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Für immer SHG oder besser ganz abschalten?

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Wolke

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #150 am: 14 August 2020, 02:28:42 »
Hallo zusammen,

mal eine Frage an alle,die schon etliche Jahre in eine SHG gehen und auch schon ewig spielfrei sind: Hat man dann in der SHG immer noch soviele Themen,Ängste und Sorgen rund ums Spielen,die man wöchentlich besprechen muss?
Ich möchte irgendwann für mich damit abschließen. Es ist und bleibt ein Teil meines Lebens und ich muss immer aufpassen,aber ich möchte nicht mehr soviel Energie darauf verwenden.Noch ist es sehr dominant bei mir,aber das Spielen soll mehr und mehr in den Hintergrund treten.
Ich möchte mich nicht täglich damit vom Kopf her beschäftigen müssen.

Therapie ist bald zu Ende ,Gruppe sowieso schon länger und ich habe das Bedürfnis,alles damit zum Abschluss zu bringen.

LG Wolke

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Offline Olli

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #151 am: 14 August 2020, 07:19:55 »
Guten Morgen!

Zitat
Hat man dann in der SHG immer noch soviele Themen,Ängste und Sorgen rund ums Spielen,die man wöchentlich besprechen muss?

Puh ... ich glaube, wenn jemand so kanalisiert fragt, dann sollte es ratsam sein, die SHG weiter aufzusuchen.

Wieso gehe ich denn eigentlich in eine SHG oder suche mir einen Therapeuten? Doch eigentlich nur, wenn ich mich selbst nicht verstehe und dazulernen möchte.
Dann kann ich meine Selbstwirksamkeit entfalten. Selbstwirksamkeit ist die Kompetenz aus gemachten Erfahrungen eigene Entscheidungen erfolgreich selbst auszuführen und selbst etwas bewirken zu können.

Diese Kompetenz erhalte ich in der Gruppe über die Erfahrungen der Anderen, der Therapeut leitet und begleitet mich dabei.

Dabei verschiebt sich der Fokus inhaltlich weg vom Spielen als Ersatzhandlung zu den eigentlichen Auslösern. Das Spielen ist zwar hier und da immer noch gedanklich und emotional präsent, ihm wird aber die Kraft genommen. Wenn ich wiederholt einen Krampf im Fuß habe und daraus folgere, dass mir Calcium fehlt, dann führe ich meinem Körper Calcium zu.
Es bringt mir nichts mehr über die Schmerzen nachzudenken und wie ich den Fuß strecken muss, damit sich der Krampf löst. Es bringt nichts um mein Schicksal zu hadern oder mich ihm zu ergeben - auf den nächsten Krampf zu warten oder sogar zu hoffen, nur um mich selbst spüren zu können.

Wenn heute solch ein Krampf kommt, dann weiss ich, was zu tun ist. Dies ist dann auch nachhaltig. Dafür brauche ich die Gruppe nicht mehr. Aber vielleicht braucht die Gruppe ja mich?

Zudem denke ich, dass wir als psychologische Laien uns selbst und die Gruppenmitglieder nie ganz verstehen können. Da wird viel zu viel, bewusst und unbewusst, verschleiert und maskiert. Dies aber wiederum aufzulösen, finde ich selbst äußerst interessant. Da reicht auch der blosse Versuch - wie ich immer sage: Der Weg ist das Ziel!

Wer länger spielfrei ist, der teilt auch die Sorgen und Ängste neben dem Spielen in der Gruppe. Dieser Bereich ist weit wichtiger, denn er wird als "Leben" beschrieben.

