Glücksspielsucht > Tagebuch
Das Spiel und Glück
Jojan:
Hallo an alle Betroffenen und helfenden Seelen hier im Forum. Ich möchte mich kurz vorstellen und vielleicht interessiert sich der ein oder andere im Laufe der Zeit für meine Beiträge.
Ich bin 26 Jahre alt und komme aus einem Haus guter Erziehung, ich würde mich als sehr freundlich und hilfsbereit beschreiben. Mein Leben wird seit der Pupertät von sozialen Ängsten begleitet, die ich jedoch bisher gut bestreiten konnte, sodass ich bis heute in einem anspruchsvollen Job arbeiten kann, was ich mir damals niemals vorstellen konnte.
Leider habe ich damals meinen ersten Kontakt mit online Poker gemacht und konnte dort erfolgreich große Gewinne einfahren, welche ich natürlich Monate später auf viel zu hohen Limits verzockt habe. Casinospiele waren zu der Zeit die reinste Abzocke für mich, leider habe ich es dann vor 2 Jahren doch einmal probiert und die Folgen könnt ihr euch sicher vorstellen.
Aktuell bin ich hier gelandet, da ich die plusMinus Reportage über Glücksspiel gesehen habe... Ich habe die letzten Jahre nicht einmal den Mumm gehabt, das Wort Glücksspielsucht zu googlen, geschweige denn an das permanente Aufhören zu denken... Ich habe mir vor einigen Monaten nur gesagt " mach jetzt eine Pause und wenn du wieder flüssig bist, kannst du ja weiterschauen". Gesagt, getan und ich war für ca. 6 Wochen Glücksspielfrei, ich hatte wieder gute Laune, ich habe vernünftig geschlafen, ich bin endlich Mal wieder Kleidung kaufen gegangen und ich habe mich gut gefühlt. In den Casinos die ich bis dahin genutzt habe, habe ich mich sperren lassen. Doch dann kam der Gedanke, dass ich es ja noch einmal bei einer anderen Plattform mit Kleingeld probieren könnte und Zack war ich wieder drin. Das Geld was ich die letzten Jahre mit Dispo,Kredit usw verspielt habe, hätte auch besser investiert werden können.
Nun habe ich aufgrund eines geplanten Chargebacks eine Auflistung der letzten Transaktionen gemacht und ich könnte kotzen, ich brauche garnicht weiter zurück zurechnen, da ich mir die Summe vorstellen kann.
Nun gut, eigentlich bin ich niemand, der Wert auf Luxusgegenstände, Protz und Proll legt, trotzdem faszinierten mich die großen Summen, die ich gewinnen konnte.
Ich bin nun an dem Punkt angekommen, wo ich mich das erste Mal Frage, warum es eigentlich Glücksspiel heißt? Ist es das Spiel um das eigene Glück? (Freude, guter Schlaf, sich und der Partnerin etwas gönnen, sich auf etwas anderes freuen als auf das Zocken - genau dieses Glück aufs Spiel zu setzen)
Ist es das Spiel um fremdes Glück zu steigern, indem sich der Betreiber die Taschen voll macht?
Ich möchte das ganze jetzt hinter mir lassen, auch wenn viele Meinungen sagen, dass der Chargeback nicht für das Aufhören verantwortlich sein kann, sehe ich dies als große Chance.
Im Prinzip hat mich das Wort "Chargeback" überhaupt hier her geführt und war schoneinmal ein Anstoß zum Aufhören.
Ich habe große Zweifel an mir selber, dass dieser gelingen wird. Verstärkt durch meine sozialen Ängste, hat es mich ungeheure Kraft gekostet eben mit der Bankberaterin zu sprechen. Ich weiß allerdings, dass die Konfrontationstherapie die erfolgreichste ist und diese hat mich bis heute weit gebracht.
Ich sollte also positiv vermerken, dass ich mich dieser Situation gestellt habe. Der ein oder andere wird vielleicht denken :Ja klar, der Junge will ja auch sein Geld zurück haben, dann ist es ja nicht schwer sich der Situation zu stellen. Andere die eventuell auch unter Ängsten leiden, können mich sicher verstehen.
Die Bankberaterin hat das Büro verlassen und durch die Milchgläser konnte ich sehen wie immer mehr Kollegen einen Gesprächskreis bildeten und über mich redeten. Vermutlich kam da auch eine Bemerkung wie " Ahja verzockt sein Geld und will das jetzt so zurück holen!" Ich habe mich wirklich wie ein Junky gefühlt. Bin ich das auch? Oder habe ich bereits den Absprung geschafft?Das wird die Zukunft zeigen.
