arbeitssüchtig war. Ich dachte schon daran alles hinzuwerfen, mit den Ersparnissen intensiv zu leben so lange bis sie aufgebraucht sind und dann sinngemäß den Stecker zu ziehen.

Zitat
Wir Spielscüchtigen wissen: "verlorenes Geld lässt sich nicht zurück führen
Viele Spielsüchtige haben das unterbewußte Verlangen, verlieren zu wollen.

In meinem gelöschten Beitrag fragte ich ob ich überhaupt spielsüchtig bin. In der Vergangenheit war ich arbeitssüchtig (gibt es hier Zusammenhänge?). Ich glaube nicht verlieren zu wollen, war wenigstens in letzter Zeit was das Thema Börse anging auch sehr risikoaversiv. Hatte einen Plan und mich an den gehalten, wollte langfristig agieren. Letzte Woche ist es dann komplett eskaliert und mit dem Gedanken die Verluste wieder reinholen zu wollen, verspiele ich aktuell alles was ich mir über 20 Jahre angespart habe.

Zitat
Zu erstem, hier gibt es keine Zweifel, ich kenne eben niemanden, dem das gelungen wäre; zu zweitem Das Forum hat sich damit beschäftigt, und hier liegt offenbar die Wurzel in der Psyche des einzelnen Süchtigen als Grundlage. In meiner Destruktivität kann es ein Anhaltspunkt für den Drang zur Selbstverletztung sein, aber auch ein Erkennen der KRANKHEIT Spielsucht.

Ich glaube aktuell auch nicht dass es mir gelingt, kann aber psychologisch einfach (noch) nicht aussteigen. Ob ich krank bin? Wäre ich wieder auf Null würde ich sofort stoppen, da bin ich mir sicher. Ich hatte ja immer wieder längere Phasen mit Börsenabstinenz und sie hat mir dann auch nicht gefehlt.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 12 Mai 2022, 11:52:12
Zitat
Wäre ich wieder auf Null würde ich sofort stoppen, da bin ich mir sicher. Ich hatte ja immer wieder längere Phasen mit Börsenabstinenz und sie hat mir dann auch nicht gefehlt.

Sagt der eine Alkoholiker zum Anderen: Du ... ich kann jederzeit aufhören ...

Weisst Du, worin der "Fehler" im ersten Satz steckt? Es ist der Konjunktiv ...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 12 Mai 2022, 12:08:07
Zitat
Wäre ich wieder auf Null würde ich sofort stoppen, da bin ich mir sicher. Ich hatte ja immer wieder längere Phasen mit Börsenabstinenz und sie hat mir dann auch nicht gefehlt.

Sagt der eine Alkoholiker zum Anderen: Du ... ich kann jederzeit aufhören ...

Weisst Du, worin der "Fehler" im ersten Satz steckt? Es ist der Konjunktiv ...

Ja, du hast recht. Danke für eure Beiträge! Ich nutze das kommende Wochenende wenn die Börsen geschlossen sind zum nachdenken.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 12 Mai 2022, 12:21:26
lieber KoV,

ich kann mich noch gut an meine traderei erinnern: auch wenn ich genau Vorstellungen davon hatte wie ich erfolgreich handeln konnte kam ich doch immer wieder in Situationen, in denen ich mich entscheiden musste: Reissleine ziehen oder Laufen lassen. Das Ergebnis (gut gegangen oder nicht) ist jetzt nicht wichtig - allein die Zeit in der Schwebe war die Hölle. Mir wars zu viel Stress!

falls Du dem Hedonismus fröhnen möchtest ist die Börse das absolut falscheste Tun.

gruß Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: margin_call am 12 Mai 2022, 14:53:20
Hi Kontrollverlust,

vielen Dank, dass du dich uns noch doch mitteilst. Viel Richtiges ist schon gesagt worden.

Deine aktuelle Situation ist wirklich sehr schwierig (und von "Investieren" kann hier schon nicht mehr die Rede sein):

1. Stellst du deine "Investition(en)" glatt, wirst du mit ziemlicher Sicherheit weiterhin die Kurse verfolgen und wenn es dann in deine Richtung läuft, ärgerst du dich und machst vielleicht alles nur noch schlimmer.
2. Stellst du deine Investitionen nicht glatt, kann es passieren, dass du mit einem riesigen Verlust aussteigen musst (weil ggf. durch deinen Broker gezwungen oder du es irgendwann nicht mehr aushälst) und du hast auch dann ziemlich sicher das große Verlangen, diese Verluste wieder reinzuholen (wenn noch was da ist).
3. Stellst du deine Investitionen nicht glatt und es "geht nochmal gut", also der Markt dreht und entwickelt sich in deine Richtung, magst du für den Moment vielleicht kuriert sein. Irgendwann passiert es aber dann doch wieder, dass du anfängst, zu zocken (weil es ja schon einmal gut gegangen ist >> falsche Programmierung).

Unterm Strich kannst du nur gewinnen, wenn du einen Schlussstrich ziehst und gleichzeitig an dir arbeitest. Die Art des "Investierens" (wenn auch ohne Hebel, so hast du doch alles auf eine Karte gesetzt), ist reine Zockerei. Du hast ja auch schon viel dazu geschrieben, was dich dazu getrieben hat. Hier gilt es anzusetzen. Von alleine wird das leider nicht weggehen. Wenn du aber den zweiten Schritt (z.B. eine Selbsthilfegruppe oder ein Gespräch mit einer Suchtberatung) gehst (den ersten hast du ja schon gemacht mit deinem Posting), wirst du feststellen, dass es mit jedem Schritt leichter wird.

Viele Grüße und alles Gute für dich,
margin_call
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 13 Mai 2022, 23:27:16
In meinem gelöschten Beitrag fragte ich ob ich überhaupt spielsüchtig bin. In der Vergangenheit war ich arbeitssüchtig (gibt es hier Zusammenhänge?). Ich glaube nicht verlieren zu wollen, war wenigstens in letzter Zeit was das Thema Börse anging auch sehr risikoaversiv. Hatte einen Plan und mich an den gehalten, wollte langfristig agieren. Letzte Woche ist es dann komplett eskaliert und mit dem Gedanken die Verluste wieder reinholen zu wollen, verspiele ich aktuell alles was ich mir über 20 Jahre angespart habe.
Na willkommen im erlesenen Club derjenigen mit 6-stelligen Verlusten an den Finanzmärkten, ist mir auch vor rund 2 Jahren passiert. Zum Zusammenhang "arbeitssüchtig" respektive besonders "fleißig": da gibt es Zusammenhänge und die werden dir wohl nicht gefallen. Es gibt eine Studie (hab sie leider nicht zur Hand, kann aber mal in meinem Fundus wühlen) die besagt dass Unternehmer und Führungskräfte sich im Trading besonders tief in die Sch...e reiten aus der Erfahrung heraus, dass man in schwierigen Situationen nur einfach noch aktiver/fleissiger sein muss um das Blatt wenden zu können. In der Praxis wird dann noch fleissiger gegen den Trend angekämpft, das Risiko weiter erhöht, die Margin weiter ausgereizt weil "es muss doch jetzt endlich ein Boden/ein Top ausgebildet werden". Aber der Markt muss gar nichts, du und deine Positionen sind ihm komplett egal. Vorteile im Trading hatten in der Studie übrigens Militärs die es verinnerlicht hatten Befehle auszuführen. Die neigten dann eher dazu Stops nicht weg zu ziehen und gingen Positionen dann ein wenn ein Signal vorlag.

Zitat
Zu erstem, hier gibt es keine Zweifel, ich kenne eben niemanden, dem das gelungen wäre; zu zweitem Das Forum hat sich damit beschäftigt, und hier liegt offenbar die Wurzel in der Psyche des einzelnen Süchtigen als Grundlage. In meiner Destruktivität kann es ein Anhaltspunkt für den Drang zur Selbstverletztung sein, aber auch ein Erkennen der KRANKHEIT Spielsucht.
Der sprichwörtliche Ritt auf der Rasierklinge...

Zitat
Ich glaube aktuell auch nicht dass es mir gelingt, kann aber psychologisch einfach (noch) nicht aussteigen. Ob ich krank bin? Wäre ich wieder auf Null würde ich sofort stoppen, da bin ich mir sicher. Ich hatte ja immer wieder längere Phasen mit Börsenabstinenz und sie hat mir dann auch nicht gefehlt.
Hervorhebung durch mich: sei dir in diesem Punkt mal nicht zu sicher. Wenn man mit der Position metaphorisch gegen die Wand gedrückt wird dann denkt man sich das. Und falls es dann doch gut gehen sollte wird das Fehlverhalten noch incentiviert und man beginnt die nächste Dummheit wenn man ohne System unterwegs ist. Weil es ja beim letzten Mal gut ging. Weil man Langeweile hat im Leben. Weil die Bewegung im japanischen Yen "übertrieben" ist, und die Liste der möglichen Gründe lässt sich beliebig fortsetzen.

Was hindert dich daran einen Schlussstrich zu ziehen? Die fehlende (aber für das Trading essentiell wichtige!) Fähigkeit einzusehen dass man mit der Handelsposition falsch liegt? Geht es dir wirklich um Geld oder willst du einfach nur Recht haben?! Falls letzteres der wahre Grund ist, warum zahlst du diesen absurd hohen Preis dafür?

Deine aktuelle Situation ist wirklich sehr schwierig (und von "Investieren" kann hier schon nicht mehr die Rede sein):

1. Stellst du deine "Investition(en)" glatt, wirst du mit ziemlicher Sicherheit weiterhin die Kurse verfolgen und wenn es dann in deine Richtung läuft, ärgerst du dich und machst vielleicht alles nur noch schlimmer.
2. Stellst du deine Investitionen nicht glatt, kann es passieren, dass du mit einem riesigen Verlust aussteigen musst (weil ggf. durch deinen Broker gezwungen oder du es irgendwann nicht mehr aushälst) und du hast auch dann ziemlich sicher das große Verlangen, diese Verluste wieder reinzuholen (wenn noch was da ist).
3. Stellst du deine Investitionen nicht glatt und es "geht nochmal gut", also der Markt dreht und entwickelt sich in deine Richtung, magst du für den Moment vielleicht kuriert sein. Irgendwann passiert es aber dann doch wieder, dass du anfängst, zu zocken (weil es ja schon einmal gut gegangen ist >> falsche Programmierung).
Schön zusammengefasst.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 27 Juni 2022, 21:33:07
Hallo zusammen,

freue mich, diesen Thread hier gefunden zu haben und möchte meine Geschichte teilen.

Zunächst bin ich familiär vorbelastet, mein Vater hat mir Termingeschäften Haus und Hof verzockt. Ich selbst habe als Berufsanfänger am neuen Markt und mit ein paar Zertifikaten ein halbes Jahresgehalt verloren, das war ärgerlich - hat mich aber davon abgehalten, mich wieder an der Börse zu engagieren. Bis ich 2017 das Gefühl hatte, auf eine wichtige Anlageform zu verzichten. Habe also Aktien gekauft und Hebelzertifikate auf Rohstoffe. Vor allem letzteres lief sehr gut, und aus meinem Depot mit 20 k Euro, die ich wirklich übrig hatte und als "Spielgeld" eingezahlt hatte, waren 40 k geworden. Einen wesentlichen Anteil daran hatte ein Shorttrade auf Rohöl, und Ende 2017 ergab sich wieder eine ähnliche Situation. Ich habe mich schon auf einen neuen Verdoppler meines Depots gefreut... aber innerhalb eines Monates waren nicht nur die 20 k Gewinn weg, sondern auch die 20 k Einsatz. Ironischerweise hätte es tatsächlich den Verdoppler gegeben, wenn ich nicht so extrem ins Risiko gegangen wäre und zwei Monate längeren Atem gehabt hätte. Aber so: Frust, Geld weg, und erst mal wieder Pause.

Im Frühjahr 2018 war ich zwischen zwei Jobs, hatte also viel Zeit und habe mir noch einmal 20 k Kapital gegönnt. Ich war wesentlich besonnener, was Risiko angeht. Dafür bin ich süchtig nach dem Checken von Kursen und meines Depotstandes geworden. Bei der Arbeit, beim Essen, auf dem Klo... immer wieder habe ich geschaut, wie mein Depot stand. War es etwas höher, habe ich mich gefreut bzw. mich geärgert, wenn es etwas niedriger Stand. Auf Tagessicht hat sich meist wenig getan, es kam mir einfach auf diese kleine Gefühlskicks an. Vor allem habe ich also exzessiv meinen Kontostand gecheckt, gar nicht so viel getraded - so hat das Geld immerhin ein halbes Jahr gehalten.

Und wieder habe ich 10 k nachgeschossen, Ende 2018. Sicher auch in der Hoffnung, die Verluste wieder reinzuholen. Aber vor allem, weil den Stand eines fast leeren Depots zu checken keinen Kick verschafft. Weil ich den Verlust keinesfalls über eh schon schlimme 50 k ausweiten wollte, bin ich noch einmal besonnener geworden und so etwas wie „aktives Anlegen mit Zertifikaten“ praktiziert – und so aus den 10 k über drei Jahre tatsächlich 40 k gemacht; den Verlust der ersten Jahre also fast wieder reingeholt.

Das ist natürlich erfreulich, mein Problem sind also weniger ausufernde Verluste. Sondern: Durchschnittlich habe ich wahrscheinlich drei Stunden am Tag damit verbracht, Kurse und Depotstände zu checken. Seit 3,5 Jahren, bei 200 Handelstagen im Jahr sind das rund 2.000 Stunden. Ich weiß es gut verstehen, aber die so für Beruf und Privatleben fehlende Zeit hat mir sehr viel Stress eingebracht. Und dieses Checken wäre in keinster Weise nötig gewesen wären, um den Gewinn zu erzielen; dafür hätte weit unter eine Stunde am Tag gereicht. Das ständige Nachschauen hatte eher den gegenteiligen Effekt: Je mehr ich am Handy hing, desto mehr habe ich getradet. Und hohe Tradefrequenzen bringen bei mir fast unausweichlich Verluste.
 
Mich plagen also zwei Süchte: Eine nach dem positiven oder negativen Kick, wenn mein Depot 200 Euro höher oder Tiefer steht. So verliere ich wahnsinnig viel Zeit und Aufmerksamkeit für wichtigere Dinge. Bin mir aber nicht mal sicher, ob das unter Glücksspielsucht fällt.
Zweitens ich verfalle alle paar Monate in einen wahren Tradingrausch. Das fängt meistens so an, dass ich einen ungewöhnlich großen Verlust einstecke. Denn will ich dann ausbügeln, gehe stärker ins Risiko – und natürlich geht das dann auch schief. Am Ende des Tages stehe ich mit -1.000 Euro da, will die am nächsten Tag wieder reinholen; und erziele dann -1.500 zusätzlich. Und so weiter. Genau so lief die letzte Woche, ich habe rund 6.000 Euro Verlust eingefahren. Mehr als die Hälfte meines Gewinnes seit Jahresbeginn, „für den“ (Ironie beabsichtigt) ich 300 Stunden Kurse gecheckt habe. Einfach weg, ich einer Woche.

Das inzwischen nachhaltig profitable aktive Anlegen würde ich also gerne beibehalten. Aber ich würde mich gerne von den Süchten lösen, dem ständigen Checken und dem manischem Traden, dem ich immer mal wieder verfalle. Ersteres geht massiv auf meine Lebensqualität und zweiteres zerstört monatelange Mühe in kürzester Zeit.

Sehe mich zu diesem zweiten Aspekt also weniger wie den Alkoholiker, immer mal wieder ein Bier trinken will. Sondern mehr wie den Essgestörten, der was essen muss und das den größten Zeil der Zeit auch vernünftig tut. Aber alle paar Monate zügellose Fressattacken hat.

Jetzt bin erst einmal gespannt auf Eure Eindrücke und Ansichten dazu, sofern sich jemand äußern mag.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 28 Juni 2022, 06:14:53
Hi und willkommen!

Fast jeder Automatenspieler träumt von seiner eigenen Spielo. Doch selbst wenn die realisiert ist, ist es nicht das Gleiche wie das Spielen an gewerblichen Automaten.

Du möchtest eine Einschätzung? Kurz und knapp? OK, hier kommt sie: Wasch´ mich, aber mach´ mich nicht nass!

Für mich klingt es so, als wünschest Du Dir Deine eigene Spielo. Oder wie wäre es mit einnem eigenen intravenösen Zugang für harte Drogen? Die ewige Sucherei nach noch nicht vernarbten Adern frisst einfach viel zu viel Zeit. Ach, was könnte ich mit dieser Zeit alles anfangen ...

Erkennst Du das Problem? Du diskutierst mit Deiner Sucht und suchst nach Lösungen, die die Sucht beinhalten.
Erarbeite Dir doch mal eine Lösung OHNE die Suchtausübung.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 28 Juni 2022, 10:27:25
Morgen Oli,

danke für die schnelle Antwort, so ganz verstehe ich sie jedoch nicht.

Vielleicht ist der Vergleich mit dem Essgestörten am besten. Ich denke die ganze Zeit ans Essen (Thema 1), esse aber 95% der Prozent aber normal und gesund. Alle 2 bis 3 Monate überkommt mich eine Fresattacke (Thema 2), wo ich eine Woche lang nichts anderes mache und 10 kg zunehme, die ich dann über die folgenden Monate dann wieder abnehmen muss.

Ich verdiene gut, habe ein gewisses zusammengespartes Vermögen und sehe nicht ein, das den Rest meines Lebens auf dem Sparkonto liegen zu lassen (Analogie zum Essgestörten: Keine Essen mehr im Haus haben ist auch keine Lösung). Fällt das aktive Anlegen nach Deiner Einschätzung schon unter Suchtausübung?

Thema 1 kriege ich nach und nach sogar in den Griff, das ist schon viel besser als noch vor zwei Jahren - mit Auf und Abs. Sorge macht mir Thema 2. Ich bin inwzwischen ein wirklich umsichtiger und vorsichtiger Anlieger, nur machmal überkommt mich eben das Suchtverhalten. Ist es nicht legitim und vorstellbar, das Abdriften in das Suchtverhalten in den Griff zu bekommen?

Im Prinzip bräuchte ich einen Broker, der nur eine bestimmte Anzahl Trades mit einem gewissen Volumen pro Tag zulässt. Leider gibt es das genausowenig wie einen Kühlschrank, aus dem man pro Tag nur eine gewisse Zahl Kalorien entnehmen kann.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 28 Juni 2022, 11:32:02
Wäre ich wieder auf Null würde ich sofort stoppen, da bin ich mir sicher. Ich hatte ja immer wieder längere Phasen mit Börsenabstinenz und sie hat mir dann auch nicht gefehlt.
Da glaube ich auch nicht dran. Wenn ich mit Zocken Gewinne erzielt (oder Verluste reingeholt) habe, war das ja ein Beweis, dass Zocken doch funktioniert. Ich bin so mehrmals an der null (oder anderen willkürlich gesetzten Zielmarken) wieder nach unten abgeprallt.

Was anderes ist, wenn Du wieder mit einer nachhaltigen Strategie wieder auf null kommst. Sie meine Geschichte oben, ich habe von 40.000 Euro Verlust 30.000 wieder reingeholt. Über 3 Jahre, mit ca. 1.000 Trades. Also 30 Euro durchschnittlicher Gewinn Pro Trade, kann man sich leicht ausrechnen. Tatsächlich waren es stets zwischen 300 und 500 Euro Gewinn oder Verlust pro Trade. Und insgesamt überwog halt die Zahl der Gewinntrades, oder die Gewinne waren etwas höher als die Verluste. Das hat für meine Begriffe mit Zocken nicht viel zu tun, es ist eher Arbeit - ich spüre da auch kein gieriges Suchtmännchen. Dass das bei mir manchmal erwacht, ist ein anderes Problem.

Natürlich ist die Frage, ob man seine Zeit so verwenden möchte. Aber wen einen Börse interessiert, warum nicht?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolfgang am 28 Juni 2022, 12:01:35
Hallo Aranyaka!

Im Prinzip bräuchte ich einen Broker, der nur eine bestimmte Anzahl Trades mit einem gewissen Volumen pro Tag zulässt. Leider gibt es das genausowenig wie einen Kühlschrank, aus dem man pro Tag nur eine gewisse Zahl Kalorien entnehmen kann.
[/quote]

Das einzige was du brauchst, ist eine klare Entscheidung. Entweder entscheidest du dich für ein "Weiter so", dann nimm bitte auch die von dir benannten Nachteile in Kauf. Oder du lässt schlicht und ergreifend die Finger davon und nutzt die Zeit anders.
Momentan geht die Tendenz zu Variante 1, dass lese ich zumindest so heraus. Da macht es auch wenig Sinn darauf zu verweisen, dass du dich gerade deiner Sucht beugst.
Kleiner Tipp: Die schwerere, aber mit Abstand bessere Entscheidung ist daher Variante 2. Das sagt einer, der diese Denkweise kennt und auf einem anderem Gebiet der Sucht richtig auf die Schnauze gefallen ist.
"Wasch` mich, aber mach` mich nicht nass" schrieb Olli. Das scheint tatsächlich dein Wunsch, nur in Erfüllung gehen wird er nicht.

Alles Gute

Wolfgang

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 28 Juni 2022, 12:09:08
Hi ARANYAKA,

nach Deiner Vorstellung und Ollis Antwort dachte ich , da bräuchte ich nicht drauf einzugehen weil Olli ja schon alles Wesentliche gesagt hat . Aber mit #134 haste mich aus der Reserve gelockt:

Du machst hier ein Riesenfass auf . Ambivalenzforscher hat im April angeregt, dass wir uns des Themas annehmen sollten. („Da ich selbst einer von vermutlich vielen Betroffenen bin und die Dunkelziffer im Bereich Börse/Daytrading meines Erachtens nach sehr hoch ist, würde ich es für sinnvoll erachten, dass dieses Thema mehr in den Fokus rückt. Insbesondere Regulierungen zum "Schutz" spielsüchtiger Menschen fehlen hier komplett.“) Hat halt keiner reagiert, weil wir wohl alle mit dieser Aufgabe überfordert sind.

Also was möchtest Du:

1.) Deinen Vater übertreffen und mehr als Haus und Hof verspielen?

2.) Deine menschlichen „Schwächen“ beim Traden ausschalten und mehr zum computergestützten   Handelssytem werden? (und damit zum erfolgreichen Trader werden)

3.) möchtest Du, dass wir uns mit der Speckschwarte des Kapitalismus (die Börse) anlegen?

