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Verloren als Angehörige

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Verloren als Angehörige
« am: 19 Februar 2024, 17:29:20 »
Hallo an alle da draußen,
Ich habe zu euch gefunden, weil ich sonst niemanden zum Reden habe. Mein Mann hat mir vor Monaten gestanden, Glücksspielsüchtig zu sein und dass er sich ab sofort Hilfe suchen möchte. Seitdem hat er nicht mehr gespielt, sich sperren lassen, geht regelmäßig in die Beratung und arbeitet stark an sich. Er macht super Fortschritte und ist gerade glücklich, dass es ihm so gut geht.
Nun habe ich aber das Problem, dass er nicht mit mir tiefergehend über dieses Thema sprechen möchte. Ich vermutete lange, dass er ein Problem hat, war aber dann doch überrascht über das Ausmaß, auch über die finanziellen Schulden, die ich als Frau mittrage. Ich habe außer leichter Überraschung lediglich Erleichterung gespürt. Das es nun endlich vorbei ist mit dem Pokern, der Vernachlässigung, den Launen und den Täuschungen, was das Finanzielle angeht. Wir haben hohe Schulden und zahlen seit Jahren bereits Schulden ab, sodass ansonsten nichts mehr über bleibt nach den fixen Ausgaben (bisher waren das offiziell keine Spielschulden... und ich wusste nicht, dass regelmäßig neue dazu kamen). Seitdem er mir gestanden hat, Spielsüchtig zu sein, sind wir beide das erste Mal seit Jahren mit dem Konto im Plus, konnten einen kleinen Notgroschen aufbauen und mal was für Urlaube zurück legen. Endlich hat er ein offenes Ohr für meine Sparpläne und wir ziehen gemeinsam an einem Strang.
Was mich sehr plagt, sind die Gedanken an einen möglichen Rückfall. Gestern habe ich ihn darauf angesprochen, dass ich ihn und seine Gedanken zur Sucht gerne besser verstehen würde und die Vergangenheit aufarbeiten will. Auch für mich, weil sein Verhalten tiefe Spuren hinterlassen hat. Er hat das komplett abgelehnt, gemeint, dass es ihm einfach zu viel ist momentan und er sich nicht emotional erpressen lassen möchte. Ich könne die Sucht nicht trennen von Beziehungsdingen und das würde ihn triggern. Er sei gerade so glücklich und das sollte mir genügen. Auf Nachfragen, ob ich ihn schon mal emotional erpresst hätte oder es gerade tun würde, antwortete er mit nein. Er ließ sich dann darauf ein, irgendwann, wenn er sich stabil fühlt, mit mir darüber zu sprechen. Es ist mir ein Bedürfnis, auch meinen Weg in dieser Zeit zu verarbeiten und ich dachte, es wäre auch für ihn ein Bedürfnis. Offensichtlich nicht. Wie schon immer macht er alles mit sich selbst aus. Nachdem ich also definitiv weiß, dass er keinen Freiraum und keine Zeit braucht, bis er zu mir kommt und wir darüber sprechen können, habe ich beschlossen, selbst aktiv zu werden und habe zu euch gefunden. Ich bin mir gar nicht sicher, wie mir geholfen werden kann, aber einfach mal ein paar Dinge aufzuschreiben, ohne Angst zu haben, meinen Mann dadurch zu triggern oder einen riesen Ehestreit zu verursachen ist schon mal positiv. Ich bin harmoniebedrüftig und versuche immer möglichst vorurteilsfrei zu kommunizieren, aber ich habe Angst, dass genau diese Verhaltensweisen, dieses Zurückschrecken vor Konfrontation, nicht helfen wird, wenn es wirklich zu einem Rückfall kommt. Die Beraterin meines Mannes sagte in der einzigen Sitzung in der ich dabei war, ich solle mir meiner Grenzen bewusst werden. Was kann ich akzeptieren und was nicht? Damals sagte ich, ich werde immer bei ihm bleiben, außer sein Wesen wandelt sich völlig. Jetzt, Wochen später,  denke ich schon anders darüber. Langsam verstehe ich, dass ich seine Schulden abzahle, dass mein gesamtes Erspartes futsch ist, ich keine Altersvorsorge habe und im Alter arm sein werde, wenn sich nicht grundlegend etwas ändert. Wir sind seit Jahren verheiratet und haben 3 Kids. Wir lieben uns und unsere Familie. Aber das, was mich seit Jahren mürbe macht - Diese finanzielle Angst,  dass ich mir nichts gönnen kann, viel Arbeiten muss, damit ja Geld da ist (auch nach der Elternzeit etc), die vielen Gedanken ans Konto, die roten Zahlen und meine Rentenlücke, das alles hat mich so fertig gemacht. Ich bin erleichtert, dass er jetzt einen Kopf hat fürs Finanzielle. Aber was, wenn er rückfällig wird? Was ist mit mir? Ich bin die typische Mama, die die Care Arbeiten erledigt und deswegen nicht Vollzeit arbeiten gehen kann. Ich bin finanziell abhängig und das bereitet mir Sorgen.
Zudem hat er mein Vertrauen in ihn noch mehr erschüttert, als ich ihn fragte, ob er es mir denn sagen würde, wenn er rückfällig wird. Dass ich Sicherheiten brauche und auf Offenheit bestehe. Ich habe ihn nie angegangen wegen seiner Sucht, nicht wegen der Schulden oder seiner Launen. Und er sagte mir: "Nein, das würde ich nicht." Ich weiß, dass das Gespräch ihm gestern aufgebracht haben muss, denn er wurde etwas ungehalten, aber mir direkt zu sagen, dass er mich anlügen würde, wenn ich nach einem Rückfall frage, nur aus "Trotz" finde ich unglaublich. Und das nachdem wir vor einiger Zeit beide aufgeschrieben haben, was wir voneinander brauchen, qenn es zu einem Rückfall kommt. Er braucht keine Vorwürfe. Ich brauche Ehrlichkeit und die Kontrolle über die Finanzen.
Nun, gibt es hier vielleicht auch Angehörige, die mit "trockenen" Spielern zusammen sind? Wie handhabt ihr die Finanzen?
Liebe Grüße und vielen Dank fürs Lesen.

