Unterstützen Sie unsere Arbeit Jetzt spenden!
Hallo Gast
Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
» Mittwochsgruppe    |    » Samstagsgruppe
     

LG München / OLG München: Chargeback bei Online-Casinos nicht zulässig

  • 4 Antworten
  • 6802 Aufrufe
Hallo,

ich habe gerade in einem anderen Forum, welches ich hier nicht nennen möchte da voller Glücksspielwerbung, einen Hinweis darauf gefunden, dass nach aktuellen Gerichtsentscheidungen des Landgerichts München und des Oberlandesgerichts München Chargeback bei Online-Casinos nicht rechtmäßig ist und die Bank einen Spieler auf den Ausgleich der geleisteten Kreditkartenzahlungen verklagen kann.

Hier ist ein Beitrag von heute, der wohl schon einige Passagen aus dem Urteil nennt:

LG München und OLG München bestätigen Aufwendungsersatz der Bank bei Kreditkartenzahlungen für Online-Glücksspiel

https://www.isa-guide.de/isa-law/articles/194792.html

Zitat
Das LG München I hat – bestätigt durch das OLG München – mit Urteil vom 28.2.2018 (Az. 27 O 11716/17) die Argumente eines Spielers verworfen, der den von einem Kreditkartenunternehmen geltend gemachten Aufwendungsersatz für Kreditkartenzahlungen an aus Sicht der deutschen Bundesländer „unerlaubte“ Anbieter von Online-Glücksspielen aus dem EU-Ausland abwehren wollte.

In dem vom LG München entschiedenen Fall hatte ein Spieler 2016 seine Kreditkarte bei zwei in der EU lizensierten Anbietern für die Teilnahme an Online-Casinospielen in Form von Roulette, Slots und Pokerspielen eingesetzt. Die Erstattung der vom Kreditkartenunternehmen an die Glücksspielanbieter geleisteten Zahlungen hat der Spieler im Anschluss mit dem Einwand abgelehnt, die von ihm getätigten Glücksspiele seien „unerlaubt“ da sie gegen Beschränkungen des GlüÄndStV und damit gegen ein „gesetzliches Verbot“ im Snne von § 134 BGB verstoßen. Das Kreditkartenunternehmen hätte dies ohne weiteres erkennen müssen.

Diesem Einwand ist das Landgericht nicht gefolgt. Es hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Zwar sei gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV auch die Mitwirkung an Zahlungen in Zusammenhang mit „unerlaubtem“ Glücksspiel verboten. Es sei

    „allerdings nicht Aufgabe des Kreditunternehmens die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen (BGH, XI ZR 96/11). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV ist dies Aufgabe der Glücksspielaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Die Glücksspielaufsicht hat dem mitwirkenden Kreditunternehmen unerlaubte Glücksspielangebote bekanntzugeben. Erst dann dürfen seitens der Glücksspielaufsicht Maßnahmen gegenüber dem Kreditunternehmen getätigt und die Mitwirkung an unerlaubtem Glücksspiel untersagt werden. Eine derartige Bekanntgabe der Glücksspielaufsicht an die Klägerin konnte der Beklagte nicht darlegen. Da die Voraussetzungen der Mitwirkung an Zahlungen am unerlaubten Glücksspiel nicht vorliegen, verstoßen die Zahlungsausführungen der Klägerin nicht gegen den Glücksspielstaatsvertrag und sind somit nicht nichtig nach § 134 BGB.“

Das Landgericht hat sich in diesem Punkt – anders als das Amtsgericht München in seinem kurz zuvor ergangenen Urteil vom 21.2.2018 (Az. 158 C 19107/17) – an der amtlichen Begründung zum GlüÄndStV orientiert und das Mitwirkungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV folgerichtig „im Zusammenhang mit den Überwachungsbefugnissen der Glücksspielaufsicht in § 9“ (vgl. LT-Drs. 16/4795 Niedersachsen, S. 76) gesehen.