1.) musst Du alleine erledigen.
2.) solltest Du eine Fachklinik aufsuchen (Essstörungen, Mediensucht o.ä.)
3.) schliess Dich mit Ambivalenzforscher kurz – vielleicht ist er schon etwas weiter.

Ich kann Dir nur raten, investiere Deine Knete in Aktien, schmeiss Dein Händi ganz weit weg und schau in ein paar Jahren wie sich Dein Depot entwickelt hat.

gruß Rainer

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 28 Juni 2022, 13:45:11
Hi!

Entschuldige, wenn ich zu undeutlich war ...

Zitat
Vielleicht ist der Vergleich mit dem Essgestörten am besten.


Nein, tut er nicht. Grundsätzlich dient das Traden nicht den überlebenswichtigen Aktivitäten, ohne die wir nicht sein können.

Zitat
Ich denke die ganze Zeit ans Essen (Thema 1), esse aber 95% der Prozent aber normal und gesund.

Ein Suchtkriterium ist nun mal die steigernde Beschäftigung mit der Sucht. Wenn Du hier bereits sagst, dass sie 95 % Deines Denkens beherrscht, dann ist die Sucht bereits weit fortgeschritten. Dabei ist es unerheblich, ob Du sie als Handlung tatsächlich ausübst ... die Suchtausübung. Es gibt Studien, die belegen, dass bereits Vorbereitungen zum Glücksspiel die gleichen Körperreaktionen hervorbringen, wie die Suchtausübung selbst.

Zitat
Alle 2 bis 3 Monate überkommt mich eine Fresattacke (Thema 2), wo ich eine Woche lang nichts anderes mache und 10 kg zunehme,

Wir nennen so etwas Quartalssäufer/-spieler ...
Macht es aber die eigentliche Problematik geringer oder wird sie dadurch erhöht? Der Kern ist: Du musst diese 10 kg mit Dir herumschleppen und Aufwand betreiben, diese Kilos wieder los zu werden.

Zitat
Ich verdiene gut, habe ein gewisses zusammengespartes Vermögen und sehe nicht ein, das den Rest meines Lebens auf dem Sparkonto liegen zu lassen

#räusper# ... also verspekulierst Du es lieber?
Zunächst einmal ... prima, dass Du gut verdienst und auch ein gewisses Vermögen Dein Eigen nennen darfst. Du wirst aber sicher schnell merken ... wenn Du die Suchtausübung weiter betreibst, dann wird sich Beides recht schnell verflüchtigen.
Wozu ist das Geld gedacht, was am Ende des Tages übrig bleibt? Für mich ganz klare Sache: Um mir selbst etwas zu gönnen!
Du gönnst Dir damit zu spekulieren - Deinen Gefühlen in gewissen Bahnen freien Lauf zu lassen. - Willkommen im Club!

Zitat
Fällt das aktive Anlegen nach Deiner Einschätzung schon unter Suchtausübung?

Sobald ein Risiko eingegangen wird in kurzen Intervallen - Ja!
Kaufe Dir doch ein Grundstück. Bei den heutigen Bodenrichtwertexplosionen gibt es kaum mehr Rendite für wenig Risiko.

Zitat
Ich bin inwzwischen ein wirklich umsichtiger und vorsichtiger Anlieger, nur machmal überkommt mich eben das Suchtverhalten. Ist es nicht legitim und vorstellbar, das Abdriften in das Suchtverhalten in den Griff zu bekommen?

Das meinte ich mit der Diskussion mit der Sucht. Wieso willst Du unbedingt etwas in den Griff bekommen, von dem Du Dir schon länger bewiesen hast, dass es nicht klappt?
Gibt es überhaupt einen Beweis, dass Du das schaffen kannst? Oder geht es der Sucht in Dir um die reine Beweisführung - denn dazu musst Du die Sucht aufrecht erhalten!

Zitat
Im Prinzip bräuchte ich einen Broker, der nur eine bestimmte Anzahl Trades mit einem gewissen Volumen pro Tag zulässt.
Du brauchst einen Kellerraum mit genug Steckdosen für Deine Heimspielo ...

Du musst Dir bewusst machen, dass jede Suchtausübung immer auf Deine Gefühle abzielt und diese bedient. Das ist so banal wie einfach. Also stellen sich eigentlich immer andere Fragen als die. die Du Dir gerade stellst (was aber fast immer auch der Fall ist).
Wieso brauche ich diesen Kick? Wieso reicht mir das Normale im Leben nicht aus? Wann treten die Spekulationsattacken auf? Ist ihnen irgend etwas voran gegangen, was sie ausgelöst hat? Wieso denke ich so viel an Geld? Wieso ist es mir so wichtig? Steht es bei mir für etwas? Kann ich dieses Etwas benennen oder ist da bei mir ein blinder Fleck? ...

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 28 Juni 2022, 23:03:40
Danke Euch dreien für Eure Antworten, die bei mir einen sehr hilfreichen Denkprozess in Ganz gesetzt haben.

Zunächst glaube ich, dass ich meine Themen getrennt, d.h. nacheinander angehen muss. Zuerst kommt das ständige Kurs- und Depotchecken dran, weil das wirklich sinnfrei ist und zu einer großen Einbuße an Lebensqualität führt. Bin da schon weiter also vor zwei oder drei Jahren, gehe das jetzt aber noch wesentlich konsequenter an. Wobei es sich da wohl tatsächlich um keine (Glücks-)Spielsucht handelt, sondern eher um das was andere mit Facebook oder Instagram machen. Ich habe die Möglichkeit, die entsprechenden Apps auf dem Handy für bestimmte Zeit zu sperren und werde davon nun konsequent Gebrauch machen. Alle ein oder zwei Stunden für fünf Minuten schauen, so wich ich aktuell auch Nachrichten lese, gestehe ich mir zu. Sind die Apps auf diese Weise gesperrt, kann ich auch nicht traden, d.h. erst wenn ich es schaffe, auch ohne Sperre den Apps zu widerstehen, kann ich überhaupt wieder traden.

Das Traden selbst ist ein etwas komplizierteres Problem denn damit verdiene ich ja tatsächlich Geld und verliere keines. Ja, da waren große Anfangsverluste im ersten Jahr - damals habe ich aber auch Sachen gemacht, die ich heute niemals machen würde, auch nicht ansatzweise. In den darauf folgenden 3,5 Jahre habe ich die Verluste fast komplett wieder reingeholt und zwar nicht durch überriskantes Zocken sondern durch viele kleine, systematische Trades. Wie geschrieben: Das ist wie Arbeit und läuft durchaus kontrolliert ab. Ich wäre auch schon ziemlich deutlich im Gewinn, wenn mich eben nicht alle paar Monate diese "Quartalszockerei" überkommen würde. Es läuft wirklich so: Depot über drei Monate kontrolliert um 6.000 Euro hoch - und dann in wenigen Tagen um 4.000 runter. Über vier Monate um 8.000 hoch - und dann in einer Woche um 6.000 runter. Es bleibt aber immer was übrig, d.h. ich finde stets die Notbremse bevor es richtig schlimm wird.

Von Diggers Varianten möchte ich klar 2. Ich verachte meinen Vater dafür, dass er die Familie ruiniert hat - und wahrscheinlich bewahrt mich genau das davor, es so exzessiv zu betreiben wie er. Bei Punkt 3 teile ich die Diagnose von Ambivalenzforscher - es ist aber aktuell nicht mein Anliegen, da etwas zu verändern. Wobei ich im Moment nicht verstehe, was eine passende Fachklinik wäre und auf welche Weise die dabei helfen kann.

Kapitalmärkte sind wirklich etwas anders als "Spielos", die ja nur funktionieren können, wenn sie in Summe weniger ausschütten als man reinwirft. Es ist ein Nullsummenspiel (abzüglich gewisser Kosten für den Broker, die jedoch vernachlässigbar sind wenn man es richtig macht - einen Kontrakt im Wert von 10.000 Euro zu eröffnen und wieder zu schließen kostet genau 1 Euro) und wenn einem bestimmte Setups liegen kann man mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit mit Gewinn rausgehen, wenn denn dieses Setup kommt. Das habe ich in den letzten 3,5 Jahren (was schon eine recht lange Zeit ist) unter Beweis gestellt. Mit über 1.000 Trades in wechselhaften Marktphasen, das sind also keine Glücktreffer.
Und der Gewinn bleibt übrig trotz der Zockerepisoden, die mich nachweislich immer wieder zurückgeworfen haben. Wichtig ist eben, dass man auf diese Setups warten kann und nicht aus Lust auf Nervenkitzel in irgendwelche Marktlagen reingeht. Und dann wieder und dann wieder, immer mit höheren Einsätzen natürlich.

Mit dem ist jetzt erst mal Schluss - bis ich es schaffe, mit dem Checken aufzuhören. Mal sehen, wie gut mir das gelingt; heute war jedenfalls schon mal ein guter Anfang. Und tatsächlich kamen gleich Gefühle hoch, denen ich letzter Zeit kaum Beachtung geschenkt habe - das werde ich jetzt wieder mehr tun.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: flute8- am 29 Juni 2022, 09:26:38
Zunächst glaube ich, dass ich meine Themen getrennt, d.h. nacheinander angehen muss. Zuerst kommt das ständige Kurs- und Depotchecken dran, weil das wirklich sinnfrei ist und zu einer großen Einbuße an Lebensqualität führt.

Ich persönlich habe meine Sucht voranging in Online Casinos ausgeübt. Das Trading kam später hinzu und ich habe mir ähnlich wie du eingeredet, dass es sich dabei um keine Glücksspielsucht handelt. Die Muster sind aber die gleichen. Es macht für mich keinen Unterschied 1000€ auf ein Spiel zwischen Bayern und Dortmund zu setzen und anschließend zu behaupten, dass es keine Glücsspielsucht ist, wenn du dir den Spielverlauf nicht ansiehst. Deine Suchtausübung hat vorher angefangen. Wer so große Kursschwankungen hat und innerhalb kürzester Zeit solche Gewinne einfahren kann „durch viele kleine, systematische Trades“ der kann mir nicht erzählen, dass es keine Glücksspielsucht ist. Was denkst du denn was passiert, wenn du durch deine systematischen Trades mal über Jahre nur Verluste erzielst? Glaubst du wirklich, dass du dann wirklich abwartest? Brauchst die Frage nicht beantworten. Versuch ehrlich zu dir zu sein und versetz dich mal in die Situation.


 

Du sprichst von Zockerperioden. Ich sehe in deinen Sätzen eher, dass sie weniger stark ausgesprägt sind und in kurzen Phasen sehr stark ausgesprägt. Wobei deine Sucht von Zeit zu Zeit immer stärker wird, spätestens, wenn deine systematischen Trades, wie du schreibst, nicht funktionieren.

Gibt es jemanden, dem du dich anvertraut hast? Gibt es Möglichkeiten, dass z.B. deine Partnerin dich dabei begleitet? Wenn ja in welcher Form könnten diese nahestehenden Personen dir helfen? Die Beschränkung mit der App ist natürlich eine Möglichkeit. Wie sieht es mit der Aufhebung aus? Kann man es einfach wieder aufheben und wieder normal spielen?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 29 Juni 2022, 13:59:40
Hallo Flute,

guter Punkt. Für mich gibt es zwei Kategorien von Trades: 1) Klare Setups [Detailbeschreibung gelöscht]   2) Sind Zocks wo ich einfach eine Position eröffne weil ich das Gefühl habe, die Kurse würden steigen oder fallen. Und verfolge dann die Kurse mit ständigem Blick aufs Handy, fiebere mit, kaufe nach oder nehme Teilgewinne mit... es entsteht ein Rausch, in den ich immer unvernünftiger werde und das Risiko erhöhe. Oft rettet man so Verlusttrades noch, oft geht es richtig in die Hose.

Für mich war bisher 1) gesundes, vernünftiges Verhalten. Und 2) Suchtverhalten und damit der Grund, warum ich mich hier angemeldet habe. Nun macht mich Dein Vergleich mit dem Fußballspiel tatsächlich stutzig, so anders ist das tatsächlich nicht. Dennoch täte ich mich schwer, 1) sein zu lassen weil sich als eine langfristig profitable Strategie herausgesellt hat. Wo fängt das Suchtverhalten an? Das sollte ich tatsächlich hinterfragen. Der Vater eines Schuldfreundes von mir hat Toto gespielt, über 10 oder 15 Jahre. Der hat jede Woche seine 20 Mark einbezahlt und kam so gut wie jedes Jahr mit einem Gewinn von wenigen hundert Euro raus. Weil er sich mit Fußball gut auskannte? Nur Glück kann das ja nicht sein. Aber war der spielsüchtig? Weiß nicht. Ein Zocker? Für meine Begriffe nicht, sonst hätte er wohl den Einsatz erhöht und versucht richtig Kohle zu machen.

Aber ja, ich werde das alles hinterfragen. Wobei ich mit 1) aufzuhören bisher echt nicht auf dem Radar hatte, habe das als profitables Nebenkommen eingeordnet.
Meine Partnerin weiß von 1) und ist entspannt damit, von 2) weiß sie nichts. Damit habe ich mich nur einem Freund anvertraut und meinem Heilpraktiker, der nicht nur auf der körperlichen Ebene arbeite. Aus den Gesprächen mit denen kam meine Einstellung, dass 1) okay ist und 2) Sucht, Verdrängungsmechanismus usw.
Aber wie gesagt, das wäre alles zu hinterfragen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 29 Juni 2022, 20:40:34
Ich zahle monatlich in meine Lebensversicherung ein - 350 € derzeit. Bald müssten es aber wieder 10 % mehr sein.
Es dauert noch 10 Jahre und dann kann ich mich entscheiden, ob ich eine monatliche "Rentenzahlung" wähle oder mir die 110.000 € auszahlen lasse.
Das Risiko ist fast bei 0. Ich schaue einmal im Monat auf meinen Kontoauszug und sehe dort die Abbuchung. Einmal im Jahr erhalte ich Nachricht über die eingezahlte Summe, einem potentiellen Verkaufswert, den Überschussbeteiligungen etc.
So gesehen informiere ich mich 13 Mal im Jahr. Dazu sitze ich nicht auf dem Pott mit dem Handy in der rechten Hand, die Linke wird ja für etwas Anderes benötigt. Ach ja, die alten Römer mit ihren Hinterlassenschaften ...

Bist Du auch ein Römer, dass Du mit Deinen Hinterlassenschaften Gefahr läufst Andere zu triggern? Ja, ich weiss ... hast Dir nichts dabei gedacht ... klaro ...
Sei doch bitte so gut und nehme die Passagen wieder da raus aus Deinem Beitrag. Lieben Dank!

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 01 Juli 2022, 07:22:05
Guten Morgen Olli,

verstehe leider nicht, welche Passagen Du genau meinst. Verrätst Du mir das bitte, bevor ich die falschen lösche? Danke!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 01 Juli 2022, 09:05:14
Moin!

Im Grunde erklärst Du da oben, wie Du erfolgreich tradest. Du erklärst, wie Du Deine Kompetenzen einsetzt. Nun lesen hier Leute mit, die auch gerne ihre Kompetenzen nutzen möchten. Das hat aber bisher nur bedingt funktioniert, denn wie bei Dir gibt es auch dort immer noch den Faktor: "es wäre alles tip-top, wenn da nicht hier und da Dies oder Jenes wäre". Nichts einfacher als das ... hier gibt es ja eine Anleitung von Dir ... Die subjektive suchtgesteuerte Wahrnehmung lässt dann gerne auch mal Deine "Mißerfolge" unter den Tisch fallen.

Ich bin ein Vertreter der Ansicht, dass wir die Kontrolle im Spiel - darunter zähle ich auch das Traden - nicht mehr wiedererlangen können, wenn wir sie einmal verloren haben.
Dass heisst nicht, dass ich heute in eine Spielhalle gehen könnte und mich strikt an einen Plan halten könnte ... nur eine Stunde ... nur 50 €. Wir sind keine zappelnden willenlosen Marionetten unserer Sucht. Doch nehmen wir mal an, ich würde dies heute machen, hätte ich mir dann nicht bewiesen, dass ich die Kontrolle wiedererlangt hätte? Dies würde ich mir wohl einreden. Also wiederhole ich das nächste Woche noch mal. Bin ja heute finanziell gut aufgestellt und schließlich ist das ja mein Geld und es ist meine Entscheidung/Erlaubnis, die ich mir gebe.
In zwei Wochen nehme ich dann schon 100 € mit und die Woche drauf warte ich gar nicht erst bis die Woche rum ist ... ich sitze schon vorher in der Halle. Mittlerweile bin ich da auch perdu mit der Aufsicht und die wissen genau ... ich trinke meinen Kaffee mit Milch und ohne Zucker.  Wenn ich dort hin fahre, dann beschwere ich mich bereits auf dem Parkplatz, dass mir irgend so ein Depp meinen Stammparkplatz zugestellt hat. Und wenn ich rein gehe, dann sitzt da der Blödi, der mir letztens die Sonderspiele weggenommen hatte. Ja ... ja ... er hatte gefragt, ob er die Kiste haben könnte ... "meine" Kiste.
Zu dem Zeitpunkt bin ich übrigens ziemlich stolz auf mich, weil ich immer noch meinen Plan einhalte. Gut ... ich habe ihn etwas ausgeweitet ,,, was soll´s. Ist ja meine freie Entscheidung ...

Zugegeben ... mein Text ist etwas ... nur ein klitzekleines bißchen ... polemisch. Doch genau so funktioniert die Manipulation unserer Gedanken durch die Sucht.
Wer einmal die bereits genannte Schwelle überschritten hat, der wird immer aufpassen müssen, ob er nicht wieder in alte Muster verfällt.
Du erteilst Dir die Erlaubnis weiter zu traden, weil Du, wie Du sagst erfolgreich damit bist. Glücksspielsucht ist progressiv - sie schreitet immer weiter voran. Du bist jetzt sensibilisiert und Deine rationale Seite wird Dich vor vielen Gefahren beschützen. Wir sind aber überwiegend emotional. Gefühle beherrschen und überschreiben die Logik.
Du - wie jeder andere hier - wirst also, wenn Du weiter machst, auch immer wieder an den Punkt kommen, weswegen Du eigentlich hier bist.
Du bist nicht hier, weil Du Geld verdienst mit dem Traden - Du hast ein Problem damit ...

Jörg würde Dir jetzt sagen, dass die Glücksspielsucht eine Angewohnheit ist. Wirst Du eine Angewohnheit los, wenn Du sie weiter betreibst? Auch hast Du ihr einen hohen Stellenwert gegeben. Du hast sie über Deine Werte gestellt. "Ich möchte keine Lebenszeit vergeuden!" - wäre mal als ein Wert von Dir zu benennen. Jetzt triffst Du Vorkehrungen, diesen Wert wieder zu reaktivieren - allerdings ohne den Stellenwert des Tradens zu verändern. Verrate Du mir, ob das wirklich gut gehen kann bei Dir?
Wie die meisten Glücksspieler versuchst Du Dich mit Deiner Sucht zu arrangieren - das ist alles.

Was bringt es Dir also über Strategien euphorisch zu berichten? Auf der einen Seite ist das legitim. Die Automatenspieler als Beispiel machen das auch permanent, wenn sie das erste Mal in der Suchthilfe auftauchen. Auf der anderen Seite weisst Du nicht, was Deine Worte bei einem der stillen Mitleser auslöst ...

Wie dieser Thread hier angefangen hat, da gab es viele wütenden Stimmen, die solche Verherrlichungen, wie Deine (aus der Sicht des Lesers) gelöscht haben wollten.
Zu dem Zeitpunkt gab es aber bereits Reaktionen darauf und auch Gegenstimmen. Wir haben uns entschlossen es stehen zu lassen.
Hier nun bin ich der Einzige, der bisher geantwortet hat und daher bitte ich Dich den Anfang des vorletzten Beitrages selbst zu löschen.
Wer in der Selbsthilfe ist, der kann lernen mit den Triggern umzugehen. Doch das hier ist ein sehr niedrigschwelliges Hilfsangebot und erreicht vielleicht auch nicht jeden so, wie in einer Präsenz-SHG.

Danke für Deine Nachfrage ...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 02 Juli 2022, 11:26:53
Hallo Olli,

danke für die Klarstellung, habe die entsprechende Passage rausgenommen.
 
Wirst Du eine Angewohnheit los, wenn Du sie weiter betreibst? Auch hast Du ihr einen hohen Stellenwert gegeben. Du hast sie über Deine Werte gestellt. "Ich möchte keine Lebenszeit vergeuden!" - wäre mal als ein Wert von Dir zu benennen. Jetzt triffst Du Vorkehrungen, diesen Wert wieder zu reaktivieren - allerdings ohne den Stellenwert des Tradens zu verändern. Verrate Du mir, ob das wirklich gut gehen kann bei Dir?
Eigentlich geht es mir genau darum, den Stellenwert zu verändern. Die letzte Woche hat mir überdeutlich gemacht, dass der Stellenwert aktuell zu hoch ist. Deshalb habe ich mir hier auch angemeldet und diese Woche eine Detox begonnen. Bin damit eigentlich ganz zufrieden, habe geschätzt 70% weniger auf Kurse geschaut als sonst. Alarme auf relevante Marken gesetzt und dort auch denen einen oder anderen Trade gemacht. Auf eine Art und Weise, die kein ständiges Nachschauen verlangt. Und damit halb so viel Geld verdient wie mit meiner Erwerbsarbeit in dieser Woche – in einem Bruchteil des Lebenszeit.

Zitat
Wieso brauche ich diesen Kick? Wieso reicht mir das Normale im Leben nicht aus? Wann treten die Spekulationsattacken auf? Ist ihnen irgend etwas voran gegangen, was sie ausgelöst hat? Wieso denke ich so viel an Geld? Wieso ist es mir so wichtig? Steht es bei mir für etwas? Kann ich dieses Etwas benennen oder ist da bei mir ein blinder Fleck? ...
Genau solche Fragen und dazu passende Gefühle kamen hoch und ich habe mich damit auseinandergesetzt. Im Rahmen des Möglichen natürlich, es ist ja gerade mal Detox-Woche 1. Aber ja, die war schon anstrengend.