Letztes Jahr wurde ich von einem Bekannten gefragt, ob ich ich ihm Grundrisse seines Objektes anfertigen könnte. Als es ums Bezahlen ging, wollte er nur die Hälfte bezahlen.
Der bekannte Pfennigfuchser hat mich sogar belogen und nicht gemerkt, dass er sich dabei selbst wiedersprochen hat.
Im Telefonat wurde ich fuchsteufelswild und habe letztlich erst einmal einfach aufgelegt.
Dofort kamen Gedanken auf: Dem zeige ich es ... das wird der bereuen ... der kommt nicht ungestraft davon. "Das große Grübeln" beherrschte mich die ganze Zeit.
Also habe ich mit jemandem gesprochen. Diese Person erdete mich erst einmal wieder, obwohl es mir anfänglich gar nicht gefiel geerdet zu werden.
Im Groben war die Argumentation, dass es im Krieg immer auf beiden Seiten Opfer geben wird.
Dies hat mich veranlasst die Sache von einer anderen Seite zu betrachten - ich habe mich betrachtet.
Wieso war ich so aufgebracht? Wieso war ich so wütend und vor allen Dingen verletzt? Welche Erwartungshaltung hatte ich und welche hatte ich von dem Bekannten.
Also schrieb ich ihm eine Mail, in der ich ihm mitteilte, dass er mich verletzt hatte mit seinem "Angebot". Ich sprach von den Voraussetzungen des Aufmaßes, die er mir vorgegeben hatte, und meinen Bemühungen alles zu seiner Zufriedenheit zu erledigen etc. Natürlich rechnete ich ihm seine fehlerhaften Berechnungen noch einmal vor.
Im Grundsatz bin ich aber "bei mir" geblieben und siehe da ... er hat ohne Kompromisse eingelenkt. Ende gut - alles gut ...

Früher wäre ich nie auf die Idee gekommen, bei einem solchen Problem mit jemandem zu sprechen. Ich wäre im Grübeln hängen geblieben.
Niemals wäre mir der Gedanke gekommen, meine Gefühle in der Situation oder sogar meine offene Agressivität zu beleuchten und zu hinterfragen.

Gut, dass ich "meine Gruppe" habe, bei der ich meine Ängste und Sorgen teilen darf.

Nicht etwa möchte ich den Eindruck erwecken mich jetzt vollständig verstanden zu haben. Eher fühle ich mich wie Columbus, der den ersten Indianer entdeckt hat. :)
Es gibt noch viel zu tun ... packen wir es an ... :)
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #152 am: 14 August 2020, 09:02:39 »
@Wolke

Du willst abschließen? Das Problem wird immer ein Teil deines Lebens sein und damit abzuschließen geht nicht - nur damit lernen zu leben!

Die SHG ist eine gute Anlaufstelle um sich mit gleichgesinnten, die am Selben Problem leiden, auszutauschen - egal wie lange man dabei ist.

Auch ich bin nun 1,5 Jahre dabei und für mich ist es jedes Mal immer wieder eine Abwechslung und es kommen immer neue Personen dazu die von den Erfahrungen der "älteren" profitieren können. Ich sehe die SHG nicht als Last sondern als Gewinn für mich und alle anderen an.
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Wolke

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #153 am: 14 August 2020, 11:02:23 »
Hallo zusammen,

abschließen ist nicht das richtige Wort.....ich möchte in Zukunft nur sehr wenige Gedanken an die Spielsucht haben,momentan drehen sich meine Gedanken immer noch täglich darum.

Natürlich weiß ich auch,dass sich andere Probleme und Sorgen auch auf den Spieldruck auswirken und man da immer aufpassen muss.
Aber über solche anderen Probleme,die zwar Suchtdruck auslösen,aber mit dem Spielen an sich nichts zu tun haben,kann ich doch auch mit dem Partner,den Freunden und der Familie sprechen. Sie wissen zwar nicht,wie sich das auf meine Sucht auswirkt,aber sie können ja trotzdem bei dem eigentlichen Problem helfen.

LG Wolke

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Offline Olli

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #154 am: 14 August 2020, 12:15:31 »
Hi Wolke!

Ich möchte gerne verstehen und stelle daher folgende Frage:

Wieso möchtest Du spielfrei sein?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
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Wolke

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #155 am: 14 August 2020, 13:00:30 »
Hallo Olaf,

ich möchte spielfrei sein/bleiben,weil ich wieder normal schlafen möchte,nicht mehr Dinge verheimlichen oder lügen will,ich mal Geld haben möchte ,um spontan was schönes zu machen: von nem Kaffeetrinken über eine Bootsfahrt machen oder eine Schallplatte kaufen

Ich möchte aber vor allem spielfrei sein,um mich selbst und meine Gefühle wieder zu spüren. Ich möchte mich nicht damit betäuben,um das Gefühl der Trauer,des Verlustes zu unterdrücken.

