Glücksspielsucht => Tagebuch => Thema gestartet von: Eva54 am 15 August 2025, 10:55:52

Titel: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 15 August 2025, 10:55:52
Guten Morgen, Forum – heute starte ich also mit meinem Tagebuch. Dann lege ich einfach mal los:

Heute Morgen bin ich um 6:30 Uhr aufgestanden und habe Kaffee gekocht. Während die Maschine lief, habe ich die restliche Wassermelone aufgeschnitten, um sie an die Enten in unserem Garten zu verfüttern. Rolf und die Kinder lagen noch im Tiefschlaf, und ich habe die Ruhe am Morgen genossen.

Mit dem Hund bin ich in den Garten gegangen und habe mich mit meinem Kaffee unter den großen Baum gesetzt. Die Wassermelone habe ich am Ufer im Gras verteilt, und im Nu kamen die ersten Enten. Sie genossen die Melonenstücke – immer mit einem wachsamen Auge Richtung Hund – während ich meinen Kaffee trank und dem Vogelgezwitscher und Schnattern lauschte.

Dann kam meine Nachbarin an den Zaun – eine unglaublich liebe alte Dame, Freundin und, seit dem Kontaktabbruch zu meiner Mutter, noch mehr Freundin… ein bisschen wie eine Ersatzmama. Wir haben ein wenig über die neue Terrasse geplauscht und darüber, wie wir die Blumenkübel schön gestalten könnten.

Kurz darauf erschien auch meine andere Nachbarin und Freundin am Zaun und fragte, wie es mir geht. Letzten Samstag stand ich nachts um 2 Uhr völlig aufgelöst und verheult vor ihrer Tür. Zum einen, weil ich weiß, dass sie oft lange wach ist, und zum anderen, weil ich Hilfsangebote wie „Du kannst jederzeit vorbeikommen, wenn es dir schlecht geht“ tatsächlich auch nutze. Ich bin vielleicht voller Selbstzweifel – aber Freundschaft kann ich!

Ich erzählte ihr, dass es mir inzwischen wieder besser geht, nach einer Woche voller Fehlentscheidungen und, ja, vielleicht auch „Fehlgefühlen“ (gibt es das Wort eigentlich?). Meine Freunde und Familie sind über meine Spielsucht informiert. Damals haben sie erstaunt und mit viel Mitgefühl reagiert – und dieses Gefühl trägt mich immer noch.

Nach einer Umarmung, guten Wünschen für den Tag und einer Einladung zum Frühstück nächste Woche verabschiedeten wir uns. Ich ging wieder ins Haus, um mir die zweite Tasse Kaffee zu holen. Die Enten blickten mir hinterher – in der Hoffnung auf mehr Wassermelone. Sorry, Mädels, das war’s für heute.

Im Haus war Rolf inzwischen aufgestanden und hatte sich ebenfalls einen Kaffee geholt. Er erzählte mir, dass seine Tennistruppe am Samstag zum Grillen eingeladen hat und fragte, ob wir hingehen wollen. Ich erklärte, dass ich am Samstagabend mein Meeting habe und danach nicht noch irgendwo hinfahren möchte – weil ich danach erstmal gedanklich alles sortieren muss.

Danach machte ich Frühstück für meine Kinder und brachte es ihnen ans Bett. Jaja, ich weiß – aber es sind Ferien, und im nächsten Halbjahr stehen ihnen anstrengende Schulwochen bevor. Außerdem sind es meine Kinder, und ich brauche keinen besonderen Grund, um sie zu verwöhnen.

Meine Älteste meinte, dass sie am Sonntag gern ins Kino möchte, um" Das Kanu des Manitu" zu sehen, und fragte, ob ich Lust hätte, sie zu begleiten. Aus dem Hintergrund rief Rolf, dass die Tennisgruppe jetzt via WhatsApp wissen wolle, wer am Samstag dabei ist. Ich rollte mit den Augen, und meine Tochter rief: „Papa, am Samstag treffen sich doch die Endgegner!“

Ich schaute sie irritiert an, sie grinste und sagte: „Spielsucht ist ’ne Bitch – und hier ist ihre Endgegnerin.“ Vom Opfer zum Endgegner – das gefällt mir. Vielleicht schlage ich das mal als Gruppennamen vor.

Rolf war inzwischen mit seiner morgendlichen Schönheitspflege fertig und packte seine Unterlagen zusammen. Wir besprachen noch schnell die Abgabetermine für die Steuer. Unsere Aufteilung ist klar: Ich bereite die Unterlagen für die Firma auf und gebe sie an den Steuerberater, während Rolf unsere privaten Papiere erledigt. Vielleicht sei hier schon mal erwähnt, dass Rolf selbstständig ist und seine Arbeit wirklich liebt – eine 60-Stunden-Woche wäre für ihn eher Teilzeit. Wenn man etwas mit echter Leidenschaft verfolgt, klopft der Erfolg oft an die Tür.

Inzwischen wartete der Hund ungeduldig darauf, dass ich endlich in Richtung Wäldchen aufbreche. Ich rief nach oben, ob jemand mitkommen möchte – einträchtiges Schweigen war die Antwort. Na gut, dann eben nicht. Ich leinte den Hund an, Rolf verabschiedete sich und fragte im Hinausgehen noch: „Ach ja, was ist denn jetzt mit Samstag?“ – Kein Kommentar!

Beim Spaziergang bekam ich eine WhatsApp von meiner besten Freundin Dirk. Sein Mann ist in der Reha, und er fragte, ob ich morgen Vormittag nicht vorbeikommen wolle – er habe Kuchen gebacken. Ich schrieb zurück, wie viel schöner mein Leben mit ihm darin ist. Seine Antwort: ein Lachsmiley und „Und du bist für mich wie WLAN – ohne dich läuft gar nix.“ Wie gesagt: Freundschaft kann ich.

Mit der Aussicht auf Kuchen morgen Vormittag werde ich heute noch meine Laufschuhe anziehen und versuchen, die 10-Kilometer-Marke zu knacken. Und wenn ich das hier so durchlese, klingt es alles fast leicht – dabei tobt in mir innerlich das emotionale Chaos. Laufen hilft mir dagegen, wenn auch nur teilweise. Jedes Gefühl verwandelt sich in Energie, und bevor ich daran zerplatze, laufe ich lieber los. Denn ich bin lieber erschöpft als traurig. Lieber erschöpft als unglücklich. Lieber erschöpft als hilflos.
Und ganz sicher lieber erschöpft – als spielsüchtig.

