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Ist mein Mann börsensüchtig?

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Ist mein Mann börsensüchtig?
« am: 19 August 2023, 13:25:07 »
Hallo zusammen,

ich wäre über eure Einschätzung sehr dankbar!

Vor einigen Tagen hat mir mein Mann unter Tränen gestanden, dass er "großen Mist" gebaut habe.
Er hat eine große Summe unseres gemeinsamen Geldes an der Börse verloren. Er habe versucht, es wieder reinzuholen, was aber nicht geklappt habe.
Er hat mir erzählt, wie er vor einigen Monaten "die Kontrolle verloren" habe. Die Scham ist sehr groß.
Wir sind nicht finanziell ruiniert. Aber in mir weckt das Ängste, zumal mein Vater uns durch Sportwetten früher verschuldet hat.


Schon seit ich ihn kenne, handelt mein Mann mit Aktien. Allerdings in einem langfristig angelegten, sehr kontrolliertem Rahmen. Seine Entscheidungen fußten immer auf der Beobachtung des Marktes und der Politik. Stückchen für Stückchen hat er kleine Gewinne erzielt mit relativ wenig Risiko.
In der Corona-Zeit und durch den Krieg sah es dann schlechter aus mit den Aktien. Irgendwann ging es dann wieder in die richtige Richtung.
Da wir vorhaben ein Haus zu kaufen, habe ich ihn gebeten, bitte "die Sicherheitsnummer zu fahren" nicht mehr so viel zu investieren, so dass wir, sobald sich etwas findet,vwir auch schnell an das Geld kommen. Er stimmte zu.
Was dann in den letzten Monaten passierte, passt überhaupt nicht zu ihm und erschüttert mich umso mehr, weil ich das Gefühl habe, ihn nicht mehr zu kennen und nicht weiß, was ich ihm glauben kann.

Er hat begonnen, sehr große Summen zu investieren und das in eine einzige Aktie. Diese ging durch die Decke. Er aber war zu gierig (seine Worte) und hat nicht rechtzeitig verkauft. Als er verkaufte, war es dann ein Null-Geschäft. Der Verlust dieses fiktiven Gewinns hat ihn so getroffen, dass er das um jeden Preis wieder reinzuholen wollte. Er fing an mit dem Day-Traden. Das habe am Anfang auch gut funktioniert, er hatte ein System. Sagt er.
Dann verlor er seinen Job. Das war nicht sein Verschulden, die Firma ist insolvent gegangen. Das war, laut ihm, der Punkt, an dem er die Kontrolle verloren hat. Meiner Meinung nach war es aber schon früher, nämlich als er diese riesen Summen entgegen unserer Absprache setzte.
Er setzte nach der Kündigung alles auf die BVB Aktie und verkaufte nicht schnell genug, nachdem Dortmund verlor, so dass der Schaden groß war. Anstatt es mir zu erzählen, hat er weiter versucht, es wieder reinzuholen. Er wollte es wieder gutmachen. Absolut kopflos. 10 Wochen nach diesem echten Verlust hat er mir nun alles gebeichtet.

Er stimmt mir zu, dass er ein echtes Suchtverhalten gezeigt hat mit zugehörigem Kontrollverlust. Er weiß, dass mein Vertrauen erstmal weg ist. Er ist aber auch überzeugt, dass das nie wieder passieren wird. Er weiß, dass er alles riskiert, sollte er mich noch einmal anlügen. Er hat sein Depot geschlossen. Versprochen, nichts mehr mit Aktien zu machen. Eingewilligt, mit mir zur Suchtberatungsstelle zu gehen.

Dennoch gibt es da JETZT dieses Haus. Wir können es uns immer noch leisten, der Kredit wird nur größer ausfallen.
Die Frage ist, laufe ich sehenden Auges ins Unglück? Gibt es das, dass man einmalig dieses Suchtverhalten zeigt und durch Abstinenz auch nichts mehr passiert. Reicht der große Knall?
Er erscheint mir ziemlich reflektiert. Gleichzeitig weiß ich nicht, ob ich ihm noch trauen kann. Kann man auch nur "vorübergehend" süchtig sein? Er ist bereit, alles was nötig ist, zu tun. Das glaube ich ihm. Dennoch bin ich unsicher, ob wir die Chance mit dem Haus jetzt überhaupt nutzen können.

Ich würde mich sehr über eine Einschätzung von selbst Betroffenen freuen!