Ich wußte vor ein paar Jahren nicht,wie ich damit umgehen soll,nur das Spielen hat geholfen. Mittlerweile habe ich durch professionelle Hilfe gelernt,wie ich das fühle und damit leben kann. Es ist schwer und noch arbeite ich mit dem Therapeuten da dran,aber ich brauche die Spielsucht dafür nicht mehr. Trotzdem taucht diese Sucht immer wieder in Gedanken ,in Bildern auf und bietet sich zum Abschalten an. Und der Gedanke daran löst manchmal Freude aus und es ist eine Versuchung.

Ich möchte mein Leben selber lenken und mich nicht von der Sucht lenken lassen. Das ist mein Leben!! Und diese Sucht und Spielgedanken möchte ich nicht mehr. Sie sind nicht mehr 24 h am Tag da,aber sie sind immer noch dominant und präsent. Und damit will ich “abschließen“ oder die Gedanken einschließlich.

LG Wolke


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Offline Olli

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #156 am: 14 August 2020, 13:42:07 »
Hi Wolke!

Und jetzt formuliere alle Sätze, die ein "nicht" beinhalten mal in positive Ziele um.

Also z.B. anstatt: "Ich will nicht mehr lügen" einfach formulieren: "Ich möchte aufrichtig zu mir und meinem Umfeld sein!"

Bei Dir, so mein Eindruck, überwiegen die negativen Aspekte. Wenn ich sie aber auch positiv formulieren, habe ich grundlegend positive Ziele.
Dadurch wiederum nehme ich den negativen Dingen ihre Macht.
Zudem gibt es Dinge, die ich nicht (direkt) beeinflussen kann. Als Beispiel seien hier die Träume und die schlaflosen Nächte genannt.
Wenn ich sie als Begleiterscheinung meiner Sucht akzeptiere, verliere ich mit der Zeit die negative Sicht darauf. Die Träume sind da - ja ... sie sind schon nervig - ja ...
Doch was soll´s? dann sind sie eben da und gehen auch wieder weg. Sie werden ja auch in Zukunft immer weniger werden.

Auf diese Art und Weise manipuliere ich mich selbst - schaffe mir meine innere Realität, mit der ich umgehen und zufrieden sein kann.

Es kommt mir immer vor, als wäre für Dich die Sucht eine Hinterlassenschaft einer vorbeifliegenden Möwe auf Deiner Schulter bei einem Strandspaziergang.
Das Zeug muss runter - es ist ekelig - es stinkt und es zerstört die Kleidung.

Deine Sucht ist nun mal ein Bestandteil von Dir, die Dich auch geformt hat zu der Person, die Du heute bist.
Klar hat sie negativen Einfluss auf Dich gehabt. Doch was ist mit den positiven Einflüssen durch die Genesung?

Zitat
Ich möchte aber vor allem spielfrei sein,um mich selbst und meine Gefühle wieder zu spüren.

Das ist doch mal ein wunderschönes Ziel!
Im Kontext aber drängt sich mir wieder eine Frage auf: Kannst Du Dir all das Negative selbst verzeihen?
Gute 24 h
Olaf


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Offline NW

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #157 am: 14 August 2020, 14:31:04 »
Möchte ungerne wieder widersprechen, aber ich kann dich voll und ganz verstehen und ich finde dass ist auch der richtige Weg wenn man mit seiner sucht irgendwann mal abschließen will und sie nicht sein Leben lang in alle noch kommenden Lebensabschnitte weiterhin mitschleppen will wenn man auch sein Leben lang nicht mehr spielen kann. Meiner Erfahrung nach will man das irgendwann einfach auch garnicht mehr und dann spielt es doch garkeine Rolle mehr.

Ich wollte die tage hier was schreiben, habe es aber dann doch nicht um keine unruhe rein zubringen aber jetzt wo du das von dir aus schreibst, schreibe ich es doch.