Titel: Re: Enten mit Wassermelone und Endgegner
Beitrag von: Olli am 17 August 2025, 11:46:27
Zitat
... am Samstag treffen sich doch die Endgegner!

Guten Morgen!

Tja, die Tochter ... Humor hat sie ... :)

Nun, was macht denn einen Endgegner aus? Per Definition kommt der Begriff wohl aus der Spielewelt, wo es am Ende eines Levels oder ganzen Spieles zu einem besonders starken und wiederstandsfähigen Gegner kommt. Ihn muss man besiegen, um ein Level oder ein Spiel zu beenden. Wikipedia sagt hierzu, dass er oft den "Höhepunkt der Herausforderung" darstellt.

Zitat
„Spielsucht ist ’ne Bitch – und hier ist ihre Endgegnerin.“ Vom Opfer zum Endgegner – das gefällt mir.

In dem Gleichnis wäre das Spiel also die Glücksspielsucht. Doch diese ist nach herrschender medizinischer Meinung nicht heilbar. Genesung können wir aber erlangen. Gerne umschreibe ich es als "die Sucht zum Stillstand" bringen. Hinzu kommt die Beschäftigung mit sich selbst ... Assoziationen ... Veränderungen im Verhalten, Denken und Fühlen, der heiligen Dreifaltigkeit. Gerne separieren wir "die Sucht", neuerdings auch "die Bitch" genannt, um einfacher mit ihr arbeiten zu können. Doch tatsächlich ist sie ein Teil von uns. Sie ist verwoben mit allem möglichen Alltäglichem. Ich rieche ein Pizzabaguette, welches im Ofen gart und denke automatisch an die Zeit zurück, als hier im Ort die erste Spielhalle aufmachte. Dort gab es das Zeug "umsonst", genauso, wie die Getränke. Ich sehe farbiges Licht reflektierende Oberflächen in dunklen Räumen und denke an diese Spielhalle. Plastikpflanzen erinnern mich auch daran.
Das waren jetzt nur ein paar Beispiele, doch da gibt es noch so viel mehr, was ich schlichtweg nie aus meinem Kopf bekommen werde.
Das "Spiel" kann also nie zuende gehen, während meiner Lebenszeit. Doch "Level" können wir sehr wohl bestreiten ... Lebensabschnitte. Diese sind immer mit Veränderungen verbunden. Kindergarten, Schule, Ausbildung, Beruf, Rente ... Single, verliebt, verlobt, verheiratet ... ein Baby bekommen, ihm in seinem Leben alles mitgeben, was man selbst für richtig erachtet, trotz pubertärer Widerstände ... Elternhaus, Mietwohnung, Eigenheim ...
Doch auch bei der Glücksspielsucht gibt es solche Lebensabschnitte. Ganz banal z.B. der aktive Abschnitt und der inaktive. Naja, der "Endgegner" beim Wechsel von inaktiv zu aktiv ist meistens ein Papiertiger. Doch braucht es wirklich anders herum so viel mehr an Aufwand? Ja und nein ist da meine Meinung ...
Gerade beim Austausch in Gruppen merke ich oft, wie die Köpfe qualmen ... :) Doch liegt es tatsächlich an den anderen Sichtweisen, die geteilt werden? Oder vielleicht an der Tatsache, dass man diese Sichtweisen eigentlich schon kannte, sie aber nie so recht durchdacht hatte?
Ich denke hier gerne an einen Psychologen zurück, der mal sagte: "Alles, was Ihr braucht, das steckt bereits in Euch! Es muss nur hervorgekramt werden."

Die Glücksspielsucht kann also nur gestoppt werden. Kann ich denn etwas besiegen, was nach dem Kampf trotzdem noch immer da ist? Gegen wen kämpfe ich, wenn die Sucht doch ein verwobener Bestandteil meiner Selbst ist? Wer betreibt den Aufwand? Wer wird verletzt? Wer wird geschwächt?
Muss ich nicht eher meinen inneren Schweinehund überwinden? Meine Lethargie? Prokrastination? Muss ich nicht eher meine Komfortzone verlassen und das Wagnis der Genesung eingehen?
Wenn ich mich auf meinen Gegner konzentriere, kann ich Letzteres nur schwer ,,,

Zu guter Letzt: Wessen Opfer bin ich denn? Wer ist oder sind die Täter? Sind diese vielleicht selbst die Opfer ihrer Umstände?
Was bringt es mir, wenn ich mich als Opfer "fühle"? Sind es dann nicht die Täter, die sich verändern müssen?
Woher kommt dieser Groll jemandem anderen eine "Schuld" zuzuweisen?

Was ist mit jemandem, der den Umgang mit einer bestimmten Situation nie gelernt hat und die Suchtausübung als Bewältigungskonzept nutzt. Ist er dann auch Opfer? Ohne Täter?

Ich finde sowohl den Begriff des Endgegners, als auch den des Opfers einfach unpassend (und weiss natürlich, dass hier eine situationsbedingte Komik im Vordergrund stand).
Ich lerne jeden Tag dazu und wenn es eine Herausforderung zu meistern gilt, dann heißt das nicht automatisch, dass ein neues Level / ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Das kann sein, muss aber nicht.
Titel: Re: Enten mit Wassermelone und Endgegner
Beitrag von: Eva54 am 17 August 2025, 12:14:04
Hallo Olaf,

weißt Du, was ich an Dir bewundere? Deinen messerscharfen Verstand und Deine unbestechliche Fähigkeit zur Analyse.
Weißt Du, was mich manchmal zur Weißglut bringt? Genau dieser messerscharfe Verstand und eben jene Fähigkeit zur Analyse.

Und genau dieses Spannungsfeld macht für mich den Wert unseres Austausches aus. Es zwingt mich, meine eigenen Gedanken nicht nur im Kreis zu drehen, sondern sie von einer völlig anderen Seite zu beleuchten.

