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Jung, pleite, verzweifelt - meine Spielsucht und die Erkenntnis

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Hallo liebe Foren-Mitglieder!

Ich weiß, der Titel steht eigentlich für eine Scripted-Reality-Sendung auf RTL, leider passt genau das zu meiner aktuellen Lebenssituation.
Erst vor wenigen Tagen habe ich mich meinen engsten Freunden gegenüber geöffnet und bin dort zum Glück auf Verständnis gestoßen, was mich ermutigt hat, nun auch hier einen Beitrag zu verfassen und allgemein besser über mein Problem sprechen zu können.

Ich bin 23 Jahre alt, befinde mich gerade im letzten Lehrjahr meiner Ausbildung (Fertig im September 2024) und spiele aktiv seit knapp eineinhalb Jahren in Online Casinos.
Wie genau ich dazu kam, weiß ich leider auch nach langem Überlegen nicht mehr, aber wie es oft so ist, begann es mit niedrigen Einzahlungen pro Woche (20€), die im Laufe der Zeit dann rasant anstiegen.
In den folgenden Zeilen versuche ich, meine Situation so verständlich wie möglich zu schildern und ich bedanke mich hier schonmal bei jedem Leser, der sich die Zeit dafür nimmt  :)

Ich wohne mit meinen beiden jüngeren Schwestern noch zuhause, das Familienleben war gut und ich hatte immer 1-2000€ am Ende des Monats über, sozusagen meine Rücklagen, die ich über die Monate hinweg weiter aufstocken wollte durch gutes Management meiner Ein- und Ausgaben.
Ich hatte dann Anfang 2022 eine Beziehung, (Sie war zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz 18). Die Beziehung war gut, natürlich gibt es auch in Beziehungen immer Differenzen, aber insgesamt war es eine schöne Zeit, jedoch habe ich mich total verschätzt, was die Finanzen angeht und habe durch Unternehmungen und anderen Dingen, um mit Ihr eine schöne Zeit zu erleben, sehr viel Geld ausgegeben (Im Monat 200-300€).

Jedenfalls merkte ich nach und nach, dass meine Rücklagen von Monat zu Monat weniger wurden, da ich auch 210€ Haushaltsgeld an meine Eltern gezahlt habe. Als dann der Zeitpunkt kam, an dem meine Rücklagen aufgebraucht waren, entwickelte sich eine Art Angst und ich suchte nach Möglichkeiten, schnell an Geld zu kommen oder mein Geld zu vermehren. Da ich zu dem Zeitpunkt bereits Kontakt mit Online Casinos hatte, aber nie wirklich gespielt habe ( 2019 angemeldet und insgesamt etwa 100€ über mehrere Monate eingezahlt), loggte ich mich in meinen Account ein und tätigte eine Einzahlung (50€). Genau da begann die Abwärtsspirale - mehrere 50€ Einzahlungen, aber alles noch im Maße des verkraftbaren.

Leider war parallel zu der Beziehung auch das Familienleben plötzlich nicht mehr konstant, da mein Vater nach 30 Jahren Ehe aus dem nichts mit einer neuen Frau ankam und binnen einer Woche fast komplett aus unserem Leben verschwand, was natürlich auch meine Mutter sehr hart traf. Schlimmer noch ist der Zeitpunkt zu dem das passierte, da meine Eltern noch ein paar Monate unser Haus abzahlen müssen und plötzlich alle Pläne und Ziele komplett zunichte gemacht wurden und gerade der finanzielle Aspekt plötzlich sehr sehr wichtig wurde in der Familie (z.B. die Aussage, dass wir jetzt finanziell zusammen halten müssen und mehr sparen müssen als zuvor).
Genau diese Aussagen, mit dem Wissen, dass es bei mir selbst finanziell gerade bergab geht, verstärkte meine Angst um ein Vielfaches.