Habe seit Monaten nicht mehr hier reingeschaut, war zum sport, hab meine umschulung verfolgt, Haus gekauft dies und das und ans Spielen nicht mehr gedacht. Jetzt im Urlaub zeit gehabt und hier wieder geschrieben und 2-3 tage später irgendwann letzte Woche hatte ich geträumt ich hätte am Automat ne Serie gehabt und es kam ein Schein nach dem anderen raus..  ???

Also ohne irgendwelche gelüste zu zocken, die habe ich jetzt definitiv nicht uns wäre mir mit dem Haus viel zu gefährlich und es triggert mich auch null so jetzt. Umschulung ist im Februar um und dann verdiene ich eh wieder genug und bis dahin habe ich finanziell alles so gelegt dass es keinen wirklichen Notstand geben wird bis dahin..
Einfach nur durch die Auseinandersetzung damit und das ist ja auch völlig normal. Verbringe ich ne Woche am Meer träumt man vom Strand oder hat nen Alptraum in dem man von nem Hai angegriffen wird  ;D :o

Verbringe ich einen Tag mit Freunden beim grillen, träume ich vermutlich auch davon oder von den Leuten oder dem diskutierten.

Verbringe ich meinen Tag mit zocken, hatte ich oft Alpträume mit bunten drehenden Lichtern in denen ich meine miete Verzockt habe (obwohl ich das nie hatte ) und bin schweißgebadet aufgewacht.
Habe ich weiteren Abstand,  träume ich vielleicht so wie ich letzte Woche davon nen großen Gewinn zu haben.
Da braucht man nicht groß drüber nachdenken ob der Traum unterbewusst aussagt das man noch spielen will und sich dann tagsüber noch darüber verrückt machen was dann wieder zu solchen träumen führt, man verarbeitet nachts einfach das am tag erlebte und vermutlich werden viele nicht süchtige die nie gezockt haben wenn sie einen tag in der spielo nur zuschauen, nachts das gleiche träumen.


Für mich wäre es auf jd fall auch keine Option mein ganzes Leben weiter diesen schlimmen Jahren und dieser ekelhaften sucht meine zeit zu schenken nur das ich selbst nicht mehr zocke...
Für mich ist es dieser Mist, wenn man denn wirklich gefestigt ist, gelernt hat wie man selbst damit umgehen muss, gelernt hat wie man selbst diesbezüglich tickt und gelernt hat sich sowieso öfter mal zu hinterfragen was viel zu wenig Menschen machen, es nicht wert mein restliches leben mich damit zu beschäftigen.

Ich weiß nicht wie alt du bist und was deine weiteren wünsche fürs Leben sind.
Liest sich für mich so raus als wärst du Single. . Vielleicht möchtest du ne normale Beziehung führen, vielleicht auch noch ein kind bekommen, Urlaub verbringen, Motorrad Führerschein machen, nen nähkurs besuchen oder weiß der Geier was und das vollkommen frei im Kopf ohne ans zocken und schlechte Zeiten zu denken. Ohne dich zu fragen ob du dir verzeihst, warum solltest du das nicht, diese Automaten und onlinespiele sind eig betrug und gehören verboten. Die Spiele sind so aufgebaut dass psychologisch bei jd mensch irgendwann das selbe passiert. Du wirst von Anfang an in eine Falle gelockt und ausgenommen was dann, ebenfalls bei jedem nur in unterschiedlichen Abstufungen dazu führt das man zu Sachen fähig ist die man aber ohne die sucht niemals gemacht hätte und die man sich somit selbstverständlich verzeihen kann und verzeihen muss und sich das meiner Meinung nach nicht jahre später noch fragen muss.

Das ist meine ehrliche Meinung dazu und ich will niemanden zu nahe treten. Ich akzeptiere auch jeden der sagt ,, ich möchte mich lieber mein leben lang weiter mit dem spielen beschäftigen weil ich es mir sonst nicht zutraue" , ,, weil ich sonst nix anderes für mich gefunden habe " , oder ,, weil mich nix anderes so sehr interessiert " , oder was auch immer da die Beweggründe sind, aber ich kann dich auf jeden Fall voll und ganz verstehen.
Wenn man irgendwann wieder vollkommen neu beginnen will und das steht jedem zu, muss man irgendwann auch damit abschließen und ein neues Kapitel aufschlagen.