Es ist, als würde mir einen Spiegel hingestellt, in dem ich Dinge sehe, die ich vorher gar nicht wahrgenommen habe. Mal irritiert mich das, mal rührt es mich, aber immer bringt es mich weiter.

Danke für Deine Klarheit, für Dein Feedback, für Deine Bereitschaft, die Dinge beim Namen zu nennen. Ich habe mir die Worte zu Herzen genommen.

Deine Worte haben mich erinnert: Dieser Weg ist kein Spiel, kein Level, kein Endgegner. Er ist unser aller Alltag – mit seinen Schwerepunkten, mit seinen hellen und dunklen Seiten.

Und jetzt dürfen die hellen Seiten strahlen: Heute Morgen beim Bäcker habe ich mir zwei Stück Zwetschgenkuchen gegönnt ;)  sie warten geduldig darauf, mein Leben ein wenig süßer zu machen.

Ich hoffe, Du hast einen schönen Tag vor Dir!

Herzlichst
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: andreasg am 17 August 2025, 12:47:17
„Fehlgefühlen“

Hallo Eva,

da möchte man doch auch mit unter dem Baum sitzen,und die Enten schnattern hören. Danke für Deine so bildreiche Geschichte.

Mein Frage. Gibt es wirklich Fehlgefühle? Die Spiel - sucht hat mich meiner Gefühswelt nahezu beraubt. Eigentlich war nur das "am Boden zerstört - Gefühl" wahrnehmbar. Die Euphorie, wenn der Automat mal Geld rausschmiß, auch wenn ich es nicht gleich wieder verzockte, rutschte regelrecht in den tiefsten Keller meiner Verzweiflung der Zwanghaftigkeit. Die Gefühle von Groll und Zorn - mir und meinen Verhaltensmustern gegenüber, meine Scham, meine sophistische Neigung der Tatsachenverdrängung aus Unsicherheit und meine Angst, das hat mich beherrscht, und da wollte meine Sucht auch hin, gnadenlos.

Und nun kommt der Spaziergang am Waldbach: Im November 1991 - ich war 1 Jahr spielfrei, schwer depressiv, und kam in eine Klinik. Dort wurde in der Entspannungsrunde ein Musikstück gespielt, die "Szene am Bach". Ich lag auf der Matte, und dann fing ich an, am ganzen Körper zu zittern, der Schweiß kam hoch, die Tränen rollten, aber ich blieb äußerlich coll. Später habe ich das Musikstück mir immer wieder daheim angehört, und dann fing ich an zu brüllen, in der allerschönsten Musik. Ich glaube, daß meine positiven - lebensnahen Gefühle den Panzer duchbrechen wollten, und das auch schafften. Neulich hörte ich mir die gaanze Symphonie in Ruhe an, und blieb dabei völlig entspannt. Vielleicht bin ich in meiner Gefühlswelt wirklich ausgeglichener geworden, aber ich habe es geelernt, echte Freude zu empfinden, Zutauen, und Vertrauen, und einen aufrichtigen Homor, fern vom alten Sarkasmus.
... natürlich gibt es auch ein Musikstück über eine Ente. Die arme quarkt am Ende des Musikstücks im Bauch des gefangenen Wolfes.
Ich glaube, wir sind mit Fantasie begabt, und wir sollen diese Begabungen ausleben.

Einen wunderschönen Sonntag

Andreas
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 18 August 2025, 01:37:45
Guten Abend Andreas,

während ich Dir gerade antworte, höre ich mir selbst dieses wunderschöne Stück von Beethoven an – und wie sehr es Deine Worte und Deine Erfahrung unterstreicht. Es ist erstaunlich, wie Musik tief in uns etwas berühren kann, das wir vielleicht mit Worten gar nicht fassen könnten.

Persönlich bin ich ein großer Fan klassischer Musik. Besonders Dmitri Schostakowitschs Walzer Nr.2 aus der Jazz Suite und Antonín Dvořák (Aus der neuen Welt) gehören zu meinen Lieblingskomponisten.

Ich mag Deinen Schreibstil, alleine der Gebrauch des Wortes sophistisch, ich wüsste nicht, wie viele Menschen diesen Begriff überhaupt in solch einem treffenden Zusammenhang gebrauchen würden.

Ja, mit Fehlgefühl meinte ich diese eigentümliche Fülle an Emotionen, die sich früher mit erstaunlicher Leichtigkeit – und zugleich mit einer zerstörerischen Konsequenz – wegdrücken ließen. Heute aber ist es anders: Die Emotionen treten nicht mehr zurück, sie überfluten mich, sie fordern Aufmerksamkeit, Raum, eine Form. Sie verlangen danach, verarbeitet, besprochen, eingeordnet und sortiert zu werden. Du kennst mich ja noch nicht so gut, aber ich bin ein großer Fan von Struktur und die ist bei Gefühlen eben nur bedingt anwendbar.

Und so führt mich jeder Versuch, mit ihnen in Berührung zu treten, unweigerlich in Kontakt: mit mir selbst, mit anderen Menschen. Dieses Sich-Einlassen ist kein sanfter Prozess, sondern immer wieder ein Schritt hinaus aus der trügerischen Sicherheit der Komfortzone.

Doch manchmal, wenn mir die Wucht dieser Gefühle zu groß erscheint, fliehe ich in den Sport. Ich bewege mich so lange, bis der Körper das Kommando übernimmt und das Empfinden abstumpft, bis nichts mehr bleibt außer Erschöpfung und Leere. Es ist ein Vergessen auf Zeit – ein Schweigen des Inneren durch die Sprache der Muskeln. Und doch weiß ich, dass hinter dieser Leere die eigentliche Aufgabe wartet: das Annehmen, das Aushalten, das Durchdringen – und vielleicht irgendwann die Versöhnung mit der eigenen inneren Welt.

Das Musikstück, an dem am Ende die Ente aus dem Bauch des Wolfes quakt, ist aus Peter und der Wolf. Das ist tatsächlich ein musikalisches Märchen, das ich nicht kenne, ich habe schnell die KI gefragt. ;)

Søren Kierkegaard (Entweder – Oder):
„Die Phantasie ist das eigentliche Organ der Möglichkeit. Sie ist es, die den Menschen über die bloße Wirklichkeit erhebt, die ihm erlaubt, zu hoffen, zu glauben und über das Gegebene hinauszusehen. Ohne Phantasie ist er eingeschlossen in das, was ist; mit ihr lebt er auch in dem, was werden könnte.“

Ich wünsche Dir einen schönen Montag.

