Guten Morgen und herzlich willkommen!
Du hifst ihm am Meisten, indem Du Dir selbst hilfst. Fangen wir einmal oben an. Was ich Dir nun schreibe, das sind keine Vorwürfe!
Die würden Dir nicht weiter helfen. Was ich Dir schreibe, das sind Denkansätze und Du entscheidest, was Du Dir daraus nimmst und was Du daraus machst.
Nach ein paar Monaten begann es, dass ich öfter zu ihm gefahren bin, weil ihm das Geld nicht reichte.
In einer normalen Beziehung ist das sehr löblich von Dir. Doch da Du nun von seiner Problematik weisst, wozu dienen ihm Deine Fahrten?
Richtig, er braucht das Spritgeld nicht selbst auslegen, sondern kann es verspielen. Damit unterstützt Du bereits seine Sucht!
Nun, es gibt Schlimmeres ... indem Du ihm Geld leihst oder schenkst. Doch mit den Fahrten fängt es an ...
Es funktioniert ja. Wieso sollte er etwas verändern? Wenn er Dich vermisst, wirst Du schon bald angefahren kommen.
Was macht dieser Gedanke nun mit Dir? Ist das die Hilfe, die Du ihm bieten möchtest? Gerade, wenn Du an Deine eigene Vergangenheit mit Deinem Vater denkst?
Als Grund dafür nannte er vor allem das er seine Eltern finanziell unterstützen muss, da diese ein Restaurant besitzen und aufgrund von Corona natürlich weniger Einnahmen haben. Zudem Reparaturen an seinem Auto. Anfangs habe ich ihm das auch geglaubt.
Du weisst nun, dass er Dich belogen hat. Hat er dabei mit den Wimpern gezuckt oder hat er dabei die Farbe gewechselt?
Was macht das nun mit Dir? Was fühlst Du dabei? Machst Du Dir Vorwürfe, weil Du es ihm anfangs geglaubt hast?
Das Verheimlichen und Lügen gehört zum Prozess der Erkrankung hinzu. Sie sind ein Symptom. Du hast ja erlebt, wie schambesetzt das Thema bei Deinem Freund ist. Hier finde ich es übrigens gut, dass Du hartnäckig geblieben bist und auch, dass er dann mit der Wahrheit heraus gekommen ist.
Er war dann angepisst ... Darauf hat er mich angeschrien ...
Scham und Schuld. Er weiss sehr wohl, was richtig ist und was nicht. Ist es aber fair Dir gegenüber, wenn er seine Agressionen, die eigentlich ihm selbst gelten, an Dir auslässt? Wie hast Du Dich dabei gefühlt so behandelt zu werden?
Ich war in der Situation ziemlich überrumpelt und habe angepisst reagiert.
Das gilt auch für Dich! Natürlich darfst Du überrumpelt sein - enttäuscht - Du hattest gehofft, dass er für Dich spielfrei bleibt - nicht wahr?
Fühlt es sich nach einer Vertrauensverletzung an?
Agressionen helfen nicht weiter ... Euch beiden nicht. Wenn die Emotionen hoch kochen, dann geht beide kurz aus der Situation und dann redet weiter in Ruhe.
haben dann zwei Tage nicht gesprochen, dann bin ich jedoch zu ihm gefahren zum Reden.
Sehr gut ... Du bist hartnäckig und willst über das Reden, was Dich bewegt! Daher schreibst Du ja auch hier. Du scheust Dich auch nicht vor einer Konfrontation mit Deinem Freund.
Das einzige was bei dem Gespräch raus kam war, das er zu mir gesagt hat ich würde das alles nicht verstehen
Oh je ... Abwehrmechanismen ... Ich denke mir, dass Du gerade diejenige bist, die ihn und die Situation weit besser versteht, als er selbst.
In gewisser Weise hat er aber auch Recht, denn Du wirst als gesunder Mensch nie das unbändige Verlangen, die Gedankengänge und die Emotionen beim Glückspiel nachvollziehen. Wenn Du Dich mit der Thematik befasst, kannst Du nahe dran kommen, es aber nie erreichen. Das musst Du aber auch nicht, denn es genügt vollkommen, wenn Du Deine eigenen Gedanken und Gefühle verstehst und sie auch auszudrücken weisst.