Aus der Verzweiflung heraus, beantragte ich einen Kredit in Höhe von 4000€, davon legte ich 3000€ zur Seite als Reserve für die kommende Zeit, mit dem Gedanken, dass wenn ich das Geld nicht brauche, es zumindest wieder einzahlen könnte, sodass nur 1000€ offen sind. Die 1000€ nahm ich bewusst zum zocken, mit dem Gedanken, dass ich mit so einer hohen Summe ja gar nicht verlieren kann... Im Endeffekt gingen die 4000€ komplett fürs zocken drauf - die Jagd nach den Verlusten eben.

Als nächstes folgte der Verkauf von meinem Auto (Ich hatte zu dem Zeitpunkt 2 Autos, nichts teures, sodass ich dafür immer genügend Geld über hatte vor der Zockerei), der Erlös ging - wer hätte es gedacht - in das Online Casino.
Dezember 2022 fing ich dann neben der Ausbildung einen Minijob an, mit der Aussage gegenüber Freundin und Familie, ich würde das Geld davon komplett zur Seite legen (pro Monat ca. 400€). natürlich benutzte ich dieses Geld zum spielen.
Außerdem habe ich einen Handy-Vertrag abgeschlossen, nur um das neue iPhone am Tag danach gegen Bargeld zu verkaufen, auch das Geld war binnen weniger Tage verspielt.

Es gab oft die Chance aufzuhören, gerade nach größeren Gewinnen, aber ich hatte mich nicht unter Kontrolle und anstatt das Geld zu nutzen, um die Kredite abzuzahlen, ging es jedesmal zurück ins Online Casino, hauptsächlich dadurch, dass die Unzufriedenheit bezüglich Freundin und Familie mich stark bedrückte und das Zocken in mir gewisse Gefühle auslöste. Sozusagen mein Ventil, um mit dem Stress und der Unzufriedenheit umzugehen.

-Aktueller Stand-

Zu diesem Zeitpunkt habe ich die Beziehung beendet und mich meinen Freunden anvertraut. Meine Familie weiß nichts davon und ich habe große Angst davor, es meiner Mutter zu erzählen, da ich mir sicher bin, dass Sie auch aufgrund der aktuellen Lage bezüglich Haus abzahlen und Zukunft ohne Mann bzw. unseren Vater sehr wenig bis gar kein Verständnis für meine Lage aufbringen würde und finanziell unterstützen kann mich sowieso keiner - erwarte ich auch nicht.

Meine offenen Schulden belaufen sich auf 4800€ Restkredite und 800€ Dispo auf meinem zweiten Bankkonto, insgesamt also 5600€.
Mein Einkommen liegt bei 1300€ netto pro Monat, ab September 2024 sind es dann nach der Ausbildung 2400€ netto.
Meine laufenden Kosten liegen bei 90€ Kredite + 60€ Handyvertrag + 210€ Haushaltsgeld.
Ergibt also 360€, die jeden Monat sicher gezahlt werden müssen, bleiben also etwas mehr als 900€, von denen ich lebe.
Wenn ich mich also anstrenge, kann ich jeden Monat ca. 500€ zur Seite legen, dann hätte ich in etwas weniger als einem Jahr die Summe von 5600€ erreicht.

Die Einsicht, dass ich stark süchtig bin, habe ich schon etwas länger, die Einsicht, dass ich es alleine nicht schaffe leider erst seit kurzem.
Diese Woche werde ich mich beraten lassen bezüglich Therapie, da ich mit solchen Themen zuvor noch nie in Kontakt war und ich gar nicht genau weiß, welche Formen und Methoden es da gibt.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist natürlich sich sperren zu lassen und alle Accounts zu schließen, die noch offen sind.
Mein Ziel ist primär, vom Zocken loszukommen, vorallem auch dauerhaft und nicht nur für den Moment, bis wieder alles gut ist.
Danach folgt dann die vorzeitige Tilgung der Schulden.

