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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Partnerschaft auf Augenhöhe

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Partnerschaft auf Augenhöhe
« am: 05 Januar 2024, 10:05:08 »
Liebe Gemeinschaft,

ich schreibe hier als Partnerin eines Glücksspielsüchtigen. Wir sind noch nicht sehr lange zusammen (knappes Jahr), und haben eigentlich eine schöne, liebevolle Beziehung und wohnen zusammen. Aber "leider" ist es keine Beziehung nur zu zweit, sondern seine Sucht ist eben auch mit dabei. Er war das erste halbe Jahr unserer Beziehung spielfrei. Seit 3 Monaten spielt er wieder regelmäßig mehrmals pro Woche online. Wenn er spielt, dann nachts. Seine Eltern haben Zugriff auf sein Konto, daher wissen sie, wenn er gespielt hat und deshalb weiß ich seit einer Woche auch, dass er wieder so oft spielt (zu mir hatte er gesagt, ca. 2 Mal pro Monat). Und da ich es sehr schlecht ertragen kann wenn man mich anlügt, hat es deswegen vor ein paar Tagen ziemlich geknallt (inklusive Tränen, Streit und Vorwürfen, das ganze Programm). Nun mein ganz konkretes Problem, zu dem ihr vielleicht ein paar Gedanken habt: Ich schlafe einfach extrem schlecht, wenn er nicht zu einer normalen Zeit ins Bett kommt sondern bis 1 oder 2 Uhr nachts im Wohnzimmer sitzt, da das ja genau die Zeit ist, in der er spielt. Seine Idee war vor ein paar Tagen, dass er das Handy zu mir legt, wenn er länger wach ist, das kam von ihm. Ich will da auch nicht in irgendwelche Kontrollen eingebunden werden, das muss er selbst machen. Gehalten hat er sich an diese "Regel" bisher nicht. Ich habe ihn darauf angesprochen, aber in dem Moment ist das egal. Er meinte, er wolle noch Videos anschauen, das Handy neu einrichten etc. und er hätte keinen Spieldruck. Abgesprochen war es anders. Nachdem ich letzte Nacht wieder vor Sorge nicht gut geschlafen habe, bis er um 2 ins Bett kam, bin ich heute echt ratlos. Werde nachher auch mal zur Beratungsstelle gehen. In einer Beziehung mit einem Nicht-Suchtkranken wäre es natürlich eindeutig mein Problem, daran zu arbeiten wieso ich nicht schlafen kann wenn mein Partner nicht neben mir liegt. Aber es hat eben eindeutig auch mit seiner Sucht zu tun, unter der ich grade gefühlt deutlich mehr leide als er (Er leidet auch darunter, keine Frage, aber so einen richtig starken Leidensdruck sehe ich grade nicht bei ihm). Geredet haben wir schon oft, aber da das alles nicht länger als 3 Tage umgesetzt wird, hänge ich meine Hoffnung grade auch nicht sehr an ein weiteres Gespräch. Vielleicht habt ihr Ideen, Gedanken, Tipps zum Thema Abgrenzung oder Umgang mit diesen sehr sorgenvollen Nächten... Danke euch!

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #1 am: 05 Januar 2024, 10:40:03 »
Hallo Freiheitsliebe,

gut wirst sicher demnächst hier noch viele gute Tipps bekommen. Ich kann Dir vorab mal raten den oben angehefteten Thread von Mausilausi komplett zu lesen. Da steht eigentlich alles drinnen was man braucht um diesen Horror zu beschreiben.

LG Roy
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #2 am: 05 Januar 2024, 10:53:42 »
Lieber Roy,


vielen Dank. Ich hatte den Tread tatsächlich auch schon gelesen und fand den letzten Teil sehr hoffnungsgebend, dass man auf sich selbst schaut und aussteigt aus dem Machtkampf und aus dem Retten-Wollen. Das könnte ein Ansatz sein, denn Trennen will und kann ich mich Stand jetzt nicht. Ich habe da schon noch Hoffnung, zumal mein Partner seinen Alltag und seine Freizeit momentan noch sehr normal gestaltet und wir viel positive Zeit verbringen, er Hobbies und Freunden nachgeht etc. Aber natürlich kann das immer auch kippen, das ist ja die Angst die immer mit im Nacken sitzt. Ich bin also noch nicht in dieser ganz verzweifelten Phase, aber ich muss definitiv mehr auf mich achten (leichter gesagt als getan).