Nach der amtlichen Begründung zum GlüÄndStV dient nämlich

    „die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 der Klarstellung und Konkretisierung von § 4 Abs. 1 Satz 2. Danach können die am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute einschließlich E-Geld-Institute (Nummer 4) im Wege einer dynamischen Rechtsverweisung als verantwortliche Störer herangezogen werden, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt wurde. Dies setzt voraus, dass der Veranstalter oder Vermittler des unerlaubten Glücksspielangebots zuvor vergeblich – insbesondere wegen eines Auslandsbezuges – in Anspruch genommen wurde.“ (vgl. LT-Drs. 16/4795 Niedersachsen, S. 85)

Eine Verpflichtung des Kreditkartenunternehmens, die von ihren Kunden genutzten Glücksspielangebote mit der sog. „White-List“ der deutschen Bundesländer abzugleichen, um eine eventuelle Illegalität zu erkennen, hat das Landgericht ebenfalls abgelehnt, da nicht nur

    „ein solcher Prüfaufwand über die normale Bearbeitung der Zahlungsvorgänge [hinausgeht] und der Klägerin gerade nicht [obliegt]“,

sondern auch, da

    „die Klägerin von einem rechtstreuen Verhalten des Beklagten ausgehen [konnte] und nicht mit einem eventuellen Verstoß gegen § 285 StGB rechnen [musste].“

Dem Zahlungsdienstleister kann somit nicht pauschal entgegengehalten werden, Online-Glücksspiele seien in Deutschland ausnahmslos verboten. Eine solche Argumentation ignoriert nicht nur u.a. die durchaus „diffuse“ aktuelle Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. LT-Drs. 19/1343, 19/1326 Schleswig-Holstein), sondern auch die rechtlich komplexen Implikationen aus dem unionsrechtswidrigen Lotteriemonopol (vgl. VGH Hessen, Beschl. v. 29.5.2017, Az. 8 B 2744/16 sowie VG München, Urt. v. 25.7.2017, M 16 K 12.1915). Dies gilt erst Recht mit Blick auf das unionrechts- und verfassungswidrige Konzessionsverfahren für Sportwetten (vgl. VG Wiesbaden, Beschl. v. 05.5.2015, Az. 5 L 1453/14.WI und 5 K 1448/14.WI sowie EuGH C-336/14, Ince). Als Folge der Intransparenz werden u.a. die Onlineangebote der EU-lizensierten Sportwettanbieter von den deutschen Bundesländern zu Recht als unionsrechtlich legal betrachtet. Noch verwirrender wird die Situation vor dem Hintergrund der intransparenten und weder einheitlichen noch einhelligen Regulierungen und Behördenpraktiken im Bereich der Spielhallen.

Einem Zahlungsdienstleister kann daher nicht zugemutet werden, diese diffuse und auf der Ebene der Bundesländer abweichende sowie permanent changierende und daher hoch komplexe Sach- und Rechtslage zu überblicken und dahingehend umzusetzen, dass er in Echtzeit prüfen kann, ob ein Kunde im Moment seiner Zahlung „erlaubtes“ oder „unerlaubtes“ Glücksspiel betreibt und dieses ggf. zu verhindern.

Dies gilt umso mehr, weil – wie das Landgericht richtig ausführt – eine solche Überprüfung für den Zahlungsdienstleister auch deshalb kaum möglich ist,

    „da zunächst nicht erkennbar ist, von wo aus der Beklagte die Glücksspielangebote angenommen hat und welche Spiele er tatsächlich gespielt hat. Im Ausland ist eine Vielzahl von Glücksspielangeboten legal. Ebenso wenig dürfte erkennbar sein, ob jedes einzelne vom Beklagten wahrgenommene Spiel tatsächlich unerlaubtes Glücksspiel darstellt.“

(näher zu dieser Problematik: Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Datenschutzrechtliche Bewertung der Regelungen zum Financial Blocking zur Verhinderung illegalen Glücksspiels im Internet, ZfWG 2015, 121-125 sowie 23. Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen, Financial Blocking nach dem Glücksspielstaatsvertrag, 2018, S. 60).