Ich denke, dass die Einsicht und Erkenntnis, sowie die klare Übersicht über Einnahmen und Ausgaben schonmal ein wichtiger Schritt sind, aber damit ist es natürlich noch lange nicht getan.
Aktuell habe ich noch genau 100€ insgesamt zur Verfügung, am 16. gibt es dann Gehalt, das heißt noch ein paar Tage durchhalten.
Meine allergrößte Angst ist einfach, dass plötzlich ein Brief von einem der Kreditunternehmen zuhause ankommt, sei es nur Werbung, und meine Mutter Verdacht schöpft oder es gar herausfindet.
Dementsprechend würde es mich sehr interessieren, wie Ihr euch eurer Familie anvertraut habt und wie die Reaktionen waren.
Dass das Geld weg ist, ärgert mich zwar sehr und Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie voll mein Kopf die letzten Monate war und immer noch ist, weil ich durchgehend am kalkulieren bin, mich über mich selbst ärgere und mich frage, wie es nur so weit kommen konnte, da ich eigentlich ein gutes und normales Leben geführt habe mit tollen Freunden und einer guten Zukunft.

Ich hoffe hier auf einen guten Austausch, vielleicht habt ihr noch zusätzliche Tipps neben der Sperre und Therapie, die euch geholfen haben vom Zocken fern zu bleiben oder sonstige Anregungen zu meinem Beitrag.

Vielen Dank nochmal für das Lesen und danke, dass es dieses Forum überhaupt gibt!  ;D



« Letzte Änderung: 10 August 2023, 23:48:46 von matriplex »

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Offline Olli

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  • 7.310
Re: Jung, pleite, verzweifelt - meine Spielsucht und die Erkenntnis
« Antwort #1 am: 07 August 2023, 09:21:41 »
Guten Morgen Matriplex und herzlich willkommen!

Hui ... Zahlen ... Zahlen ... Zahlen ... da wird einem ja schummrig ... :)

Nun hattest Du eine kurze Nacht, um das Schreiben selbst mal sacken zu lassen. Wie geht es Dir nun, nachdem Du das heute Morgen geschrieben hast?

Du hast bei dem Outing bei Deinen Freunden etwas Wichtiges erfahren - Verständnis! Was ist dabei aber in Dir vorgegangen und was hat sich dabei geändert?

Ich finde, dass Du es Deiner Mutter auch sagen musst. Schaue einmal in Dich und erkenne den Druck, der da in Dir steckt, es ja auf gar keinen Fall irgendwie zu erwähnen und auf ein Lügenkonstrukt aufzupassen, welches noch recht klein zu sein scheint.

Deine Vorhaben sehen gut aus. Hier ist der OASIS-Sperrantrag: https://rp-darmstadt.hessen.de/sites/rp-darmstadt.hessen.de/files/2022-03/musterantrag_auf_selbstsperre.pdf
Fülle am besten auf der zweiten Seite "befristet" aus und setze "99 Jahre" ein ... Dich über Anbieter sperren zu lassen könnte nach hinten los gehen, denn, wie ich jetzt erfahren habe, sie bieten teilweise diese Möglichkeit nicht an, sondern nur maximal 1 Jahr.
Dir sollte aber bewusst sein, dass Du niemals wieder "kontrolliert" spielen kannst. Du wirst es vielleicht versuchen und Du wirst Dir sogar Mühe geben. Doch am Ende wirst Du wieder da stehen, wo Du jetzt stehst - voller Verzweiflung und voller Selbstvorwürfen.
Doch Du brauchst das Glücksspiel nicht, um zu überleben. Es gibt Myriaden anderer Möglichkeiten, Dein Leben zu genießen! Und zwar richtig - nicht voller Lug und Trug!

Deine Verschuldung ist noch nicht hoch, wenn Du Dich hier im Forum mal danach umschaust. Trotzdem macht das Deinen finanziellen und emotionalen Druck nicht geringer. Es zeigt aber, dass Du im Grunde, wie Du es selbst beschreibst, sehr reflektiert bist - Du bedienst die Reißleine! Denke also nicht immer negativ über Dich und mache Dir keine Vorwürfe.
Was geschehen ist, das ist geschehen. Doch "heute" hast Du "STOP" gesagt und bist schon dabei Veränderungen zu Deinem Besten in die Wege zu leiten. Das ist jetzt das, was zählt!