Liebe Grüße

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Offline Olli

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #3 am: 05 Januar 2024, 11:24:46 »
Hi und willkommen!

Die Frage wurde mir letztens gestellt und ich muss zugeben, dass ich auch keine Antwort darauf habe:

Was zum Teufel hält einen Menschen an einem Suchtkranken fest, der von ihm belogen und betrogen wird?

Natürlich sind wir Menschen, die auch vollkommen normalen Dingen nachgehen können. Doch das Glücksspiel vereinnahmt den Süchtigen mehr und mehr. Sein ganzes Leben richtet er danach aus. Eigentlich gibt es keine "glückliche" gemeinsame Zukunftsperspektive?!
Süchte sind progressiv ... sie verstärken sich ... es wird nie besser, nur schlimmer werden.
Und doch bleibt der Partner bei, in diesem Falle, ihm. Es wird zugeschaut. Wo ist die Watte, in die ich ihn betten kann, damit das Prinzesschen auf der Glücksspielerbse auch ja bequem schläft?!
Das eigene Befinden des Angehörigen wird zur Nebensache. "Ach, ich kann nicht mehr schlafen ... das zehrt an mir ... gibt es da eine Pille für mich?"

Das Problem bist nicht Du und Du bist es doch! Willst Du, dass er spielt? Nein? Dann bestehe darauf, dass er nicht mehr spielt! Er tanzt allen auf der Nase rum! Dir ... seinen Eltern ... Zeigt ihm ALLE EURE Grenzen! Bis hierher und nicht weiter! Du hälst Dich nicht dran? Dann tschüss! Da ist die Tür!

Wieso sollte er etwas verändern? Er hat sich doch arrangiert, wie wir Süchtigen das alle irgendwie immer tun! Bei Dir spielt er nur, wenn er denkt, dass Du schläfst und nichts mitbekommt. Gut, dann bekommst Du es mit ... Du vergießt ein paar Tränchen und er zockt sich in der nächsten Nacht wieder weg. Seine Eltern haben Sicht auf das Konto. Also wird auch hier die Grenze gesucht, wie viel er verspielen kann, bis es mal wieder zum Streit kommt. Die Eltern sind dann irgendwann aus dem Haus und schon sind die Sorgen und Nöte der Eltern aus dem Blickfeld. Er wartet nur ab bis Du schläfst ... dann kann er das Geschehene wieder verdrängen und ins Glücksspiel abtauchen.

Nun, niemand kommt auf die Welt mit dem Wissen, wie man mit Süchtigen umgeht! Ganz normale soziale Interaktionen werden auf einmal zur Unterstützung der Sucht! Lasse ihm seinen Freiraum ... funktioniert nicht ... es unterstützt die Sucht. Ich will ihn doch nicht kontrollieren ... unterstützt seine Sucht! Er ist erwachsen und muss seine Finanzen selbst regeln ... unterstützt seine Sucht! Ihn machen lassen ... unterstützt seine Sucht!

Vielleicht sollte ich meine Frage mal an eine Uni schicken, damit sich die angehenden Profis damit auseinander setzen. Ich glaube, die Uni Freiburg hat eine psychologische Abteilung?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #4 am: 05 Januar 2024, 12:14:14 »
Warum bleibt man bei jemanden der eine Sucht hat, gute Frage. Vielleicht weil Menschen komplex sind und mehr sind als ihre Sucht. Mein Partner ist nicht nur süchtig, er lebt damit seit fast 20 Jahren, hat trotzdem ein Studium abgeschlossen, einen Beruf, Freunde, ein soziales Netz aufgebaut, reist etc. Mit der Sucht im Gepäck könnte ich leben. Wenn sie aktiv angegangen wird. Und wenn mit ihr ehrlich umgegangen wird und auch mit mir. Das ist nämlich das Perfide: Er tut nicht nichts, er geht in die SHG etc aber so 100% ist er nicht commitet das Spielen zu lassen. Und man kann natürlich auch brav zur SHG gehen und sich nicht berühren lassen, das geht natürlich auch. Die eigenen Konsequenzen ziehen, gegen das eigene Herz zu handeln, wenn man jemanden liebt und sich eine Zukunft wünscht ist so verdammt schwer. Da ist es manchmal leichter die Augen zuzumachen und sich in das Schöne Hier und Jetzt zu flüchten. 