Liebe Grüße,
Biene


Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #1 am: 19 August 2023, 17:10:22 »
Hallo TAL,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Neben der Suchtberatung werde ich mich wohl auch rechtlich beraten lassen, um mich und die beiden Kinder abzusichern, falls es doch alles schlimmer ist, als es gerade erscheint. Wie schon geschrieben, ich bin ein gebranntes Kind und ich will nicht, dass sich meine Kindheitsgeschichte wiederholt.
Mein Mann weiß das und ist bereit, mir die größtmögliche Sicherheit zu geben, die man in seiner Situation geben kann.
Ich habe keine Ahnung, ob man sich gegen die Schulden, die ein Ehepartner macht, rechtlich schützen kann. Ich brauche auf jeden Fall auch von dieser Seite eine Sicherheit, was den Hauskauf angeht.

Hast du denn eigentlich eine Therapie gemacht, oder reicht bei dir die Abstinenz?
Wie lange hat es gedauert, bis deine Frau dir wieder vertrauen konnte?

Liebe Grüße
Biene

*

SuchtkrankerMensch

Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #2 am: 19 August 2023, 17:15:20 »

Mein Mann weiß das und ist bereit, mir die größtmögliche Sicherheit zu geben, die man in seiner Situation geben kann.


Da is doch der "Streßauslöser", hätts geklappt wärs Haus da,... mehr oder weniger..."Maximale" Sicherheit - wenn auch dumm gelaufen und auf dem falschen weg...

Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #3 am: 19 August 2023, 17:27:11 »
Ja, vermutlich muss er genau daran arbeiten. An diesem Auslöser, wie du schreibst. Ich habe nie Druck ausgeübt, es war immer unser gemeinsamer Plan mit dem Haus. Bei ihm war das ein richtiges Lebensziel. Aber vielleicht war eben doch Druck da. Wir haben beide Jobs (er hat einen bereits einen neuen gefunden), in denen wir solide verdienen. Ich habe keine Angst vor einem Kredit für den Hauskauf. Bzw. HATTE keine Angst davor. Wir reden von einem Kredit in durchschnittlicher Höhe bei einem Hauskauf.

Er wollte immer noch warten, mit möglichst wenig Kredit auskommen. Am liebsten solange sparen, dass man schnell wieder frei ist, keine Schulden mehr bei der Bank hat.

Das Ziel muss er jetzt gehen lassen, sagt er selbst.

Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #4 am: 19 August 2023, 17:41:55 »
Mit "sparen" war bei ihm allerdings neben einem sparsamen Lebensstil die Geldanlage in Aktien gemeint. Was ja auch lange gut ging.
Ich für meinen Teil bin auch sparsam, habe aber nie Energie in das "Vermehren" von Geld gesteckt. Das war immer sein Ding.

@TAL:
Du hast geschrieben, du würdest einen Hauskauf mindestens an bestimmte Bedingungen knüpfen. Was meinst du genau damit?
« Letzte Änderung: 19 August 2023, 17:48:46 von Biene35 »

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Offline Olli

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Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #5 am: 19 August 2023, 18:48:11 »
Hi Biene!

Ich würde erst einmal die Gespräche in der Suchtberatung abwarten, bevor Du den Teufel an die Wand malst.
Da die Anderen schon die Vergleiche zur Sucht gezogen haben, erspare ich mir das.
Als Gegenpol gebe ich zu bedenken, dass jede stoffungebundene Sucht aus ganz alltäglichen Verhaltensweisen entsteht.
Da wurde zu lange mit dem Verkauf gewartet - und Panik kam auf. Beim Rettungsversuch wurden die Sicherheiten außer acht gelassen und es wurde überhöhte Risiken eingegangen. Ist das bei Deinem Mann schon der schmale Grad zur Problematik Sucht? War das schon der berüchtigte Kontrollverlust, von dem es kein zurück gibt?

Es gehören, neben der passenden Ausbildung, noch mehr Kriterien eine Sucht zu diagnostizieren, als die Aussagen der Ehefrau ... wenn ich das so sagen darf.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #6 am: 19 August 2023, 19:17:04 »
Danke für eure Beiträge und dir, Olli, auch für den Gegenpol. Der gibt mir ein noch ein bisschen mehr Hoffnung auf Normalität irgendwann.
Ja genau, ich bin keine Therapeutin und auch viel zu nah dran, um objektiv zu sein.
Ich kann den Termin bei der Suchtberatung kaum abwarten. Hoffentlich erwarte ich da nicht zu viel.

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Offline TAL

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Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #7 am: 20 August 2023, 10:41:03 »
Ich habe gar nichts 'diagnostiziert', sondern ihre Frage danach, ob man 'vorübergehend süchtig' sein kann, beantwortet. Es ist wohl keine Fachausbildung vonnöten, um das mit 'nein' zu beantworten - und dann schrieb ich, warum das so ist.
Außerdem sagte ich, ich würde, wenn ich schon das Haus kaufen würde, zukünftig zumindest genauer hinsehen.
Der Rest war über meinen persönlichen Umgang mit solchen Themen, und ein paar allgemeine Anmerkungen zum Thema Sucht - meiner eigenen wohlgemerkt, denn richtig, über Andere kann ich schlecht etwas sagen.

