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Peter Schmidt:
Hi!

Ich bin Patrick. Ich bin 32 Jahre alt und pathologischer Spieler.

Zunächst mal ein danke an alle die ein Forum wie dieses hier ermöglichen, danke euch wirklich.
Ich habe mich vor meiner Anmeldung mal ca. 8 Stunden durch das Forum gelesen.
Es hat mir gleich eine ganze Reihe neuer Blickwinkel ermöglicht. Auf die Sucht, auf mich, es ist der Wahnsinn was ich hier lese, wundern sollte es einen jedoch nicht. Sucht ist zerstörerisch.

Ich versuche mich auf das nötigste zu beschränken denn ich könnte vermutlich ein Buch schreiben.

Ich fing mit 16 an ab und zu an Automaten zu spielen, ich erinnere mich das ich mit Gewinnen von 10 oder mehr Euro zufrieden war. Ich gewann relativ häufig. Ich denke ich hatte einfach Glück, die Automaten zahlten noch etwas besser und ich hörte im Plus auf wenn ich da erstmal war. Ich spielte auch online Roulette, aber selten und ich gewann auch hier öfter. Es kamen die Klassiker der Anfänge wie wohl bei vielen hier.
25 Euro Roulette rein, 800 raus.
50 Euro in den Automaten rein, 2800 raus. Ich dachte okay das kann klappen, aber sei vorsichtig. Ich zahlte Rechnungen ein paar Monate im Voraus.
Ich befasste mich mit der Mathematik hinter Glücksspiel. Mit Stochastik, dem Gesetz der Großen Zahlen, wie man Abweichungen der mathematischen Wahrscheinlichkeit bezeichnet und berechnet. Mit Strategien
wie Martingale usw. Mit Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Ich bildete mir ein den Vorteil der Bank ausgleichen zu können indem ich Abweichungen von der statistischen mathematischen Wahrscheinlichkeit erkannte und ausnutzte. So ein Blödsinn. An einem Automaten, wie lächerlich das schon klingt.

Mir war und ist im Grunde klar die Bank gewinnt langfristig.
Gewinne können eintreten aber sind nur Momentaufnahmen.
Man kann theoretisch zB. in 24h 1000 Plus machen und nie wieder spielen.
Dann hat man die 1000 im Vergleich zum Vortag mehr und kann sie behalten.
Wenn man aber 1 oder mehrere Jahre zurückrechnet ist der 1000er kein Plus. Nix ist Plus. Geld minus und Zeit minus
Man macht sozusagen eine einzige ganz lange Session die alle Spiele des Lebens aneinanderreiht und nach gewisser Zeit frisst die Bank zu viel auf, dann hat man verloren.
Will man langfristig gewinnen muss man die Seite wechseln und Glücksspiel als Bank anbieten so einfach ist das.

Ich spare mir erstmal weitere Details. Es fällt mir schwer es mir einzugestehen aber ich komme mit dem Spielen einfach nicht klar.
Ich stelle mir mal vor mein Körper ist ein Haus und mein Gehirn der Besitzer. Ich habe den Dämon Glücksspiel in mein Haus aufgenommen, ihm essen gegeben. Er ist gewachsen und stark geworden.
Er hängt da mit anderen Dämonen, aber auch mit meinen guten Eigenschaften zusammen rum. Es entwickelt in meinem Haus alles eine Art Dynamik, die guten Eigenschaften und Verhaltensweisen beeinflussen die schlechten und umgekehrt.
Mir gefällt nicht das bei mir im Haus so viele Dämonen wohnen, die machen mir die Einrichtung kaputt, sind laut, belästigen die Bewohner die Miete bezahlen, verärgern die Nachbarn, klauen mein Geld und meine Gesundheit. Sie machen mich zu Jemand anderem.
Sie machen mich zum Lügner, Sie machen mich schwach, ohnmächtig und sie werden mein Haus zerstören wenn ich sie lasse. Sie sind böse und denken nur an sich.

Ich habe nun nach 15 Jahren ungefähr 150 000 Euro verspielt. Ich könnte mir vorstellen es sind noch ein par Euro mehr.
Ich habe mal 1 Jahr alles aufgeschrieben, da war ich bei 17000 minus.

Bei mir war es meist so eine Art on off. Ich hab mal 6 Monate nicht gespielt und dann kaum dran gedacht. Bei größeren Verlusten nahm ich mehr Abstand, bei Gewinnen suchte ich eher Nähe. Denke mehr als 3000 an 1 Tag hab ich nie verspielt.

Ich hatte noch mehr Probleme und Sorgen aber ich verdiente relativ gut und war sparsam. Ich war schon einige male besonders schwach und habe mehr verspielt als ich sollte, es aber immer irgendwie gerade gebogen. Mein Job ermöglichte mir täglich kleinere Bargeldbeträge zu erwirtschaften, wenn ich also alles verzockte hatte ich Geld für essen. Rechnungen zahlte ich eher gebündelt. Wenn ich etwas gewann oder einfach nicht spielte bezahlte ich was ich konnte, Geld war mir eigentlich gar nicht so wichtig.