Zitat
Wer einmal die bereits genannte Schwelle überschritten hat, der wird immer aufpassen müssen, ob er nicht wieder in alte Muster verfällt.
Da passe ich höllisch auf. Vielleicht ist auch meine bisherigen Suchterfahrung ein Faktor: Ich habe über zehn Jahre lang geraucht, auch mal eine ganze Schachtel in einer Partynacht. So war es auch gewesen, als ich mir von einem Freund um 5 Uhr morgens eine American Spirit geschnorrt habe. Die fand ich dermaßen widerlich, dass mein Verlangen nach Zigaretten so gut wie weg war. Habe immer mal wieder einzelne geraucht, aber wirklich vernachlässigbar.
Ähnlich mit Ecstasy vor langer Zeit, da war es eine lange Nacht in Frankfurt und ich hatte noch drei Tage danach Kieferschmerzen. Habe danach noch ab und an Pillen genommen, aber von Sucht würde ich da nicht sprechen. Nach zwei Jahren gar keine mehr, einfach weil ich kein Bedürfnis mehr danach hatte. Obwohl druff Party machen vor besagter Nacht einen hohen Stellenwert in meinem Leben hatte.

Diese Übertreibungen, in denen sich zuvor nicht gekannte Abgründe auftaten, haben mich verändert. Die letzte Woche hat für mich die Qualität dieser Wendepunkte. Es muss sich herausstellen, ob  sie einer war. Aber in der Tat habe ich die Hoffnung, das exzessive Trading in Schranken weisen zu können und nur das rationale weitermachen zu können. So wie ich das Whiksy- und Gin-Liebhaber viel Alkohol im Haus habe – aber wirklich nur sehr moderat trinke.

Wenn es ab jetzt auch noch zu einem einzigen Trading-Exzess käme, wäre das für mich tatsächlich ein starkes Indiz, dass das hier nicht funktioniert.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 10 Juli 2022, 17:40:29
Habe nun meine zweite Detox-Woche hinter bin und bin ziemlich zufrieden: Habe das Kurse Cheken deutlich reduziert, wobei da noch Luft nach unten ist. Dadurch war ich in der Arbeit effektiver und hatte auch mehr Spaß daran. Daneben habe ich durch gezielte Trades mit wenig Zeitaufwand rund drei Viertel von dem verdient, was ich in der Woche des Exzesses verloren habe. Außerdem habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wo (für mich) die Grenze zum Suchtverhalten liegt (was das Traden selbst angeht, nicht das Kurse Checken):

1) Regel einhalten! Es ist wichtig, sich Regeln zu definieren in Bezug auf Positionsgrößen, Stop Loss, Tradefrequenz, eventuell den maximalen Tagesverlust usw. Die sind genau dazu da, irrationales Verhalten einzudämmen. Natürlich müssen sie dafür von vornherein glasklar sein. Und das Suchtverhalten fängt für mich an, wenn diese Regeln nicht mehr beachtet werden. Das habe ich der Exzess-Woche ständig gemacht - wobei ich auch sagen muss, dass ich davor zwar Orientierungspunkte hatte, aber keine glasklaren Regeln. Danach habe ich sie überdacht und aufgeschrieben, und mich bis auf minimale Überschreitungen auch daran gehalten. Wobei ich auchd dann  immer nur eine Regel nicht eingehalten habe, nicht alle auf einmal, wie in der Exzess-Woche

2) Eigentlich steckt in 1) schon alles drin, aber Vorsicht ist auch geboten sobald Emotionen ins Spiel kommen. Wenn ich fiebere, ob der Kurs nun hoch oder runter geht. Oder mich über einen Verlust ärgere - dann steigt die Gefahr, den nächsten Trade mit doppeltem Einsatz zu machen (in Überschreitung der Regeln) um den Verlust wieder reinzuholen. Sie sind quasi ein Frühwarnzeichen, dass es bald zu einer Regelüberschreitung kommen könnte.

Vieleicht helfen diese Überlegungen ja jemandem.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolfgang am 10 Juli 2022, 20:31:30
Hallo Aranyaka

Ich bin kein Psychologe. Aber eines wird doch irgendwie deutlich. Um einen Verzicht zu umgehen, verniedlichst du die Dinge.
Und nein, mir helfen solcherart Überlegungen ganz sicher nicht!

Gruß
Wolfgang

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 10 Juli 2022, 20:42:26
Ich bin kein Psychologe. Aber eines wird doch irgendwie deutlich. Um einen Verzicht zu umgehen, verniedlichst du die Dinge.

Wieso, was verniedliche ich denn?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 10 Juli 2022, 20:46:19
Ein bisschen spielen betäubt nicht meine Gedanken und Gefühle . Emotionen will ich ja grad beim Spielen nicht fühlen,also meine .....nicht die ,ob ich gewinne oder verliere. Für mich gibt es nur komplette Abstinenz,denn wenn ich einmal gespielt habe ,habe ich immer meine Grenzen überschritten und die Kontrolle verloren. 

LG Wolke

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 10 Juli 2022, 20:58:53
Zitat
Wieso, was verniedliche ich denn?

Sagen wir es mal so......dir macht das Traden einerseits Spaß, du merkst aber auch ,dass du schon ein Suchtverhalten an den Tag legst. Deine Detox Woche tat dir gut,du beschreibst sie sehr positiv.  Aber ganz drauf zu verzichten möchtest du aus Geldgründen nicht,weil es Spaß macht,weil es Arbeit ist,ganz abstinent zu werden. Deswegen erklärst du dich hier und hoffst,daß andere deinen Weg auch gut finden,denn das würde dein Gewissen beruhigen. 
Niemand ausser dir selbst,muss damit klar kommen. Wenn du damit klar kommst ,dass dein Weg ist und du nicht das Gefühl hast dich selbst zu belügen ,ist doch alles super.

Mein Weg der Genesung  geht nur ,wenn ich gar nicht mehr spiele. 

LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 10 Juli 2022, 21:52:45
Guten Abend!

Zu Deinem Punkt 1 fällt mir sofort die Interpretation aus "12 Schritte - aber wie" der AS ein ...

Zitat
Schritt 1:

"AUFHÖREN ZU KÄMPFEN, ZUGEBEN, DASS WIR DEM SPIELEN GEGENÜBER MACHTLOS SIND"

Im ersten Teil von Schritt l kommt der Spielabhängige zum alles entscheidenden Punkt, wenn er bereit wird, zuzugeben, dass er dem Spielen gegenüber machtlos, d.h. vom Spielen abhängig ist. Dieser Schritt sieht so einfach aus, Ist aber doch für die meisten Spielsüchtigen so ungeheuer schwer, weil soviel daran hängt:
Dieser Schritt ist so schwer, weil der Abhängige die Illusion für sich braucht, das Spielen zu beherrschen, um mit ihm weitermachen zu können. Ohne die Aussieht des Spielens scheint ihm das Leben keinen Sinn zu haben. Deshalb hält er, trotz aller gegenteiligen Erfahrungen an der Vorstellung fest, dass er das Spiel meistern kann, auch wenn es immer nur für "ein Spiel" ist, er in die Kneipe, die Spielstätte, Spielothek oder in das Casino geht, um sich dann nach Stunden oder Tagen in einem fürchterlichen Zustand wieder zu finden.
Er glaubt jedes Mal, dass dies nur ein momentaner Unfall gewesen ist und dass es das nächste Mal anders sein wird, bzw. dass seine Stabilität kurz vor der Tür steht.
Solange er diese Hoffnung noch hat, kann er das Spiel weiter gebrauchen, mit ihm experimentieren, mit ihm kämpfen. In diesem aussichtslosen Kampf gleicht ein Spieler einem Laienboxer, der gegen Cassius Clay in den Ring steigt. Nach wenigen Augenblicken ist er von den Füßen und liegt ohnmächtig im Ring, aber jedes Mal steht er wieder auf, um weiterzumachen, weil er sich weigert, das Handtuch zu werfen und zu kapitulieren.
Dieses Kapitulieren ist so schwer, weil es als Eingeständnis des eigenen Versagens erlebt wird. Unterstützt wird dieses Missverständnis durch die Vorwürfe und Ermahnungen, die der Spielabhängige von sich selbst und auch aus seiner Umgebung erfährt, dass sein Verhalten Ausdruck von Willensschwäche und Charaktermangel sei. Hat er nicht immer wieder versprochen, sich zu bessern und seine Versprechungen nicht eingehalten?  Aber Machtlosigkeit dem Spielen gegenüber ist keine Willensschwäche und kein Charaktermangel (denn Abhängige sind oft sehr willensstarke Menschen). Zugeben der Machtlosigkeit ist der Ausdruck der Erfahrung, dass da etwas stärker ist als ich, das ich nicht kontrollieren kann.
Das Zugeben der Machtlosigkeit ist so schwer, weil manche Machtlosigkeit als Ohnmacht und Hilflosigkeit verstehen, missverstehen - wie wir meinen. Sie erleben Schritt 1 damit als Zumutung, sich als klein und hilflos darzustellen.
Zugeben der Machtlosigkeit ist aber genau das Gegenteil. Es bedeutet, dass ich aufhöre zu jammern und zu klagen und mich für das Opfer der Umstände, einer Erziehung oder sonstiger Widrigkeiten zu halten. Zugeben der Machtlosigkeit ist eine mutige Tat, dass ich mich meiner Realität stelle und sie nicht mehr beschönige.
Zugeben der Machtlosigkeit ist so schwer, well dieses unseren Stolz trifft, die Einbildung, unser Leben völlig zu kontrollieren und in der Hand zu haben.
Das trifft die Größtphantasien des Spielsüchtigen, der glaubt, es alleine schaffen zu können und keine Hilfe von anderen zu gebrauchen. Dieser Schritt fällt so schwer, weil wir nicht wissen, wie es dann weitergehen soll. Das kämpfen gab uns wenigsten noch die Illusion, dass wir noch mitbestimmen, noch kontrollieren können. Wenn wir kapitulieren, geben wir uns auf. Was bleibt uns dann?
Dieser Schritt ist so schwer, weil er uns erinnert an die Erfahrungen in Grenzsituationen unseres Lebens, wie zum Beispiel bei Geburt und Tod, und auch beim Orgasmus in der sexuellen Vereinigung mit einem anderen Menschen.
In diesen Situationen haben wir nicht die Kontrolle des Geschehens in unserer Hand, sondern wir erleben, dass hier etwas stärker ist als wir selbst, dass hier etwas mit uns geschieht. Und davor haben wir alle Angst, der Abhängige offenbar in besonderer Weise (siehe Schritt 3). Um diese Angst zu vermelden, kämpft er gegen die Realität, bringt sich selbst in äußerste Gefahr und verbindet zugleich, dass Wachstum In Ihm geschieht.
Zugeben der Machtlosigkeit ist deshalb nicht nur angstvoller Abschied von Altem und Vertrautem, mit dessen Hilfe wir bisher unser Leben zu meistern versuchten, sondern auch der Anfang von etwas Neuem, durchaus einer Geburt vergleichbar.
Aufhören zu kämpfen schafft Raum für neues Leben, das ich bisher gerade durch mein Bemühen, nicht aufzugeben, verhindert habe. Das Zugeben der Machtlosigkeit ist deshalb eine ungeheure Befreiung die Erfahrung einer neuen Erlaubnis zum Leben:
- Ich brauche nicht mehr zu kämpfen!
- ich brauche nicht mehr mich selbst zu zerstören, indem ich beweise, dass ich es doch schaffe!
- Ich darf leben, stabil leben!
 Viele, die den ersten Schritt vollzogen haben, berichten, dass nach dem Auf und Ab von Angst, Trauer und Zweifeln ein starkes Gefühl der Freude, der Erleichterung und der Ruhe in ihnen Platzt ergriffen habe.

Nehme Dir einen Augenblick Zeit und frage Dich:
- Wo habe ich in meinem Leben Machtlosigkeit
dem Spielen gegenüber und auch sonst erfahren?
- Wie habe ich mich gegen das Zugeben der Machtlosigkeit gewehrt?
- Welche Ängste, welche Trauer und welchen
Ärger spüre ich, wenn ich zugebe, dass ich machtlos bin ?

"... UND UNSER LEBEN NICHT MEHR MEISTERN KONNTEN"

Der zweite Teil von Schritt 1 weist darauf hin, dass Spielsucht/Spielabhängigkeit keine isolierte Sache ist, sondern immer etwas mit unserem ganzen Leben zu tun hat.
Nicht wenige Abhängige sagen am Anfang Ihrer Stabilität: "Sonst ist alles in Ordnung bei mir...... wenn nur das Spielen nicht wäre." - Sie wehren sich damit ihr Leben näher anzusehen und halten die Meinung aufrecht, es genüge, nur nicht mehr zu spielen.
Aber das hilft erfahrungsgemäß nicht weiter, wenn wir nur etwas weglassen, von dem wir uns sehr lange viel versprochen hatten. Die zwölf Schritte zielen auf eine Neuordnung unseres Lebens hin, und darum ist es wichtig zu wissen, wie unser gesamtes Leben mit dem Spielproblem verflochten ist.

Frage Dich deshalb?
- Was sind meine Probleme im Beruf?
- Wie komme ich mit mir selbst zurecht?
- Bitte darüber hinaus Deine Angehörigen, Deine Freunde und Kollegen am Arbeitsplatz um Rückmeldungen, was sie mit Dir erlebt haben und wie sie sich dabei fühlten.
- Wenn Du in einem Kuraufenthalt oder in einer Therapie bist, lasse Dir von den Betroffenen Briefe schreiben, bzw. gehe gemeinsam mit Deinen Angehörigen in ein Familien- oder Partnerseminar, wo diese Fragen bearbeitet werden können. Wenn Du bereit bist, diese Untersuchungen vorbehaltlos zu machen, wirst Du wahrnehmen, dass uns das Spielen unfähiger machte, mit unseren Problemen umzugehen.
- Vielleicht hatten wir uns mal versprochen, bestimmte Probleme durch das Spielen zu lösen (wie z.B. mehr als 10 Stunden zu arbeiten, besser zu schlafen, ruhiger zu argumentieren, gefälliger zu sein, uns von den Sorgen und Problemen des Alltags abzulenken); aber letzten Endes hat das Spielen doch nicht das gehalten, was es versprochen (was wir uns davon versprochen haben), denn die Probleme die wir hatten, sind am Ende größer geworden, anstatt kleiner.

Das ist die eine Seite der Bedeutung dieses Satzes, die besagt: Dann, wenn das Spiel in unser Leben kommt, können wir unser Leben nicht mehr meistern.
Schon lange bevor das Spiel sichtbar in unser Leben getreten ist, haben wir unser Leben nicht mehr meistern können. Dieser erweiterte Ansatz macht deutlich:

- dass es nicht nur darum geht, das Spielen aufzugeben, sondern, dass eine Neueinstellung unseres Lebens nötig Ist.
- dass Grundprobleme und Engpässe in unserem Leben vorhanden sind, auf die ich eine Antwort finden muss, um weiterhin stabil zu leben.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 10 Juli 2022, 23:28:23
Also vorweg, der Austausch mit Euch allen hier ist für mich sehr wertvoll. Er hilft mir zu verstehen, wo ich stehe und sensibilisiert mich dafür, worauf ich aufpassen muss.

Ein bisschen spielen betäubt nicht meine Gedanken und Gefühle . Emotionen will ich ja grad beim Spielen nicht fühlen,also meine .....nicht die ,ob ich gewinne oder verliere. Für mich gibt es nur komplette Abstinenz,denn wenn ich einmal gespielt habe ,habe ich immer meine Grenzen überschritten und die Kontrolle verloren. 

LG Wolke

Spannend. Wie ganz am Anfang beschrieben, sind es bei mir wirklich zwei Phänomene: Das Kurse Checken - das ist Flucht, Ausweichen, Langeweile...

Beim Trading selbst bin den Großteil der Zeit wirklich vernünftig und es gibt diese punktuellen Exzesse. Da werden sicherlich wie wild Hormone ausgeschüttet und ich stehe völlig unter Strom, Emotionen pur.


Sagen wir es mal so......dir macht das Traden einerseits Spaß, du merkst aber auch ,dass du schon ein Suchtverhalten an den Tag legst. Deine Detox Woche tat dir gut,du beschreibst sie sehr positiv.  Aber ganz drauf zu verzichten möchtest du aus Geldgründen nicht,weil es Spaß macht,weil es Arbeit ist,ganz abstinent zu werden. Deswegen erklärst du dich hier und hoffst,daß andere deinen Weg auch gut finden,denn das würde dein Gewissen beruhigen. 
Niemand ausser dir selbst,muss damit klar kommen. Wenn du damit klar kommst ,dass dein Weg ist und du nicht das Gefühl hast dich selbst zu belügen ,ist doch alles super.

Mein Weg der Genesung  geht nur ,wenn ich gar nicht mehr spiele. 

LG Wolke

Ja das stimmt. Wobei es mir weniger um Zustimmung anderer geht (dann wäre ich ein Trading-Forum gegangen) sondern mir wirklich daran gelegen ist, ehrlich mit mir zu sein und mich und mein Verhalten zu reflektieren. Danke für die Gelegenheit dazu.


Dass er das Spiel meistern kann, auch wenn es immer nur für "ein Spiel" ist, er in die Kneipe, die Spielstätte, Spielothek oder in das Casino geht, um sich dann nach Stunden oder Tagen in einem fürchterlichen Zustand wieder zu finden.

Gibt es zwischen Spielotheken/ Casinos und Börse nicht wirklich einen qualitativen Unterschied? Automatenaufsteller und Casinos sind gewinnorientierte Unternehmen, die Bank gewinnt immer - und das ist strukturell. Heißt im Umkehrschluss, dass der Spieler langfristig immer verliert, Laienboxer gegen Cassis Clay. Börse ist ein Nullsummenspiel (abzüglich Transaktionskosten, die sich jedoch minimieren lassen) und wenn man hier seine Nische findet, kann man strukturell gewinnen. Nur muss man dann eben auch in seiner Nische bleiben und darf sich nicht zu Zockerei hinreißen lassen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 11 Juli 2022, 05:44:26
Zitat
Gibt es zwischen Spielotheken/ Casinos und Börse nicht wirklich einen qualitativen Unterschied?

Mag sein, aber sie haben beide hohes Suchtpotenzial und das ist das Problem. Mir ging es nie ums Geld ,sondern um Betäubung und Ablenkung, ich brauchte einen Ort der Ruhe und den hatte ich da . Der Automat und ich . Er half mir in einer sehr schlimmen Zeit zu vergessen. Aber außerhalb der Halle wartete die Hölle,mittlerweile auch durch die neuen Probleme der Halle ausgelöst,also schneller ,öfters  und länger wieder rein in die Halle,bis beide Welten unerträglich wurden . Und dann ist der Leidensdruck riesig und man muss was tun. Ich musste das Loslassen, was mir anfangs so gut tat,auch Spaß machte und das ist nicht einfach und der Kopf sieht das am Anfang auch nicht ein. Das Leben da draußen macht mir doch Probleme, hier drinnen geht es mir doch gut......

Die Börse /das Traden.......ist  ein flexibler Raum /eine Blase,ähnlich wie das OC . Spürst du auch diesen Unterschied zwischen drinnen und draußen?

LG Wolke
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 11 Juli 2022, 06:41:15
Zitat
Gibt es zwischen Spielotheken/ Casinos und Börse nicht wirklich einen qualitativen Unterschied?

Moin!

Weder die Spielbank/die Casinos, noch die Börse haben ein Problem. Es ist derjenige, der sich dort hinein begibt und dort wiederholt die Kontrolle verliert.

Nicht jeder, der in eine Spielbank/in ein Casino geht (um mal bei den Beispielen aus dem Skript zu bleiben ... es entstand ja noch weit vor Online-Casinos und Trading for all), ist spielsüchtig. Je öfters man sich jedoch dort aufhält, desdo mehr gewöhnt man sich daran. Es macht auf einmal weniger Spaß, also wird das Risiko erhöht, die Einsätze gesteigert und die Spieldauer auch. Dadurch wird mehr Suchtmittel (Geld) benötigt. Nun kommt also die Suchtmittelbeschaffung zu der reinen Spielzeit hinzu. Die Gedanken kreisen immer mehr um das Thema. Man kann auch sagen, es nimmt immer mehr Raum im Leben des Spielers ein.

Gerade Pokerspieler und Trader, die bereits mehrfach die Kontrolle verloren haben und dies auch wissen, versteifen sich auf Taktiken - auf Logik.
Sie erklären, was man nur alles einhalten muss, damit die Kontrolle eben nicht verloren geht. Und sie sind stolz darauf, dass ihr Können - ihre Kompetenzen, in die sie viel Lebenszeit und Energie gesteckt haben, in zum Teil längeren Phasen auch funktioniert.

So lange die kurzen selbstzerstörerischen Phasen aber existieren, machen diese die Längeren immer wieder zunichte. Auch der Laienboxer wird immer wieder Schlägen ausweichen und sich aus der Reichweite des Profis heraus bewegen können, doch der wird immer irgendwann heran kommen und seinen einen Schlag ausführen können, der den Laienboxer zu Boden streckt.

Das Problem dabei ... die kurzen selbstzerstörerischen Phasen gehen nicht mehr weg ... sie üben nämlich bereits eine Funktion aus und das Gehirn hat durch massenhafte Wiederholungen in allen möglichen Ecken des Denk- und Verhaltensschemas der Person Verknüpfungen erstellt. Dies sind Abkürzungen, die ein Verarbeiten in verschiedenen Gehirnregionen unnötig machen. In den ersten Wiederholungen wurde das noch gemacht, doch die Ergebnisse waren immer gleich. Jetzt spart sich das Gehirn diese Arbeit. Dumm nur, wenn man die Ereignisse (Sinneswahrnehmungen, Gefühle) aufsplittet in ihre Einzelbestandteile, dann sieht man, dass auch "alltägliches" nun mit dem Glücksspiel verknüpft ist. Sei es ein Geräusch, welches sich vielleicht zufällig immer wieder mal ergeben hat beim Spiel (ein vorbeifahrender Zug z.B.) oder sei es die "Langeweile", die sich hier und da breit macht. Die ist aber ein Thema für sich und kann z.B. die Funktion aktivieren sich nicht mit sich selbst zu beschäftigen, weil dabei, aus welchem Grund auch immer, negative Gefühle auftauchen.

Ein bisschen Spielen ist für uns daher keine Lösung. Wir müssen das Gehirn wieder umtrainieren - viel umfänglicher als die Bereiche für die Suchtausübung. Doch wenn wir die nicht komplett einstellen, bleiben die Synapsen, die Verknüpfungen erhalten und verkümmern eben nicht.
Im Gegenteil, sie werden ja gerade benutzt und darüber noch gestärkt.