Herzlichst
Eva

Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: andreasg am 18 August 2025, 13:42:49
Hallo Eva,

ich freue mich sehr über Dein Statement. Es tut mir gerade sehr gut. Und ich finde immer wieder so kleine Begebenheiten, plötzlich auftauchende Aspekte, und das bringt mich schon einmal in Stimmungen.
Ich habe Heute z.B. einen kleinen Ausfluf gemacht.Eines meiner Hobbys ist es, Binnenschiffe auf Fluß - und Kanalfahrt zu sehen, und Videos zu aufzunehmen. Früher bin ich Kilometerweit den Kanal lang gelaufen, aber jetzt reicht es nur noch für eine Brücke - hin und her. Das muß niemand verstehen, aber ich habe dieses Hobby mit einem Freund aus der Spieler - SHG geteilt, der Modellbau betrieb, und wir hatten immer ein Thema, außerhalb unserer Suchtereignisse.
Auch dieses sind positive Aspekte, die meiner Genesung helfen.

Ich wünsche Dir viel F5reude und Ausgeglichenheit bei Deinem Sport.

schöne 24 Stunden
Andreas

Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 21 August 2025, 11:05:33
Hallo Andreas,

ich versuche seit ein paar Tagen, eine Aufnahme von den Enten zu machen, aber entweder lief der Hund mitten durchs Bild, oder die Enten fingen genau in dem Moment an zu zanken. Und als dann noch die Wassermelone alle war, habe ich beschlossen: das wird wohl nix mit dem perfekten Entenvideo – aber ich bleibe weiter dran.
 
Es tut mir ehrlich leid zu lesen, dass Deine Kraft heute nur noch für die Brücke reicht. Ich kann mir gut vorstellen, wie schwer das ist, wenn man früher lange Strecken gegangen ist und es jetzt gesundheitlich nicht mehr geht. Gerade weil Bewegung auch ein Stück Freiheit bedeutet.

Und doch finde ich es stark, dass Du Dir Dein Hobby mit den Binnenschiffen bewahrt hast. Ich kann das sehr gut nachvollziehen – ich lebe selbst am Wasser. Als meine Kinder klein waren, konnten wir stundenlang am Ufer entlanggehen und Schiffe anschauen. Knifflig wurde es immer dann, wenn sie unbedingt wissen wollten, aus welchem Land die Schiffe stammen. Und da saß ich manchmal ganz schön in der Flaggen-Falle – meine Antwort war dann gelegentlich ein etwas verlegenes „räusper, äh, das könnte, stammel,...die Flagge vom Taka-Tuka-Land sein?“  ;D

Modellbau kenne ich zwar nicht, es erinnert mich aber an meine eigene „Bastelei“ hier im Forum. Ich lese Beiträge, lasse sie auf mich wirken, kritzle Notizen zu allem, was mir einfällt, schlage Zitate nach und krame manchmal sogar in alten Therapieaufzeichnungen. Dann habe ich einen ganzen Haufen Worte vor mir liegen, die ich wie Bausteine zusammensetze, bis daraus etwas Sinnvolles entsteht. Das macht mir richtig Freude – und wenn ich fertig bin, gibt’s Kuchen.

Möge Dein Tag heute leicht sein und Dir trotz aller Begrenzungen schöne Momente schenken. Denn manchmal reicht schon ein Blick aufs Wasser, ein Schiff am Horizont,  um das Herz wieder hell werden zu lassen.

Herzlichst
Eva

Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Peter Schmidt am 31 August 2025, 10:32:55
Hi,

Deine Geschichte ließ sich toll lesen, vielen Dank dafür. Ich hab viele Computerspiele gespielt. Mmn. braucht es Strategie und Taktik um zu gewinnen und manchmal hat der Endgegener ein Ass im Ärmel. Wenn man ihn also das erste mal trifft gibt es oft auf die Mütze. Also wenn dann lieber vorher mehr farmen (vorbereiten) und die Rüstung verbessern etc.

Insgesamt würde ich alles jedoch nicht mehr als Spiel bezeichnen wollen. Das war es für mich, als ich noch gespielt habe aber ich möchte den ganzen "Mist" nicht mehr als Spiel betrachten und auch nicht mehr mitspielen. Spiele machen für mich Spaß, sind gesellig, man kann etwas lernen: 

Man kann nicht immer gewinnen und sollte es wohl auch nicht wollen. Gewinnen wollen ist nicht unbedingt das Richtige, außerdem gewinnt man nicht "nur" weil man es will, das reicht nicht.

Schöne 24 Stunden und danke
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 31 August 2025, 14:51:57
Hallo Peter!

Vielen Dank für Dein Feedback – ich freue mich wirklich sehr, dass Dir meine Erzählung gefallen hat!

Du hast sicher recht: Computerspiele haben viel mit Strategie, Taktik und Vorbereitung zu tun. Faszinierend finde ich, wie rasant sich das Ganze weiterentwickelt hat. Wenn man überlegt, dass wir früher mit Super Mario angefangen haben und heute in riesige, detailreiche Welten eintauchen können.
 
Meine älteste Tochter ist zum Beispiel eine leidenschaftliche PS5-Spielerin. Über ihre Spiele hat sie inzwischen Kontakte in Deutschland, England, den USA und noch weiteren Ländern geknüpft. Zwei davon hat sie sogar schon persönlich getroffen, und daraus sind richtig stabile Freundschaften entstanden.

Besonders witzig finde ich, wenn sie mit ihrem Headset vor dem Bildschirm sitzt, mitten im Gespräch mit ihren Mitspielern, und mir dann plötzlich das Mikro hinhält: „Möchtest du mal Ottie oder Fergus oder Max kennenlernen?“ , dann plaudere ich eine Weile mit. Mein Englisch ist dadurch richtig gut geworden!
Kennenlernen funktioniert heute eben auf so vielen neuen Ebenen. Mich würde interessieren: Welche Spiele hast Du damals gespielt? Und glaubst Du, dass das auch ein kleines „Tor“ in Deine Spielsucht gewesen ist?