Zutreffend führt das Landgericht in diesem Zusammenhang aus, dass

    „allein aus der Tatsache, dass das Preis- und Leistungsverzeichnis der Klägerin unterschiedliche Gebühren für Glücksspielangebote ausweist, sich noch keine Unterscheidung [ergibt], ob es zu einem Einsatz bei illegalen Angeboten gekommen ist“

Diese Erwägung gilt in gleicher Weise für den sog. Merchant Category Code (MCC), mit welchem Zahlungsdienstleister eine Kreditkartenzahlung einer bestimmten Branche zuordnen. Dieser Code unterscheidet nämlich nicht zwischen erlaubtem und aus Sicht der bzw. einiger deutscher Bundesländer unerlaubtem Glücksspiel, sondern umfasst sämtliche in die Kategorie Glücksspiel fallende Umsätze.

Ergänzend hat das Landgericht die aus teleologischer Sicht überzeugende Auffassung vertreten, dass es dem Schutzzweck des § 1 GlüStV eindeutig widerspricht, wenn Spieler ihre nach dem GlüÄndStV verbotenen Aktivitäten auf Kosten gutgläubiger Kreditinstitute risikolos finanzieren könnten. Wörtlich begründet das Landgericht:

    „Überdies ist der Schutzzweck gem. § 1 des GlüStV, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken und sicherzustellen, dass u.a. die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt wird. Dieses Ziel werde geradezu torpediert, wenn davon auszugehen wäre, dass eine Nichtigkeit der Autorisierung von Zahlungsvorgängen vorläge. Dann würde das in der Regel gutgläubige Kreditinstitut auf den Aufwendungen sitzenbleiben und dem Spieler sozusagen einen Freibrief erteilt, weil der verspielte Einsatz sogleich von der Bank erstattet würde und der Spieler keine finanziellen Einbußen oder Risiken eingehen würde. Der Spieler könnte unter diesen Umständen Glücksspiel ohne jegliches finanzielles Risiko ausführen. Es könnte vielmehr ein bösgläubiger Teilnehmer am Glücksspiel, der sich letztendlich nach § 285 StGB strafbar macht, gutgläubige Zahlungsinstitute für rechtswidrige Aktivitäten einspannen.“

Das Landgericht brauchte weder der Frage nachzugehen, ob von vornherein ein Anspruch des Spielers ausgeschlossen ist, da er mit der Teilnahme an einem Glücksspiel ohne deutsche Konzession gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 19.1.1978, 8 U 110/77), noch seiner unionsrechtlichen Prüfungspflicht nachzukommen, um zu ermitteln, ob das deutsche Verbot, Rubbellos- und Casinospiele im Internet zu veranstalten, „im Lichte der konkreten Anwendungsmodalitäten“, insbesondere im Lichte der omnipräsenten anreizenden und ermunternden Werbung der Bundesländer für ihre eigenen Glücksspiele (darunter auch Online-Rubbellose und –Games) unionsrechtlich gerechtfertigt ist.

Die gegen das Urteil des Landgerichts eingelegten Rechtsmittel hat das OLG München mit Beschluss vom 04.03.2019 (19 U 793/18) zurückgewiesen. Das Urteil des LG München ist daher rechtskräftig.

Festzuhalten bleibt, dass dem Geschäftsmodel „Spielen oder Wetten ohne Bezahlung“, das einige Rechtsanwälte auf der Basis eines Urteils des AG München anbieten, nunmehr durch das OLG und das LG München I ein wohl unüberwindbarer Riegel vorgeschoben wurde. Hinzu kommt die breite Palette der unionsrechtlichen Argumente, die das Landgericht und das OLG noch nicht gezogen haben.

Ich hoffe die Gerichtsentscheidungen werden bald veröffentlicht.
@Ilona: Oder hast Du vielleicht das Urteil schon und könntest es für diesen Fall hier im Forum veröffentlichen?