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Offline Rubbel

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #5 am: 05 Januar 2024, 12:43:51 »
Hallo Freiheitsliebe :)----------------------diese Antwort hat sich jetzt überschnitten mit Deiner letzten auf Ollis Antwort--------------------------------

willkommen hier im Forum! Du schreibst:
Zitat
keine Beziehung nur zu zweit, sondern seine Sucht ist eben auch mit dabei. Er war das erste halbe Jahr unserer Beziehung spielfrei. Seit 3 Monaten spielt er wieder regelmäßig mehrmals pro Woche online. Wenn er spielt, dann nachts. Seine Eltern haben Zugriff auf sein Konto, daher wissen sie, wenn er gespielt hat und deshalb weiß ich seit einer Woche auch, dass er wieder so oft spielt (zu mir hatte er gesagt, ca. 2 Mal pro Monat). Und da ich es sehr schlecht ertragen kann wenn man mich anlügt, hat es deswegen vor ein paar Tagen ziemlich geknallt (inklusive Tränen, Streit und Vorwürfen, das ganze Programm).
und später:
Zitat
Ich schlafe einfach extrem schlecht, wenn er nicht zu einer normalen Zeit ins Bett kommt sondern bis 1 oder 2 Uhr nachts im Wohnzimmer sitzt, da das ja genau die Zeit ist, in der er spielt.   (und weiter:)  Ich will da auch nicht in irgendwelche Kontrollen eingebunden werden, das muss er selbst machen. ... (und:) Nachdem ich letzte Nacht wieder vor Sorge nicht gut geschlafen habe, bis er um 2 ins Bett kam, bin ich heute echt ratlos. Werde nachher auch mal zur Beratungsstelle gehen. 

Ich denke, dass es für Dich schwer ist, Dich von seinem Problem abgelöst zu sehen, also Dich abzugrenzen. Du haderst, glaube ich, mit Dir, ob er nun allein die Verantwortung tragen soll dafür oder nicht. Sonst könntest Du, glaube ich, getrost schlafen. Aber natürlich ist ein Suchtverhalten äußerst störend in einer Liebesbeziehung. So ähnlich wie ein/e Nebenbuhler/in. Der Partnerin/dem Partner wird Aufmerksamkeit entzogen und in die Suchtausübung gesteckt.
So der Status quo.
Nun seid Ihr erst ein knappes Jahr zusammen, wie ich las, und seid Hals über Kopf zusammengezogen. Das war  vielleicht nicht 'das Gelbe vom Ei' an Idee.
Ist es seine Wohnung, also: bist DU zu IHM gezogen? Wie alt seid Ihr? Arbeitet Ihr beide? Wie lange wohnt Ihr schon zusammen?? Oder studiert Ihr beide?

Ich kann mir gut vorstellen, dass er damals, als Ihr Euch kennenlerntet, erst mal spielfrei war, weil wahrscheinlich die Leidenschaft zwischen Euch und die Faszination ihm die Spielfreiheit ermöglicht hat.
Dass er seinen Eltern die Kontokontrolle eingeräumt hat, ist wohl auch ein Indiz, dass er möchte, dass ihm auf die Finger geguckt wird, weil er tatsächlich Einsehen hat und was ändern möchte. Und auch dass er selbst sein Handy 'anbietet' zur Kontrolle, ist auch ein Indiz. Und ich glaube, er ist dem Zocken mehr ausgeliefert (d.h. seiner Sucht), als er es selbst von sich glaubt(e).

