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Wie kann ich meinem Sohn helfen

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Wie kann ich meinem Sohn helfen
« am: 20 April 2022, 09:33:55 »
Hallo in die Runde, durch Zufall bin ich auf dieses Forum gestossen.
Wo fange ich an. Ich brauche einfach Hilfe.
Vor ca. 2 Jahren hat sich mein heute 26-jähriger Sohn offenbart, dass er Spielsüchtig ist.
Für mich ist eine Welt zusammengebrochen.
Ich hatte keine Vorstellung davon und dachte, dass bekommen wir hin.
Ich merkte schnell, ohne Hilfe von aussen geht das nicht. Also besuchte er eine amulante Therapie.
Schnell war klar, diese reicht nicht. Momentan befindet er sich in einer Klinik, war über Ostern aber zuhause.
Von den 4 Tagen wo er zuhause war, ist er an 2 Tagen spielen gewesen.
Er ist dem Spielautomaten verfallen.
Ich weiß nicht, was ich machen kann.
Ich muss dazu sagen, mein Sohn und ich waren eigentlich sein halbes Leben alleine und haben eine sehr, sehr enge Bindung.
Ich habe mich hinterfragt, habe ich etwas falsch gemacht, ihn immer zu sehr behütet, ihm immer zu viel abgenommen etc.
Ich stehe uneingeschränkt hinter meinem Sohn.
Wenn ich ihn nun, nachdem er wieder los war sehe..... er leidet unendlich unter seiner Sucht, und man merkt deutlich, er will das nicht.
Er ist so unglücklich und dass zerreisst mir mein Herz. Ich lese hier etwas von fallen lasse. Für mich unmöglich.....
Er ist mehr der Einzelgänger und hängt sehr an mir und meinem Mann.... ich könnte ihn nicht fallen lassen. Ich denke immer, dann hätte ich als Mutter versagt.
Bedeutet Muttersein nicht auch, in schlechten Zeiten an der Seite seines Kindes zu sein.
Ich merke nur, wie sehr es mich gerade jetzt Ostern verletzt hat, dass er wieder los ist.... Er sagt, es geht immer wochenlang gut und dann muss er los.
Eigentlich wollte er einen Freund treffen, der aber keine Zeit hatte. Er beschreibt es, die Einsamkeit zieht ihn dann dahin. Ist das eine Erklärung?
Ich weiss nur, er ist voller Traurigkeit (ich glaube nicht nur wegen dem Spielen) und ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann.
Als er vorgestern wieder gefahren ist, sagte ich, er ist jetzt auf sich alleingestellt. Ich mag nicht mehr....
Ich weiß, dass ich das nicht so meine, aber die Enttäuschung sagte es.
Wie soll ich mit ihm umgehen, wenn er in 3 Wochen zurückkommt (ich hoffe, er kann verlängern).
Nach 5 Wochen ist doch keiner geheilt.
Ich weiß nicht, wie ich meine ganzen Gedanken beschreiben soll......
Was geht in einem Suchtkranken vor, dass er nach wochenlanger Abstinenz plötzlich wieder los geht?

Mein Sohn hat wirklich alles und bekommt jegliche Unterstützung. Das einzige, was er nicht mehr hat ist sein wirklich gut bezahlten Job, den er aufgrund der Klinik verloren hat.
Er hat einen anderen Job bekommen, so ist das nicht, aber der vorherige war seine Chance auf etwas Gutes und das was er immer wollte.....
Wie kann ich ihm die Augen öffnen, dass es um SEIN Leben, SEINE Zukunft geht?

*

Offline Olli

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Re: Wie kann ich meinem Sohn helfen
« Antwort #1 am: 20 April 2022, 11:25:22 »
Hi Jule!

Herzlich willkommen!

Zitat
Ich merkte schnell, ohne Hilfe von aussen geht das nicht. Also besuchte er eine amulante Therapie.
Schnell war klar, diese reicht nicht. Momentan befindet er sich in einer Klinik, war über Ostern aber zuhause.
Von den 4 Tagen wo er zuhause war, ist er an 2 Tagen spielen gewesen.

Also reicht die Stationäre auch nicht! Ich verrate Dir gerne auch warum ... weil er spielen will. Ganz einfach und simpel ... Punkt ... Ende ... Aus ...
Die Therapien hat er nicht für sich mitgemacht, sondern für Dich. So bringt er Dich zum Schweigen, um in aller Ruhe seiner Sucht zu frönen.
Ich rede hier nicht von Niedertracht oder sonstigem böswilligen Verhalten ... er hat einfach keine Krankheitseinsicht. Für ihn gibt es sicherlich viele Gründe, die sein Handeln rechtfertigen. "Langeweile" gehört da garantiert auch dazu. Doch das sind Ausreden.