Sollte es dann doch mal eng werden, kennst du die Wege ja weiterhin. Meiner Meinung nach wird das, wenn man einen weg für sich gefunden hat, aber nicht passieren. Im Gegenteil man wird sich selbst nicht mehr verstehen können wie es soweit kommen konnte und das spielen und die Gedanken daran werden immer weiter verblassen.

Alles liebe egal wie du weiter verfährst.   ;)

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Offline NW

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #158 am: 14 August 2020, 14:47:56 »

Es kommt mir immer vor, als wäre für Dich die Sucht eine Hinterlassenschaft einer vorbeifliegenden Möwe auf Deiner Schulter bei einem Strandspaziergang.
Das Zeug muss runter - es ist ekelig - es stinkt und es zerstört die Kleidung.

Deine Sucht ist nun mal ein Bestandteil von Dir, die Dich auch geformt hat zu der Person, die Du heute bist.
Klar hat sie negativen Einfluss auf Dich gehabt. Doch was ist mit den positiven Einflüssen durch die Genesung?



Na aber genau das ist sie doch. Für mich ist sie das genauso, sogar sehr schön beschrieben mit der Möwe :)

Und die positiven Sachen nimmt man doch trotzdem mit, die verliert man doch nicht in dem man neue Wege einschlägt in der das spielen, egal ob aktiv oder passiv, keinen platz mehr haben soll.
Es ist es einfach nicht wert, wenn man denn gefestigt ist sein weiteres Leben sich mit dieser möwe tag ein tag aus zu beschäftigen die auch weiterhin alles und jeden zuscheissen wird, sie ist es einfach nicht wert, ausser man verdient sein Geld damit, oder man geht halt darin auf und findet nichts anderes was einen so sehr interessiert und fasziniert wie Möwendreck  ???
« Letzte Änderung: 14 August 2020, 14:53:48 von NW »

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Wolke

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #159 am: 14 August 2020, 20:46:52 »
Hallo Olaf und NW,

jeder darf mir alles schreiben, ich bin weder böse noch beleidigt, sondern ich möchte andere Meinungen und Ansichten hören, wenn ich solche Fragen stelle.

Das mit der Möwe fand ich auch gut.

Ich hätte bis vor einem Jahr nicht gedacht, dass ich es so aus der Sucht raus schaffe, obwohl ich jetzt schon fast 3 Jahre spielfrei bin. Ja die negativen Dinge überwiegen bei mir. Also die negative Ansicht auf die Sucht und ihre Nebenwirkungen. Die Träume z.b. habe ich immer negativ gesehen, weil Träume auch eine gewisse Sehnsucht nach etwas sind. Man verarbeitet natürlich in den Träumen auch viele Dinge vom Tag und die einen belasten und Sorgen machen. Die Träume sind für mich keine Albträume (positiv), deswegen sehe ich sie als Sehnsucht an, was ich wiederum als negativ für die Genesung empfinde. Die Träume lösen momentan keinen Spieldruck aus. Sie sind im Moment nur vermehrt da, weil ich in der Kneipe war.

Ja, mir wurde schon öfters gesagt, dass ich vieles zu negativ sehe. Man kann das vielleicht auch als Achtsamkeit sehen. Das ist wieder positiv.

Ich würde die Spielsucht gerne wie einen Möwenschiss von der Jacke wegmachen. Danach imprägniere ich die Jacke und kann lockerer am Strand spazieren gehen.

Ich bin liiert, aber nicht verheiratet ,habe aber trotzdem noch Zukunftswünsche. Ich stehe mitten im Leben,weiß was ich will und was nicht und bin trotzdem manchmal unsicher. Ich denke, ich habe eine normale Beziehung,da mein Partner nichts von der Spielsucht weiß,ebenso meine Familie nicht. Deswegen verhält sich jeder normal mir gegenüber,niemand macht sich  Sorgen,ist misstrauisch,kontrolliert mich oder fragt mich ständig ,wie es mir geht. Ich finde das gut so. Zum Reden habe ich 3 eingeweihte Freunde,noch den Therapeuten und euch.