Insbesondere diese Sichtweise des Landgerichts und Oberlandesgerichts München

"Dann würde das in der Regel gutgläubige Kreditinstitut auf den Aufwendungen sitzenbleiben und dem Spieler sozusagen einen Freibrief erteilt, weil der verspielte Einsatz sogleich von der Bank erstattet würde und der Spieler keine finanziellen Einbußen oder Risiken eingehen würde. Der Spieler könnte unter diesen Umständen Glücksspiel ohne jegliches finanzielles Risiko ausführen. Es könnte vielmehr ein bösgläubiger Teilnehmer am Glücksspiel, der sich letztendlich nach § 285 StGB strafbar macht, gutgläubige Zahlungsinstitute für rechtswidrige Aktivitäten einspannen."

ist ja nicht ohne und dürfte das Geschäftsmodell von wirholendeingeld.de und Rechtsanwalt Lenne ziemlich in Frage stellen?! ...
Wenn die Banken von dem Urteil Kenntnis bekommen, werden die alles was mit dem Amtsgericht München und Leverkusen versucht wird zurückweisen, denn sie haben ja sozusagen die höherinstanzliche, sie vollständig entlastende Rechtsprechung eines Oberlandesgerichts (aus München) im Rücken und müssen deswegen wohl wenig befürchten, oder?

Gruß

Das Geschäftsmodell der von dir genannten Firmen machen dies Hauptsächlich mit Paypal. Da ist eigentlich alles klar.

Beim Urteil wurde aber noch der §9 berücksichtigt; dieser ist im Jahr 2017 durch die Novellierung jedoch weggefallen. Ob dies hierzu auch Auswirkungen hat kann ich werde ich nicht beurteilen...
<a href="https://twitter.com/B4Nothing">follow on Twitter</a>

Ja das stimmt die fokussieren sich auf PayPal was eigentlich jeder Spieler selbst gut könnte und verdienen dann noch ordentlich mit der Unwissenheit der meisten Spieler.

Ich habe gerade mal geschaut:
Im Jahr 2017 gab es keine Novelle beim Glücksspielstaatsvertrag.
Es gibt einmal den seit 2012 bis heute gültigen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag.
Dann gab es im Jahr 2017 einen Versuch, einen Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft treten zu lassen,  da haben aber Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen nicht mitgemacht  :-X :-X, so dass sich dieser erledigt hat:

https://www.heise.de/newsticker/meldung/Schleswig-Holstein-laesst-neuen-Gluecksspielstaatsvertrag-platzen-3839171.html

Also existiert der in den Gerichtsentscheidungen genannte § 9 des Glücksspieländerungsstaatsvertrags unverändert fort.

Tja, dann bin ich genau so schlau wie vorher zumal mir das so gesagt wurde

Naja, ich hab keine Ahnung und mir raucht auch gerade der Kopf.
<a href="https://twitter.com/B4Nothing">follow on Twitter</a>

Hallo Community,

ich habe mich die letzte Zeit mit dem Gerichtsurteil des LG München beschäftigt.
Vorweg: Ich bin kein Jurist, darf daher auch keine Rechtsberatung oder ähnliches durchführen. Da ich jedoch nicht auf konkrete fremde Angelegenheiten eingehe, welche eine rechtliche Einzelfallprüfung erfordert, sondern gem. § 2 Abs. 3 Nr. 5 RDG "die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien" darlege, fällt dies nicht unter den Begriff der Rechtsdienstleistung.

Kurz zu mir:
Ich befasse mich seit mehreren Woche intensiv mit dem Thema Chargeback und habe vor in diesem Zusammenhang ein Videokurs zur Illegalität von Online-Glücksspielen zu erstellen. Dabei soll es auch um die Wiedererlangung der Verluste gehen (Chargeback). Das kann jeder beurteilen wie er will. Ich stecke sehr viel Zeit und Kraft in diese Projekt und möchte euch meine Gedanken zu diesem Gerichtsurteil mit euch teilen.

Es handelt sich hier um meine eigene Meinung. Eine anschließende Diskussion wäre sicherlich spannend!
(Der nachfolgende Text ist ein Auszug aus dem Videokurs und spiegelt das ausgeschriebene Skript wieder. Die Fassung ist jedoch noch nicht final.)

