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Partnerschaft auf Augenhöhe

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Offline Olli

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #60 am: 29 Januar 2024, 13:35:49 »
Zitat
das wäre ja mehr so eine "erzieherische Maßnahme"

Wo in dieser Antwort bleibst Du? Wenn Du Dich trennen solltest, dann weil Du für "Dich" keine Perspektive mehr siehst. In Deiner Argumentation für eine Trennung wird ER gar nicht auftauchen!

Was würdest Du denn tun, wenn er Dir heute sagt, dass er ne Neue hat? Würdest Du dann bleiben? Ihm das Köpflein streicheln und sagen: "Ich weiss, dass Du es so gar nicht meinst ..." Würdest Du ihm zureden? Würdest Du Dir eine Woche Auszeit nehmen, wenn die Neue bei Euch übernachtet?

(Der Vergleich stammt von Angehörigen ...)

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #61 am: 29 Januar 2024, 14:18:51 »
Hi Olli,

Spannende Frage: Nein wenn er eine andere Frau hätte wäre ich gleich weg. Aber so passend ich den Vergleich für das Verständnis von dem Gefühl finde, das man in diesen Momenten oft hat, so unpassend finde ich ihn in anderen. Sucht ist ja immerhin eine Krankheit und nicht einfach ein "Arschlochverhalten". Auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Ich kenne mich auch recht gut und bin niemand der schnell aufgibt, aber auch niemand der endlos lange leidet wenn ich keine Perspektive sehe. Es ist jetzt 2 Wochen her seit ich wieder da bin und ich werfe nicht gleich das Handtuch. Aber sollte ich an den Punkt kommen, dass ich keine Perspektive sehe oder immer mehr versprochen als getan wird, dann werde ich auch allein weiterziehen. Und das weiß er.

Das mit der erzieherischen Maßnahme meine ich genauso. Ich mache nichts mehr allein aus dem Zweck ihn zu "erziehen" , also von der Sucht wegzubewegen. Sondern das was ich mittragen kann oder eben nicht, daran orientiere ich mich.

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Offline Ilona

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    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #62 am: 29 Januar 2024, 15:27:26 »
Ja, Glücksspielsucht ist eine Erkrankung. Das zu akzeptieren, ist für Betroffene einer der allerersten Schritte. Als Nächstes kommt die Frage bzw. die Abwägung: will ich sie behalten, mich mit ihr arrangieren oder sind die Auswirkungen auf mich und mein Umfeld so gravierend, dass ich Schritte unternehme, sie loszuwerden. An dieser Stelle hakt es scheinbar noch bei deinem Partner. Jedenfalls aus der Distanz betrachtet. Nun muss man allerdings sagen, dass sowas meistens nicht im Schnellverfahren funktioniert. Er muss innerlich und äußerlich abwägen, welchen Nutzen er hat, wenn er es angeht und wie hoch die „Kosten“ sind, die er investieren muss, um die Glücksspielsucht loszuwerden. Für Angehörige ist es ähnlich. Da lautet die Frage: wieviel Zeit gebe ich ihm noch für diese Ambivalenzphase? Wie lange halte ich das noch aus? Ist es ok für mich, einen Partner zu haben, der seine Probleme, die auch mich tangieren, so zögerlich angeht? Oder kann ich das hinnehmen? Weil alles andere mit ihm schön ist und ich nicht für seine Zockerei zahlen muss. Weder finanziell, noch emotional.
Alles Gute für dich.
LG Ilona
« Letzte Änderung: 29 Januar 2024, 15:32:40 von Ilona »
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #63 am: 29 Januar 2024, 16:45:50 »
Hallo Ilona,

jap, er ist in der Ambivalenz und ich auch. Das ist unangenehm aber wahrscheinlich auch momentan einfach nötig und gehört zum Prozess dazu. Für ihn  und auch für mich. Da heißt es jetzt aushalten und reinspüren, ich denke die nächsten Wochen bringen vielleicht etwas Klarheit.