Einen Motorradführerschein wollte ich tatsächlich immer mal machen..... Vielleicht setze ich das auch auf meine Liste. Es gibt eine Liste,wo ich Erlebnisse und Dinge draufschreibe, die ich mit meinem Lebensgefährten,mit Freunden , meiner Familie, meiner besten Freundin oder ich alleine noch erleben und machen möchte. Das hört sich wie eine Löffelliste an, die man erstellt, bevor man stirbt. Kann man als solche vielleicht auch ansehen, aber wenn man sich solche Ziele aufschreibt und teilweise schon mit Datum, dann macht man sie auch wirklich und träumt nicht nur davon. Natürlich ist nicht alles jetzt und sofort erfüllbar, manches kostet auch viel Geld, aber ich habe ja nicht alles zeitlich festgelegt. Ich habe keine Deadline, sondern nur Wünsche, die ich in Ziele umgewandelt habe. Einiges wird abgehakt und es kommt Neues hinzu.
Die Sucht kann ich nicht als erledigt abhaken, aber ich möchte, dass sie sich halt nicht mehr so dominant und präsent zeigt. Die vielen neuen Dinge sollen die Sucht überstrahlen.

Ich habe Marzipines(?) Geschichte hier auch nachgelesen und gesehen, dass sie sich auch immer weiter von der Sucht entfernt hat und später hier nur noch einmal jährlich geschrieben hat. Ich hoffe, es geht ihr weiterhin gut und sie ist spielfrei und muss so gut wie gar nicht mehr daran denken. Sie ist aus der Sucht in Leben zurück.

Damit will ich nicht sagen, lieber Olaf, dass du nicht wieder im Leben bist. Ich kann mir das nur für mich gerade nicht vorstellen, dass ich mich noch so mit der Sucht nach all den Jahren beschäftige. Ich kann es aber auch nicht ausschließen und vielleicht tut mir die Beschäftigung damit gut und hält mich mehr vom Spielen ab, als das Abschließen mit der Sucht.
Ich finde es sehr gut,wie du den anderen hier seit Jahren hilfst und ich versuche hier meine Erfahrungen auch an die anderen,die Hilfe brauchen, weiterzugeben. Aber vielleicht tut es mir gut,mich zwischendurch auch ein bisschen mehr daraus zu nehmen. Ich weiß es noch nicht.

Auch wenn ich mehr und mehr selbstständiger und unabhängiger werden möchte,habe ich momentan  ein bisschen Angst vor dem Therapie-Ende. Nach dem Gruppenausstieg kommt Ende des Jahres das Therapieende dazu. Die nächsten 4-5 Monate werden mir wohl zeigen,wohin meine Reise weiter geht und vor allem wie.

Kann ich mir das Negative selbst verzeihen?
Ja,obwohl ich mich schon selbst als Idi.....bezeichne,weil ich das gemacht habe. Ich wäre finanziell mit dem Abbezahlen des Eigentums sehr viel weiter. Aber jetzt sehe ich es so,dass ich ein Schritte zurückgegangen bin,um Anlauf zu nehmen. Und die Sucht lässt einen auch reifen. Ich denke,dass ich durch die Therapie auch anders im Beruf auf Probleme reagiere. Ich mach nicht alles richtig im Umgang mit anderen Menschen,aber ich mache Dinge anders. Trotzdem hätte ich auf den ganzen Schei......gerne verzichtet.
Die Zeit ,die ich nicht zurückbekomme bzw die ich nicht mit den Menschen verbracht habe,die ich liebe......das ist unverzeihlich. Andere sammeln Pfandflaschen,weil das Geld nicht reicht und ich hab es in den Automaten gesteckt.......das ist unverzeihlich.

Jetzt genieße ich noch etwas den Regen und den Regenbogen ,denn ich bin nicht mehr in einer dunklen Halle gefangen.

LG Wolke

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Offline Olli

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  • 6.917
Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #160 am: 15 August 2020, 07:08:15 »
Hi Wolke!