________________________________________________________________________________

"Ich will den Videokurs so offen und ehrlich gestalten wie es nur geht. Daher ist es unabdingbar auch die Gegenseite zu betrachten, denn es gibt nicht nur positive Gerichtsurteile, sondern auch Urteile, in denen der Zahlungsdienstleister Recht bekam.
Ein Chargeback ist keine 100% Sache und führt nicht jedes Mal zum gewünschten Erfolg. Das muss dir bewusst sein. Dennoch versuche ich dir alle wichtigen Informationen mitzuteilen, sodass du optimal vorbereitet dein Chargeback angehen kannst.
Die deutschen Gerichte vertreten zwei unterschiedliche Meinungen.
Zum einen sind die AG Leverkusen und München der Meinung, dass die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel zur Nichtigkeit der Forderungen der Zahlungsdienstleister führt, wie wir in den vorherigen Videos besprochen hatten.
Des Weiteren ist aber das LG & OLG München der Meinung, dass eine Mitwirkung der Kreditkartenunternehmen an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel überhaupt nicht vorliegt.
Ich muss hierbei noch ergänzen, dass die Urteile vom AG München und LG München nicht in Verbindung zueinanderstehen. Der Sachverhalt des LG München und des OLG München ist jedoch der gleiche.
Hier meine eigene Ansicht dazu:

Zunächst ist anzumerken, dass es sich um hierbei wie immer um einen Einzelfall handelt. Man kann nicht per se die Punkte der Urteile auf andere Sachverhalte übertragen. Das hat das AG Leverkusen und München bewiesen, die genau andersrum entschieden haben, bei ähnlichem Sachverhalt.
Hier in diesem Fall hat der Spieler beispielsweise in einem österreichischen Casino spielt. Das verändert die Sachlage dementsprechend, weil man der Bank keine Überprüfungspflicht auflegen kann, wenn es sich um ausländische Casinos handelt, die nicht auf den deutschen Markt bezogen sind.
Bei ausländischen Casinos, welche sich auf den deutschen Markt beziehen, erkennbar z.B. an der .de Endung, an der deutschen Sprache, usw., wäre eine solche Überprüfungspflicht meiner Erwartung nach, eine notwendige Maßnahme des Zahlungsdienstleisters. Diese Überprüfung würde die rechtsmissbräuchliche Verwendung der Zahlungsdienstleister, also der Kreditkarte, offenlegen.
Somit kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass nur weil das LG München die Klage des Zahlungsdienstleisters begründet, dein Sachverhalt genauso enden wird.

Im Folgenden erläutere ich meine Kritik am Urteil des LG München.
Zunächst geht es um den Punkt der Erforderlichkeit der Zahlungsausführung. Dies haben wir in den Urteilen zuvor bereits besprochen. Das LG München hat hierbei jedoch eine andere Auffassung als die AG Leverkusen und München.
„Die Klägerin darf die Aufwendungen nur dann nicht für erforderlich halten, wenn die Vertragsunternehmen „Win2day“ und „Casinospiele“ die Klägerin rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen hat. Eine solche rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme liegt nur dann vor, wenn offensichtlich und liquide beweisbar ist, dass den Vertragsunternehmen eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Beklagten nicht zu besteht.“
Bis hier hin liegt zunächst nichts neues vor. In den beiden Urteilen der AG wurde die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme als gegeben gewertet und die Zahlung war demnach als nicht erforderlich zu bewerten und dementsprechend nicht auszuführen. Das LG München trifft hier jedoch eine andere Entscheidung.

„Ob eine Forderung der Glücksspielanbieter gegenüber dem Beklagten tatsächlich besteht, ist für die Klägerin indes nicht offenkundig erkennbar, …“. Heißt das LG argumentiert damit, dass das Kreditkartenunternehmen nichts von der Illegalität der Zahlung wusste und deshalb nicht bewerten konnte, ob eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme vorliegt.
Kreditkartenunternehmen verlangen stark erhöhte Gebühren bei Umsätzen im Zusammenhang mit Online-Glücksspiel. Das begründet nicht die Illegalität des Glücksspiels. Was jedoch rechtfertigt diese erhöhten Gebühren? Im Gegenzug darf man doch zumindest erwarten, dass überprüft wird, ob die Zahlung im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel steht und die Ausführung der Zahlung seitens des Zahlungsdienstleister dann ebenso illegal wäre, da mitgewirkt werden würde.