Liebe Grüße

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #64 am: 29 Januar 2024, 17:40:39 »
Hallo Freiheitsliebe, die Leiterin der Angehörigengruppe sagte letztens zu mir das die Entscheidung zu bleiben, wenn sie bewusst vom Angehörigen getroffen ist genauso valide ist wie diese zu gehen.  Und man kann sich umentscheiden wenn die Begebenheiten sich ändern. Ein Angehöriger ist noch monatelang in die Angehörigengruppe gekommen obwohl er sich getrennt hat, er hat den Austausch einfach noch gebraucht um seinen eigenen Frieden zu finden.
Ich selber bin noch nicht gegangen, weil ich eben nicht will dass meine Kinder aus der Umgebung gerissen werden. Heisst aber auch nicht das ich für immer bleiben werde. Ich habe lange blind vertraut und habe trotz meiner Angewohnheit alles zu kontrollieren beide Augen zu gemacht.
Als mir klar wurde,das es bergab geht, und es hier nicht um ein Hobby geht, habe ich Schwierigkeiten gehabt anzunehmen das ich komplett reingelegt wurde. Es liegt vermutlich daran das es schleichend vonstatten ging. Und jetzt bin ich immernoch dabei mich selbst zu sortieren.

Folge einzig deinem Bauchgefühl, es ist OK wenn du erstmal noch bleiben willst. Es ist aber genauso Ok sich dauerhaft zu trennen wenn du keinen Sinn mehr siehst

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #65 am: 30 Januar 2024, 14:16:05 »
Danke Marieclaire für deine Worte. Ich hab oft das Gefühl, dass von Angehörigen irgendwie "perfektes" Verhalten erwartet wird. Aber es ist für uns ja auch schwer, konsequent zu bleiben, wenn die Gefühle Achterbahn fahren. Wie bei mir grade. Ja, ich habe gesagt, es geht mit uns nur in Richtung Zukunft wenn er abstinent ist und alles tut, um es zu bleiben. Nun war er nicht abstinent. Und ich bin immer noch da. Fühlt sich nicht gut an. Ich habe auch gedacht, ich könnte jetzt erstmal so eine Art "Rantasten" an die Abstinenz tolerieren, solange er Dinge tut, wie zur SHG gehen. Aber jetzt merke ich, dass es mir einfach allein mit der Tatsache, dass er spielt furchtbar schlecht geht. Das war mir vorher auch nicht so klar. Ich war dann gestern auch ganz kalt und abweisend, weil ich einfach in dieser Ambivalenz hänge und da spürt er natürlich und ist verletzt. Ich hoffe auch, dass ich ein bisschen mehr Klarheit in meinen Kopf bekomme.

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #66 am: 14 Februar 2024, 20:22:05 »
Ich wollte euch mal einen kurzen Zwischenstand mitteilen: Momentan bin ich in einem Zustamd den ich beschreiben würde mit "auf Sicht fahren". Was meine Beziehung angeht. Mein Freund hat seit ca 3 Wochen nicht gespielt. Das find ich toll aber ich bin nicht euphorisch. Ich merke auch, dass ich zwar etwas erleichtert bin und mich vorsichtig freue. Aber gleichzeitig bin ich auch angespannt und ich traue dem Frieden noch nicht so. Er kam vor einigen Tagen in die Notaufnahme mit Verdacht auf Herzinfarkt. Es war dann aber doch eine Panikattacke. Das war für ihn einschneidend, sowas hatte er noch nie. Ich hab das Gefühl, dass motiviert ihn grade deutlich mehr zur Abstinenz als alles was seine Eltern oder ich tun oder sagen. Gleichzeitig läßt er sich die Option offen zu spielen, er sperrt sich nicht bei den illegalen Anbietern, löscht sich nicht auf allen Portalen. Geht aber zur Einzelberatung und zur SHG. Ich hab das Gefühl, er hofft dass es ihm durch Gespräche etc so geht, dass er das Spielen lassen kann. Aber wenn es nicht klappt kann er spielen. Mir geht's ok. Ich lebe halt quasi in 2 Welten. In der einen planen wir unsere Zukunft,  buchen Urlaub, besprechen das nächste Wochenende,  lieben und streiten uns (also der normale Beziehungswahnsinn), in der anderen weiß ich nicht ob wir in 1 Monat überhaupt zusammen sind. Joa, so sieht s aus.