Er hat, glaube ich, den großen Wunsch, dass seine Nächsten ihm vertrauen, aber er sieht (selbst), dass er sich selbst nicht vertrauen kann, so sehr er das will.
Nun weiß ich um die Wohnungsnot und dass es nicht so einfach ist, jemanden rauszuwerfen oder eine neue Wohnung zu finden - nicht um die Beziehung zu beenden, aber für ein wenig Abstand.
Wenn er für sich entschiede, eine Therapie zu machen (Psychotherapie, Selbsthilfegruppe, stationäre Therapie für Spielsüchtige) wäre das sicher die beste aller Lösungsmöglichkeiten.
Für einen Spielsüchtigen ist es schwer, sich das einzugestehen, Hilfe von außen zu brauchen. Dennoch könntest Du mit ihm darüber sprechen. Nicht von oben herab und mit Drohungen (die Du im Zweifel gar nicht einlösen wirst), sondern mit der Deutlichkeit, dass Du ihn als Partner in Deinem Leben haben möchtest, auf den Du bauen kannst - wie er auf Dich. Dass Du keine Mutterrolle übernehmen willst und keine Co-Abhängige werden willst, weil es Euch um Freiheit beraubt und die Weiterentwicklung in Eurer Beziehung nicht möglich macht.
In der Suchtberatung wird Dir wahrscheinlich tendenziell zur Trennung geraten, so, wie auch Olli das sofort schreibt.
Möglich, dass es das beste ist, möglich sind allerdings auch andere Wege. Letztlich kommt es auf ihn an, ein wenig aber auch auf Dich, Dein Verhalten.
Es ist ein Balance-Akt. Wenn z.B. er jetzt von Dir hört, dass Du nicht schlafen kannst aus Sorge, hat das momentan für ihn anscheinend eine Zusatzbelastung, die Trotz in ihm auslöst, und dann legt er nicht sein Handy aufs Bett. Ich denke, es ist möglich, dass ihm seine Sucht selbst schon irre stört. Er will sicher auch ein freieres Leben. ER muss es aber ANPACKEN!
Ob Du bereit bist, mit ihm diesen langen Weg zu gehen, musst DU ENTSCHEIDEN.

Es wäre schön, wenn Du uns weiter berichten würdest.
Viele Grüße
Rubbel

« Letzte Änderung: 05 Januar 2024, 12:47:35 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #6 am: 05 Januar 2024, 13:07:41 »
Hallo Rubbel,


vielen Dank für eure (megaschnellen!) Antworten, das ist echt ein tolles Forum.
Du beschreibst exakt wie ich mich fühle, absolut hin- und hergerissen zwischen Gehen und Bleiben/Kämpfen für eine Beziehung, die sich in vielen Punkten so richtig und schön anfühlt und auch so schwer in anderen. Und da sie noch recht frisch ist, ist auch die Sorge da, mir irgendwann schwerste Vorwürfe zu machen wenn ich jetzt nicht gehe. Ich bin 33 und er Ende 30 und wir arbeiten beide und wollen Familie (mit 33 auch ein Punkt bei dem man nicht mehr extrem entspannt ist). Und ja, ich glaube ich habe die  Sucht tatsächlich unterschätzt (obwohl ich sogar "vom Fach" bin). Also, niemand ist davor geschützt! Ehrlich gesagt bin ich so oder so froh, dass wir zusammengezogen sind, sonst wären mir die Ausmaße wahrscheinlich erst viel später bewusst geworden. Man kann in der gemeinsamen Wohnung eben doch viel weniger verbergen. Und ich habe eine Menge Familie, Freunde, wo ich mal ein paar Wochen unterkommen kann, davor habe ich keine Angst. Aus der Wohnungsnot heraus muss ich nicht bleiben.


Er ist einsichtig, er sagt offen, dass er süchtig ist, Familie, enge Freunde wissen es. Mir hat er es nach 6 Wochen gesagt. Therapien hat er schon mehrere gemacht und er geht auch in eine SHG seit ein paar Wochen. Aber Spielen tut er immer noch und so richtig 100% kämpft er nicht dagegen, es gibt dann doch immer wieder gebrochene Vorsätze (wie das mit dem Handy) und da merke ich, dass er wohl mehr wünscht als tun will.