Für die Kreditkartenunternehmen ist durch den Merchant Category Code (MCC) erkennbar, dass es sich um eine Zahlung im Zusammenhang mit Glücksspiel handelt. Ob legal oder illegal ist erstmal unwichtig. Allein mit diesem Wissen und der extra Gebührenerhebung ist eine solche einmalige Überprüfung der Zahlung nicht unverhältnismäßig. Dabei müssen die Ausmaße der Überprüfung mit den Folgen der Mitwirkung am illegalen Glücksspiel abgewogen werden.
Denn sollte es zu einer Überprüfung kommen, dann wäre schnell klar, dass die Zahlung abgelehnt und für nicht erforderlich gewertet werden müsste. Für das Gericht überwiegen anscheinend die Ausmaße der Überprüfung, was jedoch für mich komplett unverständlich ist. Denn gerade zur heutigen Zeit der Digitalisierung ist es meines Erachtens sehr leicht die Online-Casinos zu kategorisieren. Somit wäre eine einmalige Überprüfung pro Online-Casino notwendig und dann stände einer Automatisierung nichts mehr im Wege.
Die Überprüfung wäre denkbar einfach. Denn die Rechtslage hinsichtlich Online-Casinos ist meiner Ansicht nach klar und deutlich. Das Vertritt auch die höchste Instanz der Verwaltungsgerichte in Deutschland, das Bundesverwaltungsgericht, welches das Internetverbot für 3 Glücksspielarten bestätigt. Somit sind laut diesem „Das Verbot, Rubbellos- und Casinospiele im Internet zu veranstalten und zu vermitteln, ist mit Unions- und Verfassungsrecht weiterhin vereinbar“.
Da es sich jedoch beide Male um Online-Casinos handelt und deren Inhalte im Normalfall nicht rechtmäßig sind, hätte man hier von einer Illegalen Zahlung ausgehen müssen.
Etwas schwieriger gestaltet es sich bei OC, welche auch erlaubte, bzw. geduldete Inhalte anbieten. In der Theorie ist auch das illegal, da verbotene Inhalte nicht auf derselben Webseite wie erlaubte Inhalte veröffentlicht und angeboten werden dürfen. Dies wurde bisher aber noch nie in der Praxis verhandelt. Hierbei wartet man noch auf das nächste Gerichtsurteil.
Da zwischen dem Online-Casino und dem Zahlungsdienstleister ein Vertrag herrscht, könnte auch vertraglich festgehalten werden, dass eine rechtsmissbräuchliche Verwendung eine Rückzahlung der Gelder bedeutet.
Es gibt letztlich genug Möglichkeiten für den Zahlungsdienstleister auf der sicheren Seite zu sein. Jedoch wird aufgrund der Gier nach dem Geld und dem mangelnden Sinn für Verbraucherschutz darauf verzichtet.
Das Hinzuziehen der White-List der Glücksspielaufsicht der Länder schafft zudem Gewissheit und wäre bei einer einmaligen Prüfung eine Sache von ein paar Sekunden. Mir ist bewusst, dass diese nicht abschließend ist, denn dazu kommen noch unzählige geduldete Online-Sportwettenanbieter, was wir im Urteil des EuGh besprechen. Online-Casinos werden hingegen nicht geduldet, sondern sind strikt verboten.
Auf den ersten Blick macht das Argument des LG Sinn, jedoch wurde es meiner Meinung nach nicht ausreichend betrachtet. Es wurde nur der geringfügige Mehraufwand des Zahlungsdienstleisters beachtet, nicht die daraus resultierenden Konsequenzen. Den wie wir wissen sind die Zahlungsdienstleister, diejenigen die Online-Glücksspiel und die damit einhergehende verstärkte Suchtproblematik erst ermöglichen.

Das nächste größere Argument auf das ich eingehen will, ist die nicht vorliegende Nichtigkeit §134 BGB, wie das LG entschied.
Das LG bezieht sich hierbei jedoch nur auf den GlüStV. Jedoch muss man bedenken, dass der ZD sich auch gem. §284,285 StGB strafbar macht.
Bleiben wir aber erstmal beim GlüStV und warum gegen diesen meiner Erwartung nach trotzdem verstoßen wird.
Die Argumentation des LG München ist insoweit richtig, dass die Glücksspielaufsicht nach vorheriger Bekanntgabe die Beteiligung am Glücksspiel untersagen kann.
Jedoch sollte meiner Meinung nach Gem. § 4(1) S. 2 die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel immer noch verboten sein. Einzig die fehlende Untersagung der Glücksspielaufsicht wurde nicht durchgeführt, was die Verbotsvorschrift nach §4 (1) GlüStV jedoch nicht außer Kraft setzt.

