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Cryptosucht - Hebelhandel bis tief in den Dispo

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Cryptosucht - Hebelhandel bis tief in den Dispo
« am: 12 Februar 2024, 13:28:47 »
Hallo zusammen,

ich möchte meine Geschichte hier teilen und hoffe, dass dieser Schritt mir hilft mein Leben weiter in die richtige Richtung zu lenken. Mein Problem bzw. Sucht ist, dass ich im Verlauf der letzten 4 Jahre sehr viel Geld im Cryptohandel verloren habe. Ich habe mit Einzahlungen von 200-300€ hohe Leverage(Hebel) Trades gemacht, was bedeutet, dass man theoretisch viel in kurzer Zeit gewinnen kann aber natürlich auch genauso seinen Einsatz in kürzester Zeit los sein kann. Diese Art und Weise von Cryptotrading ist am Ende nichts anderes als pures Glücksspiel. Crypto ist viel zu volatil für eine solche Form des Einsatzes und die Erfolgsquote ist aufgrund der extremen Schwankungen auch definitiv nicht 50%, sondern wesentlich tiefer.

Zu Beginn, wie es bei so etwas vermutlich einfach sein muss, hat es ganz gut funktioniert. Ich hatte Glück und konnte durch ein paar Treffer mehrere "verlorene Trades" ausgleichen. Zwischenzeitlich konnte ich mir sogar ein paar Sachen leisten, die ich mir sonst nicht hätte leisten können. Doch dann war das Glück aufgebraucht. Ich rutschte immer weiter ins Minus und nahm zwischenzeitlich sogar Kredite auf um weitermachen zu können. In der extremsten Zeit machte ich mehrere Einzahlungen an einem Tag, direkt hintereinander weil der vorherige Trade so schnell schief gegangen ist und ich "es wieder rausholen" wollte. Irgendwann war ich einfach deprimiert vom ständigen verlieren und machte eine Weile Pause, natürlich eigentlich schon viel zu spät.

Wie es so sein sollte ging dann plötzlich mein Auto durch einem Motorschaden kaputt. Ich brauchte dringend Geld und wollte meiner Familie beweisen, dass ich genug Geld habe mir ein vernünftiges Auto zu kaufen und nicht auf Hilfe angewiesen bin. Den Rest könnt ihr euch sicher denken. Ich habe alles viel schlimmer gemacht und mich bis in den Dispo meines Girokontos verschuldet. Es war nun so schlimm, dass mir selbst klar wurde ich brauche Hilfe und ich werde da nicht alleine rauskommen.

Der letzte Teil hatte vermutlich sogar etwas gutes, es hat mich endlich dazu gezwungen ehrlich zu sein und meiner Familie alles zu erzählen. Das war natürlich ein sehr schwieriger Schritt, der mir sehr unangenehm und peinlich war aber es ging mir danach direkt besser. Ich habe gemerkt, dass sie mich nicht im Stich lassen werden und zum anderen gibt es nun keine Geheimnisse mehr. Ein wichtiger Teil davon ist definitv auch, dass es eine Kontrolle gibt. Sie haben direkten Einblick auf mein Konto und würden sehen wenn ich wieder anfange. Da ich großen Respekt vor meiner Familie habe ist das ein guter Schutzmechanismus um in der nächsten Zeit nicht direkt wieder rückfällig zu werden und ich hoffe sehr, dass das nun mein Tiefpunkt war.

Meine aktuelle Situation ist so, dass ich ca. 1,5 Jahre sehr sparsam leben muss und von Hilfe meiner Familie abhängig bin, sich die Situation danach aber deutlich verbessert weil ca. 60% meiner monatlichen Ratenbelastung ausläuft. Ich hoffe sehr nach der Zeit darauf zurückzublicken und mir sagen zu können: “Man warst du bekloppt aber nun ist wieder alles in Ordnung.”.

Ich würde mich sehr über Antworten und/oder dem teilen ähnlicher Geschichten freuen. :)

Re: Cryptosucht - Hebelhandel bis tief in den Dispo
« Antwort #1 am: 12 Februar 2024, 15:45:44 »
Hallo FXN :)

Willkommen hier im Forum und danke, dass du uns deine Geschichte erzählt hast. Ich kenne mich mit Cryptohandel nicht aus, aber kenne mich mittlerweile gut mit Spielsucht und den Folgen aus.
Ich kann sehr gut verstehen, wie du dich gefühlt hast, als du deinem verlorenen Geld hinterher gejagt bist und dadurch noch mehr verloren hast. Ein sehr schlimmes Gefühl. Dieses Gefühl der Ohnmacht und des kompletten Kontrollverlustes. In meiner schlimmsten Zeit wusste ich, dass ich Mist bau und habe mit Tränen in den Augen trotzdem die nächste Einzahlung gemacht.

Ich weiß was du mit zu spät meinst, aber wenn wir alle hellsehen könnten, wäre die Welt vielleicht ein besserer Ort. Es ist menschlich, so zu denken. Konzentriere dich aber ab diesem Punkt auf das "Jetzt". Du musstet es durchleben, um an diesen Punkt zu kommen. Du hast alles deiner Familie erzählt und es tat dir gut. Das war wirklich stark von dir! Du musst jetzt etwas den Gürtel anziehen und die Ratenbelastung läuft bald aus. Jetzt weißt du, wie tief man fallen kann und das ist gut so. Übernimm ab jetzt die volle Verantwortung für dein Leben und tu was gegen deine Sucht - was war der Grund? Du sagst man konnte in kurzer Zeit viel gewinnen aber auch viel verlieren. Das ist doch Action pur. Da ballert der Puls. Was fehlt dir im Leben, was dieses Gefühl für dich ersetzen konnte? Das finanzielle wird sich regeln, tu was aber für deine Gesundheit, die ersten Schritte hast du schon getan :)

Wünsche dir einen schönen Tag

Re: Cryptosucht - Hebelhandel bis tief in den Dispo
« Antwort #2 am: 13 Februar 2024, 12:39:45 »
Hallo FXN!

Danke fürs Teilen deiner Geschichte!

Ich finde es wichtig, darüber zu sprechen, weil die Hebel beim Trading definitiv die selben sind, die auch Glücksspiel hat.

1. die Hoffnung auf schnelle Gewinne
2. licht "verdientes" Geld
3. immer mehr
4. der Kreislauf

Ich spare selbst mit Aktien und ETFs, aber von Crypto und sowie allem, von dem ich keine Ahnung habe, lasse ich die Finger.

Ich finde, dass Trading auch in der Politik auf den Plan gerufen werden muss. Die Anbieter sollen sich mit ihren einfachen Warnhinweisen davonkommen. Handel und Spekulationen sind einfach - wie du selbst sagst - wie Glücksspiel für die meisten. Es mag einige wenige geben, die sich so gut auskennen, um die Risiken abschätzen zu können.

Selbst beim Aktienhandel wissen aber die Mehrheit der Leute garnicht, was sie da eigentlich tun und das Wichtigste: Anlagen sind auf Jahre / Jahrzehnte zu sehen und nicht auf Tage!

 

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