Es hilft also keine Kompetenz - kein Können - kein "Wenn ich doch nur diese eine kleine Sache abstellen könnte!" - es hilft nur das Handtuch zu werfen. Der Gegner ist einfach stärker ... es macht einfach keinen Sinn weiter zu kämpfen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 06 Juni 2023, 07:25:07
Fast ein Jahr ist vergangen seit meinem letzten Beitrag hier und ich habe neue Erkenntnisse erlangt – leider auf die schmerzhafte Tour. Vor zwei Wochen habe ich Kontrollverlust auf einer ganz neuen Ebene erlebt. Ich habe über einige Tage mehr Verluste als üblich eingefahren und dann einen völlig schwachsinnigen Trade gemacht. Bin dabei nicht nur ein unverhältnismäßig hohes Risiko eingegangen, sondern habe (weil nicht mehr Geld auf dem Konto war) eine große Menge Zertifikate dicht am KO gekauft, der auch zügig erreicht wurde. So habe ich nicht nur 10.000 Euro Verlust gemacht (der bei einer Bewegung in die andere Richtung ein Gewinn gewesen wäre), sondern durch das beim KO verlorene Aufgeld weitere 10.000 Euro der Bank geschenkt. So etwas hätte ich bei klarem Kopf niemals gemacht, mich hat da wirklich eine krasse Energie geritten. In einer Woche haben sich Verluste von 50.000 aufgetürmt – 20.000 davon innerhalb einer halben Stunde.
 
Das war natürlich ein Schock, den ich erst einmal verdauen musste. Habe seitdem viel über Sucht gelesen, hier und anderswo. Vor dieser katastrophalen Woche hatte ich nicht anerkannt, tatsächlich die Kontrolle verloren zu haben. Denn irgendwie war Kontrolle da, die Verluste waren schmerzhaft aber nie ruinös; ich konnte mein Konto über Wasser halten und musste nie nachschießen. Heute würde ich sagen, dass ich meine Suchtausübung durch gute, längerfristig angelegte Trades finanziert habe. Es blieb sogar ein Gewinn übrig. Zu Beginn meiner „Traderkarriere“ vor sieben Jahren habe ich relativ schnell 50.000 Euro Verlust aufgebaut, was vor allem Unerfahrenheit geschuldet war. Den hatte ich über fünf lange Jahre auf null ausgeglichen. Also hey, ich bin erfolgreich! Bei genauerem Hinsehen sah es so aus: Durch Trades mit längerfristigem Horizont (nicht unbedingt klassische Geldanlage, vor allem haben Short-Trades 2020 und 2022 zum Gewinn beigetragen) habe ich 150.000 Euro Plus gemacht. Was bei einer Kontogröße von durchschnittlich 250.000 Euro (es wuchs über die Jahre durch Ersparnisse an) schon ziemlich gut ist. Mit minimalen Zeitaufwand (wenige Stunden pro Woche) und einer geringen Zahl an Transaktionen.

Doch ich habe eben auch gezockt. Jemand anders hier hat den wiederkehrenden Gedanken schön formuliert: „Ich habe jetzt Lust zu traden - wo könnte ich einsteigen?“ Lust war es in meinem Fall nicht. Sondern die innere Leere, Unerfülltheit, Langeweile, das Defizit von dem Olli so oft schreibt. So entstand der Drang nach dem Nervenkitzel, und ich bin irgendwo eingestiegen - was halt gerade interessant aussah. Kein richtiges Setup, kein klarer Stop Loss – nicht erfolgversprechend, und so ging die Mehrheit der so gestarteten Trades auch schief. In Summe rund 100.000 Euro sind so bei anderen Markteilnehmern gelandet plus die 50.000 vor zwei Wochen, da dass ich jetzt wieder mit meinen 50.000 „Anfängerverlust“ dastehe. Bei enormem Zeitaufwand, diese Trades wurden engmaschig beobachtet. Anders gesagt: Ich habe auf den Chart gestarrt. Eine größere Bewegung in die richtige Richtung löste Glücksgefühle aus, eine in die falsche Schmerz. Gemischt mit dem Gefühl/ Gedanken: „Mensch, wenn ich jetzt auf die andere Richtung gesetzt hätte würde ich die Kohle gewinnen statt sie zu verlieren.“ Auch das hat jemand hier schön beschrieben mit „einen eingeschränkten Emotionenfundus exzessiv zu verspüren."

Und so ohne Verlust (unterm Strich… faktisch gingen so natürlich die Gewinne aus den längerfristigen Trades drauf) habe ich mich da ziemlich gut eingerichtet. Habe gelernt, wie ich an beruflichen Online-Meetings teilnehmen und parallel auf die Kurse schauen kann. Wie ich sie auch beim Abendessen mit der Familie zumindest alle paar Minuten checken kann (und mich kurz ausklinken, wenn Handlungsbedarf besteht). Zuhause, unterwegs – mir immer den Kick geben zu können, oft gefolgt von Schuldgefühlen weil es in der Regel eben nicht so gut lief. Aber manchmal eben auch von Euphorie. Zweifelsfrei Suchtverhalten, das räume ich jetzt komplett ein. Und eben nicht nur „quartalssüchtig“, wie ich mich noch für kurzem klassifiziert hätte. Alle paar Monate (wobei die Abstände immer kürzer wurden) gab es Exzesse, aber die Suchtausübung war konstant da. Außer, etwas anderes hat mich voll ausgelastet. Eine Beziehungskrise, ein neues Projekt in der Arbeit, ein privates Vorhaben für das ich mich begeisterte… Dann kam der Druck gar nicht auf.

Vor einigen Jahren, also mit Mitte 40, wurde bei mir ADHS diagnostiziert. Hauptmerkmal ist Abgleiten in Hypofokus („Konzentrationsstörung“), wenn etwas als langweilig erscheint; und die ständige Suche nach dem Hyperfokus, den ich im Trading immer fand. Dazu dann noch die gestörte Impulskontrolle – und schon entsteht das, was ich oben beschrieben habe. Nach meiner ADHS-Diagnose bekam ich eine Kurzzeit-Therapie von der Kasse bezahlt. Darin spielte Trading nur eine untergeordnete Rolle bzw. habe ich Börse sogar als eines der Dinge eingeordnet, die mich interessieren und wo mich gut konzentrieren kann. Da keine Verluste entstanden, hat die Therapeutin das nicht groß problematisch gesehen – bis auf die Quartalsexzesse (die ich als Verlustbringer ja auch los werden wollte), die jedoch nie zum Schwerpunkt der auf ADHS ausgerichteten Therapie wurden. Im Hinblick auf Alltagsbewältigung hat sie wirklich etwas gebracht. Das Suchtverhalten flog aber komplett unter dem Radar.

Natürlich habe ich mich in den letzten Tagen immer wieder gefragt, worin das Defizit besteht. Sonnenuntergänge und Vogelgezwitscher kann ich genießen, ich gehe gerne in die Berge, Meditiere seit vielen Jahren. Die Attacken kommen plötzlichen wegen Themen, die in anderen Threads auch anklingen: Eine eingefahrene Beziehung. Ein Alltag mit Haus und Kind, der mit ADHS nicht ganz einfach zu bewältigen ist. Vor allem aber kein echtes Interesse an der Arbeit und daraus resultierende der Wunsch, finanziell unabhängig zu sein.

Irgendwann fragst di wieso
quäl i mi da so schrecklich ab
und bin ned längst scho was Gott wo

Und irgendwann bleib i dann dort
lass alles liegn und steh'
geh von daham für immer furt

https://www.youtube.com/watch?v=93nNmegkQos – ironischerweise kommen vorher die Zeilen:

In unserer hektomatik Welt
draht sich alles nur um Macht und Geld
Finanz und Banken steig'n ma drauf
die Rechnung die geht sowieso nie auf

Wie wahr. Dennoch war das (vorgeschobenes?) Ziel meiner Suchtausübung, neben dem direkten Kick daraus. Mich interessieren Eure Meinungen und Einsichten dazu. Und natürlich, was nächste Schritte sein könnten: SHG, eine erneute Therapie mit Schwerpunkt Sucht? Oder einfach Konten sperren und schauen was passiert?

Denn natürlich muss ich mein verbleibendes Kapital schützen. Ich habe eben oben die Größe meiner Konten genannt. Ich bin selbständig, das Geld sind Rücklagen für schlechte Zeiten und fürs Alter.

Deshalb bin ich nun dabei, meine Depots auf Risikoklassen zurückzustufen, mit denen ich keine Termingeschäfte mehr tätigen kann. Das ist für mich ein wirklich schwerer Schritt für mich, weil:
-   Ein Teil von mir sich immer noch für einen guten Trader auf der mittelfristigen Ebene mit einem Problem auf der kurzfristigen hält…
-   Ich bestimmte Basiswerte nicht mehr handeln können werden, mit denen ich zumeist ganz guten Gewinn gemacht habe.
-   Ich die 50.000 Euro in den Verlustverrechnungstöpfen habe und sie auf die Sicht von Jahren nicht mehr ausgleichen können werde
-   Einige gehebelte Positionen im Verlust oder nahe null stehen und ich fest davon ausgehe, dass sie in den Gewinn laufen, wenn ich sie laufen lassen würde...
-   Sich ein Teil von mir als Loser fühlt. Noch vor wenigen Monaten hatte ich mein Konto ausgeglichen, jetzt höre ich dick im Minus auf. Das knabbert an meinem Ego.

Aber der totale Kontrollverlust vor zwei Wochen beweist schließlich, dass ich den Schritt tun muss.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 06 Juni 2023, 09:49:30
Hi,
ich kann nicht über die Inhalte von Trading oder Spekulationen diskutieren - würde ich auch nicht wollen - kann Dir aber mitteilen, dass ich gar nicht alles aufnehmen konnte. Ich denke an jemanden, der mit einem verschwitzten Pferd galoppiert mit dem Lasso in der Hand und vielen anderen Ersatzlassos um den Hals, das Tempo nicht drosselt, nie absteigt, obwohl schon lauter Exkremente in der Lederhose ...
Du widmest Deinem Bericht lauter Einzelheiten aus der Welt dessen, was Dich krank macht und krank hält. Über Dich selbst kann ich kaum was sehen/lesen. In meiner Vorstellung nehmen diese ganzen Gedanken nahezu 24 h am Tag ein. Macht Dich das nicht 'kirre'?
Ich meine: Wenn Du eh schon ADHS hast ... (was verbindest Du zwischen ADHS u. Deinem Verhaltensproblem? Nimmst Du Ritalin?)
Wie möchtest Du Dein Leben leben? Gibt es sonst noch was Wichtiges für Dich?
Dein Text ist zumindest für mich total erschreckend bzw. beim Lesen blieb mir schon die Luft weg (das meine ich ganz ehrlich), was auch der Grund ist, weshalb ich das nicht akribisch mental verfolgen konnte. Ich weiß nicht, wie es anderen geht.
Ich will Dich nicht echauffieren, nicht angreifen, nicht maßregeln.
Ich hab den Eindruck, dass Du Dir eine wirklich laaaange Zeit gönnen solltest, um umzulernen und Dich auf Dich selbst und Deine eigentlichen Bedürfnisse zu fokussieren. Wagst Du Dich das? Ist wahrscheinlich ein höheres Risiko als das, was Du mit diesem von Dir geschilderten Problem eingehst.
Viele Grüße
R
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 06 Juni 2023, 13:00:11
Moin Aranyaka,

zunächst mal : ich finde das toll – sehr mutig – dass Du Dich mit diesem Text hier wieder meldest und „die Hosen runterlässt“. Ich habs heute morgen gelesen und hab mir bis geradeeben nochmal den gesamten Thread durchgelesen.
Ergebnis:
1.) Lösungsmöglichkeiten für Dein Problem wurden Dir von vielen in unterschiedlichen Ausprägungen angeboten (u.a. stationäre Therapie)
2.) der gesamte Thread ist in meinen Augen ein sehr wertvoller für alle die an der Börse aktiv werden wollen oder es sind
3.) einige Teilnehmer haben mehr oder weniger ihre Erfahrungen geschildert bzw. ihr Leid geklagt und sind dann zu digitalem Staub verkommen. DAS IST SEHR SCHADE! Bitte meldet euch mal wieder….
Hast Du Personen (Geschwister, Ehefrau, Freunde), die Deine Geldanlagen auf Deinem Konto nach Deinen Vorstellungen ausführen könnten

Einmal schütteln, Kopf hoch, Krone richten und denk dran:

es ist nur Geld

Gruß Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 06 Juni 2023, 13:07:21
Das muss ich ja mal loswerden:

Hi Digger ... da bisse ja wieda. Schön! :))
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 06 Juni 2023, 13:39:50
tscha, wenn ich was zu sagen hab dann meld ich mich auch an. ansonsten gehöre ich zu den "Geistern". bin aber fast jeden Tag am mitlesen ..... 8)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 06 Juni 2023, 13:57:07
*Cha-Cha-Cha*
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 06 Juni 2023, 14:53:24
*Respekt* PM...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Gamblerjoe am 06 Juni 2023, 17:38:32
Der andere Weg ist, wenn man sein Geld einem Unternehmen das gerne in den Medien genannt wird anvertraut und nach 5 Jahren merkt, dass man zwar keine Verluste eingefahren hat aber in erster Linie hohe Gebühren bezahlt hat. Rendite plus minus Null. Die Finanzwerte haben im selben Zeitraum nicht unerheblich zugelegt. Auch dies ist nicht sehr angenehm. Und fördert bestimmt nicht das Vertrauen in die Finanzindustrie. Heute mache ich alles ausser die Finanzierung der Wohnung online und fasse langsam aber sicher wieder mehr Selbstvertrauen.

Wichtig ist, dass man erkannt was schief gelaufen ist und daraus seine Lehren zieht.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Future am 06 Juni 2023, 18:00:59
Also mir geht es auch so 24 h Vollgas im Kopf. Das macht's mit der sucht nicht leichter
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 07 Juni 2023, 11:03:24
Danke für Eure Beiträge und PN. Ich sehe hier drei etwas unterschiedliche Themen und versuche, die ein wenig zu entflechten:

1) ADHS und Spielsucht/ Trading-Sucht generell

Dazu ist in diesem Forum ja schon einiges geschrieben worden. Aber fast zu wenig dafür, dass es da so klare Zusammenhänge gibt. Schön knapp zusammengefasst sind die z.B. hier: Edit Olli: schädlichen Link entfernt

Kernsatz für mich ist: "Betroffene seien leicht abzulenken und reagierten auf starke Stimuli. Anders als bei alltäglichen oder beruflichen Aktivitäten ermöglichten es besonders stimulierende Aktivitäten den Betroffenen, auch über längere Zeit 'bei der Sache zu bleiben'. Eine solche besonders stimulierende Aktivität könne das Glücksspiel sein, insbesondere an Spielautomaten mit ihren typischen blinkenden bunten Lichtern und eindringlichen Klängen." Oder eben sich ständig bewegende Charts, an welche die eigenen Gewinne oder Verluste geknüpft sind.

Und gemeinerweise gibt es eine Dosis, die durchaus hilfreich sein kann. Um das zu erklären, möchte ich ein wenig ausholen: Es gibt ADHSler, die in Großraumbüros am besten arbeiten können. Der ständige Geräuschpegel, das Hin- und Herlaufen der Leute sorgt für eine Grundstimulation, auf deren Grundlage konzentriertes Arbeiten dann einigermaßen möglich ist. So geht es mit tatsächlich auch. Habe eine Anekdote gelesen von einem ADHSler mit Schlafstörungen, der entdeckt hat, dass er am besten einschlafen kann, wenn seine Mutter gerade staubsaugt. Also kam er auf die Idee, das Staubsaugergeräusch aufzuzeichnen und immer anzuhören, wenn er abends ins Bett ging - und auf einmal konnte er gut einschlafen. Das wurde später zum Problem, als er mit seiner Freundin zusammenzog ;)  Aber zurück zum Thema: Ein parallel zur Arbeit laufender Trade, eine kleine Position die über den Tag einen überschaubaren Gewinn oder Verlust bringt, kann auch eine solche Funktion erfüllen und die Aufmerksamkeit des ADHSlers im positiven Sinne binden. Was für Neurotypische eine Ablenkung oder Störung wäre, kann für den ADHSler etwas sein, das ihm bei seinem eigentlichen Vorhaben (Einschlafen oder Arbeiten) hilft, weil es für eine Grundstimulation sorgt. Klingt vielleicht seltsam, ist aber tatsächlich so... um das zu illustrieren habe ich auch die Anekdote mit dem Staubsauger eingebaut.

So habe ich das mehr oder weniger während der Corona Home Office Zeit gemacht. Ein bisschen Trading nebenbei hielt mich am Schreibtisch und hat mir tatsächlich geholfen, meine auch damals schon nicht wahnsinnig spannende Arbeit zu bewältigen. Das war die Zeit, in der ich auch tatsächlich Gewinne gemacht und mein Konto von -50.000 zurück auf null geführt habe. Aber ja, ich habe in dieser Zeit wohl ein Suchtverhalten etabliert. Was uns zum zweiten Thema führt:


2) Meine Geschichte mit ADHS und Trading

Da es sich hier um ein Suchtforum handelt, habe ich gestern vor allem von meiner Sucht geschrieben. Ich habe daneben sehr wohl ein Leben, und zwar ein ziemlich gutes mit Frau, Kind, Eigenheim und etablierter Selbständigkeit. Ich reise gerne (bin in diesem Moment in Griechenland), habe Freunde, bin viel in der Natur, genieße gerne... Habe aber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung. Einkaufen ist eine überfordernde Stresssituation, Aufräumen ein Kraftakt den ich so lange wie möglich vor mir herschiebe. Inzwischen weiß ich, dass das zum ADHS-Symptomkomplex gehört. Ritalin habe ich über ein Jahr lang genommen (30 mg, also eher gering dosiert; würde auch sagen, dass ADHS bei mir eher nicht so stark ausgeprägt ist) und über Weihnachten auf Anraten der Psychiaterin eine Pause gemacht die ich bis heute verlängert habe. Weil ich merke, dass ich auch ohne Ritalin besser klar komme als vor der Diagnose - wohl durch die Verhaltenstherapie und die Gewohnheiten, die ich mir während der Ritalineinnahme zugelegt habe. Aber tatsächlich war auch das Trading ein Baustein meiner Bewältigungsstrategie! Einen direkten Zusammenhang (positiv wie negativ) zwischen Ritalin und meinem Tradingverhalten konnte ich nicht feststellen.

Es gab Phasen, in denen der Frust über den Alltag besonders stark war. Ausgeprägt 2018, danach nur sporadisch und wieder recht ausgeprägt seit 2021 - was auch der Anlass war, mich hier anzumelden. Das Trading wurde dann von einem netten Spielchen nebenher zu dem manischen Rausch, den ich oben beschrieben habe. Aber eben keineswegs täglich sondern in Episoden, deren Frequenz und Heftigkeit in letzter Zeit jedoch deutlich zugenommen haben. Doch auch das lief noch in einem einigermaßen kontrollierten Rahmen ab, ich hatte stets rund 250.000 Euro auf termingeschäftsfähigen Konten liegen. Gezockt habe ich immer nur mit kleinen Teilen davon, mehr als 2.000 oder 3.000 Euro Verlust (oder Gewinn) ist an einem Tag fast nie entstanden - obwohl wesentlich höhere Risiken jederzeit möglich gewesen wären. Deshalb war das vor zwei Wochen ein echter Schock, weil ich da genau diese Grenzen überschritten habe.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist der Wunsch, dem stressdurchsetzten Alltag zu entfliehen. So wie jetzt in Griechenland in der Sonne auf dem Balkon zu sitzen, nachher mit meiner Tochter zu spielen und im Meer zu baden - wunderbar. Dafür braucht es halt Geld, und das erhoffte ich mir mit dem Trading zu verdienen. Bis vor dem Schock vor zwei Wochen fand ich das nicht mal unrealistisch und selbst jetzt glaubt ein Teil von mir noch daran. Aber dem ziehe ich jetzt mal den Stecker.

Als meine nächsten Schritte halte ich eine stationäre Therapie oder das Übertragen meiner Finanzen an jemanden anderen für übertrieben. Möchte das aber zur Diskussion stellen weil es natürlich sein kann, dass ich mir da in die Tasche lüge. Eine SHG und/ oder ambulante Therapie scheinen mir dagegen sinnvoll. Bis vor zwei Wochen war keine echte Krankheitseinsicht da, sonst hätte ich hätte ich nicht mein ganzes Vermögen auf Trading-Konten liegen gehabt. Das ändere ich jetzt, und erhalte mir mit Zugriff auf ungehebelte Anlageformen die Möglichkeit, mein Geld sinnvoll anzulegen.


3) Schutz Tradingsüchtiger

Was ich erlebt habe bei dem Unterfangen, mein Kapital zu schützen, fand ich völlig unbefriedigend. Man kann seine Risikoklasse so ändern, dann man keine hochriskanten Geschäfte mehr tätigen kann, oder nur noch ganz konservative. Aber ein mit ein paar Klicks hat man seine Termingeschäftsfähigkeit wieder. Hier sollte es die Möglichkeit geben, sich für bestimmte Fristen zu sperren bzw. eine Wiederzulassung nur mit gewissen Vorlaufzeiten zu ermöglichen.

Ebenfalls relativ leicht umsetzbar wäre es, den Kauf von KO-Zertifikaten nur bis zu einem gewissen Hebel zu erlauben. Bei CFD wurde das bereits umgesetzt (maximaler Hebel 1:20), sie bleiben aber für meine Begriffe Teufelszeug und die dafür gemachten Apps sprechen das Zockerherz besonders an. Hinzu kommt, dass man damit erzielte Verluste steuerlich kaum verrechnen kann. Bei KO-Zertis kann man jedoch wesentlich höher hebeln, bei meinem Kamikaze-Trade habe ich einen Schein mit einem Hebel von fast 200 gekauft (was ich bei klarem Verstand niemals gemacht hätte!!). Das heißt: Mit einem Einsatz von 10.000 Euro bewegt man 2 Mio. Euro! Bewegt sich der Basiswert um 0,5%, verändert sich der Kontostand um 10.000 Euro - wenn nach unten, ist das gesamte eingesetzte Kapital weg - und das kann leicht in weniger als einer Stunde passieren. Bei Hebel 50 sind es 2%, das kann sich innerhalb eines Tages locker ereignen. Eine Regelung, dass Scheine nicht mehr zu Kauf angeboten werden dürfen, sobald der Hebel 20 überschreitet, wäre zumindest ein Minimalschutz der "Anleger". Bewusst in Anführungszeichen, denn schon wer Hebel oberhalb von 20 kauft legt nicht mehr an sondern zockt. Zumindest in 99% der Fälle.

Keine Ahnung, wie und wo man so was einsteuern kann. Aber der Schutz Tradingsüchtiger geht tatsächlich gegen null und da es gar nicht so wenige davon gibt, ist das eigentlich untragbar.