Ob der Chargeback durchgeht oder nicht, ich werde die Finger vom Spielen lassen. Ich muss mir eine Therapie suchen und mit dem Thema abschließen. Aktuell kotzt es mich an, wenn ich MrGreen-Werbung,Wunderino oder ähnliche Schei*e im Fernsehen sehe.
Ich weiß gar nicht, warum ich jetzt hier ein Tagebuch eröffne und ob das vielleicht Mist ist, was ich schreibe, aber es fühlt sich gut an. ;D
Jojan:
Oh eigentlich sollte der Titel "Das Spiel UMS Glück heißen" ??? ;D
Olli:
Hi!
Vielen Dank für den Einblick in Deine Gedanken.
Was ich mich sofort fragte ... hast Du Dir schon einmal therapeutische Hilfe wegen Deinen Ängsten gesucht?
Wenn Du Dich wegen der Spielsuchttherapie erkundigst, kannst Du das Thema ja gleich auch noch einmal ansprechen, damit es begleitend behandelt wird.
Natürlich kann ich mir Deine Gedanken und Gefühle bei der Bank sehr gut vorstellen.
Hervor sticht ganz deutlich: "Was denken die von mir?"
Diese Frage zeugt nicht nur von den angesprochenen Ängsten, sondern auch mit dem einhergehenden verminderten Selbstwert.
"Stop it!" - diesen Sketch habe ich parallel eingefügt.
Natürlich spiegelt er nicht ein reales Gespräch mit einem Therapeuten wieder.
Man kann aber sehr wohl sagen, dass dieses "Stoppe es" ein Startschuss ist für Veränderungen.
Du hast es getan und Du wirst noch mehr tun ...
Was wünscht sich ein helfendes Herz denn mehr?
Wie sieht es denn mit Deinem sozialen Umfeld aus? Könntest Du Dir vorstellen dort Hilfe zu erfahren? Gespräche, Geldmanagement und Ähnliches?
Jojan:
Hallo Olli,
Danke für deinen Beitrag!
Ja ich habe damals eine Therapie gemacht als auch eine Klinik für 6 oder 7 Wochen besucht. Das liegt beides weit in der Vergangenheit. Meine Erfahrungen in der Klinik waren damals mit den Therapeuten sehr gut, die mit der wöchentlichen Therapie eher schlecht, da die Therapeutin jede Woche die gleichen Fragen gestellt hat und garnicht mehr wusste, was ich die vorherige Woche erzählt habe... Dementsprechend sind meine Gedanken hin und her gerissen, dass eine Therapie zwecks Ängsten eine Zeitverschwendung wäre.
Du triffst den Nagel auf den Kopf, mangelndes Selbstbewusstsein führt mich durch jeden Tag.
DO IT! Ist ein gutes Motto, wenn man es auf die richtigen Taten bezieht. ;D
Ja meine Familie ist immer für mich da, jedoch ist aktuell die Scharm zu groß, da ich bereits vor einiger Zeit schon Gespräche und ein wenig Geld zur Unterstützung bekommen habe. Es ist mir aktuell noch zu unangenehm zu erläutern, dass ich doch wieder gespielt habe. Mein Vater würde vermutlich soweit es geht alle meine Schulden bezahlen, da ich von 5 Jungs als jüngster immer mein Geld selber verdient und gespart habe, während die Geschwister sich ständig etwas von den Eltern geholt haben. ;D Das kommt für mich allerdings nicht in Frage und ich möchte nicht in die Situation kommen, wo einem das Geld aufgedrängt wird.
Ich werde meinen nächst älteren Bruder in der nächsten Woche bei einem Bier ansprechen, oder vielleicht doch erst nach ein paar mehr Bier ::) ;D
andreasg:
Hallo Jacky,
Herzlich Willkommen.
Soziale Ängste und Strukturelle Mängel sind der Ausfruck einer schweren Persönlichkeitsstörung - bei mir! Ich bin vor 15 Jahren in einer Fachklinik für Menschen mit Borderlinestörungen gewesen, da wurde mir einiges deutlich.
Das Annehmen der Spielsucht, das Eingeständnis ist elementar wichtig für den / die Betroffene. Erst wenn gar nichts mehr geht, dann erfolgt die Kapitulation.
Wenn Du Heute schon soweit bist, um so besser!
Meine Meinung zum Chairgebäck: Erst die Therapie, auch eine erneute, dann therapiebegleitend das Chairgeback angehen.
Aber lies Dich darin ruhig einmal durch und schreibe getrost weiter.
Liebe Grüße
Andreas
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