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #67 am: 01 März 2024, 22:24:14 »
Hallo liebes Forum,

Mein Freund ist jetzt seit über einem Monat spielfrei. Ich bin ziemlich stolz auf ihn, und gleichzeitig merke ich auch wie misstrauisch ich bin. Ich habe oft Sorge, dass es jeden Moment wieder kippen könnte. Vielleicht ist das normal nach so kurzer Zeit, so richtig euphorisch sein kann ich noch nicht. Ich weiß auch, dass ihn das manchmal runterzieht, vor allem wenn ich kritisch nachfrage ob es zum Beispiel eine gute Idee ist, dass seine Eltern ihm bald von seinem Sparkonto Geld überweisen um Schulden auszugleichen. Ich verstehe, dass er die Schulden loswerden will, aber mache mir Sorgen, dass sobald alles im schwarzen Bereich ist er wieder zockt. So gefühlsmäßig find ich es zu früh. Aber vielleicht bin ich auch zu negativ.

Jetzt wo er nicht mehr spielt war auch wieder mehr Zeit für eigene Themen von mir und da hab ich gemerkt, dass sein Suchtverhaöten auch für mich eine gewisse Funktion hat. Es lenkt nämlich wunderbar von mir selbst ab bzw bringt mich eher in Kontakt mit meinen starken Seiten, die funktionieren. Ich musste viel mehr bei meinen Bedürfnissen bleiben und klar kommunizieren, was gut getan hat. Und jetzt wo es wieder mehr um "normale" Beziehungsthemen geht kommen auch meine eigenen depressiven Anteile mehr hoch, die ich die letzten Monate wenig gespürt habe. Die Sucht erfüllt halt nicht nur für die Süchtigen Bedürfnisse,  sondern hat oft auch für uns Angehörige eine Funktion. Ist nicht so schön sich das einzugestehen.

Gute 24 Stunden, bleibt dran!

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #68 am: 04 April 2024, 13:06:40 »
Liebes Forum,

nun sind 3 Monate seit meinem ersten Post hier vergangen. Ich lese hier immer noch regelmäßig rein und weiß inzwischen mehr über diese Erkrankung als ich je dachte zu wissen...
In meinem ersten Post hatte ich geschrieben, dass ich vor allem mit dem Schlafen Probleme habe (weil mein Freund vor allem nachts gezockt hat). Im Nachhinein kommt mir das ein bisschen absurd vor, weil das Schlafproblem war ja einfach ein Symptom und ein völlig verständliches, so würde ich es im Nachhinein bewerten. Wenn man als Angehörige so mitten drin ist im Strudel, geht aber manchmal etwas die Perspektive flöten und konzentriert sich auf solche "Details" statt auf das Große Ganze.
Unsere Situation ist im Moment so, dass mein Freund spielfrei ist seit über 2 Monaten, in seine Beratungsstelle und SHG geht und dabei ist eine ambulante Reha zu beantragen.
Wir gehen meist immer noch zu unterschiedlichen Zeiten ins Bett, aber das stört mich viel weniger, weil ich weiß dass er nicht spielt. Trotzdem wache ich manchmal noch mit Herzklopfen auf und der plötzlichen Angst, er könnte aufgestanden sein um zu Zocken. Ich denke das wird noch eine Weile dauern bis das aus meinem Nervensystem wieder draußen ist. Die Angst, es könnte die nächste Spielphase beginnen ist auch noch da, vor allem wen wir darüber sprechen. Manchmal hab ich das Gefühl, er steht dem Ganzen wirklich anders gegenüber. Dann sagt er auch, die schlechte Erinnerungen an die Zeit, als er mit Herzrasen aufgewacht ist, die halbe Nacht durchgezockt hat und unsere Beziehung auf der Kippe stand überwiegen und er denkt vor allem daran, wenn er ans Spielen denkt. Dann gibt es aber auch Momente wie neulich, in denen er sagt, dass der Druck zu Spielen wieder stärker war und auch die Erinnerungen an die schönen Gefühle dabei, wieder da waren. Ich finde es super, dass er das sagen kann, aber was noch nie der Fall war ist, dass er sich mit akutem Spieldruck jemandem anvertraut hat. Das macht er immer mit sich allein aus und will das auch nicht anders. Er meint, er könnte sich einfach nicht anvertrauen wenn er akut Suchtdruck hat.
Was ihn und mich auch belastet, ist dass seine Eltern den Kontakt gerade sehr reduziert haben, seine Mutter ihn auch gar nicht sehen will. Sie hatten schonmal für 2 Jahre den Kontakt abgebrochen. Ich habe weiterhin Kontakt, besuche sie und wir schreiben. Ich kann sie auch verstehen. Gleichzeitig denke ich , dass der Rückhalt der Familie, gerade jetzt wo er aktiv an sich arbeitet, ihm sehr gut tun würde. Zwingen kann man aber natürlich niemanden.
Das Thema Sucht ist im Alltag immer mal wieder Thema, momentan reden wir so 1-2 Mal pro Woche darüber, ansonsten gibt es andere Themen. Manchmal würde ich mich auch gerne mehr anvertrauen, wenn bei mir Ängste hochkommen, dass er wieder spielen könnte, aber ich will ihn nicht belasten damit. Keine Ahnung ob das gut ist oder eher Vermeidung.
Falls ihr Gedanken dazu habt, ich freue mich. Ansonsten schreib ich hier einfach weiter in Abständen, tut mir gut, dass ab und zu zu formulieren und vielleicht hilft es ja jemandem.


Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #69 am: Gestern um 22:00:13 »
So, nach 4 Monaten Abstinenz kam vorgestern der Rückfall. Ich hab es irgendwie gespürt, und ganz unruhig geschlafen. Darauf angesprochen hat er es auch sofort zugegeben. Ich weiß, Angehörige sollten bei sowas nicht vorwürfig werden, aber das wurde ich. Ich war so tief enttäuscht, vor allem weil er nicht mit einem Wort erwähnt hat, dass er Suchtdruck hat (es hat wohl schon tagelang in ihm gebrodelt). Er will da nach seiner Aussage "selbst mit klarkommen". Eine ambulante Reha startet demnächst, da darf er aber nicht spielen, sonst wird das beendet. Ich bin gerade einfach nur traurig, und erstmal für eine Nacht weg, weil ich Abstand brauche um das zu verarbeiten... vielleicht gibt es ja jemanden der ein paar aufmunternde Worte, einen gutgemeinten Arschtritt oder eine Erfahrung für mich hat, bin grade sehr ratlos...

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Offline Rubbel

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #70 am: Gestern um 22:42:06 »
Kannste haben :)
Was willst Du denn erreichen damit, dass Du einen Rückfall von ihm zum Anlass nimmst, ihm Deine große Enttäuschung und Gekränktheit zu zeigen und ihm mit Deiner 'Nacht woanders' wahrscheinlich Schuldgefühle eintrichterst? Wie lange seid Ihr zusammen jetzt? Kaum 2-3 Monate? Und er soll Dir jetzt immer sagen, wann er Suchtdruck hat? An seiner Stelle wäre ich sicher genervt ... und Du kämst mir vor wie eine Gouvernante oder Mutter. Klar muss er das doch letztlich mit sich selbst ausmachen ... vielleicht ist ihm auch alles zu eng? Oder etwas, was er nicht aussprechen kann, quält ihn?
WAS wäre denn Dein Wunsch, wenn Du mal ganz tief in Dich hinein horchst? Ich meine ... willst Du ihm abverlangen, Dir stets zu spiegeln, dass Du ihm wichtiger als andere bist?
Rückfälle sind völlig normal. Dass er davon erzählt hat, finde ich ... ist ein gutes Zeichen. Alle Verantwortung liegt bei ihm. Auch für die Therapie. Du hast kaum bis keinen Einfluss darauf - das solltest Du Dir für die nächste Zeit einfach klar machen.
(Klingt vllt. schroff für Dich, ist aber so. Dir zuliebe wird er nicht aufhören. Wenn, dann hört er sich selbst und einem besseren Leben zuliebe auf.)
Gruß R
--Meist ist Geist geil--

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Offline TAL

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #71 am: Gestern um 23:03:41 »
Hallo Freiheitsliebe,

ich habe nie verstanden, warum ein Rückfall in vielen Fällen das sofortige Therapieende bedeutet. Das ist meiner Meinung nach sehr kontraproduktiv.
Aber nun gut, man muß nicht alles verstehen.

Natürlich will er da selbst 'mit klarkommen', ich denke, das geht oder ging uns allen mal so - mir definitiv. Nur funktioniert das leider nicht so wirklich gut. Eine Diskussion mit mir selbst kann ich nicht gewinnen, denn ich kenne ja alle 'Argumente' - und weiß eben auch, wie ich sie 'relativieren' kann.

Daß er nicht mit dir gesprochen hat, als er merkte, daß es, wie du es nennst, in ihm 'brodelt', ist in meinen Augen jetzt aber trotzdem nichts, was man ihm vorwerfen könnte. Ein Partner würde bei mir auch ziemlich weit unten auf der Liste der Ansprechpersonen stehen, wenn es darum geht, über sowas zu sprechen.
Es geht da eher darum, daß er auch mit niemandem sonst darüber gesprochen hat. Das ist definitiv 'grob fahrlässig', um es mal milde auszudrücken.