Das Problem ist, dass er sein eigenes Verhalten nicht versteht. Er hat ja Dir und vor Allem sich selbst bewiesen, dass er durchaus abstinent leben kann. Zwei Monate sind eine Leistung, dessen Würdigung er von Dir einfordert. Dabei vergisst er aber, dass er das Problem hat und nicht Du.
Und er hat sich die Abstinenz auch nicht erarbeitet, sondern lediglich seinen Willen genutzt. Er hat schlichtweg einfach nur "nicht gespielt".
Das mit dem Willen ist nämlich so eine Sache. Der Wille ist immer von der Situation und den Gefühlen im Jetzt beeinflusst. Damit kann er aber mal in die eine und dann in die andere Richtung ausschlagen. Es ist gut, dass er ihn besitzt, doch er reicht alleine nicht aus.
ich würde das alles nicht verstehen, er kann einfach nicht mehr aufhören und ich solle doch statt einen Streit anzuzetteln und angepisst auf ihn sein lieber versuchen ihm zu helfen.
Du hilfst ihm sehr wohl schon. Er weiss es nur noch nicht. Indem er Dir vorwirft, dass Du ihn nicht verstehen kannst, gibt er zu, dass er sich nicht versteht. Ja wie kann er denn auch, wenn er nichts verändert?
Es ist nämlich vollkommen normal, dass wir Spieler uns nicht verstehen. Wir kompensieren damit etwas, was wir selbst nicht kennen.
Also gilt es herauszufinden, was dies ist. Es ist unsere Aufgabe, nicht die der Angehörigen! Dabei ist der Weg das Ziel.
Gerne habe ich mich selbst damals in eine Sonderrolle gepackt. Ich war die berüchtigte Ausnahme und daher war es doch klar, dass mich niemand versteht. Aber doch. da draussen gibt es Leute, die das tun. Wenn ich den Genesungsweg beschreite, dann wird mir das mehr und mehr bewusst.
Jeder ist ein Individuum, doch unsere Gedankengänge und Gefühle ähneln sich gewaltig. und so erkenne ich auf meinem Weg, dass ich hier und da kleine Fehldeutungen gemacht habe, die ich nun korrigieren kann, wenn es denn für mich passt.
Arbeit an sich selbst hört sich ein wenig nach Druck und Anstrengung an. Vergleichen wir es doch mal mit der Arbeit im Garten.
Da muss dort nur Unkraut gezupft werden, ein Baum beschnitten. Da ist dann der Teich auszuheben, was sicherlich anstrengend und langwierig wird. Und wenn die Brombeersträucher entfernt werden, wird es auch die ein oder andere Verletzung geben.
Doch jeden Tag sehe ich, dass der Garten ein wenig mehr seinem Endzustand entsprechend meiner eigenen Planung näher kommt.
Unkraut wächst wieder nach, also braucht der Garten auch künftig Pflege. Nur der Aufwand geht gegen 0, wenn ich täglich dran bleibe.
er ist aber der Meinung er bekommt das selbst hin...
Frage ihn doch mal, wie er das hinbekommen möchte. Ganz konkret! Wie sieht der Plan aus?
Aber auch: Wieso ist Deine Scham so groß, dass Du Dich mit dieser Behauptung meinst schützen zu müssen?
Eine Glückspielsucht ist eine anerkannte Krankheit, die wir mit Hilfe gut zum Stillstand bringen können.
Frage ihn nach seinen Zielen. Kann er sie mit dem Glückspiel erreichen? Ist es das Glückspiel wert sie aufzugeben?
Eines seiner Ziele bist ja definitiv Du. Ist ihm bewusst, dass er Dich aufgibt - er Dich verlieren wird, wenn er sich nicht helfen lässt?
Darauf läuft es nämlich heraus. Durch Deine eigenen Erfahrungen in der Familie wirst Du sein Spielen nicht mehr allzu lange tolerieren wollen, um Dich selbst vor Verletzungen zu schützen. Das ist vollkommen legitim! Du darfst solch eine Entscheidung treffen!