Schließe mich digger an, es wäre schön auch von den anderen Betroffenen mal wieder etwas zu lesen!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: DEKA am 07 Juni 2023, 12:42:29
Als Spielsüchtiger der auch im Kryptohandel aktiv war kann ich vieles davon absolut nachfühlen. Ich musste auch immer non-stop auf die Charts gucken. Wenn ich keine offenen Positionen hatte war ich total leer. Ich musste immer irgendwo drin involviert sein. Teilweise auch mit absurd hohen Hebeln während die Volatilität hoch wie nie zuvor war. Stop loss? Niemals.

Achso und natürlich ist es auch hier total präsent, dass man Verlusten hinterherjagt. Man hat gerade 10.000€ in einem Trade verloren? Total emotionsgeladen rein in den nächsten Trade mit hohem Hebel. Nächtelang Charts beobachtet und geschwitzt. Teilweise volles RIsiko 10.000€ rein um hier mal 200€ mitzunehmen und da mal 400€. Trading lässt sich nicht mit Emotionen vereinbaren. Habe daher auch aufgehört.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 07 Juni 2023, 14:37:32
Edit Olli: schädlichen Link entfernt

Der Beitrag ist SEHR gut und ich kannte Ihn schon, sehr empfehlenswert, ich hatte zwar mehr geschrieben habe das aber gelöscht und werde dir per pn antworten
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 07 Juni 2023, 15:12:47

Bis vor dem Schock vor zwei Wochen fand ich das nicht mal unrealistisch und selbst jetzt glaubt ein Teil von mir noch daran. Aber dem ziehe ich jetzt mal den Stecker.

Als meine nächsten Schritte halte ich eine stationäre Therapie oder das Übertragen meiner Finanzen an jemanden anderen für übertrieben. Möchte das aber zur Diskussion stellen weil es natürlich sein kann, dass ich mir da in die Tasche lüge.

Da du das SELBST zur Diskussion stellst, meine Meinung dazu...

Ich meine ganz klar, JA du lügst dir in deine eigene Tasche  8)

Ich denke, es verzögert nur die Zeit bis es dich wieder erwischt, KANN sein, MUSS nicht, keine Frage. Allerdings wage ich zu behaupten aufgrund deiner "grob beschriebenen Problematik" das es für dich nur das entweder oder gibt, die "KONTROLLE" hast du doch bereits einmal verloren, warum das Risiko eingehen sie ein zweites mal zu verlieren ???

Da möchte ich dir Wirklich mal ans HERZ legen was du selber schreibst...

Versuch doch mal zu FÜHLEN was du eigentlich hast auch wenn das für dich wahrscheinlich sehr sehr schwer sein wird, FÜHLE das WUNDERBAR mit deiner Tochter und vielleicht schraubst du hier und da ein gaaaaanz klein bischen deine "materiellen ansprüche" zurück; was nicht heisst das ich dich als gefühlskalt sehe, wollte das nur erwähnen für den ein oder anderen, du hast mich schon richtig verstanden, das weiß ich...

@anmerkung in eigener Sache... Ich bin ein kranker Mensch und alleine ein zwei kommentare reichen das eh so ziemlich jeder sich denken kann wer ich bin, ich bin es LEID mich verstecken zu müssen aus ANGST gebannt zu werden, ich kann sehr wohl VERNÜNFTIG !!! an einem Gruppengeschehen teilnehmen....

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 07 Juni 2023, 17:06:48
Versuch doch mal zu FÜHLEN was du eigentlich hast auch wenn das für dich wahrscheinlich sehr sehr schwer sein wird, FÜHLE das WUNDERBAR mit deiner Tochter und vielleicht schraubst du hier und da ein gaaaaanz klein bischen deine "materiellen ansprüche" zurück; was nicht heisst das ich dich als gefühlskalt sehe, wollte das nur erwähnen für den ein oder anderen, du hast mich schon richtig verstanden, das weiß ich...
Das fällt mir tatsächlich überhaupt nicht schwer, 80% meiner Zeit lebe ich so. Auch meine materiellen Ansprüche sind nicht extravagant. Habe da nochmal reingespürt und sehe zwei Triebfedern für meine Suchtausübung:

1) Was ich nicht spüren will: Dass ich in einem Alltag lebe, in dem mich Dinge überfordern, die anderen ganz leicht fallen. Und umgekehrt Sachen längst verstanden habe, mit denen sich andere noch ewig beschäftigen - was bei mir ein Gefühl der Langeweile auslöst. Entweder überfordert oder unterfordert, dazwischen gibt es nicht viel bzw. gab es das nicht; seit meiner Beschäftigung mit ADHS und der Therapie ist dieser Grat breiter geworden. Aus der Vermeidung ist gewohnheitsmäßiges Trading geworden, das vor allem Zeit frisst und mich von meinem "Leid" ablenkt - wenn es eben gerade da ist. Wohlgemerkt im Bereich Arbeit und Haushalt, in meiner Freizeit kommt das nur sehr selten auf.

2) Was ich (bzw. ein Teil von mir) spüren will: Ein Trade der aufgeht. Einen Trend, den ich mit einem großen Volumen reite. Ich sehe, wie das Konto dicker und dicker wird. Vierstelliger, vielleicht fünfstelliger Gewinn. Dollarzeichen in den Augen. Dostojewski, Der Spieler, 14. Kapitel ab "Ein toller Gedanke blitzte in meinem Kopfe auf.": www.projekt-gutenberg.org/dostojew/spieler/chap14.html (http://www.projekt-gutenberg.org/dostojew/spieler/chap14.html) Einfach lesen. Wahrscheinlich kennen diesen Zustand hier ja sowieso die meisten. Um da hin zu kommen, bin ich inakzeptable Risiken eingegangen. In jüngerer Vergangenheit immer ausgeprägter, weil es auch öfter mal gut ging und ich diesem Erleben nachjagte. Das ist die Suchtspirale, das ist das finanziell schädliche weil das klare Denken komplett aussetzt. In dem Zustand verbringe ich aber nur einen klitzekleinen Teil meiner Lebenszeit.

Das sind zwei ziemlich unterschiedliche Energien, und ich meine mit beiden unterschiedlich umgehen zu müssen. 1) Erfordert, den Weg weiter zu gehen, den ich mit meiner ADHS-Therapie eingeschlagen habe. Das Ruder noch fester in die Hand zu nehmen und mich weniger von meinen Gefühlen der Über- oder Unterforderung bestimmen zu lassen. Und mich von meiner Vermeidungsstrategie zu entwöhnen.  2) Ist ein schlummerndes Monster. Da verstehe ich die Haltung die AA: Ich bin süchtig. Ich habe die Möglichkeit, meine Sucht nicht auszuüben. Aber einmal dort gewesen, scheint Heilung kaum möglich. Um damit zu leben, möchte ich gerne Hilfe annehmen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 07 Juni 2023, 17:26:36
Das ist sehr schön zu lesen wenn du das wahrlich geniessen kannst, das können wenige Adhsler gerade weil der fokus so stark im kopf ist; aber das Spektrum ist auch riesig....

1. du könntest deinen fokus anders ausrichten, statt ebend zu schauen was für neuretypische menschen normal und einfach ist ist für DICH nunmal schwer, OK, aber dafür hast du 100% Stärken die für neurotypische menschen den supergau bedeuten, DARAUF solltest du dich fokusieren, das Positive deiner selbst...

2. da bin ich raus da dies so nie mein bestreben war. "Heilung" da könnten wir zwei wahrscheinlich ewig drüber philosophieren denke ich mal, wo fängt die "Krankheit" an und was wäre dann demzufolge "heilung" ? ...  ;)

Um damit wirklich dauerhaft leben zu können in der Komplexität dich betreffend was ich so lese "rate" ich definitiv zu einer stationären Behandlung und weiterführend ambulant. Es wäre keine Schande solche Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, mit "unbehandeltem" Adhs mit Tendenz zur Sucht ist die "Rückfallquote" unwahrscheinlich hoch....

Was du letzenendes machst ist natürlich ohne wenn und aber deine sache ich teile nur meine erfahrung mit und was ich denke,...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 07 Juni 2023, 18:53:43
Moin Aranyaka,

Du beschäftigst mich ganz schön mit Recherchieren:

ich zitiere:

"Wenn Sie Symptome einer Trading-Sucht haben, müssen Sie handeln. Wenn Sie wirklich süchtig nach Trading sind, können Sie es wahrscheinlich nicht alleine schaffen, und Sie werden am Ende immer tiefer in Schulden und Verzweiflung geraten. Sucht- und Beratungsstellen wissen darüber Bescheid und sind darauf geschult, Ihnen bei der Umschulung Ihres Gehirns zu helfen."

Edit Olli: schädliche Seite mit Werbung etc. fürs Traden entfernt - lies ruhig den ganzen Artikel!

Ansonsten hab ich mich in dem Artikel „ADHS + Spielsucht“ verloren. Ich hab versucht rauszukriegen was das für ne Studie ist, wer sie finanziert hat etc.

weiterhin frag ich mich, was Du mit dieser These erreichen willst. Möchtest Du

- ne Entschuldigung für Deinen Kontrollverlust haben
- möchtest Du uns traden als Deine Therapie bei ADHS verkaufen ?

Was weisst Du über die Plattform / den Chefredaktör / die Autorin , wer finanziert die und welche / wessen Interessen werden bedient ?

Das wärs erstmal

Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 07 Juni 2023, 19:33:59
ja,
genau das:

* Möchtest Du
- ne Entschuldigung für Deinen Kontrollverlust haben
- möchtest Du uns traden als Deine Therapie bei ADHS verkaufen ?*

frage ich mich/Dich auch! Das wurde mir in meiner Vorstellung zu zäh wegen Deiner langen Texte, die Erklärungs-/'Schulungs'charakter aufweisen, deswegen wollte ich das eigentlich lassen. Aber jetzt, wo 'digger' das auch schreibt ...
bin ich doch wieder neugierig :)
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 07 Juni 2023, 20:27:17
Hi Leute!

Verlinkt doch bitte nicht zu schädlichen Seiten - oder seit Ihr auf Kundenfang?

Mir ist egal, wie informativ die Artikel anscheinend sind - die Plattformen sind schädlich für andere Mitglieder des Forums!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 07 Juni 2023, 20:43:38
moin Olaf,

leider ist tradingsucht im ICD 11 nicht vorhanden. sonst hätte ich nicht weiter recherchiert. Pornosucht z.B. gibt es......

ich finde es heftig, dass Du mir "Kundenfang" unterstellst.

soll ich mich selbst entfernen oder willst Du das tun?

gruß Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 07 Juni 2023, 21:09:39
Hey ... das glaub ich nicht, das war sicher nicht so gemeint.
Aber einen Pfad hatte ich auch geöffnet, und dort stand dann was von 'OC' - damit hab ich dann auch nicht 'liebäugelt'.
Tatsächlich ist es so, digger:
Wichtig ist immer, wer dahinter steckt, wer Nutznießer ist, ob Verquickungen zu Anbietern oder sonstigen Geschäftsleuten bestehen, auch über die ein oder andere 'Ecke'.
______

Dieser Thread ist überaus anstrengend, von Anfang an. Weil sich die Motivation seines Start(er)s nicht herausstellt, nicht wirklich. Ewiges Schöngerede. Fast möchte frau sagen: 'Ist doch alles gut, hier arbeitet nicht der Mensch - oder nur 'antstoßend', sondern das Geld arbeitet für sich und seine eigene Vermehrung in Richtung unter-/überforderter, vom Alltag gelangweilter Mensch. Probleme gibt es sonst gar nicht. Alles ist chic. Mal ein Ausrutscher von 1000 - 10000 geht schon, ein kluges Köpfchen widmet dem ein paar Minuten Verlusttrauer, und weiter geht's.
Naja.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 07 Juni 2023, 21:41:56
Hi Rainer!

Ich habe Dir gar nichts unterstellt - ich habe eine Frage gestellt!

Eben erst hatte ich wieder Beschwerdemails, weil hier so viele Details zum Traden stehen. Dazu noch die Links, die eindeutig auf schädliche Seiten zeigen, die andere hier triggern könnten. Da darfst Du Dir, wenn Du einen Link hier einstellst, ruhig mal an die Nase fassen und Dich fragen, ob das so richtig war.
Nun kann bei der Internetrecherche mal so ein kleines Malheur passieren, es könnte aber auch sein, dass dem Einstellenden gar nicht in den Sinn gekommen ist, dass eine seiner Lieblingsseiten vielleicht doch schädlich für sich und andere ist.

Geht bitte verantwortungsvoll mit Euch und den anderen dieser Gruppe um!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 07 Juni 2023, 22:03:07
hi Rubbel,

ja der thread ist sehr anstrengend. - was ihn aber nicht unwichtig macht, ganz im Gegenteil!

der Ersteller ist Margin_call. er schreibt doch ganz deutlich was er will:

er sagt, er wäre tradingsüchtig und er will den "Dämon in ihm" loswerden. Ersagt aber auch:

"Was macht das Ganze problematisch, wo sehe ich Gefahren:

•   Würde ich weiter spekulieren, wenn meine Frau nicht wäre: Ja.
•   Ich hatte dummerweise in den letzten Wochen und Monaten ja auch den ein oder anderen richtigen Trade (zum ersten Mal in den ganzen 19 Jahren), sodass ich mich natürlich frage, ob ich es nicht vielleicht doch geschafft habe und endlich dauerhaft an der Börse erfolgreich sein kann. Dagegen spricht natürlich wieder mein Verhalten gegen Ende des Jahres."  das würde auch jeder Spieler so ähnlich sagen.

Das Perfide ist aber, dass die Börse nicht so einfach in "gut oder böse" einteilbar ist. Politiker aller Parteien sehen Aktien / Börse als Mittel, das Rentenproblem zu lösen (ich frag mich wie). oder Börse als Mittel die Inflation auszugleichen. D.h. Du kommst um das Thema garnicht rum.

deshalb versteh ich auch garnicht, warum Olli meinen link gelöscht hat. Esist eine Seite "Börse für Anfänger" . Alle die in diesem thread irgendwas geschrieben haben werden "Anfänger" weit von sich weisen.....aber da ist von Sucht und Umgang mit Sucht die Rede - wie hier im Forum .....

Was war also in meinem Beitrag "Kundenfang" und wozu sollte ich irgendwen fangen? was hätte ich davon???

ein stark verunsicherter Rainer

PS: Olli ich hab gerade Deinen Beitrag gelesen - ist alles ok.

PPS: auf diesen verlinkten Seiten war ich heute das erste mal - ich habe gerade bei der ADHS-Seite nur noch gestaunt, was da mit welcher Absicht geschrieben wird
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 07 Juni 2023, 22:17:36
Habe auf meinem PC ein paar Sachen. so weit ich mich erinnere Doktorarbeiten und kleine Studien, also nichts mit viel Geld dahinter.
Zitat
Möchtest Du
- ne Entschuldigung für Deinen Kontrollverlust haben
- möchtest Du uns traden als Deine Therapie bei ADHS verkaufen ?
Ich möchte nachvollziehen, was in und mit mir passiert in der Hoffnung, es zukünftig besser zu machen.
Und ja, ich betrachte Trading als eine meiner Coping-Strategien (nicht Therapie) für ADHS. Dazu gehören noch andere bescheuerte Sachen, z.B. gehe ich immer 10 Minuten vor der Bahn aus dem Haus obwohl ich weiß, dass ich für den Weg 12 bis 13 Minuten brauche. So muss ich hetzen (verschwitzte Klamotten inklusive) und es entsteht eine Stimulierung, die vordergründig angenehm ist.

Verstehe übrigens auch nicht ganz, warum Olli meinen Link gelöscht hat. War einfach eine knappe und treffende Beschreibung, warum ADHSler anfällig für Glücksspiel sind. Aber tut mir Leid, ein ich das etwas übersehen habe

Trading ist halt wirklich tückisch, weil in Deutschland Privatleute Zugang zu Instrumenten haben, die eigentlich für Profis sind. So kann man in sehr kurzer Zeit sehr viel Geld vernichten. Oft sind es Existenzen. Aber wir digger schreibt, das Ganze hat einen seriösen Touch was es noch tückischer macht.

Ach ja, noch was: Beim Schrieben der langen Beiträge ist mir klar geworden, das ich mir wirklich meine Termingeschätfsfähigkeit entziehen muss. Ohne das alles Mal aufzuschreiben hätte ich wohl nicht so konsequent gehandelt und mich darauf verlassen, dass der vergangene Schock so tief sitzt, dass ich meinen Blödsinn mehr mache. Da hat diesen Forum also definitiv als Katalysator gewirkt.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 07 Juni 2023, 22:23:31
*gähn*
Antwort 168:
--2) Was ich (bzw. ein Teil von mir) spüren will: Ein Trade der aufgeht. Einen Trend, den ich mit einem großen Volumen reite. Ich sehe, wie das Konto dicker und dicker wird. Vierstelliger, vielleicht fünfstelliger Gewinn. Dollarzeichen in den Augen. Dostojewski, Der Spieler, 14. Kapitel ab "Ein toller Gedanke blitzte in meinem Kopfe auf.": www.projekt-gutenberg.org/dostojew/spieler/chap14.html Einfach lesen. Wahrscheinlich kennen diesen Zustand hier ja sowieso die meisten. Um da hin zu kommen, bin ich inakzeptable Risiken eingegangen. In jüngerer Vergangenheit immer ausgeprägter, weil es auch öfter mal gut ging und ich diesem Erleben nachjagte. Das ist die Suchtspirale, das ist das finanziell schädliche weil das klare Denken komplett aussetzt.
.... als Zusatz ööööh: ....
In dem Zustand verbringe ich aber nur einen klitzekleinen Teil meiner Lebenszeit.

Ja, klar. Also ich bin, denke ich, ein entspannter Mensch :))
Aber das geht mir echt auf'n Zünder. Und auch die Belehrungen, von denen ich gar nix wissen will.
So wie auch niemand schreibt, wieviele Erdbeerkekstörtchen im Automaten eingelaufen sind mit welchem Einsatz und auf welchem Konto die Kirschkernkissen-Auszahlungen liegen, wie lange und ob sie zu den Schokopralinen kommen oder ob sie mit den  anderen Obstsorten verkocht werden und wie das am besten geht und wo: auf Klo, im Wohnzimmer, im Büro oder am Frittenstand. Und - ich hab vllt ein Problem, aber ich will nicht vergessen, wie lecker meine Obstbowle ist und gebe Euch mal das Rezept. Und eines darf ich auch nicht vergessen: dieses Problemchen hilft mir bei meiner Krankheitsbewältigung - Euch vielleicht auch. Lest mal hier: ...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 07 Juni 2023, 22:40:35
Könntest Du darüber schreiben, was Dich genau stört statt über Erdbeertörtchen?

Ich versuche, ehrlich und direkt das wiederzugeben, was in mir vorgeht.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 07 Juni 2023, 22:46:59
Was bin ich froh das ich nicht Ursprung dieses "wortgefechtes" bin *puh

Ich bin auch über die adresse gestolpert, da mich die adresse allerdings wenig intressiert hat sondern der artikel hab ich wohl nicht weit genug gedacht und alles beleuchtet wie was wo, ich bitte das fürs zitieren zu entschuldigen; Der Artikel IST gut, ich habe diesen allerdings auch woanders gelesen, leider weiß ich nicht mehr wo.

Was ich wiederum intressant finde ist, wie schnell hier die "stimmung" schon wieder gekippt ist und das auch hier und da erwähnt wird ob nun das Adhs als entschuldigung verstanden werden soll oder kann, was aus meiner Sicht völliger Quatsch ist, es ist bewiesen (und ich suche jetzt nicht zig Studien mit quellnachweis raus, wers wissen will kann recherchieren) das adhs und sucht sehr eng miteinander "verbunden" sind und auch wenn mich das traden so absolut null tangiert habe ich in jungen jahren mit den gedanken gespielt so was zu lernen, börsenmakler oder so, einfach aus der Faszination der "zahlenspiele" heraus.

Was ich für das miteinander sehr schade finde, warum wird nicht sachlich (oder auch mal emotional, letzenendes sind wir alle Menschen)  HIER kommuniziert und "gemeckert" bzw beschwert, und im Endeffekt Olaf als einziger Moderator, - aus meiner sicht- als "Buhmann" und auch Angriffspunkt hingestellt bei dem sich letzendlich viele beschweren und er ist der "doofe" der wiedermal "vorgeschoben" wird; auch das ist NICHT FAIR in meinen Augen,...

Ich habe lange zeit gebraucht um zu verstehen was für einige/viele Menschen "scham und so kram" bedeutet; ist es so schwer einfach mal zu schreiben "Ich finde es nicht Ok das du xy so viel übers traden schreibst" ?
Wenn das so IST, dann ist es doch vollkommen ok aber wie man soll man das verstehen geschweige denn wissen wenn es keiner sagt und sich anonym über dritte beschwert wird ?

was mir auch auffällt ist dieses unwahrscheinlich große Mißtrauen was hier grundsätzlich besteht, ist man von der "gegenseite", ist man von nem oc, ist man nen schönreder will man werbung machen, wahnsinn...

Und mal ganz im ernst, Nein ich bin nicht der Treadersteller und schreibe mit mir selbst ^^
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 07 Juni 2023, 22:54:31
Könntest Du darüber schreiben, was Dich genau stört statt über Erdbeertörtchen?

Ich versuche, ehrlich und direkt das wiederzugeben, was in mir vorgeht.

darf ich mal vermittelnd eingreifen?

Erdbeertörtchen sind wohl Symbole auf einem bestimmten Dattelautomaten .......

Wir sind aber alle Spieler die Probleme mit ihrem Tun haben !!!!!!!!
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 07 Juni 2023, 22:57:22
Wir sind aber alle Spieler die Probleme mit ihrem Tun haben !!!!!!!!

DANKE ! endlich mal ein kurzes prägnantes Statement was so VIEL aussagt, und JA, auch ich ziehe mir diesen schuh an, denn er PASST nunmal...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 07 Juni 2023, 23:13:05
ich möchte gerne noch etwas zu dem Thema "ADHS und Sucht" sagen:

nach meiner Recherche geht die Studie in die Richtung "es könnte sein" bzw. "es gibt wahrscheinlich einen Zusammenhang". Der gleiche Artikel taucht auch auf einer ähnlichen Seite auf. die Autorin ist inzwischen im marketing eines Wettanbieterverbandes.

ich habe die ganze Zeit gewartet, ob Illona oder Olli was dazu sagen wollten - haben sie doch Kontakte zur Uni Bremen (Herr Meyer), der sich schon vor längerer Zeit der Erforschung von Spielsucht verschrieben hat. Da wär vielleicht was Fundiertes zu erfahren.

ich finde es auch sehr spannend ob da was dran ist - wären wir Spieler doch dann allesamt ADHSler
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 07 Juni 2023, 23:15:59
Menno, ich hab jetzt so einen langen Text als Antwort auf meine 'Erdbeertörtchen' geschrieben - weg ist er. So'n Mist.