Das mit dem Abstand war nicht die schlechteste Entscheidung. Ich hoffe, du schaffst es jetzt, etwas zur Ruhe zu kommen.
Wenn er es wirklich will, dann wird er es schaffen - und in Zukunft auch alles dafür tun.
Und wenn nicht, dann kannst du eh nichts tun, außer dich selbst zu schützen.

-edit-
Hab zu lange gebraucht, Rubbel war schneller.
Denn den Teil, wo ich mich dazu geäußert habe, hatte ich dann doch wieder gelöscht.
Aber ja, genau darum hätte ich es dir auch nicht gesagt.
Selbst ich würde das zu Hause nicht ansprechen, und wir sind um einiges länger zusammen.
« Letzte Änderung: Gestern um 23:10:16 von TAL »

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Offline andreasg

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Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #72 am: Gestern um 23:03:52 »
Hallo Freiheitsliebe,

da ist etwas in Arbeit, und das wuhlt auf. Es braucht Distanz, damit die verängstigte Seele sich von den Fesseln der Aggression lösen kann. Einem Spieler zu sagen: "wenn du ein Spielproblem hast, dann hör doch einfach auf, z.B. Geld in den Automaten zu werfen, auf Sportereignisse zu setzen, oder Dich online in fragwürdige Casinos einzuwählen"! Es funktioiert einfach nicht auf Befehl. Spielsucht ist eine Krankheit, die eben Menschen befallen kann, und diese Krankheit braucht viel Zeit, um zum Stillstand gebracht zu werden.
Ich habe im August 1989 den Weg in die Selbsthilfegruppe gefunden, ich habe trotzdem weitergespilt. Aber dann kamen Tage, an denen ich nicht gespielt habe. Irgendwann war ich eine Woche spielfrei geblieben. Ich saß in der Gruppe, ich habe Tränen der Erleichterung vergossen. Dann wieder weiter gespielt, einen Monat spielfrei, Rückfall, die Scham, die Angst, alles nahm bitter zu, aber ich lernte auch in der spielfreien Zeit, mein Leben wieder aufzunehmen, mich wieder wie ein Mensch zu verhalten. wieder Geld in der Tasche zu haben. Dann, nach 10 Monaten Selbsthilfegruppe die Kapitulation, die panische Angst, das mein Leben lang auszuhaltn.  Nach 10 Jahren der Spielabstinenz ging mein langjähriger Arbeitgeber in Insolvenz. Seh schwerer belastender Spieldruck, mit viel  viel Glück dem entronnen ... Die einzige Gewissheit, die ich habe ist, ich kann Heute spielfrei bleiben, einen Tag zur Zeit.
"Wohlwollend in den Arxch treten" - Gestern war ich in einem Online - Treffen. . Eine Teilnehmerin zog dort über eine andere Teilnehmerin des Treffens her. Dieses habe ich in einer Wortmeldung konfrontiert. Ich hatte Angst, mein Gefühl zu benennen, suchte nach Ausreden, Ausflüchten, besann mich auf meine Art und Weise zu manipulieren, eben das nicht eingestehen können, meiner eigenen Befindlichkeit und meiner Bedürfnisse. Und trotzdem habe ich die Konfrontation ausgesprochen. Niemand ist über mich hergefallen, niemand hat mich gelobt, oder auch angegriffen. Die konfrontierte Person blieb ruhig, und erfreulicherweise bis zum Ende des Meetings, die angegriffene Person stabilisierte sich. In der Klinik habe ich die "konstruktive Konfrontation" gelernt, und im Patientenkommite auch angewendet. Das hilft mir selbst, bei mir zu bleiben, meine Gefühle, die unter der Maske von Groll und Angst schlummern wahrzunehmen, mich selber zu erkennen, und mir einen neuen Weg für meine Genesung weisen.

Spielsüchte Menschen neigen zur Ungeduld, wir wollen blitzschnell, daß lle Probleme auf einmal gelöst werden, und dann wird sich endlich Ruhe einfinden. Aber genau das ist für mich eine Scheinwelt. Was ich gelernt habe, einfach einmal eine Pause machen, sich auf das Wesentliche zu besinnen, das tun, was am wichtigsten, am dringensten ist.
Das wichtigste ist für mich die Wiedergutmachung. Den Schaden, den ich in meinem Leben angerichtet habe wiedergutzumachen, nicht mit leeren Worten, sondern mit Kompetenz, die sich im Vertrauen finden lässt.