Wenn Du mal oben auf die Seite schaust ... da gibt es rechts einen Link zu einer Seite, wo Du jede Menge Möglichkeiten hast, Adressen ausfindig zu machen oder Dich per Mail, Chat oder Video beraten zu lassen. Die Adressen liegen vor von Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und Kliniken.
Links auf der Seite kannst Du auf das Samstagswebmeeting klicken und landest so zu einem Beitrag, in dem alles weitere erklärt ist.

Noch einmal kurz zu Deiner Schuldensituation. Natürlich möchten alle und jeder solche Schulden SCHNELLSTENS aus der Welt haben. Doch Du setzt Dich hier unter Druck - massiv sogar, wenn Du an die potentielle Unterstützung Deiner Mutter denkst.
Vergiss das. Sollte Dir irgend etwas in die Quere kommen, sodass Du Dein Ziel nicht erreichst, wird das Chasen wieder anfangen - die Jagt danach die Verluste wieder durch Glücksspiel herein zu holen.
Tilge die Schulden nach Tilgungsplan und wenn Du dann Geld "übrig" hast, dann tilgst Du eben mehr!
Vergesse aber nicht, dass Du Dir auch wieder ein wenig Kapital für Unvorhergesehenes beiseite legst.

Damit Du da aber nicht ran kommst, die nächste Zeit, kann Dir Deine Mutter bei den Finanzen erst einmal helfen.
Dein Bezug zum gesetzlichen Zahlungsmittel ist gerade nicht mehr all zu dolle, da Du Geld als Suchtmittel mißbraucht hast.
Da braucht es erst wieder einen neuen Lerneffekt, um den Stellenwert des Geldes wieder auf die richtige Position zu schieben.
Die Hilfe Deiner Mutter wäre also ein gemeinsames Geldmanagement mit Dir! Ihr müsst darüber reden. Regelmäßig!

Na klar musst Du dann bei ihr alles - aber auch wirklich alles - offen legen. Das wird erst einmal ein großer Kampf gegen Deine Scham sein, doch was dann folgt, ist Erleichterung! Ich betone es extra mal ... belasse keine Leichen im Keller ...

So ... das soll erst einmal reichen ... :)
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline Rubbel

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  • 998
Re: Jung, pleite, verzweifelt - meine Spielsucht und die Erkenntnis
« Antwort #2 am: 07 August 2023, 12:48:51 »
Hallo Matriplex, guten Morgen,
ich konnte gestern nacht nicht einschlafen und hab da schon kurz nach Deinem Posting Deinen Beitrag gelesen - war aber nicht imstande zu antworten, was ich jetzt nachholen möchte.

Ich stimme Olli zu. Und allem vorweg, was die Kosten für Euch ohne Euren Vater betrifft, weiß ich nicht, warum Ihr jetzt mehr sparen müsst. Ich hab überlegt: Euer Haus muss noch ein paar Monate lang abgezahlt werden, okay. Das wurde es auch zuvor, und wenn es auf beide Elternteile 'läuft', ändert sich ja nichts. Beide Eltern werden zur Abzahlung beigetragen haben und müssen sich nun arrangieren, ob einer ausgezahlt wird irgendwann. Damit habt Ihr 'Kinder' nichts zu tun, erst wenn Ihr eines Tages in weiter Ferne erbt.

Die Aufrechnung Deiner Kosten und der Kostenplan für Dich ... erst mal hatte ich das Gefühl beim Lesen, dass Du Dich (wieder) unter immensen Druck setzt, und das tut Dir jetzt gar nicht gut, denn Dein Leben ist momentan turbulent genug. Außerdem vergisst Du eh den zu zahlenden Handyvertrag, den Du auch ohne - weil verkauftes - I-Phone ja wie einen Kredit mitberechnen musst, genauso wie Deine monatl. Kosten für's Netz beim Anbieter. Und wahrscheinlich noch was ... das solltest Du als Untermauerung für Ollis Rat sehen, keine vorzeitige Tilgung zum jetzigen Zeitpunkt anzustreben.
Wenn Du 2024 dann Dein höheres Gehalt hast, ist das wesentlich entspannter.