Aber ich muss erstmal bei mir bleiben. Ich muss auch keine Entscheidung heute treffen. Ich lasse mich trotzdem mal beraten und werde heute erstmal zu einer Freundin gehen bis morgen. Mal bisschen Schlafen und andere Gedanken bekommen. 


Man liest hier eben meist von Menschen, die entweder gerade herausgefunden haben, dass der Partner süchtig ist oder ganz extrem lange Leidensgeschichten hinter sich haben inkl. Persönlichkeitsänderungen beim Partner (was bei meinem bisher nicht der Fall ist). Ich fühle mich irgendwo nicht so richtig zugehörig, aber eure Worte helfen mir (auch wenn sie teilweise wehtun).

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Offline Rubbel

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #7 am: 05 Januar 2024, 13:52:38 »
Hallo :)
Ja, ich weiß: Die Uhr tickt, wenn frau Kinder haben will. Es ist nicht nur hormonell bedingt, sondern ja auch zu bedenken, dass Fit-Sein wichtig ist dafür, und Gesundheit ist auch förderlich ... für Eltern UND Kind.
Verständlich, dass Ihr den Wunsch bald verwirklichen wollt. Schwer ist auch, was dazu zu sagen (schreiben).
Wenn Du es ermöglichen kannst, dass eine Schwangerschaft nicht 'passiert', dann ist das momentan sicher gut und richtig und vor allem wichtig.
Ihr braucht ja erst mal Klarheit, und darauf zu bauen, dass Euch beide ein Kind von den Problemen befreit, ist illusorisch und dann wäre das Kind ein Mittel zum Zweck: Das sollte keinem Kind aufgebürdet werden!
Allerdings wäre das auch mal ein Aspekt, den Ihr besprechen könntet, was das Suchtverhalten angeht. Es wird ja nicht sein Begehr sein, die Familie ins wirtschaftliche und/oder emotionale 'Aus' zu stürzen, und da geht's eindeutig um Verantwortlichkeit.
Ich finde, DAS ist doch mal ein guter Grund für ein tiefes Gespräch zwischen Euch - oder was meinst DU?
Dass Du übrigens mal zu Deiner Freundin gehst und dort schläfst, finde ich sehr gut. Vor allem kannst Du dann checken, ob Du dort zum Schlafen kommst ...

Viele Grüße
Rubbel
--Meist ist Geist geil--

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Offline Olli

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #8 am: 05 Januar 2024, 14:42:55 »
Hi Freiheitsliebe!

Vielen Dank für Deine Ehrlichkeit!

Nun, ich sollte mal etwas klarstellen: Ich bin nicht grundsätzlich für eine Trennung von einem Glücksspielsüchtigen! Du benutzt da meine Worte, die da lauten: Wir sind mehr als unsere Sucht!

Doch wenn die Sucht nicht gestoppt wird, dann gibt es für mich keine andere Möglichkeit. Auch Angehörige sind mehr als der Partner des Süchtigen! Gerade sie können nichts für die Sucht, tragen aber alle negativen Konsequenzen.

Wer die Sucht nach etlichen Therapien und weiteren Möglichkeiten aus der Suchthilfe nicht zum stoppen bringt, der gibt sich die Erlaubnis zu "zocken". Wir können uns das umwandeln in die Erlaubnis "abstinent" zu leben! Diese Erlaubnis, egal in welcher Form, ist eine aktive Handlung!
Wenn ein Spieler mich als Angehörigen aber durch diese bewusste Entscheidung in Leid stürzt und alles Bitten, Flehen und Drohen ins Leere läuft ... nun, dann hat er MICH nicht verdient! Was will ich mit einem Partner, der weder sich selbst, noch mich wertschätzt und respektiert?

Zitat
v#und da merke ich, dass er wohl mehr wünscht als tun will.

Vollkommen richtig! So lange er es sich wünschen kann, existiert die Erlaubnis zum Zocken noch. Auch das meinte ich, als ich vom Arrangement sprach ...