Kurz-Zusammenfassung: Ich störe mich an der Attitüde. Am Mitteilen von der Belesenheit und dem puren Durchblick über Trading. Und dass ADHS im Zweifel, also bei Rückfragen, Zweifeln, Nachfragen nach Suchtverhalten als 'Joker!' zur Entschuldigung dient. (Obwohl es ja eigentlich nicht so sehr ausgeprägt ist - an anderer Stelle zu lesen). Mich stört die Verbreitung von 'How to trade the right way' in dieses Forum hinein. Mich stört die Vorstellung, dass andere Teilnehmende hier getriggert werden könnten, ja, sogar den großen Zampano in Dir vermuten könnten. Und dass Du meinst, Du bräuchtest das Zocken, weil alles um Dich rum fade ist und Dir gar nix andres übrigbleibt, ... und noch mehr... aber alles was ich im langen Text geschrieben habe, will ich nicht mehr erinnern. Ist für Dich und für mich sicher besser.
Jedenfalls möchte ich mal wissen: Willst Du Hilfe? Oder Tipps für's Trading? Oder 'Bewunderung'? pfff - keine Ahnung.
So, das soll's dann auch gewesen sein.

VG, R
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 07 Juni 2023, 23:31:08
nach meiner Recherche geht die Studie in die Richtung "es könnte sein" bzw. "es gibt wahrscheinlich einen Zusammenhang". Der gleiche Artikel taucht auch auf einer ähnlichen Seite auf. die Autorin ist inzwischen im marketing eines Wettanbieterverbandes.

Also davon sprech ich mich 100% ab was da nun die intension hinter ist, mir geht es ausschliesslich um den Artikel an sich...

Zitat:
An der Fachklinik kamillushaus, essen, wird ADHS als Rückfallprophylaxe behandelt. Unbehandeltes ADHS gilt als hohes Risiko für Substanzgebrauch
Zitat Ende

Das hab ich jetzt mal auf die schnelle gefunden, wenn doch es hier um Substanzmittelmißbrauch geht ist es letzendlich der gleiche Schuh Sucht...

Davon ab Digger, auch wenn du es "lustig" und für mein "empfinden" nicht nett geschrieben hast, du glaubst gar nicht wie groß die Dunkelziffer unbehandelter Adhsler ist. Es gibt auch viele die damit glücklich und zufrieden bis ans lebensende leben

Was die Thematik der Psychischen erkrankungen und Begleiterscheinungen Neurologisch betrachtet betrifft, so sagt selbst mein Neurologe steckt die Medizin immer noch in den Kinderschuhen,...
Bevor es wieder heisst ich reiße alles an mich und will mich in den Mittelpunkt stellen mache ich mal Feierabend für heute

Gute nacht @all
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 08 Juni 2023, 09:53:11
Zitat
ich habe die ganze Zeit gewartet, ob Illona oder Olli was dazu sagen wollten - haben sie doch Kontakte zur Uni Bremen (Herr Meyer), der sich schon vor längerer Zeit der Erforschung von Spielsucht verschrieben hat. Da wär vielleicht was Fundiertes zu erfahren.

Guten Morgen!

Wenn, dann könnte vielleicht Ilona etwas dazu sagen, wenn ja, wird sie sich schon melden.
Ihr könnt ja mal Tobias Hayer ansprechen, der hier, wenn ich mich recht entsinne, auch angemeldet ist.
Vielleicht wäre das ja mal ein Thema, über welches er im Sonntagscafe referieren möchte? Fragen kostet nix ...

Nachtrag: Ich finde die Stelle nicht mehr. wo es heißt, dass die Autorin mittlerweile für die GI arbeitet. Egal ... Aber genau das ist das Problem. Wir wissen nicht, was auf solchen Seiten von wem publiziert wird und von wem die Studie/der Artikel/was weiss ich ... letztlich finanziert wurde.
Sicherlich kann sich ein Leser, gerade, wenn er Betroffener ist, im Inhalt wiederfinden. Es wird jedoch häufig polarisiert und hey ... was bei Statistiken gilt, das gilt auch für Studien: Jede Statistik ist genau so gut, wie der, der sie schreibt!

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 08 Juni 2023, 14:57:22
Hallo Rubbel,

danke für die Erklärung.

Ich nehme mich weniger als ein konstantes Ich war sondern eher als eine Ansammlung verschiedener Anteile, von denen mal der eine aktiver ist und mal der andere. Seit zwei, mittlerweile fast drei Wochen ist mir klar, der der Spieler, der Zocker, der Süchtige ein Anteil ist, den ich bisher gewaltig unterschätzt habe. Der hat sich immer mehr in den Vordergrund gedrängt und schließlich für eine Weile komplett die Kontrolle übergenommen - und dabei riesigen Schaden angerichtet. Das hat mich aus der Bahn geworfen und mir deutlich gemacht, dass ich was verändern muss - nicht nur oberflächlich, sondern tiefer gehend. Dazu erhoffe ich mir hier Ideen und Impulse, eine stationäre Therapie zum Beispiel hätte ich nie in Erwägung gezogen. Jetzt betrachte ich das dank Eurer Kommentare zumindest als eine Möglichkeit.

Was ich gerade versuche ist, diesen Teil ins Licht zu zerren. Wie er tickt, was ihn triggert, was ihn treibt. Was ich entdecke versuche ich, so ehrlich ich kann aufzuschreiben. Die hier gegebene Anonymität hilft mir dabei. Ich verstehe tatsächlich, dass Dich die Attitüde stört. Aber die finde ich tatsächlich so in mir wieder und ich möchte die lieber beschreiben als so zu tun, als wäre ich anders. Sicherlich hat diese Attitüde mit der Suchtausübung zu tun und deshalb finde ich wichtig, auch die anzuschauen. Was ich mir von Euch wünsche - und bisher auch bekommen, vielen Dank dafür an dieser Stelle! - ist, einen Spiegel vorgehalten zu bekommen und auf blinde Flecken hingewiesen zu werden. So wie von Dir: Dass ein Teil von mir stolz auf das Erlebte ist... finde ich sehr bedenklich, aber ja dieser Teil ist da. Und genau damit sollte ich mich doch auseinandersetzen, oder?

Den Zusammengang mit ADHS sehe ich weniger in Kategorien von Entschuldigung oder Rechtfertigung. Ich sehe da einfach einen Zusammenhang, ADHS begünstigt bestimmte Verhaltensweisen - wie es andere Lebensumstände auch tun. Auch diese Zusammenhänge finde ich wichtig zu verstehen. Sehe auch keinen Grund, mich für die Vergangenheit zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Was passiert ist, ist (im Bezug aufs Trading: leider) passiert. Keinesfalls darf jedoch ADHS oder ein anderer Lebensumstand zukünftiges schädliches Verhalten rechtfertigen.

Ich stoppe mein Trading, Punkt. Nur ist bloß dadurch, dass die Suchtausübung nicht mehr möglich ist, die Suchtstruktur einfach weg. Und genau mit der setzte ich mich gerade auseinander.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 08 Juni 2023, 16:52:15

Es wird jedoch häufig polarisiert

aber ebend auch nicht immer Olli, ist es dann nicht eher in der "verantwortung" des Lesenden wie er damit umgeht ?

https://dr-armin-kaser.com/computerspiel-sucht/begleiterkrankungen/adhs/

https://gedankenwelt.de/der-zusammenhang-zwischen-adhs-und-videospielen/

Beides sehr gute Artikel wie ich finde die im endeffekt das "gleiche" aussagen bzw. weit besser sind als der gelöschte...

Ja es geht um gaming und Internet, keine frage nichtsdestotrotz geht es ums Dopamin wie "wahrscheinlich" bei allen süchten (ich denke alkohol is da raus ebendso wie drogen), da kann man auch den Fallschirmspringer nehmen der nie wieder damit aufhört weil er "geil auf den Kick" ist, was ebend bei Neurotypischen Menschen auch funktioniert, sie haben Ihren Kick -ausgleich- das hällt um ein Vielfaches länger an als bei Neurodiversen Menschen.

Hier findet ein Kick statt welcher aber ebend viel viel schneller "abgebaut" wird und demzufolge muss der nächste auch so schneller wieder her.

Oder ebend auch was ich gerne als "ruhe im Kopf" beschreibe, da sind wir von Emotionen und vergangenheiten noch weit entfernt und wenn man das ALLES dann in Betracht zieht, dann wird es wahrlich zum Supergau und für jemanden wie mich ist es dann um so schwerer einen "adäquaten" weg zu finden mit ALLEM "glücklich" klar zu kommen.

Um den Kreis nun zu schließen; das lese ICH zum Beispiel in den Kommentaren von aranyaka, weder eine beschönigung noch erklärung noch betreiber noch sonstirgendwas, geschweige denn übrigens den "willen" andere zu triggern oder zu reizen; ich lese -aus MEINER sicht- die kongnitive Faszination der sache an sich und meiner Meinung nach -und ebend meiner eigenen Erfahrung entsprechend die nicht aus lesen von studien oder büchern oder sonstwas herrührt-- sage ICH ebend, das kann man nur mit einer langfristigen Therapie durchbrechen da die Große arbeit darin besteht das Gehirn umzuprogramieren dahingehend "ersatz" zu finden - andere nennen es dann wieder Suchtverlagerung und auch das ist richtig "irgendwie".

Jemand der REGELMÄßIG jeden Monat einmal Falschirmspringen geht ist auch "süchtig" danach, nimm demjenigen mal einen Monat den Sprung weg - Ich möchte nicht wissen wie lange es wohl dauert bis derjenige "ausflippt"...

Wenn DANN auch noch die Thematik Emotionen oder Probleme im Umgang damit in Betracht gezogen wird -hm-,... oder besser- viele Verschiedene Problematiken aufeinander treffen wird es sehr schwierig diese differenziert aber ebend auch geminsam zu betrachten um an sein Ziel zu kommen welches in der regel spiel oder tradefrei sein sollte....

Ich bin weder Professor noch habe ich irgendwas studiert und ich vermag mich auch sehr Laienhaft ausdrücken, ich habe "dieses Suchtleben" über 35 Jahre gelebt, zzgl. wenn ich zu mir selbst ehrlich bin noch ca 10 Jahre obendrauf wo ich allerdings mit der aufarbeitung begonnen habe, RICHTIG automatenfrei ist es jetzt 1 jahr und n monat und n paar wochen ohne gaming. Ich gehe mal davon aus, das ich sehr gut "beurteilen" kann was diese ganze scheisse mit einem Kognitiv und emotional macht / machen kann zum "glück" habe ich nicht meinen GANZEN verstand verzockt....

Wieso, weshalb, warum ich das nun geschrieben habe, Keine Ahnung ich lasse es einfach fließen, das EINZIGE was ICH HOFFE, ist, das es DIR Anayaka ein stück weit weiterhilft - oder anderen....
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Aranyaka am 09 Juni 2023, 15:26:37
Darf ich noch etwas in die Runde fragen? Habe jetzt auch so manches zu Glücksspiel außerhalb des Tradings gelesen. Und meist so Sachen wie: Das Spielen wird zum Mittelpunkt des Lebens, die Gedanken kreisen nur darum, man kann andere Dinge kaum noch wahrnehmen (geschweige denn genießen) usw  ist das dermaßen typisch?

Bei mir ist es irgendwie anders: Den großen Teil meiner Zeit denke ich gar nicht ans Trading. Aber es ist die ultimative Ablenkung. Wenn mich was nervt, belastet, langweilt - ich habe mir angewöhnt, in dieses Spiel zu flüchten  Aber jetzt, im Urlaub - Interesse nahe null. Schaue mal auf die Kurse so wie ich Nachrichten lese.

Treffe Maßnahmen zum Schutz meiner Konten und frage mich dabei immer wieder: "Warum mache ich das überhaupt? Ich käme doch nie auf die Idee, unverhältnismäßige Risiken einzugehen." Natürlich hat die Vergangenheit gelehrt, dass ich das doch immer wieder tue und deshalb sind diese Maßnahmen überaus wichtig. Aber weiter gesagt, das Suchtverhalten ist derzeit fast außerhalb meiner Realität.

Kennt Ihr das?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 09 Juni 2023, 15:33:27
Kennt Ihr das?

Klar, auch diese Phasen gibt es die bei jedem Unterschiedlich sind.

Wenn du das ganz spezifisch für DICH sehen möchtest setz dich hin, nimm dir ZEIT und schreibe dir auf in welchen Situationen du mit deiner klimperei anfängst, was genau los war, wie es dir ging und so sachen halt - demzufolge kannst du rückschlüsse ziehen was es bei dir auslöst und kannst dann evtl. was dagegen tun.

FAKT ist -und da wiederhole ich mich gerne- 100% kontrollieren wirst du es nie können daher die Therapie.... meine meinung,...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 09 Juni 2023, 15:37:12
Aber jetzt, im Urlaub - Interesse nahe null. Schaue mal auf die Kurse so wie ich Nachrichten lese.

Lies mal selbst was du schreibst,.... du bist im URLAUB und dennoch liest du es automatisiert... entzieh dich dem doch einfach mal komplett und schau ob du es hin bekommst, keine zeitung, kein handy, einfach URLAUB....
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: blow_up am 20 Juni 2023, 12:24:27
1.) Lösungsmöglichkeiten für Dein Problem wurden Dir von vielen in unterschiedlichen Ausprägungen angeboten (u.a. stationäre Therapie)
2.) der gesamte Thread ist in meinen Augen ein sehr wertvoller für alle die an der Börse aktiv werden wollen oder es sind
3.) einige Teilnehmer haben mehr oder weniger ihre Erfahrungen geschildert bzw. ihr Leid geklagt und sind dann zu digitalem Staub verkommen. DAS IST SEHR SCHADE! Bitte meldet euch mal wieder….

Also, ich bin nicht zu digitalem Staub verkommen, auch wenn es sich mit fortgeschrittenem Alter manchmal so anfühlt! :-)

Schließe mich digger an, es wäre schön auch von den anderen Betroffenen mal wieder etwas zu lesen!
Aye aye sir

Trading ist halt wirklich tückisch, weil in Deutschland Privatleute Zugang zu Instrumenten haben, die eigentlich für Profis sind. So kann man in sehr kurzer Zeit sehr viel Geld vernichten. Oft sind es Existenzen. Aber wir digger schreibt, das Ganze hat einen seriösen Touch was es noch tückischer macht.

Ach ja, noch was: Beim Schrieben der langen Beiträge ist mir klar geworden, das ich mir wirklich meine Termingeschätfsfähigkeit entziehen muss. Ohne das alles Mal aufzuschreiben hätte ich wohl nicht so konsequent gehandelt und mich darauf verlassen, dass der vergangene Schock so tief sitzt, dass ich meinen Blödsinn mehr mache. Da hat diesen Forum also definitiv als Katalysator gewirkt.

Ich hab mir deine Geschichte durchgelesen, vieles davon kommt mir sehr bekannt vor. Meine Historie lässt sich hier im Forum auch nachlesen, ich hab damals im Corona-Crash sechsstellig mit Eurostoxx- und/oder S&P Futures verloren. Ich weiß es gar nicht mehr so genau, auch will ich hier keinerlei Trigger setzen. Es waren definitiv Futures und Optionen, also Termingeschäfte. Die Instrumente die für Hans und Lisa da sind und nicht für Hänschen und Lieschen. Eurex-Zulassung hatte ich damals schon und ich hab erst im Nachhinein realisiert wie professionell mein Margin Call abgewickelt wurde. Ich hätte da noch mit anderen Summen haftbar gemacht werden können und würde vermutlich heute noch abstottern, der Broker war defintiv auf meiner Seite.

Aber ohne ins labern zu verfallen, wie ging die Geschichte weiter? Sprich wie ging meine Geschichte weiter? Ich konnte den Märkten aus beruflichen Gründen nie so wirklich den Rücken kehren, da ich damals als kleines Rädchen in der kalten nackten Zahlen-Hölle eines DAX-Konzerns das FX-Hedging mit verantwortet habe. Ich hatte dann mental einen ziemlichen Durchhänger, wollte mehr Zeit mit meinem Junior verbringen und hab Elternzeit genommen. Und dann nochmal verlängert. Und dann in einen Teilzeit-Job gewechselt. Und meine Haupteinkommensquelle heute ist ....trommelwirbel.... der Markt. Es wäre zwar vermutlich die meiste Zeit schöner an der frischen Luft irgendwas mit Garten- und Landschaftsbau (im Sommer ;-)) oder meinetwegen auch in einer Schreinerei zu erwirtschaften aber soviel Spaß es auch macht, das ist nicht mein Gebiet. Ich brauche auch nix großartig soziales machen, ich tu mir schwer Namen zu merken geschweige denn irgendwelche sonstigen Events die für die menschliche Interaktion so von Vorteil wären. Gott sei Dank habe ich meine bessere Hälfte dafür. Meine Welt sind die Zahlen, das wird sich in diesem Leben nicht mehr ändern. Mit denen kann ich umgehen, die merke ich mir, die sprechen mit mir. Schuster bleib' bei deinen Leisten, für Typen wie mich wurde Excel und Co erfunden. Und die Finanzmärkte passen da eben salopp gesagt wie Ar*** auf Eimer, das Puzzle dass sich jeden Tag verändert und an dem sich die Menschheit seit Jahrhunderten versucht. Egal ob damals bei den alten Fuggern mit Tafel und Kreide oder eben heute in Zeiten von Hochfrequenzhandel.

An der Frage wie man die Dämonen tief vergraben im Käfig halten kann ohne dass man sich existenziellen Gefahren aussetzt habe ich häufig gegrübelt. Es macht sicherlich einen Unterschied ob man aus purer Langeweile in irgendwelchen Charts rumdaddelt - oder eben den Immobilienkredit fürs eigene Dach überm Kopf, die Krankenversicherung für sich selbst und Sohnemann und so nebensächliche Dinge wie Versicherungen, das tägliche Essen aufm Tisch, Strom, Auto, Handy oder idealerweise auch die Altersvorsorge davon bestreiten muss. Aber für mich ist das wesentliche Entscheidungsmerkmal das Thema Emotion. Ich bin überzeugt dass die große Mehrheit daran scheitert.

Es darf nicht aufregend sein. Es darf keine Gier oder Angst hervorrufen. Man darf sich in keinerlei Kontroll-Illusion verlieren, niemand kann vorhersagen in welche Richtung sich Märkte kurzfristig bewegen. Ich kann es nicht, du kannst es nicht, das ganze Pack überbezahlte Personal das in den Handelsräumen von Goldman und Co sitzt kann es auch nicht. Trading ist so spannend wie jede andere Excel-Tabelle eben auch. Es ist ein Sachbearbeiter-Job, bei dem man sich eisern an Regeln zu halten hat. Und, auch das ist eine mitlerweile traurige Gewissheit für mich, es ist ein einsamer Job. Klar kann man sich in der FinTwit-Blase austauschen oder Trading-Buddies suchen, ich hab mittlerweile davon Abstand genommen weil es den eigenen Handel nicht gut tut. Weil man verleitet wird in eine Sache, die richtig gemacht strunzlangweilig ist, Spannung und Unterhaltung reinzubringen. Meinungen zu etablieren und Trends anzuzweifeln. Und dann wird der Chart zur Slotmaschine. Dann haste verloren, es ist dann nur noch eine Frage der Zeit aber das Schicksal ist wohl immer dasselbe.


Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 29 Juni 2023, 12:39:51
Hallo in die Runde,

ich hatte mich vor etwa einem Jahr angemeldet und wollte mal berichten wie es mir zwischenzeitlich erging.

Meine damalige Vorstellungsbeiträge:
https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php/topic,3427.msg50596.html#msg50596
https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php/topic,3427.msg50602.html#msg50602

Ich hatte dann alle Verluste realisiert, waren am Ende etwa 30.000 EUR. Ein paar Wochen später stiegen die Aktien wieder stark an. Eine hochspekulative Aktie in der fast mein ganzes Geld steckte verdreifachte sich. Hätte ich es "laufen lassen", wäre es ein sechsstelliger Gewinn gewesen. Aber egal, hinterher ist man immer schlauer und die Verluste zu realisieren war zu dem Zeitpunkt die vernünftigste Entscheidung.

Ich habe nach einigen Monaten Abstinenz Ende letzten Jahres dann nochmal Aktien gekauft, ca. 20-25% meines Kapitals habe ich investiert. Dieses gesplittet über eine Handvoll sehr solider Unternehmen die es vermutlich noch in Jahrzehnten geben wird. Diese Aktien sind sehr gut gelaufen, die Verluste sind mittlerweile ausgeglichen und ich bin gut im Gewinn. Der Rest des Kapitals liegt auf Tagesgeldkonten. Ich habe dieses Jahr keine einzige Aktie gekauft. Ich schaue alle paar Wochen mal ins Depot und habe automatische Verkaufsorder eingestellt, falls die Aktien wieder fallen sollten.

Mir zeigt das alles, ja ich habe große Probleme, aber sie sind wie im letzten Jahr schon vermutet anders gelagert. Mir gibt es keinen "Kick" an der Börse zu handeln, es interessiert mich nicht mal besonders. Ich will einfach nur aus diesem 9-5 Hamsterrad ausbrechen und ich weiß finanzielle Freiheit ist nur über eine Unternehmensgründung (für die mir Ideen und Kraft fehlen) oder Spekulation erreichbar, nicht aber in einem Angestelltenverhältnis, selbst wenn man gut verdient.

In mir ist einfach eine große Leere, eine tiefe Unzufriedenheit mit dem Leben. Ich schrieb es ja schon letztes Jahr:

Zitat
Statt zu schauen wie ich aktuell in meinem Leben zufriedener werden könnte, welche kleinen Schritte ich unternehmen müsste, verliere ich mich in Tagträumen wie es wäre finanziell frei zu sein, um die Welt zu reisen, nicht mehr arbeiten zu müssen, mich völlig dem Hedonismus hinzugeben. Vielleicht liegt es daran dass ich mein Leben so viel und hart arbeitete, immer sparsam lebte, jeden Euro umdrehte, mich nur über den Erfolg im Job definierte und lange Zeit alles andere vernachlässigte, was zu einer Depression führte. Heute hätte ich am liebsten nur noch Spaß und keine Verantwortung mehr. Vielleicht ist es das Gefühl so viel verpasst zu haben, weil ich jahrelang arbeitssüchtig war. Ich dachte schon daran alles hinzuwerfen, mit den Ersparnissen intensiv zu leben so lange bis sie aufgebraucht sind und dann sinngemäß den Stecker zu ziehen.