Wenn wir uns jetzt den §9 (1) genauer anschauen, dann wurde die Aufgabe der Glücksspielaufsicht vom LG München jedoch fehlinterpretiert.
Das LG sagt: „Es ist allerdings nicht Aufgabe des Kreditunternehmens die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen. Nach § 9 (1) Nr. 4 GlüStV ist dies Aufgabe der Glücksspielaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Die Glücksspielaufsicht hat dem mitwirkenden Kreditunternehmen unerlaubte Glücksspielangebote bekannt zu geben. Erst dann dürfen seitens der Glücksspielaufsicht Maßnahmen gegenüber dem Kreditunternehmen getätigt werden und die Mitwirkung an unerlaubtem Glücksspiel untersagt werden.“
So und was steht den jetzt wirklich im GlüStV?
Ich zitiere: „Die Glücksspielaufsicht hat die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben.“
So. Also erstens haben sie die Verpflichtung zu Überwachung des GlüStV und zweitens sollen Sie darauf hinwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel unterbleibt. Dann müsste das GS-Aufsicht am Zahlungsvorgang mitwirken und illegale Zahlungen verhindern. Das wäre in keinem Fall umsetzbar. Die alleinige Betrachtung der unzählbaren GS-Angebote der Casinos schließt das schon aus. Hierbei wurde nur die eine Seite der Medaille beachtet.
Meiner Meinung wäre die Verlagerung der Prüfung auf den Zahlungsdienstleister die einzig faire Lösung, weil dieser letztlich daran profitiert. Somit könnte man die Zahlungsströme besser kontrollieren und der GS-Aufsicht es zur Aufgabe zu machen, genau diese Kontrolle der Zahlungsdienstleister zu überprüfen. Hierbei würde beispielsweise eine Stichpunkt-Kontrolle Sinn machen und wäre zudem auch nicht zu aufwendig.
Aber diese Gedanken macht sich das Gericht leider nicht.

Generell ist dieses Urteil sehr eintönig ausgerichtet.

Aufgrund dessen, dass das LG diese Aufgabe nun bei der GS-Aufsicht gesehen hat, wird daraus gefolgert, dass die Voraussetzungen der Mitwirkung an den Zahlungen am unerlaubten Glücksspiel nicht vorliegen und damit kein Verstoß gegen den GlüStV gegeben ist. Demnach ist das Rechtsgeschäft auch nicht nichtig nach §134 BGB.
Ich habe mein Senf bereits dazu gegeben und viele Juristen sind ebenso anderer Meinung wie das LG.
Eine höchstrichterliche Entscheidung könnte diesbezüglich Klarheit bringen. Falls es neue Infos dazu gibt, erfährst du sie natürlich direkt in Form eines neuen Videos.
Einen weiteren Punkt, den das Gericht aufführt, ist, dass bösgläubige Spieler die gutgläubigen Zahlungsinstitute ausnutzen könnten.
Natürlich wäre das eine potentielle Folge. Um den Verbraucherschutz und den Schutz vor Glücksspielsucht aufrecht zu erhalten, wäre ein Rückzug der Zahlungsdienstleister aus diesem Segment eine wirksame Maßnahme. Geregelte Einzahlungen durch Überweisungen wären eine gute Lösung, um den Charakter des Online-Glücksspiels zu mindern. Charakter in der Hinsicht, dass die Suchtgefahr verringert werden könnte, da wiederholende Einzahlungen nicht möglich wären, bzw. nur mit zeitlichem Verzug, da auf die Überweisung gewartet werden müsste.

Wenn du jetzt mal an deine Zeit zurückdenkst: Wie oft hat man noch eine Einzahlung getätigt, nach dem man sein Guthaben verloren hat? Oft genug. Würdest du erst noch ein paar Tage warten müssen bevor du spielen könntest, dann könntest du niemals unnötig viel Geld auf einen Schlag verzocken.