Überwiegend bezahlte ich eigentlich alles und verspielte den Rest.

Ich denke ich war nie ganz ganz unten. Hatte ein Zuhause.
Klar hatte ich auch mal hunger oder hab 3 Tage nur Hafer gegessen, war für mich aber nicht so schlimm.

Fakt ist ich bin spielsüchtig. Ich merke beim spielen ich bin auch nur ein Mensch, kein Computer. Meine Emotionen werfen mich aus der Bahn, ich kann nicht eiskalt spielen. Ich kann nicht damit umgehen. Ich mache aus 300 zB. 1000, aber nehme sie nicht immer mit raus. Es ist schon dumm spielen zu gehen, da fängt es ja schon an.

Ich möchte spielfrei sein, Zeit und Geld anders nutzen. In mein Glück investieren, in Freude oder um zu helfen.

Ich denke nicht, dass  ich ganz verloren bin. Aber mein Weg könnte eine Klippe hinunter führen, das kann und darf ich nicht riskieren.

Ich habe Anfang des Jahres 1x Glück gehabt und ein paar 1000 gewonnen. Ich hatte eine ungewöhnlich große Glückssträhne. Ich nutzte den Moment, nahm das Geld, brachte es zu einer vertrauenswürdigen Person und erzählte ihr wo es herkam.
Ich hielt mich zurück aber sagte ich habe ein Problem mit dem spielen. Ich sagte das Geld wäre sonst wieder weg also hebe es bitte für mich auf. Ich sagte gib mir kein Bargeld egal was ich erzähle, wenn wird das Geld überwiesen und der Empfänger wird vorher geprüft.

Ich denke 1500 habe ich seitdem von neuem Geld wieder verspielt. Man tendiert in solchen Momenten immer dazu es zu verharmlosen also sagen wir 2000.(Spitze 1x 590 an 1 Abend)

Ich hab einfach keine Lust mehr. Ich bin müde, ich habe es satt, ich muss verstehen das es sinnlos ist.
Ich merke mein Verstand möchte mich austricksen.
Ich dachte immer meine Intelligenz könnte mir helfen meine Feinde(unter anderem Glücksspiel) zu bezwingen. Ich fürchte der Haken ist das sie genauso schlau sind wie ich, denn ich habe sie aus meinem Fleisch und Blut erschaffen.

Das letzte mal gespielt habe ich am Freitag. Minus 150. Hat mir keinen Spaß gemacht. Ich hätte lieber die 150 Euro. Ist aber halt nix im Vergleich zu dem was schon drauf gegangen ist.

Bin wie ein Dummkopf 3x wegen nem 50er zur Tanke gelaufen. Beim 3. Fuffi war ich dann bei 120 aber dachte ich komme ins Plus oder beende mit minus 150 den Tag. Hatte und habe noch Geld hier aber ich wollte einfach aufhören. Es ist mir schon ab und zu mal passiert das ich mit Betrag x losgegangen bin und nach der Hälfte einfach wieder gegangen bin ohne alles zu verdrücken. Ich hatte keine Lust mehr. Ich war bereits geschlagen.
Ich denke jeder Cent den ich verspiele ist Mist. Aber gefühlt nährt sich meine Sucht von längeren Sessions und höheren Einsätzen. Wenn ich nen 50er hab ist mir das im Grunde zu wenig um anzufangen. Ich bin bestimmt auch die letzten Jahre nicht mit nem 20er oder so spielen gegangen. In einem OC bei 100% Bonus hab ich öfter mal 50 probiert aber sonst nicht. Da hab ich dann auch mal bei 300 ausgezahlt. Aber ich hab durchaus auch mal 3 Wochen nicht gespielt, hatte 1500 in Bar zuhause. Rein in die Spielbank. 2 Stunden später alles weg. Ich bin da aber auch irgendwie sonderbar gepolt ich verstehe mein Handeln da noch nicht so richtig. Ich bin auch schon mit 500 rein, mit 1500 raus und dann 4 Wochen nicht mehr spielen gegangen.

Es macht mich einfach kaputt. Ich möchte mich einfach mit schöneren Dingen beschäftigen und nicht für Automatenhersteller oder wen auch immer arbeiten gehen. Ich möchte das für mich tun. Glücksspiel macht Menschen kaputt und ich trage dazu bei. Mit meinem Geld und meiner Teilnahme an solchen spielen.

Das soll hier nicht völlig ausufern also:
Abschließend ist Glücksspiel wohl eines meiner größten Probleme das mich zerstören oder wenigstens unglücklich machen wird. Das reicht um es sein zu lassen.  Es ist wie eine Gewitterwolke selbst bei schönstem Wetter.

Ich möchte sozusagen den Spieler, den ich wohl immer in mir haben werde, kennenlernen und verstehen wie er funktioniert. Warum er mich zum spielen bewegen will und wie ich ihm seine Macht über mich entreißen kann. Ich sehe ihn nicht als Feind, mehr als Begleiter. . Er wird da sein, ich muss einfach richtig mit ihm umgehen. Das geht wohl nur indem er nie wieder die Möglichkeit bekommt zu spielen.