Ja und man sollte auch mal verlieren können und auch gut verlieren können, mit Respekt für die Leistung für den Gegner und Würde.

Das sind dann Lehrstunden in Demut- und ich glaube, wir sollten uns darauf gefasst machen, dass noch viele folgen, bevor wir richtig alt und weise sind. :)

Liebe Grüße
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Peter Schmidt am 31 August 2025, 15:19:19
Hey Eva, gute Frage, danke. Ich versuche kernig zu antworten:

Ich habe gerne Aufbaustrategiespiele/Rollenspiele gespielt. Ich würde zu fast 100% sagen, dass es ein Tor zu meiner Spielsucht war. Aber da gab es viele andere Tore, ich möchte also den Computerspielen keine Schuld an meinem "Spielsuchtverhalten" geben.  Eher so, dass man für beides einen Computer braucht, dieselben Tasten verwendet usw. Die Glücksspielemail im Postfach, so Sachen eher.

Ich habe zB. vor ca. 6 Monaten ein Handyspiel ausprobiert und festgestellt, dass Glücksspiel integriert ist und teilweise die Betreiber solcher Spiele auf anderen Seiten auch Glücksspiel anbieten, das würde ich inzwischen als "verwerflich, schlecht" bezeichnen und ich habe diese(s) Spiel(e) dann auch nach einer Nachricht im Globalen Chat, die besagte Informationen enthält, gelöscht.

Automatenspiel (Slots) ist gegen ein ausgereiftes Computerspiel sehr flach. Da ist 1 Knopf und vorher ist entschieden was passiert, es kommt einfach nur eine Grafik mit einer Reihe oder so, da passiert bis auf den Zufallsgenerator nix, gewinnen ist keine Leistung und normal ist "verlieren". Ein normaler Mensch würde vermutlich ein Spiel, welches keinen Spaß macht, teuer ist und in dem er immer verliert, löschen. Der Glückspieler kann nicht einfach aufhören wie es aussieht. Oder nur dann, wenn er kein Geld mehr hat also gezwungen wird. Vermutlich auch sehr individuell.....

Jedes Computerspiel ist anders. Manche sind schlecht, manche gehen so, manche sind Juwelen (finde ich).

Wir haben früher viel gewürfelt, manchmal um kleine Geldbeträge. Das war vermutlich "schlimmer" als PC Spiele, die kamen auch erst danach. Ich hab auch viel mit dem Gameboy gespielt aber da war ich nur eines von sehr vielen Kindern und nicht "das schlimmste Kind" also die sind ja deswegen nicht alle spielsüchtig geworden.  ;D

Ich finde auch Stochastik "faszinierend", also wie der Zufall harten mathematischen Regeln folgt , obwohl das einzelne Ereignis unvorhersehbar ist. Das fand ich schon faszinierend bevor ich "gezockt" hab. Ich war das Kind, welches in der Pause weiter das Mathebuch gelesen hat.

Sorry falls der Text zu lang geworden ist. Es geht nicht um mich, du hattest aber gefragt, ich hoffe das ist ok 🙃

Spiele die ich gespielt hab:
Gameboy:
Tetris
Pokemon
Dragon Quest Monsters(MMn. tolle Mechanik)

PC:
Diablo 2 (Gegenstände sammeln)

N64:
Super Mario 64/Mario Kart
Überhaupt hatte ich als erstes Kind einen N64.

Playstation:
Mortal Combat (schwer auf hohem Schwierigkeitsgrad)
Tekken

Und noch mehr  ???

Ich versuche es auch mit einer Frage:

Spielt dein Kind zufällig Minecraft?  ;D
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Roy1234 am 31 August 2025, 18:03:42
Der Glückspieler kann nicht einfach aufhören wie es aussieht. Oder nur dann, wenn er kein Geld mehr hat also gezwungen wird. Vermutlich auch sehr individuell.....

Natürlich kann er aufhören wenn er den Willen hat die Sucht hinter sich zu lassen. Er muss es sogar damit sich die über Jahre aufgebaute Verknüpfung im Gehirn löst oder sich zumindest in den Hintergrund begibt.
Ich drücke nicht einmal mehr irgendwo drauf wie zB bei Payback in Spielen bei dem ich zusätzlich Punkte sammeln könnte.
Gibt schöneres und wertvolleres im Leben. Darum habe ich jetzt inzwischen den Luxus mir Reportagen über Spielsucht ansehen zu können in denen durchaus harte Trigger vorkommen.
Ich gehe jetzt mit Disziplin scharf auf mein drittes Jahr Spielfreiheit zu was Slots etc angeht. Bei Wetten werden es nächstes Jahr im März schon 4 Jahre. Inzwischen kann ich auch hier auf Sport1 Sky und Co alles ansehen und das egal wie oft mir Anbieter x oder y aus der Flimmerkiste weiß machen wollen welch toller Sport Wetten ist 😁😁
Will damit sagen für mich war es gerade bei Casino ein Muss komplett von allem Abstand zu nehmen was mit Glück bei irgendeinem Spiel zu tun hat. Denn mein Ansinnen war und ist es nicht eine Spielpause zu machen um wieder in den alten Trott zu fallen.

So jetzt übergebe ich wieder an Eva. Ist ja ihr Thread.
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Peter Schmidt am 31 August 2025, 18:52:41
Ich gebe dir Recht, ich hätte es besser formulieren sollen oder können. In meinem Beispiel ist der Spieler sehr einfach gestrickt und hat kein Interesse daran sein verhalten zu verändern oder er hat überhaupt nicht reflektiert, der "verlorene Spieler" sozusagen. Vielleicht "kann" durch "will" ersetzen, hm


Aber natürlich zurück zu Eva, sorry  :)



Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 31 August 2025, 22:39:13
Hey Peter,

ich freue mich sehr über den Austausch hier. Mir geht es im Forum erstmal gar nicht darum, mich darzustellen, sondern ich finde die Geschichten und Gedanken der anderen total inspirierend. Das Motto:  Wenn ich Dir helfe, spielfrei zu werden, helfe ich mir, spielfrei zu bleiben. Ein gesunder Kreislauf!