Ja, Olli hat insofern recht, als daß du am Besten abwarten solltest. Dennoch wäre es ratsam, die jüngsten Ereignisse im Gedächtnis zu behalten.
Vielleicht war ich tatsächlich etwas zu negativ. Natürlich kann das eine einmalige Sache gewesen sein, dennoch sollte man da schon etwas 'hellhörig' werden.

Zu dem Rest seines Beitrages äußere ich mich gerade lieber nicht, das gehört hier nicht hin, und das Thema scheint damit ja jetzt auch geklärt zu sein.

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Offline Olli

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Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #8 am: 20 August 2023, 13:02:49 »
Sorry, Tal ... ich hatte Dich nicht kritisiert! Im Gegenteil hattest Du die Suchtaspekte beleuchtet, weshalb ich deshalb nicht mehr darauf eingehen brauchte. Ich habe daraufhin nur eine weitere Interpretationsmöglichkeit aufgezählt, die bis dato nicht angesprochen worden war. Ob sie realistisch ist, mag ich nicht beurteilen. Daher die Bitte um Abwarten des Gespräches mit der Suchtberatung. Da äußert sich Bienes Mann nämlich dann selbst.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline TAL

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Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #9 am: 20 August 2023, 13:31:54 »
Ah, okay.

Ich bin da nicht weiter drauf eingegangen, und hatte meinen Beitrag nach längerem Überlegen gelöscht, um dadurch einer Diskussion vorbeugen, die letztlich auch keinem helfen würde. Sowas ist in letzter Zeit ja leider häufiger passiert. Muß ja nicht nochmal sein. Außerdem stand da auch Privates drin, was ja erstmal gar nicht relevant ist.
So mein Gedanke.

Aber ja, seine Perspektive zu dem Thema zu hören wäre für eine Einschätzung auf jeden Fall wichtig. Von daher sollte man das erstmal abwarten. Da hast du wohl recht.

Re: Ist mein Mann börsensüchtig?
« Antwort #10 am: 20 August 2023, 18:56:45 »
Hallo Biene35,

ich bin alles andere als ein Therapeut aber ein Verschulder von Elend. Ich gehe mit Tal dass er Dir mit gibt zumindest das geschehene im Hinterkopf zu behalten. Was ich gut finde ist, dass er Dir relativ früh für einen Zocker reinen Wein eingeschenkt hat.
Meine Spielsucht die in OC's endete begann auch an der Börse. Neuer Markt, Gewinne ohne Ende für die mit Ahnung und Verluste für Leute wie mich die schnell ein Ziel erreichen wollten.

Bei mir war es kein Haus sondern ein Auto.
Mein altes verkauft für 19000 Mark und das neue Traumauto kostete knapp 35000 Mark.
Hinzufügen muss ich noch dass ich bis dahin der Typ 'unter 1000 Mark auf dem Konto kann ich nur noch unruhig schlafen' war.
Durch einen guten Bekannten kam ich zur Börse und danach zur intelligenten Idee dass ich mir die Kiste finanziere und das Geld in Aktien investiere. Kurz und knapp hatte ich den Kredit und am Ende noch ca. 3000 Mark übrig.
Und dann beginnt der krasse Modus nämlich das nicht einsehen die Reißleine zu ziehen sondern sich zu bedauern und alles auf das Pech zu schieben. Jetzt müsste ich natürlich korrigieren denn das darf keiner erfahren. Also heimlich noch einen Kredit und als das auch nicht lief nach Alternativen zu suchen.
Sportwetten, ich der Fußball Kenner. Natürlich spezielle Wetten alles live..... Und so ging's bergab.

Was ich sagen will, es kann einmalig sein aber sollte der Zock Kobold geweckt sein kann es auch in die falsche Richtung gehen.
Ich würde ihn nicht verteufeln jedoch beredet alles miteinander. Auch Sparanlagen etc.
Zu viel Druck oder Schuldzuweisungen sind kontraproduktiv. Wenn Du nicht...dann könnten wir dieses und jenes haben waren bei mir zB Trigger die mich heimlich Mist bauen haben lassen. Zusammen und mit Einsicht bei allem für dich könnte eine Lösung sein.

Aber das kann die Beratung besser beurteilen als ich. Ich kann dir nur von meinen Geschehnissen und Gedanken schreiben.

Viel Glück!

Roy
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

 

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