Zitat
Ich weiß nicht, was ich machen kann.
Nichts ... Egal, was Du machst, es ist seine Entscheidung ob er spielen geht oder nicht. Du kannst bitten und betteln - Du kannst ihn anschreien - Du kannst ihn vorne und hinten betüddeln ... das ist alles egal, denn er fällt die Entscheidungen!
So lange er aber spielen will, da kannst Du Dich aufreiben, wie Du willst ... Du bist diejenige, die leidet. Und nein, Dein Junge leidet nicht unter seiner Sucht - zumindest nicht genug. Für ihn ist der Vorteil höher als der Nachteil.

Zitat
Ich habe mich hinterfragt, habe ich etwas falsch gemacht, ihn immer zu sehr behütet, ihm immer zu viel abgenommen etc.

Paperlapapp ...
Nehmen wir mal an Du hättest Fehler gemacht ... na und? Er ist doch alt genug heute sein Leben selbst in die Hand zu nehmen! Er ist erwachsen!

Zitat
Ich stehe uneingeschränkt hinter meinem Sohn.

Autsch ... Bei dem Satz habe ich eine Assoziation, die eigentlich nicht so von Dir gedacht war. Du stellst Dich hintern an ... Zuerst kommt Dein Sohn und dann kommst erst Du ...
Passt das nicht im Kontext Deines Beitrages?

Zitat
Ich lese hier etwas von fallen lasse. Für mich unmöglich.....

Ich würde das heute anders formulieren: Lasse ihn in Liebe los ... und zwar in sein eigenes Leben!
Lasse ihn die Verantwortung spüren, die damit einher geht. Lasse ihn die Konsequenzen, die aus seinem Handeln entstehen, am eigenen Leibe und Geist spüren!

Ich habe 20 Jahre in der Sucht verbracht. Meine Eltern haben auf ihre unbeholfene Art auf mich eingeredet. Ich bin zigfach rausgeschmissen und wieder aufgenommen worden. Etwas dafür tun brauchte ich nicht. Heute denke ich mir, dass es wohl besser für mich gewesen wäre, wenn sie mich mal nicht wieder aufgenommen hätten.
Einmal habe ich zwei Wochen im Auto geschlafen ... im tiefsten Winter. Die Abende habe ich in Spielhallen verbracht. Ich hatte keine Einsicht und ich wusste ja schon ganz genau ... ich werde wieder aufgenommen.
Am Ende dieser zwei Wochen gingen mir langsam aber sicher die sauberen Klamotten aus. Mich selbst konnte ich in einem Raum meines AG mit Dusche und Waschbecken pflegen.
Wie lange hätte es wohl noch gebraucht, bis ich angefangen hätte über meine Situation nachzudenken und sie neu zu bewerten?
Ich weiss es nicht mit Sicherheit ... vielleicht 2 Wochen oder drei?
Nein, ich wurde aufgenommen ... meine Wäsche wurde gewaschen ... und ich machte weiter wie bisher. Erst wieder zurückhaltender ... irgendwann wieder wie eh und je ...

Du bist keine schlechte Mutter, wenn Du ihn in sein Leben entlässt! Rede Dir sowas doch bitte nicht ein!
Normalerweise geschieht die Abnabelung in der Pubertät - nicht mit 26 ...
Die Abnabelung geschieht auch nicht nur einseitig - Du musst diesen Prozess anscheinend auch noch durchlaufen ... kann das sein?

Wenn Du ihm, wie jetzt halbherzig geschehen, Deine Grenzen zeigst, dann ist das absolut richtig und nötig! Das war sehr gut!
Wie oft hast Du das schon gesagt? Wie oft gab es keine Konsequenzen? Überrasche ihn und Dich ... schockiere ihn ... setze die Konsequenzen um, die Du angedroht hast! Das ist Deine Pflicht Dir selbst und auch ihm gegenüber!

Zitat
Bedeutet Muttersein nicht auch, in schlechten Zeiten an der Seite seines Kindes zu sein.

Nein! #Dumm aus der Wäsche schau# Du redest hier von wirklich alltäglichen Situationen, bei denen das durchaus zutrifft.
Doch wir reden hier über Sucht. Da ist es nunmal so, dass Du eher seine Sucht förderst, wenn Du ihm zu viel abnimmst.
Hinzu kommt, dass Du selbst darüber krank werden kannst, wenn Du nicht auf Dich aufpasst!

Es gibt eine Zeit in der Du einfach nichts machen kannst und ihn lieber in Liebe loslässt und es gibt eine Zeit, in der Du ihn unterstützen kannst. Diese beiden Zeiten sind schwer zu erkennen - die Grenzen verschwimmen manchmal - der Zeitenwechsel ist abhängig von seinem Bestreben seine Sucht zum Stillstand zu bringen - also von seiner Abstinenzentscheidung.

In Deinem Beitrag sehe ich die aber nicht. Im Gegenteil, ihr führt ein Tänzchen auf. Du denkst, dass Du führst, wirst aber geführt.
Er denkt, dass er geführt wird, gibt aber permanent die Richtung vor. Das ist im Grunde ein Spiel, was ihr da spielt.
Eines mit zwei Verlierern, die gar nicht wissen, dass sie verlieren. Ihr habt Euch beide ein so genanntes OK-Plateau geschaffen.
Das kann nur verlassen werden, wenn einer von Euch sagt: Es reicht mir!
Spreche Du es aus und bringe ihn so dazu es in Zukunft auch sagen zu können!