Ich denke hiermit habe ich erstmal einen ganz guten Anfang gemacht. Man weiß ein bisschen was über mich. Ich spiele nicht und nutze die Zeit um mehr über meine antrainierten Verhaltensweisen zu lernen und wie ich neue, bessere Strategien gegen mein Unglück entwickle.

Ich bin also im 3. Tag und wünsche allen hier gute 24h.

Olli:
Hi Patrick!

Herzlich willkommen!

Tja ... Du hast eine schöne Art zu schreiben. Und Du drückst aus, was ich auch selber alles erlebt habe noch vor der Zeit von Multigamer und Online-Casinos.

Was ich noch nicht sehe, das ist ein handfester Plan, wie Du den Teufel in den Keller verbannen kannst.

Bei 8 Stunden Lesen im Forum sollten doch ein paar Möglichkeiten dabei gewesen sein? :)

Bei 16 Jahren Suchtausübung bedarf es Initialtive, um Denkstrukturen und Verhaltensmuster abzulegen, die bisher immer zum Spielen führten.

Peter Schmidt:
Hi und danke für deine Antwort.
 
Zunächst habe ich mich von meinem Gehalt abgeschnitten. Ich habe mit meiner Mutter darüber geredet und sie gebeten das Geld für mich auf ihr Konto zu überweisen(Damit ich zB. nicht einfach mit meinem Ausweis bei der Bank Geld abhole). Ich habe keine Möglichkeit bei ihr an Bargeld zu kommen. Ich hab keine Bankkarte und keine Onlinedaten. Ich habe einen Zweitjob, diesen Betrag bekomme ich wöchentlich in bar und gebe ihn ebenfalls ab(Minus meiner Ausgaben die ich vorrechne und wenn möglich mit Quittungen belege). Da sehe ich schon eine erste Gefahr.

Dann arbeite ich tatsächlich beruflich mit Bargeld. Wir reden von 3000 bis 5000 die ich jeden Abend ordnungsgemäß abrechnen muss. Bisher habe ich dieses Geld ausnahmslos auf den Cent genau abgerechnet. Ich habe es auch schon über Wochen nach der Arbeit bei der Bank eingezahlt und es hat alles gepasst. Ich kam nie auf die Idee etwas zu veruntreuen oä. Trotzdem ist das ein weiterer Risikofaktor. Ich denke am klügsten ist mir durch Strukturen garnicht erst die Möglichkeit einzuräumen zu spielen. Wie das in dem Fall konkret aussehen soll weiß ich ehrlich gesagt nicht. Da ich da ausnahmslos stabil war hab ich das auf die leichte Schulter genommen. Nicht gut. Klar da war ich immer stark aber darauf kommt es nicht an wenn ich am falschen Tag zu schwach bin ist es aus.

Ich habe bei der örtlichen Suchtberatung für Spieler angerufen. Leider ist das treffen an einem Tag den ich wenn überhaupt nur sporadisch frei bekomme. Aber mir dämmert wie das ganze funktioniert, passt dem Suchti in mir bestimmt gut. Wird sicher eine Alternative geben.

Genauso wie der Suchti in mir die 250 Euro die hier rumliegen da deponiert hat. Nachdem ich mich in letzter Zeit öfter mit Sucht beschäftigt habe wird alles ein bisschen klarer. Warum hab ich das Geld hier.....Ich brauche es hier nicht. Bestimmt kein Zufall.

Meine vorläufigen Pläne sind

A:
Mir die Möglichkeiten nehmen an Geld zu kommen(sagen wir 30 Euro und aufwärts) Ich erinnere mich nicht an eine Situation in den letzten 10 jahren in der ich mal nur 20 Euro gehabt und verspielt hab.
Die letzten 20 von 500 Ja! Wenn ich aber nur 20 hatte nicht.
B:
Mich mit Betroffen auszutauschen und
C:
Meine ehemaligen Hobbys zu reaktivieren.
Heißt in meinem Fall wieder mehr Sport zu treiben. Das tue ich bereits und mein Drang zu spielen hat zumindest nachgelassen. Sowohl von der Häufigkeit als auch von der Summe habe ich für meine Verhältnisse wenig gespielt. In diesem Jahr hab ich geschätzt 12x gespielt.

Ich sehe zu das ich vorläufig die 24h täglich packe und mich selbst genau dabei beobachte. Was löst den Drang zum spielen aus usw.

Ich bin ja noch ganz am Anfang aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Der ist bei mir sehr wackelig aber zumindest die Richtung ist die richtige. Einen tollen Tag noch an alle 😁

Peter Schmidt:
Ich packe gleich mal alle Karten auf den Tisch. Ich rauche bis 1 Schachtel am Tag und 0.5 bis 1g Marihuana. Ich gehe von einem Zusammenhang aller Süchte aus und mag eigentlich alles loswerden aber irgendwo muss man ja anfangen.

Olli:
Hi Patrick!

Viele Spieler sind polytox ...

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