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Suchtdruck ... Skills - mentales Training - Was hilft Euch?

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Offline Olli

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Hi Leute!

Wir alle wissen ... der Suchtdruck kommt, doch er vergeht auch immer. Was kann man also tun, um die kritische Zeit zu überwinden?
Dazu gibt es zum Einen Skills. Das sind Handlungen, teils mit Hilfsmitteln, die unsere Sinne so überlasten, dass der Suchtdruck vergeht.
Dabei sollte aber immer beachtet werden, dass man sich nicht selbst schadet. Wer sich vom Dach stürzt, der denkt während des Falls nicht mehr ans Spielen. Ob man das aber wiederholen kann, sei dahingestellt.
Typische Skills wären z.B. Chillligummibärchen essen, eiskalt duschen, das Treppenhaus rauf und runter laufen, bis die Zunge die Putzkraft ersetzt.

Man kann seine Sinne aber auch anders nutzen. Wenn der Drang übermäßig wird, dann schaue Dich um und suche Dir 4 Dinge, die Du SIEHST! Dabei geht es nicht um Schnelligkeit und das Offensichtliche. Suche den kleinen Riss im Putz, den Fliegenschiss auf der Fensterscheibe, die Sommersprosse im Gesicht Deiner Liebsten. Nun suche Dir 3 Dinge, die Du FÜHLEN kannst. Auch hier lasse Dir etwas einfallen. Suche Dir etwas Besonderes. Fühle und beschreibe Dir selbst, wie es sich anfühlt. Wenn Du das erledigt hast, dann versuche 2 Gerüche zu identifizieren. Aber auch hier nicht den Zinken einfach in die eigene Achselhöhle stecken und wegen Reizüberlastung aufgeben, sondern sich Zeit lassen und schauen, was Dir Dein Geruchssinn so sagt. Zu guter letzt versuchst Du Dir noch einen Geschmack zu identifizieren. (Vielen Dank an Casy D.!)

Du kannst Dir aber auch etwas Eigenes zusammenstricken. So habe ich mich bei der Raucherentwöhnung auf die Wellen nach einem Tauchgang konzentriert. Der Suchtdruck entsprach dabei den Wellen ... mal waren sie stärker, dann wieder schwächer. War der Suchtdruck stark, dann befand ich mich gedanklich auch auf einem Wellenkamm, war er schwächer, dann bewegte ich mich gedanklich auch nach unten. Das bedeutete aber auch, dass der Suchtdruck sank, wenn ich mich gedanklich wieder "in Echtzeit" in ein Wellental begab. Das war natürlich nur kurz, die Gedanken sagten mir ja auch, dass nach dem Tal wieder ein Kamm kam. In Summe allerdings glätten sich die Wogen. Nach einem Tauchgang hatte ich immer noch die Eindrücke des Tauchganges selbst präsent. In der Regel waren diese äußerst positiv. In Gedanken noch auf der Wasseroberfläche treibend dauerte es nicht mehr lange, bis das Boot mich aufnehmen konnte. Aus dem Wasser heraus zu kommen, hieß aber auch, sich durch die Sonnenstrahlen wieder aufwärmen zu lassen. Somit verband ich mit dem Suchtdruck auch etwas Positives und er schwächte schneller wieder ab.

Welche Übungen haben Euch bisher geholfen?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Suchtdruck ... Skills - mentales Training - Was hilft Euch?
« Antwort #1 am: 16 Februar 2024, 16:21:47 »
Hallo zusammen,

wer möchte, kann sich für akute Notfallsituationen ein Kärtchen für die Brief- oder Hosentasche bei uns bestellen. Da sind ein Teil der Maßnahmen , die Olli hier erläutert hat, kurz zusammengefasst.

LG Ilona

https://www.gluecksspielsucht.de/index.php?article_id=96%20%20class=
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

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Offline Rubbel

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Re: Suchtdruck ... Skills - mentales Training - Was hilft Euch?
« Antwort #2 am: 17 Februar 2024, 16:54:29 »
Hallo,
zur vielleicht Vervollständigung - und weil mich persönlich Skills nicht abgehalten haben (denn wenn ich zocken wollte, hab ich das getan, so oder so):