Ich verliere mich in letzter Zeit wieder vermehrt in Gedanken, hätte ich damals dies oder das gemacht, diese Aktie gekauft, die andere nicht verkauft, dann könnte ich heute finanziell frei sein. :-\

Liebe Grüße
Kontrollverlust
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 29 Juni 2023, 15:30:10
1) Was ich nicht spüren will: Dass ich in einem Alltag lebe, in dem mich Dinge überfordern, die anderen ganz leicht fallen. Und umgekehrt Sachen längst verstanden habe, mit denen sich andere noch ewig beschäftigen - was bei mir ein Gefühl der Langeweile auslöst. Entweder überfordert oder unterfordert, dazwischen gibt es nicht viel bzw. gab es das nicht; seit meiner Beschäftigung mit ADHS und der Therapie ist dieser Grat breiter geworden. Aus der Vermeidung ist gewohnheitsmäßiges Trading geworden, das vor allem Zeit frisst und mich von meinem "Leid" ablenkt - wenn es eben gerade da ist. Wohlgemerkt im Bereich Arbeit und Haushalt, in meiner Freizeit kommt das nur sehr selten auf.

Das finde ich hochspannend. Ich bin auf ADS diagnostiziert und in Behandlung. Mir geht es exakt so wie dir. Einige Dinge überfordern mich die anderen leicht fallen während andere mich unterfordern die anderen schwer fallen. Dazwischen gibt es nichts. Im Job habe ich sehr viel Routine bei komplexen Themen die ich Jahre begleite. Ich schaffe es aktuell aber nicht mich in neue Dinge einzuarbeiten, sobald es mir zu kompliziert wird schalte ich komplett ab. Früher konnte ich mich autodidaktisch in Themen verbeißen und schnell ein großes Fachwissen aufbauen. Das schaffe ich aktuell überhaupt nicht mehr.

Ich bin mit meiner Arbeitsleistung auch nicht zufrieden und denke immer mal wieder daran, dass es wie es aktuell läuft irgendwann Probleme geben wird. Die Welt dreht sich weiter und ich bleibe gefühlt stehen. Ich kann den aktuell Job in der Form nicht noch 30 Jahre machen. Und so flüchte ich in Tagesträume, wie den von der finanzieller Freiheit.

Wenn ich unter Menschen bin, tolle Dinge erlebe, Sport mache, dann geht es mir gut. Alles was nach Pflicht oder Verantwortung klingt nervt mich aktuell nur noch. Ich habe privat finanziert eine Fortbildung für meinen Job begonnen, weil ich dachte das würde wieder ein Feuer entfachen, was aber bisher nicht funktionierte. Wenn ich keine Tagesträume von finanzieller Freiheit habe, dann bin ich in meinen hedonistischen Gedanken, was will ich alles erleben, was macht mir Spaß, wohin will ich reisen?

Es ist schon skurril wenn man bedenkt dass ich mal arbeitssüchtig war, früher wenn ich aus dem Büro kam das Laptop zu Hause aufklappte und nahtlos weiterarbeite, das über viele Jahre hinweg.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: SuchtkrankerMensch am 30 Juni 2023, 06:56:38
Ich schaffe es aktuell aber nicht mich in neue Dinge einzuarbeiten, sobald es mir zu kompliziert wird schalte ich komplett ab.

Es ist schon skurril wenn man bedenkt dass ich mal arbeitssüchtig war, früher wenn ich aus dem Büro kam das Laptop zu Hause aufklappte und nahtlos weiterarbeite, das über viele Jahre hinweg.

Es ist ja mitlerweile MEHRFACH bewiesen das Ad(h)s Gehirne nunmal anders funktionieren als neurotypische.

Das Du dich nicht in neue Dinge einarbeiten kannst KÖNNTE eine Folge Deiner Behandlung (incl. Medikamente ? oder ohne? ) sein, ob dies nun positiv oder negativ zu sehen ist ist eine Frage die DU dir selber stellen must, bedenke auch das Du nicht jünger wirst...
So ist es auch mit der "arbeitssucht", Ich bin Workaholic durch und durch, Keine Pausen, essen und trinken während der arbeit, 10,11,12 Stunden und mehr da hab ich "drüber gelacht"...FRÜHER halt,...

Vorgestern kam um 13 Uhr ein Lkw der noch geladen werden musste und ich hatte eine kleine Diskussion mit meinem Chef weil ich um 13 Uhr feierabend habe und ich fing an zu weinen weil ich den nicht mehr laden durfte....
JA ich hab geweint, muss man sich mal vorstellen, ich hohlte mich SELBST schnell ins HIER und JETZT zurück und sagte dann selbst: OK, gar nicht kommen - keine Option; 7,5 Stunden ist mir zu lange; der MITTELWEG besteht in der 5 Stundenbescheinigung welche ICH akzeptieren MUSS also hab ich JETZT Feierabend !

Komplexe abläufe saug ich auf "im vorbei gehen" und da gibt es auch für mich nur ein ENTWEDER ODER - Mittelweg ? WAS ist das ? Ich kenne nur 150% oder 0% alles andere macht mich unzufrieden...

Ich bin viiiiiel ruhiger geworden durch Medikamente und Therapie was das KOGNITIVE betrifft - emotional bin ich ein brodelndes Pulverfaß und ein falscher Blick ( oder wie hier im Forum eine unbeantwortete PN) reicht manchmal aus das ich "ausflippe".

DAS ist der Preis dafür das ich ruhiger geworden bin worüber ich grad gestern mit meinem Neurologen geredet habe und was soll ich sagen ? er war etwas Ratlos was er dazu nun sagen soll....

Ich für MICH kann sagen das es ein unwahrscheinlich langer Weg ist mit sich selbst klar zu kommen und dann vor allem mit neurotypischen Menschen die nun mal "anders ticken" wie ebend auch andersrum betrachtet und da bin ich für MICH noch weit weg von der bestehenden Suchtproblematik die bei mir ebend auch erst dann einschlägt wenn ich langeweile habe,...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: digger am 02 Juli 2023, 13:22:18
moin Kontrollverlust,

zunächst: prima, dass Du Dich mal wieder gemeldet hast und ein update Deiner Situation gegeben hast.

was Du über Dein Börsentun schreibst hört sich für mich nach einem vernünftigen Plan an. Investieren ist ja per se nix Böses ..... Aber Du hattest Dich unter dem Namen "Kontrollverlust" angemeldet. Also hüte Dich vor Dir *gg* !

Zitat: " In mir ist einfach eine große Leere, eine tiefe Unzufriedenheit mit dem Leben. Ich schrieb es ja schon letztes Jahr:" Bitte hol Dir Hilfe!

Gruß Rainer
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 02 Juli 2023, 13:50:15
Hi Timo,
möchtest Du vielleicht mal einen eigenen Thread im Bereich 'Tagebuch' eröffnen? Dann kannst Du dort immer reinschreiben,was Dich alles interessiert, was Du verspielt hast, wo Du Dich über Rückforderungen 'schlau gemacht' hast und alles sowas.
Gruß, R
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 02 Juli 2023, 14:26:31
Ich habe seinen Beitrag gelöscht ...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Kontrollverlust am 07 Juli 2023, 17:51:39
was Du über Dein Börsentun schreibst hört sich für mich nach einem vernünftigen Plan an. Investieren ist ja per se nix Böses ..... Aber Du hattest Dich unter dem Namen "Kontrollverlust" angemeldet. Also hüte Dich vor Dir *gg* !

Vernünftig war das letztes Jahr, bin aktuell aber wieder sehr stark am bereuen. Eine meiner Positionen hat sich knapp verdreifacht. Ich dachte letztes Jahr daran größer einzusteigen, wollte das Risiko aber begrenzen, vor allem nach dem ganzen Mist den ich letztes Jahr baute.
Es ist ein solides Großunternehmen das völlig irrational unterbewertet war, habe die Aktie quasi am tiefsten Punkt gekauft. Nun bereue ich ingesamt nur 20-25% meines Vermögens in Aktien investiert zu haben, hätte ich doch mein gesamtes Vermögen in diese eine Aktie gesteckt. Es wäre ja nicht mal hochspekulativ gewesen, ich rede von einem Unternehmen das jeder kennt und täglich die Produkte nutzt. Hätte ich mein ganzes Geld investiert, ich hätte einen Gewinn machen können, von dem ich hätte locker 10 Jahre leben können.  :-\

Zitat: " In mir ist einfach eine große Leere, eine tiefe Unzufriedenheit mit dem Leben. Ich schrieb es ja schon letztes Jahr:" Bitte hol Dir Hilfe!

Therapie usw. habe ich ja alles schon jahrelang gemacht. Ist halt die Frage welchen Krankheitswert es hat, wenn ich gerne zwei Millionen auf dem Konto hätte um ein völlig sorgenfreies Leben zu führen und keine Verantwortung mehr tragen zu müssen. Ich bin einfach müde und ausgelaugt und die Idee, es mit Spekulation endlich zu schaffen, kommt immer wieder hoch.

Ich kann daher nicht ausschließen irgendwann erneut eine große Dummheit zu begehen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 07 Juli 2023, 19:49:24
Hmmm ... ja, es spricht alles dafür, dass Du wieder Dummheiten machst. Du trauerst bereits entgangen Chancen hinterher, die Gedanken gehen nicht gerade nett mit Dir um ... ich sehe hier weder Selbstfürsorge, noch Selbstmitgefühl.

Sorry ... das war nur ein kurzes Statement ... muss weg ....
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 08 Juli 2023, 08:22:21
Moin ,

Zitat
Ist halt die Frage welchen Krankheitswert es hat, wenn ich gerne zwei Millionen auf dem Konto hätte um ein völlig sorgenfreies Leben zu führen und keine Verantwortung mehr tragen zu müssen.

Ich würde das im normalen Fall als Tagtraum von vielen Menschen einstufen ,die Lotto spielen. Ich hab auch solche Tagträume und mittlerweile spiele ich zwischendurch wieder ,wenn der Jackpot voll ist. (triggert mich aber nicht)

Bei dir würde ich das anders einstufen,weil du mit dem Traden mit unheimlich großen Summen selbst handelst. Deine Tagträume oder Trockenspielchen  bestehen wahrscheinlich daraus .....in Gedanken mal Summe x einzusetzen  und zu gucken ,wie die Kurse sich entwickeln . Verläuft das Trockenspiel nach Wunsch und du hättest wirklich Geld eingesetzt und wärst um Summe x reicher ,dann steigt dein Wunsch ins unermessliche, wirklich Geld zu setzen und wahrscheinlich viel höher als beim Trockenspiel. Es ist ein Teufelskreis.

Es geht nicht darum welchen Krankheitswert dein Wunsch hat(Zitat oben) ,sondern welchen Leidensdruck er bei dir auslöst. Wie oft guckst du aufs Handy nach den Kursen? 1x/Monat  pro Woche, täglich ,stündlich ? Und wie lange kreisen dann welche Gedanken in deinem Kopf? Kannst du dich dann auf das normale Leben konzentrieren, dich daran erfreuen, es genießen ? Wie lange schaffst du es , mal nicht auf die Kurse zu gucken? Wie fühlst du dich ,wenn du es mal 4 oder 12 Wochen nicht dürftest?

LG Wolke





Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Manollo am 30 Juli 2023, 17:31:51
CFD Trading/Daytrading ist genauso ein Glücksspiel wie Casino.. ich frage mich warum das bei Oasis nicht gesperrt wird.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Roy1234 am 30 Juli 2023, 19:04:15
CFD Trading/Daytrading ist genauso ein Glücksspiel wie Casino.. ich frage mich warum das bei Oasis nicht gesperrt wird.
Für absolute Profis die Intraday Signale im Chart lesen können ist das eine Risikoanlage aber kein Glücksspiel.
Das Problem ist, dass Leute wie Du (ich unterstelle das mal) und ich meinen das richtige Timing zu finden um Gewinne zu erzielen. Für die ist es russisches Roulette.
Würde eigentlich für Profis freigegeben die den Mist auch marginal steuern. Zumindest die Großen.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Wolke 7 am 30 Juli 2023, 20:51:39
Auch die Profis,die Bank, setzt oft genug das hart gesparte Geld von normalen Menschen in den Sand.  Die zocken auf fremde Kosten.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Manollo am 30 Juli 2023, 20:59:36
Die üblichen Verdächtige haben es auf NullAchtFünfzehn Leute abgesehen. Die wollen gar nicht die Profis. Die Chancen zu gewinnen ist niedriger als zB Roulette oder so. Dann noch die Hebelfunktion die dich umhaut.
Wie gesagt das sollte bei Oasis aufgenommen werden.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: TradingEnde am 27 August 2023, 14:56:49
Was mir auffiel, in meinem Werdegang:

Unterschied CFD/Optionsscheine zu Casino:

Man glaubt die Kontrolle zu haben (Ego!), im Gegensatz zum Casino wo von vornherein schon klar ist, dass man verliert.

Schlussendlich übernimmt aber dann die Psyche die Kontrolle.

Man glaubt es besser zu können, aber man wird eines besseren belehrt.

Finger weg von CFDs/Optionsscheinen.

Für alle Trader die das lesen und via Google zu diesem Forumsthread fanden.

Ich habe viel Geld gewonnen und noch mehr verloren. Ich wollte die Verluste ausgleichen und habe die Gewinne zuvor + Einsatz wieder verloren.

Ich habe damit aufgehört, einen Schlussstrich gezogen. (Man muss beinhart aufhören und die Verluste hinter sich lassen!)
Mein Erspartes verloren aber mich gsd. nie verschuldet (hier hatte dann doch noch die Vernunft gesiegt).

Ob ich spielsüchtig bin glaube ich nicht wirklich, aber ich würde easy wieder in dieses Tradingverhalten zurückkippen können.

Es ist faszinierend, es vereint viele meiner Hobbies:
Nachrichten Affinität, wissbegierig, Mathematik (ja ich weiß der ein oder andere würde Statistik nicht zu der Mathematik zahlen ;-) )

Aber es ist ein Spiel. Nichts anderes. Ein Spiel wo die Psyche dann gewinnt.

Man glaubt man kann es besser, und es kann sicher der ein oder andere, aber man muss sich eingestehen wenn man nicht zu jenen gehört. (Neben der Arbeit ist es nicht möglich!)

LG
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 23 November 2023, 18:04:17
Hallo zusammen

Es tut mir jetzt gut, dies hier zu schreiben und soll eine Warnung an jene sein, welche sich für CFD, Knock-Out-Optionen, Turbo-Optionsscheine und den ganzen Müll interessieren.

Ich konnte eine Weile lang die Finger davon lassen und mein Sparkonto hat sich wieder ordentlich gefüllt. Aber nach dem letzten Wahnsinns-Anstieg an den Börsen bin ich short gegangen, habe also gegen den Markt gewettet. Ich gehe hier jetzt nicht ins Detail, denn das triggert nur. Aber ich habe immer wieder den Einsatz erhöht mit hohem Risiko. Bis das Sparkonto leer war und alle Knock-Outs gegriffen haben.

Dabei ging alles gut im Leben und ich hatte eine neue tolle Frau kennengelernt, trotzdem konnte ich die Finger nicht vom Trading lassen. Am Tag, als alle meine Wetten verpufft waren und ich einen hohen fünfstelligen Betrag abschreiben musste, hatte ich  mit der guten Dame ein Date. Ich lag in ihrem Armen und sie sagte: Du bist so niedergeschlagen, was ist denn los? Dann realisierte ich, dass man nicht nur sein Geld verlieren kann, sondern auch Beziehungen, die Arbeitsstelle (ich war im Büro zwei Wochen lang im Alarm-Modus und musste diesen "überspielen" mit viel Schauspielerei) etc. etc.

Ich habe ganz klein wieder angefangen und auch aus Langeweile - sukzessive erhöhte ich das Risiko weil es ja so gut gelaufen war am Anfang...

Zum Glück habe ich jetzt die Notbremse gezogen und nicht all mein Geld noch "verheizt".

Nun werde ich folgendes tun: Meine eiserne Reserve in Form von Sparkonten werde ich wie folgt "schützen": Mein bester Freund kriegt die Kollektivunterschrift, somit ist es für mich nicht möglich ohne sein Einverständnis Geld abzuheben und ins Trading-Konto zu transferieren. Ich muss es tun, damit ich ABSOLUT KEINE Möglichkeit habe zu traden.

Was der Moderator schon zigmal geschrieben hat, trifft zu: Man muss einfach die Finger KOMPLETT davon lassen wenn man davon loskommen möchte, sonst findet das eigene Hirn sofort wieder die Verknüpfungen zum vermeintlichen Vergnügen.

Mir geht es jetzt noch ziemlich schlecht, aber ich hoffe, dass ich jetzt mit jedem Tag wieder die nötige Energie zurückbekomme und mich um die wirklich wichtigen Dinge im Leben kümmern kann - das ist nicht Geld, sondern sind soziale Beziehungen und schöne Unternehmungen. Dafür braucht man auch nicht einen Haufen Geld. Statt dem Geld nachzujagen und Zeit zu verballern mit Börsenkursen möchte ich mich wieder den schönen Dingen widmen. Es wird ein harter Kampf, aber ich möchte ihn angehen.

Beste Grüsse an alle - das musste jetzt raus und ich hoffe, ich konnte ev. mit meinem Beitrag etwas bewirken bei einigen Leuten. Man kann so intelligent sein wie man möchte (z.B. eben Mathematiker etc.), die Sucht ist ein Teufel, der immer wieder an die Tür klopft und einen lähmt wie ein Tarantel-Biss. Hartnäckig wie ein starkes Magnet am Kühlschrank....

Edit Olli: Zitatfunktion entfernt! Bitte unten die Schaltfläche "Antwort" nutzen, nicht oben "Zitat".
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 25 November 2023, 17:14:11
Hallo FOMO, und willkommen hier im Forum.

Es hat ja noch niemand hier auf Dein Post geantwortet, und ich hab's mal für mich zur besseren Übersicht etwas gekürzt:
Trading/Spekulation

(1)
Zitat
Ich konnte eine Weile lang die Finger davon lassen und mein Sparkonto hat sich wieder ordentlich gefüllt. …Aber ich habe immer wieder den Einsatz erhöht mit hohem Risiko. Bis das Sparkonto leer war und alle Knock-Outs gegriffen haben.

(2)
Dabei ging alles gut im Leben und ich hatte eine neue tolle Frau kennengelernt … hatte ich mit der guten Dame ein Date. Ich lag in ihrem Armen und sie sagte: Du bist so niedergeschlagen, was ist denn los? ... Dann realisierte ich, dass man nicht nur sein Geld verlieren kann …
... Ich habe ganz klein wieder angefangen und auch aus Langeweile - sukzessive erhöhte ich das Risiko weil es ja so gut gelaufen war am Anfang...

(3)
Nun werde ich …Meine eiserne Reserve in Form von Sparkonten werde ich wie folgt "schützen": Mein bester Freund kriegt die Kollektivunterschrift, somit ist es für mich nicht möglich ohne sein Einverständnis Geld abzuheben. Ich muss es tun, damit ich ABSOLUT KEINE Möglichkeit habe zu traden.

(4)
... Man muss einfach die Finger KOMPLETT davon lassen …, sonst findet das eigene Hirn sofort wieder die Verknüpfungen …

… mich um die wirklich wichtigen Dinge im Leben kümmern kann - …. soziale Beziehungen und schöne Unternehmungen. Dafür braucht man auch nicht einen Haufen Geld …. möchte ich mich wieder den schönen Dingen widmen. Es wird ein harter Kampf, aber ich möchte ihn angehen.

(5)
… Man kann so intelligent sein wie man möchte (z.B. eben Mathematiker etc.), die Sucht ist ein Teufel, der immer wieder an die Tür klopft und einen lähmt …
____________
(1) Ja, das ist logisch, dass sich Dein Konto (wieder) füllt, wenn Du über das Geld nicht verfügst. (warum Sparkonto? Ist das ein fiktiver Begriff im Kopf oder überweist Du vom Gehalt  immer was auf ein anderes Konto?) - Dann verzockt vom Sparkonto? Hmm - das mit dem Sparkonto bleibt schon rätselhaft. Wie viele Konten hast Du denn?
(2) Da war die Frau u. Du hast nebenbei diese andere Geliebte, die Börse/die Zockmöglichkeiten, auch besucht, dann war die Frau weg und Du hast wieder 'klein angefangen' ... auch aus Langeweile und sukzessive ...? Wenn Du von der 'guten Dame' schreibst, heißt das dann, Du hast eine große innere Distanz zu ihr gehabt und sie hat Dir nur Langeweile vertrieben - oder ist der Ausdruck die Wut, weil das auseinanderging mit ihr? Und wenn 'Ausdruck Deiner Wut' - was meinst Du - hat die anschwellende Zockerei damit zu tun?
(3) Der gute oder beste Freund ... weiß er von Deinem Problem?? (ach, hier lese ich auch von mehreren Sparkonten. Hast Du mal geerbt oder so? Ist auch das ein schlaues Finanzmanagement, verteilt über mehrere Sparkonten?? Zocken ist ja kein schlaues Management, vor allem nicht für die eigene Persönlichkeit u. die eigenen persönlichen körperlichen und geistigen Ressourcen :) -- ). Worüber ich aber ja nachdachte, war: Was, wenn Du Deinem guten Freund sagst: Hey, ich brauch Geld, lass' uns zur Bank gehen ... und der sagt: Nein, 'FOMO', kriegste nicht, und Du weißt, warum.
Wie gehst Du dann damit um? Vor allem: wie gehst Du dann mit Deinem Freund um, der Dich schützen will und sollte?
(4) Ja, wenn frauman 'ein Spielchen in Ehren' mal zwischendurch macht, dann kann das schnell - wie bei einem Alkoholiker z.B. - fatale Folgen haben, und es gehört eine große Portion Knoblauch, Licht und geweihte Kreuze dazu, wieder Distanz herzustellen. (das war schmunzelnd beschrieben) Du solltest das auf keinen Fall tun.
Ja, die schönen Dinge im Leben, die Menschen, der Austausch, Gefühl und Mitgefühl und das Erkunden gemeinsamer Interessen, Gespräche, das Lachen und Weinen miteinander - das alles ist nicht mit Geld zu bezahlen. Nochmal zu der 'guten Dame' ... welche Verbindung hattet Ihr denn?
Du sollst/musst natürlich auf nichts antworten, wenn Fragezeichen dastehen - jedenfalls nicht öffentlich, es soll nur eine Idee sein, worüber Du alles nachdenken könntest während Deiner Zock-Freiheit.
(5) Nö, Sucht hat mit Intelligenz nichts zu tun, vllt. von daher wohl der 'Mathematiker' als 'Prototyp'. Mathe kann auch nur ne 'Inselbegabung' sein, im Normalfall ist sie eine logische Wissenschaft. Eine ganz reine. Hypothesen aufstellen, hinterfragen, überprüfen, beweisen ...
Dazu passt eigentlich gar nicht der 'Teufel, der an die  Tür klopft' und der Tarantelbiss usw. Sucht kommt nicht von einem Außen, sie kommt von innen. Früher sagte der Volksmund: Sucht kommt von Suchen, in der Selbsthilfegruppe ... Sucht kommt von Siechen ... für mich ist Sucht mit Flucht gleichbedeutend.
Vielleicht kommt es bei jedem Menschen anders zur Sucht? - Ich weiß es nicht -.