Zitat
Aber ich muss erstmal bei mir bleiben. Ich muss auch keine Entscheidung heute treffen. Ich lasse mich trotzdem mal beraten und werde heute erstmal zu einer Freundin gehen bis morgen.

Vollkommen richtig! Bleibe bei Dir und baue Dir ein Fundament für Deine Entscheidung auf, wie immer die auch aussehen mag!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #9 am: 05 Januar 2024, 17:23:51 »
Nein, ein Kind darf nie Mittel zum Zweck sein und das wäre es auch nicht. Ich überlege eher umgekehrt also könnte ich notfalls ein Kind allein stemmen, emotional und finanziell etc und kann ich es verantworten mit diesem Mann, mit dem ich zusammen bin und der sich auch Familie wünscht, in absehbarer Zeit (nicht morgen) ein Kind zu bekommen. Sehr schwierige Fragen über die wir auch sprechen. Am Reden fehlt es nicht. Eher am machen (auf seiner Seite). Ich mache ja eher zu viel grade. Daher hab ich mir Abstand verordnet. Ich fand den Vergleich übrigens toll mit der Geliebten. Genauso fühle ich mich: im Bett liegen und nicht wissen, ist er grad bei ner anderen. Grauenvoll.
Ich war bei der Beratungsstelle. Sie haben mir nicht zu Trennung geraten oder so aber dazu, meine Grenzen klar auszuloten und die klar zu kommunizieren. Nichts leichter als das, haha. Aber das wird jetzt meine Aufgabe sein. Fühlt sich auch gut an, wieder an der Baustelle zu arbeiten, an der ich arbeiten kann. Danke euch. Ich halte euch auf dem Laufenden.

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Offline Rubbel

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #10 am: 05 Januar 2024, 17:45:15 »
Hi! :)

Klar kannst Du ein Kind alleine stemmen - das hab ich auch gemacht ... (aus anderen Gründen). Aber das geht sehr wohl, ist nur, falls der Erzeuger dann gänzlich weg ist, ganz schön anstrengend. Wahrscheinlich, höchstwahrscheinlich wird Dein Partner, der sich auch Familie wünscht, aber da sein.
Es ist - glaube ich - bloß so: Du wirst ihm vllt. noch mehr auf die Finger gucken in der Hoffnung, dass er sich doch noch ändern möge.
Ich musste eben lachen: 'Grenzen ausloten' ... tsss .... das ist ja der Knackpunkt! Aus Zuneigung ist frau ja schnell bereit, Kompromisse zu machen, weil 'sonst' alles tutti ist - oder sich gut anfühlt.
Hilft gerade aber nicht viel. Wichtig ist tatsächlich, dass Du Deine Verantwortungsgefühle im Griff hast und die Glücksspielsucht nicht als von Dir gefördert oder sonstwie zu Deinem Problem machst, denn es liegt gar nicht an DIR. Er war vorher auch schon der Zockerei verfallen. Wir haben auch nicht die Aufgabe, Rettungsanker zu sein. Und ich weiß schon, warum ich den Vgl. mit der Nebenbuhlerin geschrieben habe. Es kann sein, dass Du denkst, Du bist nicht genug, um ihn zu heilen, zu stützen, ihn vom Zocken abzubringen ... ES IST NICHT DEINE VERANTWORTUNG! (auch das kann wehtun, ich weiß).
Das ist nicht meine Absicht, es ist nur zu Deiner Klarheit in der Sache, in dem Problem.
Vielleicht hilft ihm, sich mit den ganzen mafiösen Strukturen der Glücksspielindustrie intellektuell eingehend auseinanderzusetzen, sich zu informieren, welche anderen kriminellen Geschäfte damit finanziert werden und so ... mir hat es damals geholfen, d.h. es hat sich quasi 'aufgezwungen', so dass ich dachte: Nein! Ich will nicht reinfallen auf solche Gauner, und gedacht: 'bin ich denn blöd? Nein. Also ist es wichtig, mich abzugrenzen von dem Betrugsgeschäft.' So in etwa.
Ich nehme Dir voll ab, dass er eigentlich liebenswert ist. Und ein toller Gesprächspartner dazu. Das gibt frau nicht leichtfertig auf.
Wenn er Offenheit nicht schafft zur Zeit und alles beschönigt, dann wäre es vielleicht gut, wenn Du mit Offenheit ganz schonungslos auf ihn zugehst.
Zum Beispiel damit, dass Du Dir hier Hilfe suchst und bei der Beratungsstelle warst.
Was hältst Du davon?