Schau einmal nach, ich denke, Du bist schon auf einem Guten Weg.

schöne 24 Stunden
Andreas
« Letzte Änderung: Gestern um 23:29:34 von andreasg »
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #73 am: Heute um 00:00:21 »
Ich weiß, Angehörige sollten bei sowas nicht vorwürfig werden, aber das wurde ich.

Das ist exakt so n Schema F ding was es meiner Meinung nach überhaupt nicht gibt - bzw geben sollte. DU hast doch alles Recht der Welt ihm zu sagen das du Traurig, enttäuscht wütend oder sonstwas bist...

Nachdem es hier mächtig gescheppert hat nach viel hin und her nach Jahren fing meine Frau bitterlich an zu weinen mit den Worten "Ich weiß überhaupt nicht mehr was richtig oder falsch ist"

Sie hat sich "hinter meinem Rücken" so viel über alles mögliche informiert bzgl. meiner Diagnosen die ich so habe und auch die Sucht betreffend das SIE dabei total in den Hintergrund geraten ist und nur noch damit beschäftigt war,
MIR alles recht zu machen damit mich bloß nichts noch mehr belastet als es das alles eh schon tut.

Die GRUNDlage einer jeden Beziehung oder Ehe ist meiner Meinung nach ABSOLUTE Ehrlichkeit und da gehört es nunmal auch dazu einem Spieler -oder auch anderen- etwas zu sagen was Ihm nunmal nicht schmeckt, das ist völlig Legitim !!!

Meine Frau ist absolut Harmonie bedürftig - ich bin "gerne" mal hin und wieder streitsüchtig - treffen wir uns in der Mitte dann passt es :)
DAS macht es aus zwischen uns seit 15 Jahren, wir sind in JEDER Hinsicht absolut gegensätzlich, nach nun 10 Jahren GEMEINSAMEN Kampf gegen - oder mit- all meinen Dämonen ist endlich mal Licht am Ende des Tunnels zu erahnen...

Was den Suchtdruck angeht, schwierig. Da ich es selbst heute oft noch gar nicht richtig merke macht es das um so schwieriger meiner Frau zu sagen. Wenn ich es denn mal merke und sage "oh mist schatz suchtdruck" seh ich in ihren Augen diese Angst - auch nicht schön, und da frag ich mich selbst manchmal - sagst du es ihr oder behälst du es für Dich...

Re: Partnerschaft auf Augenhöhe
« Antwort #74 am: Heute um 05:43:29 »
Danke euch für die Antworten. Ich verstehe schon, dass ICH vielleicht nicht die Richtige bin, darüber zu reden aber er möchte eben generell mit niemandem darüber reden wenn er Suchtdruck hat, und das komplett mit sich ausmachen... Das finde ich eben problematisch. Ich bin nicht gegangen um ihm Schuldgefühle zu machen, sondern für mich, weil ich den Abstand dringend brauchte. In meinem Kopf hat sich alles gedreht, nachdem er mir davon erzählt hat. Wir haben auch vor, Familie zu gründen, das macht es nicht leichter, aber das weiter aufzuschieben ist auch keine Option. Wir werden nachher nochmal in Ruhe reden. ich finde den Rückfall an sich gar nicht so schlimm, schlimmer finde ich, dass er daraus keine Konsequenzen zieht, seinen Umgang mit Suchtdruck nicht verändern will, immer noch keine Sperrsoftware hat, sprich, sich immer noch Wege zum Spielen offenhält. Aber es stimmt, ich muss mich immer wieder darauf besinnen, dass ich keine Einfluss habe auf die Sucht, auch wenn er die Beziehung als großen Motivator für sich beschreibt, auch weil er sich Familie wünscht und da mittlerweile altersmäßig auch etwas unter Druck ist.
@Tal, dass die Therapie abgebrochen wird, kann ich schon verstehen. Ich glaube dass die eigentliche (therapeutische) Arbeit ja erst in der Abstinenz beginnt, und wenn immer wieder zum Suchtmittel gegriffen wird um unangenehme Gefühle zu betäuben, bringt die Arbeit nix, oder kann sogar die Sucht verstärken. Dann wäre eben wieder shg, Beratung etc. angesagt...

 

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