Wegen solcher Beiträge, die mich berühren, bin ich noch hier im Forum dabei. :)
Danke für Deine Antworten!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline NW

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #161 am: 15 August 2020, 13:21:43 »
Also wenn Du diese träume für dich als Sehnsucht wahrnimmst, solltest du vielleicht doch noch weiterhin eine Gruppe besuchen, bei mir ist das halt definitiv nicht so, mir ging es zumindest zuletzt immer nur darum vielleicht mal Glück zu haben und vielleicht mal bisschen Taschengeld zu gewinnen weil ich immer recht knapp war..
Vergnügen oder Sehnsucht war das weiß Gott nicht, eher ein durchweges hoffen, bangen und schwitzen wenn es nicht lief  ???

Vielleicht kannst du diese frage einfach deinem Therapeuten mal stellen und uns hier verraten wie er das sieht, würde mich sehr interessieren  :)


Also ob du dein Geld Verzockt hast während andere Pfand sammeln und du deswegen schreibSt es sei unverzeihlich, verstehe ich ehrlich gesagt nicht.
Hätte es es besser gemacht wenn du davon in Urlaub geflogen wärst oder teuere Handys gekauft hättest ?
Denke dieses Problem das Rentner im müll nach Pfand suchen müssen sollten sich ganz andere auf ihr Fahne schreiben.
Sehe hier eher das von oli erwähnte positive, wenn du das wirklich ehrlich meinst, kannst du vielleicht dem nächsten obdachlosen einfach mal nen 10er mit gutem Gefühl in den Hut werfen, mache ich übrigens auch öfter mal, hätte man ohne diese Erfahrung aber vielleicht nicht und sie müssten dennoch nach Pfand suchen. Keine Ahnung  ???

Würde mich wirklich sehr interessieren wie dein Therapeut zu dem ganzen im Bezug auf dein komplettes restliches leben sieht.
Ich finde es halt schon krass wenn das jemand nach 3 Jahren noch so sehr triggert und sehnsucht erweckt, aber da sieht man wieder, jeder tickt da doch irgendwie etwas anders.  ???

LG

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Wolke

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #162 am: 15 August 2020, 21:16:31 »
Hey NW,

natürlich kann ich nichts dafür,wenn Rentner oder Obdachlose ihr Essen mit Pfandflaschen bezahlen müssen,aber ich schmeiß da 1000€ an einem Abend in den Automaten ,dann geht man aus der Halle raus und überlegt ,wo man das nächste Spielgeld her bekommt und in dem Moment sieht man so einen armen Menschen.......da fühlt man sich wie der größte Ar......ich verzocke das Geld,wovon die Monate leben könnten.
Ja,ich habe einen bestimmten Obdachlosen,dem ich immer mehr zu stecke. Man sieht sich öfters an seinem Stammplatz,wo er nach Kleingeld fragt und da kam ich mit ihm mal ins Gespräch. Ich hab vor der Sucht auch was gegeben,aber jetzt sehe ich das Geld und den Menschen mit anderen Augen.

Ich hab vor diesem Test auch schon immer vom Spielen geträumt,in den letzten 6-8 Monaten wurde es aber seltener (vielleicht alle 3-4 Wochen),nach dem Test wieder alle 3-4 Tage. Die Träume sind für mich keine Albträume,sie sind sehr angenehm und sehr detailliert. Ich spiele im Traum heimlich und freue mich über Gewinne,wenn ich verliere,ist es ok.

Ich habe mitte nächster Woche einen Termin beim Therapeuten,da werde ich das mit den Träumen auf jeden fall nochmal ansprechen,ich führe ja Tagebuch und weiß,wann ich was träume ,was vorgefallen ist oder ob und wie stark ich Spieldruck hatte.

LG Wolke

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Offline NW

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Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #163 am: 16 August 2020, 13:18:24 »
Ja frag einfach mal wegen der Träume, aber ich  meinte halt dass du ihn vielleicht auch mal fragen könntest bzgl ,,für immer shg oder besser komplett Abstand nehmen" (oder wie dein Tread genau heisst), im Bezug darauf ob er sich dann vorstellen kann dass dadurch die Träume irgendwann nachlassen, im Bezug auf deine zukünftigen wünsche nicht mehr tagtäglich damit konfrontiert, sondern wirklich frei davon zu werden, oder ob er meint dass das alles noch schlimmer machen würde und ein Rückfall vorprogrammiert wäre und ob, was man ja immer wieder mal hört, du nie wieder davon ,,geheilt" werden kannst...