Mir hat geholfen, einen inneren 'besten Freund' zu 'installieren'. Jeder Mensch, davon bin ich überzeugt, hat einen gesunden Überlebensinstinkt, der sich in größter Not 'meldet'. Diesem Freund hab ich mich 'genähert', ganz bewusst. Er ist sozusagen 'das Innerste'.
Anfangs hab ich mich gefragt: 'Wem bringt das jetzt was, wenn ich zocken gehe? Mir? Einem Menschen um mich? Oder eben nur der Industrie dahinter?'
1.: Mir nicht. Ich kann diesen Mist ja nicht ewig machen. Was soll aus mir werden, wenn ich davon nicht lasse? Welches Leben lebe ich dann? Was würde ich einem guten Freund raten, der mir davon erzählte? -- So hab ich Stück für Stück meinen inneren Freund installiert und gelernt, 'es ernst mit mir zu meinen'.
2.: Jedem anderen Menschen ist im Zweifel egal, was ich tue, ich bin erwachsen, niemand schreibt mir was vor. Das gilt im Positiven wie im Negativen. Es liegt an mir, wie ich mein Leben lebe, ob ich mir gut oder nicht gut tue.
3.: Die Glücksspielindustrie lebt von Menschen, die sich nicht auf sich selbst verlassen. Sie gaukelt unglücklichen Menschen was vor und sahnt dick ab.
Will ich dazu gehören? - Nein. -

Außerdem hab ich überlegt, dass es durchaus viele, viele Menschen gibt, die - zumindest augenscheinlich - sehr viel auswegloser leben müssen als ich. Und die zocken nicht. Ich weiß nicht, wie sie leben, aber ich sehe sie nicht dort, wohin ich gehe - ich weiß aber, dass es sie gibt. Für OC-Liebhaber: Ich logge mich hier ein in eine Welt, die mir im Prinzip, im Ablauf, immer verschlossen bleibt, hab keine Ahnung, was 'hinter den Kulissen' läuft, nur: Es gibt viele Menschen, die sich mit dem Einloggen ins Elend stürzen ... Mit jedem Einloggen kann mir das auch passieren. Das Risiko ist hoch.
Dann hab ich den Gedanken gefasst, dass ein Mensch aus allem Scheiß was machen kann, denn der Mensch hat Verstand, den er außer bzw zu dem Gefühl und den Altlasten und der Trauer und allen Emotionen einsetzen kann. Mich nur Emotionen hinzugeben, reicht nicht aus. Dass sie da sind, kann ich nutzen, durch den Verstand filtern, gucken, inwieweit sie mich zu meinem Wohl beeinflussen. Ich nehme sie ernst, aber ich übergebe mich ihnen nicht.
Also: Mich selbst ernst, aber nicht zu ernst nehmen. Auf mich achten, ohne zu glauben, ich sei der Nabel der Welt und alles müsse so sein, dass es meine momentanen Bedürfnisse deckt :) In die Welt gucken. Aufmerksam sein. Achtsam sein. Den Blickwinkel ändern. Und auch bei Kritik an mir nicht so durchlässig zu sein, sondern auch die Frage aufkommen zu lassen: 'Was bewegt den Anderen, so mit mir zu reden? Was hat mein Gegenüber eigentlich wohl an Altlasten oder Problemen, die ihn/sie so und nicht anders agieren oder reagieren zu lassen?' Und ab und an gerne auch über mich selbst lachen oder mich auf die Schippe nehmen, tat mir gut.
Milde zu sein. Milde mit mir und dem Gegenüber. Und dabei auf meine eigenen Grenzen zu achten. Ich muss nicht mit jedem andren Menschen klarkommen. Es gibt genug Menschen, so dass ich genügend Auswahl habe zu gucken, mit wem ich meine Zeit verbringen, wem ich vertrauen möchte, wer meine Freundschaft, mein Vertrauen wirklich verdient.
Und - auch wenn ein Daran-Haften leichter fällt: Heute ist heute. Was früher war, kann ich nicht ändern, ich kann daraus lernen. Im Zweifel kann ich mir sagen: 'Mit sowas kenne ich mich schon aus'.
Das sind keine Kurz-Interventionen, sondern generelle und langfristige Überlegungen, die ich jedem Menschen nahelegen will.

Das soll erst mal reichen ... bevor es zum Buch wird :)

Gruß an Alle
« Letzte Änderung: 17 Februar 2024, 17:13:04 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

Re: Suchtdruck ... Skills - mentales Training - Was hilft Euch?
« Antwort #3 am: 26 Februar 2024, 09:43:24 »
Ich habe für mich die Strategie entwickelt, dass ich mir in solchen Momenten immer ganz bewusst und intensiv die Konsequenzen bewusst mache.

Ich erinnere mich an den Tag, wo ich mich entscheiden hab, nicht mehr zu spielen. Es war Verzweiflung, Wut, alles durcheinander, hoffnungslos. Nicht zu denken an das Geld, was ich sinnlos verspielt habe.

Diese negativen Gefühle und das Wissen, dass es zu nichts führt, halten mich eigentlich jedes Mal zurück. Das ist ein krasser Spiegel.

 

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