Entspannung ist auch das Zauberwort gerade!
Auch ich meine, dass Du Deine Mutter - evtl. auch Deinen Vater! - einweihen solltest, dass Du spielsüchtig bist, Dir viel Druck aufgebaut hast, viel Angst hattest, diese Offenheit ihnen gegenüber aufzubringen ... Sollte es noch was Ungeklärtes geben ggb. Deinen Eltern wie der Schock, dass sie sich trennen oder ggb. Deinem Vater ... warum er so plötzlich 'abgehauen' ist und wie Du ihn und seine Entscheidung erlebt hast, dann sprich das alles gleich mit an. Ihm kannst Du auch gut sagen, falls Du z.B. beobachtet haben solltest, dass er Deiner Mutter oder Euch Geschwistern nicht mehr viel oder genug Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Alles Stück für Stück und alles, was Dich familiär bedrückt, würde ich Dir raten auszusprechen demnächst.
Du könntest bei der Gelegenheit evtl. auch Deine Eltern fragen wie die beiden jetzt ihre finanziellen Verpflichtungen regeln, nicht nur für das Haus - denn ...
Dein Vater ist und bleibt auch unterhaltspflichtig für Euch! - Du musst nicht die Welt retten, aber Dich selbst schon, ist ja klar und das Allerwichtigste in Deiner jetzigen Situation: Deine Therapie gegen die Sucht sowie alle Vorkehrungen zu treffen, nicht rückfällig zu werden oder werden zu können, DAS ist DEINE Aufgabe. Und dass Du gut durch Deine Ausbildung kommst, damit Deine Zukunftspläne auch real sind/werden. Das bedeutet Deine berufliche und wirtschaftliche Zukunft!

Also würde ich mir an Deiner Stelle einen Plan machen, wann Du z.B. mit Deinen Eltern sprichst, und vllt. wäre es sogar günstig, erst mit Deinem Vater zu sprechen, der nun nicht nur lokal weiter weg ist, und dadurch schon eine 'Feuerprobe' zu durchlaufen?! Dann fällt's Dir mit Deiner Mutter schon leichter!!?
Was Du auf keinen Fall tun solltest, ist ... Deine Schulden von den Eltern tilgen zu lassen.
Erstmal ist es für Deine Eltern abgesehen vom Geld evtl. auch eine seelische Belastung wg. deren vielleicht aufkommenden Schuldgefühlen, und für Dich wäre es fatal, weil Du lernen MUSST, wie Du aus selbstgebautem Schaden herauskommst und dass Du die Sucht wirklich annimmst und erfolgreich bekämpfst. Das stärkt Dein Selbstwertgefühl und -zutrauen und schützt Dich vor Wiederholungen. Und das ist mit das Wichtigste, was Du auf dem Weg zu Deiner Unabhängigkeit lernen wirst!! Also eine gute Lebensschule.

Ich wünsche Dir alles Gute und Liebe,
mit vielen Grüßen
R
« Letzte Änderung: 07 August 2023, 14:11:12 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

Re: Jung, pleite, verzweifelt - meine Spielsucht und die Erkenntnis
« Antwort #3 am: 07 August 2023, 19:28:33 »
Hallo Matriplex,
die beiden haben eigentlich alles toll beschrieben und das solltest Du ruhig als gut gemeinte und realistische Anleitung sehen was Du tun kannst/solltest.