Viele Grüße, und schlaf gut heute nacht :)
Rubbel
« Letzte Änderung: 05 Januar 2024, 17:50:04 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #11 am: 05 Januar 2024, 18:17:32 »
Das mit dem Kind sehe ich gänzlich anders.
Das wäre in jedem Fall für mich jetzt grob fahrlässig gegenüber dem Kind auch wenn es noch nicht existiert. Wenn Papa kein Arschloch ist und sich trotz schwerer Sucht für das Kind engagieren will was dann? Vorenthalten geht für mich gar nicht. Und wenn seine Sucht noch wesentlich größer wird könntet ihr an einen Punkt wie zB Mausilausi kommen. Dann kann es auch leicht richtig in die falsche Richtung abdriften. Erst die Sucht angehen und wenn ihr das zusammen übersteht den Familien Planungsschritt gehen. Kinder lieben beide Teile, zumindest in der Regel, was auch gut ist.

Ganz schwieriges Thema!

LG Roy
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #12 am: 06 Januar 2024, 09:16:59 »
So, ich melde mich nochmal. Vielen Dank für eure ganzen Antworten und Gedanken!
Nach einer guten Mütze Schlaf und Gesprächen mir Beratungsstelle und Freundinnen kann ich heute morgen viel klarer sehen. Und auf einmal ist es gar nicht mehr so schwer zu formulieren was meine Grenze ist und was ich bereit bin zu tun und was nicht. Da merke ich auch, dass ich nicht mehr ganz so schnell und so tief in die Co Abhängigkeit rutsche wie noch vor einigen Jahren bevor ich selbst Therapie gemacht habe. Die Muster erkenne ich zum Glück schneller und steige schneller wieder aus.
Für mich ist ganz klar, daß ich meinen Partner nicht einfach aufgeben und verlassen will. Ich möchte, wie der Titel sagt, eine Partnerschaft auf Augenhöhe in der ich nicht kontrolliere und auch nicht gegen seine Sucht kämpfe. Weil das auch eh nicht geht. Ich kann anbieten: Mut machen, ein offenes Ohr, Mitkommen zum Paargespräch, in den Arm nehmen. Wenn er das will. Alles andere muss er selbst tun. Ich kann mir eine Beziehung mit ihm weiterhin vorstellen, auch mit Sucht, inklusive Rückfälle, das wäre kein Trennungsgrund für mich. Ich kann mir aber keine Beziehung mit einem "nassen" aktiven Spieler vorstellen. Damit ich dabei bleibe, erwarte ich, dass er abstinent wird und alles tut um es zu bleiben. Inklusive Hilfe holen wenn er es nicht allein schafft. Da hat mir auch nochmal die Abgrenzung zwischen Rückfall und aktivem Spielen durch die Beraterin geholfen. Wer mehrere Monate fast täglich spielt hat keinen Rückfall, sondern ist aktiver Spieler. So, und jetzt tu ich mir was Gutes um dann wahrscheinlich später das Gespräch zu suchen.
« Letzte Änderung: 06 Januar 2024, 09:18:47 von freiheitsliebe »

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #13 am: 06 Januar 2024, 09:21:49 »
Und das mit dem Verantwortungsgefühl kenne ich: auch wenn der Kopf es besser weiß, habe ich doch manchmal diese Gedanken: "wenn er nur glücklich genug mir mir ist wird er aufhören". Ist leider Quatsch. Eine zufriedene Beziehung kann genauso wie Freundschaften, Sport, gute Ernährung etc helfen, die Psyche zu stärken aber  heilen kann sie nicht.

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Offline Olli

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #14 am: 06 Januar 2024, 10:02:33 »
👍
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
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