Die Zahlungsdienstleister als die armen Hunde darzustellen ist schlichtweg falsch. Fakt ist, dass Online-Casino-Spiele verboten sind. Sich daran zu beteiligen und mitzuwirken ist verboten. Nur weil der Zahlungsdienstleister, laut dem LG, die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme nicht offenkundig erkennen kann, soll dadurch keine Mitwirkung vorliegen. Selbst wenn man die Meinung vertritt, dass keine Mitwirkung vorliegt, dann muss man doch erkennen, dass die Quelle der Online-Glücksspielsucht bei der Einzahlung liegt. Es gäbe niemals so viele Glücksspielsüchtige Spieler, wenn eine Einzahlung nicht so einfach wäre. Und dieser Punkt wird vom LG München nicht annährend berücksichtigt.
Einen letzten Aspekt, den ich aufgreifen würde, ist die vorliegende Kenntnis der Zahlungsdienstleister, dass diese durch ihr Angebot Gelder zu transferieren, gegen geltendes deutsches Recht verstoßen. Es kann mir niemand erzählen, dass eine Mitwirkung wie vorher bereits besprochen, bei nachfolgender Betrachtung der Zahlung nicht vorliegt. Ob diese es im Vorhinein zu überprüfen haben steht auf einem anderen Blatt.
Wie soll sonst das Geld vom Spieler zum Casino kommen?

Noch dazu kommt der große Anteil der Glücksspiele am Geschäftsfeld der Kreditkartenunternehmen/Zahlungsdienstleister. Milliarden von Euros werden durch diese umgesetzt. Deshalb kann man davon ausgehen, dass die Problematik im Bereich der illegalen Glücksspiele nicht unbemerkt blieb. Ohne deren Mitwirken wäre Online-Glücksspiel gar nicht möglich. Diese Zuwiderhandlung steht eindeutig den Zielen des GlüStV entgegen. Grundlegen zu sagen, dass der Zahlungsdienstleister diese Problematik nicht beachten müsse, weil die Rechtslage zu kompliziert ist, wäre fatal und würde den Verbraucherschutz, sowie den Schutz vor GS-Sucht im Kern verletzen. Denn die Quelle für diese Zuwiderhandlung ist das Mitwirken an den Zahlungen und die Ermöglichung von extrem spielsuchtfördernden Glücksspielen.
Das Argument der Zahlungsdienstleister, dass diese von dem illegalen Glücksspielangebot des Vertragsunternehmen nichts wussten, ist einfach nur lächerlich.
Bevor der Zahlungsdienstleister einen Vertrag mit dem Vertragsunternehmen, hier dem Online-Casino, schließt, unterzieht im Normalfall der Zahlungsdienstleister diesen einer gründlichen Recherche. Dabei kann es schon nicht sein, die Illegalität der angebotenen Glücksspiele zu übersehen. Der Mangel aus dem Valutaverhältnis ist auch leicht beweisbar: Die Tatsache, dass es sich um einen in Deutschland nicht genehmigten Glücksspielanbieter handelt, lässt sich durch einfache Recherche im Internet oder durch einen Blick in die o. g. „White List“ aufzeigen.

Die genannten Argumente des LG München sind nachvollziehbar, wurden aber meines Erachtens nicht ganz zu Ende gedacht und so hingelegt, wie man sie gerade braucht. Deshalb ist es beruhigend zu wissen, dass sich das Urteil nur auf diesen Einzelfall bezieht. Das auch anders entschieden werden kann zeigt uns das Urteil des AG Leverkusen und AG München.

Letztlich muss ich unbedingt anmerken, dass es sich hierbei um Zahlungen mit Kreditkarte handelt. Somit ist der Sachverhalt nicht auf die Zahlung per PayPal zu übertragen. Bei PayPal gelten meiner Meinung die Voraussetzungen, welche wir in den vorherigen Videos besprochen haben.

_________________________________________________________

Was ist eure Meinung dazu? Seht ihr manche Dinge anders?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen :)

LG Tobi
« Letzte Änderung: 01 Mai 2019, 17:56:38 von Tobi1893 »

 

Wir danken dem AOK Bundesverband für die Finanzierung des technischen Updates dieses Forums