Die Beiträge dürfen auch gerne lang sein, ich lese wirklich alles und nehme jeden ernst. Bitte also keine Entschuldigung dafür! Manchmal brauche ich nur ein bisschen länger zum Antworten, weil ich mich mit den Texten intensiv beschäftige. Bei Dir war es zum Beispiel das Thema Stochastik, da musste ich mich erstmal reinfuchsen.

Das finde ich nämlich auch richtig spannend: Auf den ersten Blick wirkt Zufall total chaotisch – man weiß nie, was als Nächstes kommt. Aber wenn man es über längere Zeit betrachtet, zeigt sich plötzlich ein Muster, das sich mathematisch ziemlich genau beschreiben lässt. Dieses Spannungsfeld,  im einzelnen Moment völlige Ungewissheit, im Großen und Ganzen aber klare Gesetzmäßigkeiten.

Gerade im Zusammenhang mit Spielsucht ist das atypisch: Man denkt schnell, nach vielen Verlusten müsse jetzt irgendwann der Gewinn kommen. Rein mathematisch ist das aber falsch, weil jeder Spielzug unabhängig vom vorherigen ist. Genau da liegt die Falle: Das Gefühl sagt „es gleicht sich schon aus“, aber die Realität ist, dass sich im Glücksspiel eben nichts „ausgleicht“, langfristig gewinnt immer die Bank.

Im Leben ist es dagegen anders. Da gibt es auch viele unvorhersehbare Momente, aber wenn man den größeren Bogen betrachtet, kann man Muster erkennen, Sinn finden und sogar aktiv mitgestalten. Und ohne Spieldruck sieht man klarer und weiter.

Übrigens: Meine Tochter hat früher sehr gerne Minecraft gespielt. Heute sind ihre Favoriten Marvel Rivals, Dead by Daylight und auch Mortal Kombat. Hast Du den Film zu Mortal Kombat gesehen? Und freust Du Dich auch schon auf den zweiten Teil? Leider kommt er ja erst nächstes Jahr in die Kinos, Karl Urban als Johnny Cage, ich bin schon gespannt. Ich muss bei solchen Filmen zwar öfter mal wegschauen aber die Story ist cool.

Ich wünsche Dir einen schönen Wochenstart!

LG
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 31 August 2025, 22:53:33
Hallo Roy,

ich lese Deine Beiträge immer gern und Du bist bei jedem Thread von mir sehr willkommen. Deine Art zu schreiben ist klar und direkt, das schätze ich sehr.

Ich glaube, dass Du die Dinge nicht beschönigst, sondern genau so schilderst, wie Du sie erlebt hast.

Mich würde interessieren, ob Du für Dich einen Zeitpunkt festmachen kannst, ab dem Dich diese ganzen Trigger nicht mehr erreicht haben.

War das eher ein schleichender Prozess oder gab es einen Moment, an dem Du gemerkt hast: Jetzt hat es aufgehört?

LG
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Roy1234 am 01 September 2025, 10:05:44
Schleichend in der Hinsicht dass ich einige Monate gebraucht habe es zu merken weil mir nichts gefehlt hat.
Lag daran dass ich mich ab November/Dezember 22 mich mit der Thematik OC auseinandergesetzt habe. So richtig tief.
Ich hatte das Gefühl betrogen zu werden weil die Slots oft sehr ruckelig waren. Darauf hin habe ich irgendwann mal nach Betrug OC XYZ gegoogelt und bin auf das Thema Illegalität und auch auf das Forum hier gestoßen. Es ist Irre, aber nach fast 20 Jahren zocken habe ich mich verarscht gefühlt und das ist der Punkt an dem der Gegenüber ein Problem mit mir hat. Grundsätzlich nicht nur in diesem Bereich.
Tja und das war es dann. Ich habe dann Tage und Wochen gelesen und gegoogelt einmal hier was das wegkommen von der Sucht betrifft, die ganzen lesbaren Schicksale (selbst merkte ich das an mir gar nicht so) und alles über die Konstrukte und deren Machenschaften. Da kann man sich Monate damit beschäftigen.
Irgendwie war das damals schon der Punkt der das Verlangen nach spielen überlagert hat.
Anfang 2023 habe ich mich dann entschieden auch gegen mein OC zu klagen.
So blöd wie es klingt bzw so unglaubwürdig so richtig heftige Trigger hatte ich nie. Mein Psychiater sagte vor 7-8 Jahren hören Sie auf die haben einen starken Charakter und wenn nicht sie wer soll es dann schaffen. Damals allerdings war der Besuch nur Vorwand um die Familie zu beruhigen wie es aussieht. Allerdings nicht umsonst denn ich habe diese Besuche habe ich irgendwie verinnerlicht und Jahre später daraus gelernt mit dem Thema umzugehen. Wie Du liest bin ich durchaus ein spezieller Fall.

LG Roy
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Olli am 01 September 2025, 10:32:22
Hi Roy!

Zitat
Wie Du liest bin ich durchaus ein spezieller Fall.

Meinst Du? Ich denke nicht!

Was Du bei Deinem Psychiater erlebt hast, das habe ich mit meiner damaligen SHG auch durch. Auch für mich war meine Anwesenheit dort nur Alibi. Und genau wie bei Dir habe ich Jahre später doch auf die Erfahrungen zurück gegriffen. Sie waren nicht umsonst.

Als Du Dich nach der Illegalität informiert hattest, da hast Du aufgehört mit dem Glücksspiel, weil es gegen Deine Werte und Normen verstieß. Dadurch, dass Du Dich informiert hattest, bekamst Du nicht nur neue Sichtweisen oder hast alte in neuem Licht betrachtet, Du hast Dich selbst damit auch motiviert.
Ich wollte nicht mehr lügen. Lügen verstoßen auch gegen Werte. Indem ich von nun an offen und ehrlich mit mir und meiner Sucht umgegangen bin (immer im Rahmen meiner gerade vorhandenen Möglichkeiten), habe ich mich auch selbst motiviert.

Unterschiede gibt es natürlich überall, schließlich sind wir alle Individuen. Doch alleine unsere Sozialisation in unserer Gesellschaftsform schafft unwahrscheinlich viele Parallelen.


Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Roy1234 am 01 September 2025, 10:53:10
Hi Olli,
das mit dem lügen hatte ich noch vergessen. Ich habe mich zwar Jahre vorher schon geoutet als es nicht mehr anders ging jedoch bin ich wieder in alte, wenn auch andere, Muster zurückgefallen. Und ein wichtiger Punkt ist noch dass wir das alles in erster Linie für uns machen. Der Satz 'du spielst doch noch' ist situativ nicht immer der gleiche. Als ich noch gezockt habe war er peinlich. Erwischt und ich muss da aus der Situation raus war mein Gedanke was mich allerdings innerlich immer mehr gestresst und vernichtet hat.
Als ich wirklich weg vom spielen war kamen diese Fragen natürlich Anfangs auch nur konnte ich damit viel souveräner umgehen.
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Peter Schmidt am 01 September 2025, 12:29:04
Hey Eva,

Ja ich kenne den Film Mortal Combat. Als Kind fand ich ihn gut, jetzt fällt es mir schwer ihn komplett zu sehen. 😅

Zum Thema Stochastik:

Es gleicht sich alles aus, aber das Gesetz der großen Zahlen besagt:

Auf die Unendlichkeit, nicht auf einen Nachmittag. Das Gehirn spielt uns vermutlich einen Streich. Also es müsste so sein, dass sich mit steigender Anzahl an "Ereignissen" die tatsächliche mathematische Wahrscheinlichkeit der theoretischen immer mehr nähert. Deswegen ist das einzelne Ereignis trotzdem nicht vorherzusagen. Vielleicht so ähnlich wie:

Es regnet jetzt 4 Tage, es muss ja jetzt mal aufhören, normalerweise regnet es nur einen Tag die Woche im Durchschnitt.

Würde es theoretisch 2 Monate am Stück im Jahr regnen (Jan/Feb) und 10 Monate nicht wären wir auch uuuungefähr bei 1 Tag Regen die Woche, trotzdem kann ich da im April lange warten.

Wenn ich 2 Hühner esse und du 0 ist mir schlecht, du hast noch Hunger aber im Durchschnitt sind wir beide satt geworden. 🙃 An Zahlen kann man toll drehen und ich denke genau da beginnen Casinos uns zu "verarschen". Ich müsste zu weit ausholen aber das menschliche Gehirn funktioniert bei großen Zahlen einfach nicht mehr gut. Mit 653455 Brötchen kann das Gehirn wenig anfangen. Ist das "nur" ein LKW voll oder "schon" ein ganzer Zug? Hm

Minecraft hab ich mal mit den Kindern eines Kumpels gezockt. Ich spiele inzwischen sehr selten aber es ist ein tolles Spiel würde ich sagen und es ist durchaus sehr anspruchsvoll, je nachdem wie man spielt. Es gibt Redstone-Schaltungen die im Grunde wie Elektrotechnik funktionieren, also mit Zuständen etc. Es hat mal jemand in Minecraft einen Computer gebaut, mit dem man Minecraft spielen kann. Verrückt, oder genial oder beides. Ich habe jedenfalls fast alles in dem Spiel gesehen oder erreicht aber es ist im Grunde unendlich und es kommen auch neue Inhalte hinzu.

Eine schöne Woche wünsche ich euch.

Da ich den Dialog gerade noch sehe:

Mir scheine Lügen in mir auch "verankert", es ist nur "nicht mehr nötig" und sowieso "nicht anständig". Ich denke mal die meisten Spieler lügen viel.

Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 01 September 2025, 13:35:27
Hallo Roy,

ich finde speziell, wie intensiv Du Dich gleich nachdem Du aufgehört hast zu spielen, mit dem Thema OC auseinandergesetzt hast. Bei mir war es eher das Gegenteil, ich habe am Anfang alles vermieden, was mich irgendwie an OCs erinnern könnte. So richtig in die Auseinandersetzung mit meiner Spielsucht bin ich eigentlich erst mit meinem ersten Meeting gegangen.
Gibt es aus all dem, was Du gelesen hast, einen Artikel oder eine Doku, die Du besonders empfehlen würdest? Ich drücke Dir auf jeden Fall die Daumen, dass Du Dein Geld zurückbekommst. Wie weit ist Deine Klage inzwischen?

Für mich persönlich war der Klageweg nie so wirklich eine Option.

Einerseits, weil ich keinen wirklich großen finanziellen Schaden hatte (ich muss halt einfach ein bisschen länger auf meinen Campervan warten), und andererseits, weil ja in den OCs meine echten Daten hinterlegt sind.

Und da die Grundmelodie meines Lebens eher Angst ist – kombiniert mit vielleicht ein paar zu vielen Robert-de-Niro-Filmen – haben mich die mafiösen Strukturen dieser Branche immer wieder abgeschreckt, überhaupt über eine Klage nachzudenken.

LG
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 01 September 2025, 13:37:00
Hey Olaf,

Dein abschließender Absatz ist prägnant formuliert, das übernehme ich mal so -gute Besserung weiterhin...

LG
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 01 September 2025, 13:58:17
Hallo Peter,

Deinen Text zur Stochastik finde ich schön zu lesen– sehr anschaulich und nachvollziehbar.

Bei der Sache mit den Hühnern würde ich allerdings eine andere Gleichung aufstellen: Da ich weder Fleisch noch Fisch esse, würde ich wohl eher versuchen, die Hühner zu retten.  ;)

Minecraft sehe ich genauso wie Du, die Möglichkeiten sind faszinierend. Meine Tochter hat dort bereits beeindruckende Welten erschaffen, so detailreich und kreativ, dass man wirklich nur staunen kann.

Zum Thema Spielsucht und Lügen lässt sich nüchtern sagen: Lügen sind fast immer ein Begleiter der Sucht. Zunächst richtet man sie nach außen, um Handlungen zu verschleiern oder sich zu rechtfertigen. Mit der Zeit aber verlagert sich der Schwerpunkt, ich beginne, mich selbst zu belügen.

Dostojewski bringt es treffend auf den Punkt: „Nichts ist leichter als sich selbst etwas vorzumachen, denn was ein Mensch wünscht, das glaubt er auch.“ Genau darin liegt die Gefahr: Die Grenze zwischen Wunsch, Illusion und Wirklichkeit verschwimmt zunehmend.