Noch ganz zum Schluss eine Frage:
Warum sagst Du Dir schon jetzt, dass es ein harter Kampf für Dich wird, die schönen Dinge des Lebens zu leben, die Dir das Verzichten auf Deine Suchtausübung eröffnet, wenn Du es so gerne möchtest? Versuch doch mal, Deine Kraft da hineinzustecken, was in Richtung 'Ziel' führt und gib doch vielleicht der Rückschau auf das Gewesene (die Zockerei) nicht die große Beachtung, sondern Deinem 'neuen' Leben. Und geh' dafür! Alles Andere wird sich von selbst finden. Ganz sicher, ohne Spekulation :)

Viele Grüße
Rubbel
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 27 November 2023, 12:23:26
Hallo Rubbel

Danke dir für deine Antworten und Gedankenanstösse.

Damit es vielleicht ein wenig klarer wird, erkläre ich nochmals kurz meine Situation:

Ich habe einige Sparkonten, welche ich für das Trading wieder "angeknabbert" habe, obwohl ich das eigentlich nicht mehr tun wollte. Nun ist ein 5tel des Geldes leider weg, Aber ich konnte jetzt die Notbremse ziehen und habe meinem besten Freund die Kollektivunterschrift gegeben. Nur so kann ich verhindern, dass ich kein Geld beziehe für das Trading - um den Verlust wieder "zurückzugewinnen". Für mich die einzige Möglichkeit, mich zu schützen. Mein Freund ist die beste Person in meinem Leben und wir kennen uns schon mehr als 30 Jahre. Ich habe keine Bedenken, dass dieser Schritt unsere Freundschaft belastet. Er weiss von meiner Sucht und möchte mir helfen.

Wegen dieser Dame: Ich habe eine neue Freundin und es wurde mir bewusst, dass ich durch meine Sucht auch sie verlieren könnte - oder es zumindest sehr stören könnte, wenn ich aufgrund des Tradings nervös und niedergeschlagen bin in ihrer Anwesenheit. Ich möchte diese neue Beziehung niemals aufs Spiel setzen und es hat mir die Augen geöffnet.

Genau, leider schützt Intelligenz vor Sucht nicht. Das wurde mir nun bewusst....

Und ja, du hast völlig Recht, ich sollte jetzt der Vergangenheit nicht zu viel Beachtung schenken und nach vorne schauen, auf die schönen Dinge im Leben - und Freude daran haben, dass mir die Zockerei nicht nicht noch mehr Geld und Zeit raubt, sondern ich die Zeit sinnvoller verbringen kann! Und das "neue" Leben geniessen!

Beste Grüsse

FOMO



Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 27 November 2023, 15:53:25
Hi!

Vor dem Genuss sollte aber erst einmal das Aufarbeiten sein.  Was tust Du denn, damit Du die Generalvollmacht irgendwann in der Zukunft wieder gesichert auf Dich umschreiben kannst?

Na klar kannst Du Warnungen an die Community verteilen. Im Grunde sagst Du damit, dass Du ein abschreckendes Beispiel bist. Wie sieht es aber aus, wenn Du die Chance hast mal als gutes Beispiel zu glänzen? Du weisst wie ... mit SHG, Beratung ... was Dir auch immer gefällt?

Wenn Du jetzt Ablehnung in Dir verspürst, dann ist das auch nicht Deine Intelligenz, die da aus Dir spricht, es sind Deine Ängste ... und damit Deine Emotionen.

Schaue nach, was da bei Dir im Ungleichgewicht ist und dann korrigiere es ... erst dann hast Du wirklich ein "neues Leben"!

Machst Du dagegen "Nichts", dann ist das wie weiterzocken mit Zeitverzögerung ... ein dauerhaftes abschreckendes Beispiel ...

Hat sich Ablehnung in Dir breit gemacht beim Lesen? Erzähle mal, wenn Du magst ... ;)


Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 27 November 2023, 16:38:14
Hallo Olli

Danke vielmals für deine Rückmeldung. Ich bin mir klar bewusst, dass ich mich jetzt Stück für Stück neu organisieren muss. Und ja ich gebe zu, davor habe ich ein wenig Angst.

Das mit der Kollektivunterschrift ist jetzt einmal eine Sofortmassnahme. Daneben gehe ich regelmässig in eine Suchtberatung.

Aber es liegt noch viel Arbeit vor mir. Ich habe auch sehr viel darüber nachgedacht, warum ich überhaupt so hoch an der Börse gepokert habe. Nebst dem Suchtverhalten und dem kurzfristigen Kick war oder ist da auch eine Art Langeweile, die sich eingeschlichen hat. Diese Langeweile oder Faulhaut, etwas "Vernünftiges" zu tun in der Freizeit, hat dazu geführt, dass ich mich lieber von der Börse hab unterhalten lassen. Auch wenn ich Sport treibe und viele soziale Kontakte habe, war ich viel alleine zu Hause am Abend und hab gezockt. Auch im Büro während der Arbeit auf dem Mobiltelefon. Als ich auf der Toilette sass. Während dem Autofahren. Während Online-Meetings im Homeoffice. Es hat krasse Züge angenommen und ich habe diese zwar erkannt, aber zu wenig ernst genommen. Sozusagen muss ich jetzt all diese "kleinen" Momente mit einer sinnvollen Tätigkeit ersetzen. Das ist wohl mein Ungleichgewicht im Moment. Auch den Gedanken, das verlorene Geld zurückzuholen, muss ich jetzt besiegen.

Ich habe das Gefühl, ich befinde mich noch in einer Art Schockstarre....



Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Rubbel am 27 November 2023, 18:01:21
Hallo :)
Warum irritieren mich Deine Beiträge?
Ich lese mal, Du willst Deine Kontenzugriffe mithilfe Deines Freundes stoppen - dann hast Du das bereits getan.
Dann ist (D)ein Sparkonto mal leer, mal sind 20 % weg (5 Sparkonten ... und jetzt 4? - heißt, eines hast du aufgelöst?
Bei noch 4 Sparkonten ... hast Du noch ein Gehaltskonto - was ist mit dem? Du willst jetzt nicht sagen, das ist inbegriffen in der (Mit-)Obhut Deines Freundes, oder? Wie holst Du dann Geld ab, wenn Du Lebensmittel einkaufen musst, tanken, Essen gehen mit der guten Dame - Deiner neuen Freundin?
Schockstarre? Angst, Dein Leben neu organisieren zu müssen?
----
Zitat
Auch im Büro während der Arbeit auf dem Mobiltelefon. Als ich auf der Toilette sass. Während dem Autofahren. Während Online-Meetings im Homeoffice. Es hat krasse Züge angenommen und ich habe diese zwar erkannt, aber zu wenig ernst genommen. Sozusagen muss ich jetzt all diese "kleinen" Momente mit einer sinnvollen Tätigkeit ersetzen. Das ist wohl mein Ungleichgewicht im Moment. Auch den Gedanken, das verlorene Geld zurückzuholen, muss ich jetzt besiegen
Im Online-Meeting - so willst Du sagen - konntest Du den Themen folgen und Dich einbringen, während Du auf Dein Smartphone geguckt und spekuliert hast?
Auf Toilette hattest Du Dein Smartphone auch in der Hand? Beim Autofahren ... hast Du schon ein autonom fahrendes?
- Und obwohl Du Sport machst, konntest Du nicht vom Zocken lassen? Beim Sport hast Du 'frei'willig als einziger Tätigkeit Dein Pulsmessgerät nicht mit dem Smartphone vertauscht - obwohl Sport in der Freizeit stattfindet und Du nicht mal auf Toilette aufhören konntest??
Und Deine neue Freundin merkt nicht, wie getrieben Du bist? Du kannst Dich auf sie einlassen, trotz Schockstarre und Ängsten?
Und Du gehst in eine Suchtberatung? Was habt Ihr bisher erarbeitet dort? Was hast Du bisher daraus mitgenommen? Wie wär's mit wirklicher Offenheit und Ehrlichkeit?
--- Bitte sag'/schreib jetzt nicht, Deine neue Freundin wisse Bescheid, Du hättest es ihr erzählt - denn das hättest Du längst geschrieben, und außerdem müsstest Du dann nicht schreiben, dass Du sie verlieren könntest, wenn Du nicht richtig anwesend und niedergedrückt bist, während Ihr zusammen seid. ---
DAS  aber, Deiner Freundin diese Dich doch sehr beschäftigenden Gedanken über Deine Sucht zu erzählen, und das, ohne Beschönigungen, solltest Du rasch tun. Warum? Weil Du die Beziehung auf's Spiel setzt, damit, ja, sehr wohl - denn Du spielst gerade mit ihrem Vertrauen. Du lässt sie rätseln, was mit Dir ist, spielst ihr vor, alles wäre 'schick'. Ehrlich: Das geht nicht. Moral hin oder her - aber das ist KEIN FAIR PLAY!

Wenn Du selbst alles noch mal liest, fällt Dir dann was auf? Ich hab den Eindruck, Du spaltest Dich auf in den verzweifelten Spieler, den alles durchschauenden Warnenden Anderer, den Abwesenden und den immer noch um's Geld Trauernden.
Was hattest Du erwartet, wenn Du ('gegen den Markt') zockst? - Dass Deine Konten überquellen und Dir 'die Herzen der stolzesten Frau'n' zufliegen?
Spielst Du eigentlich Schach? - Falls ja, kennst Du den Ausdruck 'Gambit'?!
Würde das klappen können mit der Börsenspekulation, dem Trading ... meinst Du nicht, es gäbe auf der Arbeit, auf den Straßen, im Sportstudio und sonstwo nicht überall Millionäre?
Du hast noch einen sehr langen Weg vor Dir, vor allem den der Aufrichtigkeit Dir und Deinem Umfeld gegenüber und dass Du lernst, Dein Umfeld und Dich selbst zu respektieren. Das weißt Du ja. Und das wäre auch ein super Anfang, der Sucht bzw. Dir selbst gegenüber zu treten.
Was meinst DU?

Gruß, Rubbel
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 27 November 2023, 20:49:13
Zitat
Sozusagen muss ich jetzt all diese "kleinen" Momente mit einer sinnvollen Tätigkeit ersetzen.

Hallo!

Da setze ich ein klaren "Nein" dagegen. Da liegt nicht das Problem. Wenn Du meinst, ich hätte Unrecht, dann besorge Dir Strickzeug ... alle Probleme sind gelöst :) .

Wieso kann eine Tätigkeit nicht einfach die sein, die sie ist? Weil Du Dich dann unterfordert fühlst?

Was passiert mit Dir, wenn Du Dich der Langeweile hingibst?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 28 November 2023, 09:59:01

Warum irritieren mich Deine Beiträge?


Hallo Rubbel. Ich hab mich ein wenig unklar ausgedrückt. Ich habe 3 Sparkonten von denen ich mir geschworen habe, kein Geld mehr abzuheben für das Trading. Dies habe ich nun doch getan und 20% der Gesamtsumme verspielt. Damit ich das restliche Geld vorläufig vor mir selber "sichern" kann, gebe ich meinem besten Freund die Kollektivunterschrift. Habe aber leider gemerkt, dass es nicht so einfach ist - d.h. es dauert wohl noch eine Weile bis das dann vollzogen ist mit dem ganzen Vertrags-Kram. Ein Gehaltskonto habe ich natürlich auch noch und von dort überweise ich immer möglichst viel auf eines der Sparkonten. Auf dem Gehaltskonto habe ich aber alleinigen Zugriff.

Und nein, ich habe kein autonom fahrendes Auto, aber ein Trade kann man leider auch während des Fahrens absetzen. So war es leider und ich bin nicht stolz darauf...

Seit zwei Monaten habe ich eine neue Freundin und sie hat letzte Woche gemerkt dass es mir schlecht geht. Da ich aber eigentlich eine Frohnatur bin, habe ich ihr letzten Samstag erzählt, dass ich ein dummes Investment getätigt habe und nun das Geld weg sei. Darum hätte ich schlechte Laune gehabt. Vom ganzen Ausmass möchte ich ihr fürs erste nichts erzählen, denn ich bin fest entschlossen, es nicht mehr so entgleisen zu lassen. Aber als ich in ihren Armen gelegen habe und sie gemerkt hatte, dass es mir schlecht geht habe ich realisiert, dass es nun brenzlig wird und ich auch z.B. eine neue Beziehung mit diesem Thema belasten könnte....das ist das Letzte was ich will, denn es ist eine tolle Frau.

Das verballerte Geld ist das eine, aber die ganze Energie, Aufmerksamkeit und Zeit ist das andere. Es ist einfach verlorene Zeit - die Sucht hatte mich voll im Griff. Resp. ich hatte mich selber nicht mehr im Griff.

Und natürlich habe ich es schon tausend Mal gelesen, dass fast alle Hobbyspekulanten das meiste Geld verlieren, aber eben - man denkt man wäre klüger....bis es zum Kontrollverlust kommt...

Gruss FOMO
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 28 November 2023, 10:04:15
Zitat
Sozusagen muss ich jetzt all diese "kleinen" Momente mit einer sinnvollen Tätigkeit ersetzen.

Was passiert mit Dir, wenn Du Dich der Langeweile hingibst?

Hallo Olli

Es passiert nichts Schlimmes, wenn ich mich der Langeweile hingebe. Im Gegenteil, es kommen interessante Gedanken auf, die ich in den letzten Monaten in der Börsensucht "erstickt" habe. Ich habe es einfach nicht geschafft, mich zu entspannen und Ruhe zu finden...
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: FOMO am 01 Dezember 2023, 16:35:45
Wie geht es wohl allen anderen die bereits hier mal gepostet haben? Würde mich echt interessieren...ich merke wirklich gerade, wie mir jeder Tag ohne Börse gut tut, auch wenn ich noch einen sehr langen Weg vor mir habe und auch mein ganzes Verhalten aufarbeiten muss. Aber jeder Tag ohne Börse ist für mich momentan ein guter Tag. So viel Ruhe auf einmal...

Und was mich echt nervt: Egal ob via google oder bei youtube: Man findet sehr viel Content über das Glücksspiel (Onlinecasino, Automaten, Casino). Aber praktisch keinen Beitrag über Börse und Spekulationssucht. Dabei ist das Risiko fast noch grösser (also NUR im Sinne von der Höhe des Einsatzes), weil man mit einem Klick auf dem Handy praktisch unbegrenzt hohe Einsätze "spielen" kann (sofern man natürlich diesen Betrag hat). Und: Viele Börsenapps aktivieren automatisch eine Kreditlinie, wenn man bereits Aktien oder sowas besitzt. D.h. man kann bei einem Kontrollverlust sogar noch eine Kreditlinie aktivieren...

Grundsätzlich ist es ja auch eine Spielsucht wie an den Automaten und das Suchtverhalten ist dasselbe, aber ich finde es schon krass, dass dieses Forum eigentlich das einzige ist, was ich darüber gefunden habe im Netz. Dabei bin ich mir sehr sicher, dass es auch verdammt viele Betroffene gibt - aber es wird quasi tabuisiert.
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 01 Dezember 2023, 17:16:20
Hi Fomo!

Zitat
aber es wird quasi tabuisiert

Ich fürchte, dass Du da absolut Recht hast. Das Traden/Spekulieren an der Börse wird bei Vielen als Bestandteil der eigenen Identität angesehen. Wer da also scheitert, der hat nicht mal eben einen schlechten Trade erwischt, sondern es wird als persönliches Versagen interpretiert. Ein Versagen der eigenen (vielleicht sogar Kern-) Kompetenzen!
Darüber wird nicht gerne geredet ... daher freue ich mich, dass der ein oder andere eben doch entscheidet darüber zu reden.

Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Eskanor am 11 Dezember 2023, 22:17:03
Hallo zusammen,

Ich würde gerne meine Geschichte zu diesem Thema aufschreiben und erhoffe mir allenfalls etwas aus den Antworten mitnehmen zu können.
Im Jugendalter bin ich mit Glücksspielen und auch schon dem Kontrollverlust in Kontakt gekommen, habe mich schon früh im Leben dadurch eingeschränkt. Habe es dann irgendwann in den Griff bekommen, aber so gut wie zeitgleich( vor ca. 5 Jahren ) Krypto entdeckt. Ich war sofort fasziniert von diesen Ideen und Projekten welche ausgearbeitet werden und diesen Währungen welche ins unermessliche steigen können.  Parallel dazu habe ich mich in der Arbeitswelt nie so richtig wohl gefühlt und ich wollte daraus möglichst schnell einen für mich absehbaren Ausweg finden.
Ich habe schon früh zu viel investiert. Irgendwann war dann auch bald mein gesamtes erspartes drin. War aber Einsteiger in dem Bereich und habe mich dann auch oftmals ungeschickt dabei verhalten. Unter dem Strich habe ich somit nur Verluste erzielt, habe aber fleissig nachgekauft und auch auch den ersten Kredit aufgenommen. Hab dann auch die Futures entdeckt und das hat mich total in den Bann gezogen, dass man die sonst schon sehr volatilen Kursbewegungen zB x10 nehmen kann. Ich hab dann auch tatsächlich Erfolge verbucht und konnte zB aus 4k 30k machen. Allerdings kam ich so sehr in
einen Film, dass ich es immer wieder schaffte am Ende mit nichts dazustehen.
Es ging so weiter... Geld geliehen... Hoher Kredit aufgenommen..  Riskant... Hebeln... Von der FOMO getrieben...
Die Wahrheit war irgendwann hässlich. Ich habe mich echt in die Klemme geritten und war dann auch schon jung unangenehm verschuldet. Ich offenbarte mich einigen Personen in meinem Umfeld. Erkannte, dass mich das traden durchaus in die PI bringen kann. Ich hatte dann auch Angst vor mir selber. Ich konnte mich in den letzten 2 Jahren schliesslich stabilisieren und Abstand davon gewinnen.

Trotzdem bringe ich seit 5 Jahren den Gedanken nicht los, dass ich zwingend möglichst viel Krypto brauche und mir das irgendwann finanzielle Freiheit geben wird. Ich kenne die Coins welche viel Gains machen werden, ich brauch doch nur genug Kapital. Eigentlich will ich seit Jahren gar nicht wirklich traden...Ich möchte nur einen hohen Geldbetrag in den Coins liegen haben. Habe in den Jahren auch oftmals schon vorgenommen mit dem Geld nur die Münzen zu kaufen und es liegen zu lassen. Aber ich bin dann gar nicht in der Lage, dieses Geld nicht zum traden zu verwenden. Es ist mir zu "wenig". Zu gross ist die Verlockung zu hebeln.  Ein Teufelskreis ::) und wahrscheinlich bin ich gar nicht in der Lage jemals vernünftig mit der Sache umzugehen weil ich Glücksspielabhängig bin?
Leider ist es die Wochen wieder passiert und ich habe 7k erspartes verzockt. Hoch auf 20k und weg wars in 2 Tagen. Nächtelang wie in einem Rausch vor dem Chart gehockt bis die Augen schliesslich zugefallen sind. Die Art und Weise ist krass. Wie ich zu einem anderen Menschen werde und am Schluss immer und immer wieder mit 0 dastehe. Aber am nächsten Tag fängt schon wieder die Planung für die Geldbeschaffung an.
Habe deshalb auch zum ersten Mal zum Hörer gegriffen und bei der Suchtberatung angerufen. Ich kriege da demnächst einen Termin. Wenige Stunden später prüfte ich schon wieder total getrieben ein Darlehen aufzunehmen, der Bullrun steht ja vor der Tür :o

Ich weiss das ich das alles cuten sollte. Bestimmt habe ich in all den Jahren gegen die 100k damit verloren. Keine Ahnung wie ich das jemals aus dem Kopf bekomme. Ich bin in dem Film gefangen und komme nicht raus. Aber ich trau mir auch zu, dass ich das mit einem einzigen Trade zurück holen kann und ich dann endlich mal genügend Mittel habe um mich zurücklehnen zu können. Wieder getrieben zu sein von der Sucht fühlt sich überhaupt nicht gut an. Aber es nicht zu versuchen auch nicht.

An jene welche da raus gekommen sind ; Ich sollte wohl in eine Therapie oder?


Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Olli am 11 Dezember 2023, 22:29:53
Hi!

Zitat
Aber ich trau mir auch zu, dass ich das mit einem einzigen Trade zurück holen kann und ich dann endlich mal genügend Mittel habe um mich zurücklehnen zu können.

Nun, wer eine These aufstellt, der sollte auch Beweise für sie haben. Wenn Du aber gerade dabei bist, dann suche auch gleich die Gegenbeweise!

Mache Dir bitte eine Liste! Nimm Dir dafür bitte Zeit! Dann ziehe zum Schluss bitte auch ein Resumé.

Im Moment sehe ich Dich chasen. Holla die Waldfee ... :)

Was wäre für Dich so schlimm daran Dich in eine Therapie zu begeben?
Titel: Re: Spekulationssucht: süchtig nach Daytrading / Börse
Beitrag von: Eskanor am 11 Dezember 2023, 23:05:02
Danke für die Rückmeldung  :)

Eine Therapie währe für mich nicht schlimm und der Gedanke mich in eine zu begeben war noch nie so präsent. Das ganze ist ja auch extrem belastend und ich habe nicht das Gefühl, dass ich es aus eigener Kraft schaffe einen Schlussstrich zu ziehen. Das hat die Vergangenheit ganz gut bewiesen. Ich freue mich auf den Termin bei der Beratung.