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Automatenlobby macht gute Arbeit

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Automatenlobby macht gute Arbeit
« am: 04 Dezember 2008, 12:08:45 »
Hallo,

habe gerade einen sehr interessanten Artikel in der Frankfurter Rundschau gefunden.

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Interview: "Die Automatenlobby macht sehr gute Arbeit"

Suchttherapeut Wolfgang Schmidt setzt sich im Einklang mit den Casinos für eine stärkere Kontrolle der Spielhallen ein.

Casinos beklagen drastische Umsatzeinbußen. Schuld soll insbesondere der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen sein. Freut Sie diese Entwicklung?
Aus suchttherapeutischer Sicht ist das positiv. Absicht des Vertrags war es ja, Spieler zu schützen. Personenkontrollen für das Automatenspiel schrecken offenbar viele Leute ab, in diesem Bereich gibt es die größten Rückgänge, aber auch die größten Gefahren. 80 Prozent aller pathologischen Spieler sind Geldautomatenspieler. Problematisch ist jedoch, dass Geräte in Spielhallen und Kneipen weiterhin nicht als Glücksspiel gelten, Ausweiskontrollen daher nicht vorgeschrieben sind.

Von was hängt das Suchtpotenzial ab?
Entscheidend ist die Ereignisfrequenz, also die Zeit zwischen Einsatz und Rückmeldung, die beim Automatenspiel sehr kurz ist. Bei anderen Spielen wie beispielsweise Lotto dauert es einige Tage. Besonders kritisch sind auch illegale Sportwetten im Internet, bei denen während eines Spiels laufend auf wechselnde Ereignisse gewettet wird, die in kurz nachher eintreffen. Wichtig ist die Umgebung - halbdunkle Räume mit Lichtergeflimmer, in denen sich die Realität ausblenden lässt. Beim Glücksspiel am PC kommen Alkohol und fehlende soziale Kontrolle hinzu, Bedingungen, die schnell in Abhängigkeit führen können.

Spielhallenbetreiber, für die der Glücksspielstaatsvertrag nicht gilt, argumentieren, dass bei ihren Automaten die Gewinne niedriger ausfallen. Sind diese Geräte deswegen weniger gefährlich?
Absolut nicht. Spielhallen locken mit vier- bis fünfstelligen Jackpots. Auch das Verbot, gleichzeitig an zwei Automaten zu spielen, wird oft unterlaufen. Wenn Leute zu Spielern werden, ist die Gewinnsumme zweitrangig. Bei einem Alkoholiker spielt es auch keine Rolle, ob er guten Whisky oder billigen Fusel trinkt. Viel entscheidender ist, dass die Suchtmittel bequem zu erreichen sind. Die massive Ausbreitung der Spielhallen auf dem Land ist daher besonders kritisch.


Im Interview
Wolfgang Schmidt ist Geschäftsführer der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS). Der 49-jährige Suchttherapeut ist außerdem Vorstandsmitglied der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren (DHS) und vertritt die Bundesregierung in der Europäischen Union in Gremien, die sich mit Prävention beschäftigen.

Warum werden sie dann vom Gesetzgeber anders behandelt?
Die Automatenindustrie macht sehr gute Lobbyarbeit. Früher, als es noch um Pfennigbeträge ging, machte die Sonderbehandlung Sinn. Doch die technische Entwicklung hat aus einst harmlosen Hauskatzen bedrohliche Raubtiere gemacht, die mindestens so gefährlich sind wie die Angebote in Spielcasinos. Seit Jahren fordern alle Suchthilfeorganisationen daher, dass Automatenhallen nicht als Gewerbe mit Gewinnmöglichkeit, sondern als Glücksspiel gelten. Gesundheitsministerium und die Drogenbeauftragte des Bundes kämpfen in dieser Frage bisher jedoch vergeblich gegen das Wirtschaftsministerium. So komisch dieser Schulterschluss auch ist, hoffe ich, dass die Spielbanken aufgrund ihrer Einbußen nun ebenfalls Druck auf die Politik ausüben.

Der Glücksspielstaatsvertrag ist eine Regelung auf Bundesebene. Welche Einflussmöglichkeiten hat Hessen?
Das Land Hessen könnte eine Bundesratsinitiative starten, das haben wir schon seit längerer Zeit gefordert. Dann müsste es allerdings auch die Kommunen entschädigen, die derzeit noch über die Vergnügungssteuer an Spielhalleneinnahmen mitverdienen. Die Diskussion ist ein Politikum, in das jetzt wieder Bewegung kommt. Da die Europäische Union das deutsche Staatsmonopol zum Glücksspiel ohnehin kritisch sieht, besteht auch von dieser Seite Handlungsbedarf. Die Ungleichbehandlung macht den Glücksspielstaatsvertrag juristisch angreifbar.

Anbieter von Glücksspielen müssen seit Januar auch einen stärkeren Beitrag zur Suchtprävention leisten. Gibt es in Hessen schon Ergebnisse?
Wie diese Vorschrift des Staatsvertrages ausgestaltet wird, ist Ländersache. Hessen hat sich vorbildlich engagiert, 200 000 Euro für die Forschung und 800 000 Euro für Hilfen bereitgestellt. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist das ein Spitzenwert in Deutschland. Damit werden 13 zusätzliche Vollzeitstellen bezahlt. Sie konnten so verteilt werden, dass inzwischen in Hessen niemand mehr länger als eine Stunde zu einer spezialisierten Beratungsstelle fahren muss. Das ist ein guter Schritt

Interview: Regine Seipel

http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/?em_cnt=1639618
FR 3.12.08
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

 

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