Zitat
Was geht in einem Suchtkranken vor, dass er nach wochenlanger Abstinenz plötzlich wieder los geht?

Wenn ich als Spieler abstinent werden will, dann muss ich etwas dafür tun. Eine Sache, die bereits hundertprozentig in der ambulanten Therapie angesprochen wurde, ist für den Betroffenen der Entzug des Suchtmittels - also des Geldes.
Habt Ihr zwei ... Sohnemann und Du darüber kommuniziert? Wie kam er an sein Geld zum Spielen?
Ich vermute mal, dass er Dir nichts darüber gesagt hat. Wenn dem so ist, dann gab es niemals eine Abstinenz, sondern lediglich eine Spielpause.

« Letzte Änderung: 20 April 2022, 11:32:38 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Wie kann ich meinem Sohn helfen
« Antwort #2 am: 20 April 2022, 12:01:07 »
Danke für deine direkte Art der Antwort.

Ich muss bedingt widersprechen.
Die ambulante, wie auch stationäre Therapie hat mein Sohn alleine in die Wege geleitet, mich erst später darüber informiert. Ich habe ihn dazu nicht aufgefordert.
Ich höre ihm zu und bin für ihn da, aber Wege geht er alleine.

Dein Satz, mit „Liebe loslassen“ klingt irgendwie gut und plausibel.
Danke für diesen einfachen und doch aussagekräftigen Satz.

Das Geld zum Spielen war immer sein Gehalt, wobei er aber immer auf Fixkosten geachtet hat.
Später als er sich uns geöffnet hat, habe ich seine Karte und sein Geld verwaltet.
Ich teile ihm sein Geld ein und er belegt mir sämtliche Einkäufe.
Das alles auf seinen Wunsch.

Es gab eine kurze Zeit in der hat sein „bester Freund“ ihm immer Bilder aus der Spielhalle geschickt, ihm immer Geld zugesteckt, damit er mit ihm spielen geht.
Irgendwann erkannte mein Sohn das Muster seines „Freundes“ und hat sich von diesem losgesagt.
Nicht böswillig. Er hat ihm erklärt, dass er es mit ihm nicht schaffen wird und sie sich einander nicht guttun. Das war kurz vor Klinikantritt….

Gerade hat mein Sohn angerufen, er kann um 2 Wochen verlängern.


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Offline Olli

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Re: Wie kann ich meinem Sohn helfen
« Antwort #3 am: 20 April 2022, 13:34:30 »
Hi Jule!

Zitat
Danke für deine direkte Art der Antwort.

Deshalb wollte ich das im Webmeeting persönlich sagen ... da hörst Du meine Stimme und siehst meine Mimik und Gestik.
Da klingt es definitv nicht so "direkt" ... ergo brutal ... :)

Wie kam Dein Sohn denn jetzt zu Geld?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Wie kann ich meinem Sohn helfen
« Antwort #4 am: 20 April 2022, 13:49:05 »
Hallo Jule,

bietet die Klinik Angehörigengespräche oder -seminare an? Frag doch mal nach. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, all die Ängste auszusprechen und gemeinsam Lösungen zu finden.

LG Ilona
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

*

Wirbelwind

Re: Wie kann ich meinem Sohn helfen
« Antwort #5 am: 22 April 2022, 23:04:51 »
Hallo Jule  :)

Nachdem ich heute einen kleinen Rückfall in ner Kneipe hatte habe ich durch Zufall heute dieses Forum gefunden und der erste Beitrag der mir direkt auffiel war deiner :)
Nachdem ich nun hier und da gelesen habe hab ich mich registriert und kann dir dadurch auch antworten da es mir wichtig erscheint...

Ich bin im Prinzip "so ein Sohn" wie Du ihn gerade hast und auch ich kann dir nur wärmsten empfehlen Lass ihn FALLEN (oder wie olli so schön sagte, lass ihn in liebe gehen), wobei meinem naturell mehr liegt lass ihn KNALLHART fallen, alles andere bringt NIX.

Du hast geschrieben das er von sich aus freiwillig in Therapie gegangen ist von alleine, .... nunja,... ich möchte mal behaupten in dem stadium wo er sich befindet hat er sich schon was dabei gedacht aber bestimmt nicht an seiner sucht zu arbeiten....

Meine Mutter (mehr dazu in meiner vorstellung, sonst sprengt das den rahmen hier in deinem Poast) hat mir Mieten bezahlt, geld geliehen, damals (mitte 20 ca) 30.000 DM Kredit aufgenommen um meine schulden zu bezahlen usw. Was hab ich gemacht ? Ich hab fleißig wieder von vorne Anfangen neue schulden aufzubauen....

Heute (bin jetzt 47) gab es oft zeiten wenn ich so darüber nachdenke wo ich mir WÜNSCHE hätte sie mich doch fallen lassen oder NEIN gesagt "wahrscheinlich" hätte mir das einiges erspart...

 

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