Dieses Muster verändert zwangsläufig auch das Verhalten eines Menschen. Ehrlichkeit, Offenheit und Verlässlichkeit werden verdrängt von Ausreden, Ausweichbewegungen und ständigen Beschönigungen. Beziehungen leiden, Vertrauen wird untergraben, und am Ende entfernt man sich nicht nur von anderen, sondern auch immer mehr von sich selbst.

Ich mag es sooooo, wenn Gespräche sich konstruktiv weiterentwickeln. 8)

LG
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Olli am 01 September 2025, 15:44:14
(https://www.megagifs.de/moorhuhn/moorhuhn0477.gif) Rette mich ...
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 01 September 2025, 16:16:51
...lachwech...  ;D, aber ja, das wäre dann das Prinzip... ;)
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Roy1234 am 01 September 2025, 16:33:35
(https://www.megagifs.de/moorhuhn/moorhuhn0477.gif) Rette mich ...
😂😂
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Peter Schmidt am 02 September 2025, 11:49:13
Hey, tolles Huhn.  ;D

Ich meine erkannt zu haben, dass Menschen sich öfter vorsätzlich selber belügen und es ganz offensichtlich ist. Bei Drogen und "merkwürdigen" Verhaltensweisen vielleicht noch eher aber auch so. Konkretes Beispiel:

Ein Kunde steht vor einem Laden und hustet wie wild, raucht eine Zigarette ohne Filter und erklärt mir wie hoch die Feinstaubbelastung aktuell ist, also wie schlecht das auch für die Lunge ist.

Wirklich?!?!?! 😄

Für mich bedeutet das inzwischen umgekehrt:

Ich belüge mich nicht mehr selbst bzw. versuche es zu erkennen und dann zu vermeiden. Glücksspiel ist nicht gut, rauchen ist nicht gut usw. Ehrlichkeit wird ein guter Anfang sein.

Ich bin kein Vegetarier aber nahe dran, ich esse durchaus mal 1 Monat kein Fleisch. Primär aber nur, weil ich keine Lust hab zu unterstützen wie die Menschen mit den Tieren umgehen. Fisch esse ich fast garnicht, weiß nicht warum, vermutlich weil ich nie angeln gehe, oder dann in Minecraft aber nicht in echt 🤣
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 02 September 2025, 19:51:25
Hallo Peter,

ja, das Huhn ist supi. 8)

Meine Tochter hat mich gebeten, Dir unbedingt auszurichten, dass auf der Liste ihrer Lieblingsspiele ihr absoluter Favorit Alan Wake 2 nachgetragen werden soll – was ich hiermit erledigt habe.

Deinen Gedanken zum Thema Lügen und Umgang mit Tieren finde ich richtig gut. Ich habe vor 16 Jahren auch aus ethischen Gründen aufgehört, Fleisch zu essen.

 Aber – und das ist mir superwichtig – ich lasse wirklich jeden Menschen völlig frei zu entscheiden, was er oder sie essen möchte. Ich hab null Bedürfnis, irgendwem vorzuschreiben, wie er zu leben oder zu denken hat.

Mir macht’s eher Spaß, wenn man flockig ins Gespräch kommt und sich austauschen kann, ohne dass jemand gleich das Gefühl hat, belehrt zu werden.

Und ich glaube auch: Ehrlichkeit ist immer ein guter Anfang! :)

LG
Eva
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Olli am 02 September 2025, 21:24:04
Wer hat denn noch erkannt, um welche Art Huhn es sich handelt?  8)
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Roy1234 am 02 September 2025, 21:49:46
Wer kennt es nicht, dass Huhn aus dem Moor 😂
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Eva54 am 03 September 2025, 06:08:47
...achja, stimmt,😄  mal schauen,  ob ich es heute morgen sichten kann...😉
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Olli am 03 September 2025, 06:40:43
Diese arme Gattung wurde einst verfolgt. Zu Millionen mussten sie, nur zum Vergnügen der Menschen, ihr Leben lassen. Nur wenige haben das Massaker überlebt und fristen heute (fast) ein Leben in Vergessenheit in den schottischen und nordenglischen Mooren. Der Mensch ist schon ein grausames Wesen, doch es gibt Wenige, die sich aufmachen, die Moorhühner zu retten. Manche davon wissen es selbst noch nicht einmal ...
Lasset uns für die armen Opfer vergangener Spielesessions eine Schweigeminute einlegen ...
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Peter Schmidt am 03 September 2025, 07:56:14
Lasst uns eine Minute Moorhühner erlegen, okay  ;D

Ich hab sogar einen neuen Computer von meinem Chef bekommen aber der ist nicht zum spielen gedacht, ich sollte es nicht tun....   😅

Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: andreasg am 03 September 2025, 10:27:31
"Eben geht mit einem Teller
Witwe Bolte in den Keller,
daß sie von dem Sauerkohle
eine Portion sich hole,
wovon sie besonders schwärmt,
wenn er wieder aufgewärmt"

Das ist ultimativ mein Lieblingszitat von Wilhelm Busch! Und ja, da ist etwas reales dran. Der aufgewärmte Kohl entfaltet sich besser, die Ausdünstungen, die eine Kolik herbeiführen können, verdampfen sich. Und die gute Frau wurde ja vor den Umstand gestellt, daß ihre Mahlzeit vegetarisch verlaufen mußte, weil ja das Hühnervieh durch den Kmin entwendet wurde.
Manchmal denke ich zurück an die Zeit: Nachts an der Imbissstube nahe dem Rotlichtviertel stehend, das Halbe Hähnchen vor mir auf dem Teller, meine Pfoten fetttriefend, alles voller Scham, so stand ich da.
Ich esse Heute auch noch Fleisch + Fisch , aber ich schaue auch hin, was und wieviel. Primär ist für mich wirklich der Genuß von Gemüse beim Hauptgericht. Vom Fast - Food - Essen bin ich abstinent.

Einen Tag zur Zeit
Titel: Re: Enten mit Wassermelone
Beitrag von: Roy1234 am 04 Oktober 2025, 14:39:58
Ups, habe gar nicht mitbekommen daß Du uns verlassen hast. Finde Du warst eine Bereicherung für das Forum.
Falls Du es liest, ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft!

Grüße Roy