Ich möchte nur noch einmal auf den Punkt Eltern kommen. Du bist in der Situation dass Eltern sich selbst schnell als Schuldige definieren könnten was durch die eingetretene Trennung der Eltern ja nicht unmöglich wäre. Heißt das es nicht unmöglich ist dass ein Teil dir helfen würde und die Schulden zumindest teilweise begleicht.
Auch solltest Du die Schulden nur erwähnen wenn Du bereit bist den Grund dazu zu nennen.
Und das solltest Du mit den oben angesprochenen Möglichkeiten, z.B Geldmanagement mit deiner Mutter.
Ich kann Dir aus meiner Erfahrung heraus sagen dass das verheimlichen des Problems Dich auffressen und Triggern wird. Nochmal spielen und gewinnen um heimlich die Schulden abzulösen etc. Das Ende ist ein Vielfaches an Schulden und noch mehr Geheimnisse.
Bei Deinem Betrag kannst Du zumindest diesen Teil des Problems relativ gut lösen.

Trau Dich!

LG Roy
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

Re: Jung, pleite, verzweifelt - meine Spielsucht und die Erkenntnis
« Antwort #4 am: 10 August 2023, 12:04:35 »
Hallo zusammen!

Ich wollte hier mal ein kleines Update hinzufügen, was sich die letzten Tage ergeben hat.

Erstmal danke für eure Beiträge, das hat mich noch mehr ermutigt, wirklich alles zu geben und dafür zu kämpfen die Spielsucht behandeln zu lassen und das Wichtigste - es meiner Familie zu offenbaren.
Ich habe gestern meine Familie um ein wichtiges Gespräch gebeten und es fiel mir tatsächlich leichter als gedacht, darüber zu reden.
Entgegen meiner Erwartungen sind alle ziemlich ruhig geblieben (im positiven Sinne gemeint) und nicht in einem emotionalen Desaster ausgebrochen.

Mir wurde Verständnis entgegengebracht und da ich wirklich alles von Anfang an bis zum jetzigen Zeitpunkt genauestens beschrieben habe, also welche Umstände mich zum Spielen verleitet haben und was daraus resultierte bezüglich Schulden und natürlich der psychische Druck, hat sich meine Familie dazu bereit erklärt, mich dabei zu unterstützen.

Natürlich sind die Schulden jetzt nicht einfach so weg, weil ich auch nicht wollte, dass diese jemand anderes abzahlt, aber zumindest wird meine Mutter vorerst die Kredite und Rückstände ausgleichen und ich zahle das Geld meiner Mutter zurück, ohne anfallende Zinsen, was natürlich schonmal eine große Hilfe ist.

Außerdem fühlt es sich tatsächlich wirklich gut an, ein "reines Gewissen" (insofern man das sagen kann, da ich ja trotzdem über 1 Jahr lang alles verheimlicht habe) zu haben und zu wissen, dass die Familie und Freunde hinter einem stehen, dementsprechend kann ich auch nur jedem raten, es genau so zu machen, auch wenn es Überwindung kostet.

Heute füllen wir das Formular für die OASIS-Sperre gemeinsam aus und danach kümmern wir uns um die finanziellen Angelegenheiten. Als nächstes steht dann der Besuch bei der Beratungsstelle in meiner Stadt an, wenn es soweit ist, werde ich nochmal ein Update geben.

Rückblickend ist es einfach unfassbar in was für einem kurzen Zeitraum von eineinhalb Jahren das Zocken im Online Casino mit mir als Mensch gemacht hat und in welchen tiefen Abgrund mich das gerissen hat, im Gegensatz dazu ist es verdammt ermutigend, dass nur durch das Öffnen gegenüber meinen Freunden und meiner Familie bereits in einer Woche so viel Hilfe entgegengebracht wurde und dafür möchte ich mich auch nochmal bei euch bedanken, da mir das Forum wirklich viel Mut und gute Informationen geliefert hat. Wenn man erstmal merkt, man ist nicht alleine und nicht der erste Fall und es gibt Leute, die es geschafft haben, da raus zu kommen und nun anderen helfen und beraten, dann ist das eine riesige Hilfe, auch wenn man sich nicht persönlich kennt oder vielleicht auch gerade deswegen.

Natürlich ist es noch ein ganzes Stück Arbeit, aber ich bin mir sehr sicher, dass sich alles ins Gute entwickeln wird.

Bis demnächst! :)

 

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