Und sowas halt, das würde mich echt mal sehr interessieren weil ich mir das für mich wie gesagt auch überhaupt nicht vorstellen kann und das auch nicht glauben will.  :)

Wäre aber dennoch mal interessant zu erfahren was Profis darüber denken. Nur wenn du magst natürlich..
« Letzte Änderung: 16 August 2020, 13:20:18 von NW »

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Wolke

Re: Für immer SHG oder besser ganz abschalten?
« Antwort #164 am: 25 August 2020, 17:58:56 »
Hey,

in der Therapie kam die Sprache darauf bzw, die Frage von mir,wie präsent die Sucht im Kopf eines Spielers auch nach jahrelanger Spielfreiheit ist.
Es kam die Gegenfrage,was der Gedanke ans Spielen mir sagen möchte,was den Gedanken auslösen könnte. Wenn ich ans Spielen denke,ist es wahrscheinlich,dass es bei mir irgendwo  anders ein Problem gibt,worauf ich meine Aufmerksamkeit richten sollte,um es zu bearbeiten. Der Gedanke ans Spielen ist für mich erstmal ablenkend und entspannend ,aber nach einiger Überlegung manchmal auch Kickbringend,ein Abenteuer. ( nicht nur Gedanke,sondern in erster Linie die Umsetzung des Gedankens bzw momentan das Durchspielen des Gedankens)  Im Grunde genommen nix neues für mich,nur,dass ich mal öfters aus meiner Komfortzone rausgehen soll/muss und mich an was neues wagen soll.

Wie oft macht ihr was,was euch fremd und neu ist,wovor ihr was schiss habt,sei es emotional oder körperlich? Wie oft wagt ihr euch an neue Abenteuer???

Die Präsenz des Spielens ist sehr wahrscheinlich unabhängig von SHGs usw, dass sind meine Emotionen,mein Leben , mein Handeln und Tun ,die solche Gedanken auslösen, ebenso die Bewertung der Gedanken (woran ich noch arbeite) und das alles habe ich auch ohne eine SHG,denn das macht mich als Mensch aus,dass bin ich.

Jeder Mensch ist anders,einige werden wohl nach Jahren kaum noch ans Spielen denken,andere bekommen alle paar Jahre mal Bock aufs Zocken und andere denken oft über alles rund ums Spielen nach,wozu ich wohl gehören werde. Aber es geht insgesamt bei mir in die richtige Richtung.

Ich habe manchmal trotzdem Angst,wenn wieder was sehr gravierendes in meinem Leben passiert,wo ich nicht mit klar komme,was mich aus der Bahn wirft,dass
ich dadurch einen Rückfall  bekomme. Aber ich weiß,dass ich dann wieder nach professioneller Hilfe fragen und sie in Anspruch nehmen werde (dann schneller,ohne zögern und Zweifel),zumindest nach diesem Gespräch ist mir das klar geworden. Besser spät als nie.

Ich gebe mich meistens stark,auch wenn ich mich nicht immer so fühle. Selbstbewussten Menschen merkt man nichts an,bürgt ihnen noch mehr auf und denkt,ach ,die kann das schon ab. Ich setze anderen immer mehr Grenzen......in sehr kleinen Schritten,aber ich mache es. Ich helfe gerne und mach viel,aber ab und an mach ich jetzt auch was für mich. Ich möchte nicht mehr soviel in der Vergangenheit leben und auch nicht in der Zukunft (wenn ich mal in Rente bin,dann mache ich das und das.....),denn die erlebe ich vielleicht nicht. Das hier und jetzt soll wichtiger werden und da spiele ich grad nicht. Die Sucht ist da ,aber nicht aktiv da. Das reicht mir erstmal.

Oh je,was für wirre Gedankengänge grad. Ich hoffe,ihr könnt ihnen was folgen.
Musste jetzt mal so sein. Eine Therapiesitzung,auch wenn es über verschiedene ,erstmal unspektakuläre Dinge geht,löst in einem  doch immer was aus. Ich habe noch nie soviel über mich selbst nachgedacht oder auf mich geachtet,wie jetzt in der Therapie. Komisches Gefühl,aber nicht verkehrt.

LG Wolke

 

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