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Offline Rubbel

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Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #1 am: 19 Februar 2024, 18:21:16 »
Hi Ladybug,

es ist doch klasse, dass er offen ist, mit dem Spielen aufgehört und sich Unterstützung gesucht hat. Und wenn ihm zusätzliche Gespräche jetzt erst mal too much sind und er Dir auch das sagt, ist er auf einem guten Weg.
Was finanziell jetzt aus dem Ruder gelaufen ist, wäre es auch, wenn er gar nicht einsichtig wäre und/oder sogar weiterhin spielte. Tut er aber nicht.
Lass  ihm die Zeit und nimm Dir auch Zeit - nur für Dich. Mit Freundinnen oder nem Kurs an einer Volkshochschule oder Literatur ... irgendwas. Dann geht's Dir sicher auch bald wieder besser - jedenfalls wird es Dir zu Gelassenheit verhelfen. Es ist eh jetzt alles so, wie's ist.
Kopf hoch, alles Gute für Euch,
Rubbel
--Meist ist Geist geil--

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Offline Olli

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Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #2 am: 19 Februar 2024, 18:54:19 »
Hi Ladybug!

Tja ... wieso spielen wir eigentlich? Als ich damals gerade frisch aufgehört hatte, hätte ich Dir die Frage gar nicht beantworten können. Was hätte ich also geantwortet? Wie hätte ich geantwortet?

Ich denke, dass er erst einmal seine eigenen Fragen suchen muss, um dann die Antworten zu finden.

Die Zeit brauchst Du aber nicht untätig neben ihm zu sitzen und zu warten. Du kannst selbst für Dich Deine Fragen und Antworten suchen und finden, indem Du selbst, wie Du es gerade ja machst, Dir Unterstützung suchst.

Belese Dich bitte hier im Forum ... im Spielerbereich, aber auch im Angehörigenbereich. Frage, wenn Du Fragen hast. Stelle Thesen auf und stelle sie zur Diskussion. Es gibt keine "blöden" Fragen oder Thesen ... also ... immer raus damit ... :)

Samstags um 19 Uhr ist das Webmeeting. (Der Link zu mehr Infos steht oben links auf der Seite!) Komme vorbei! Du bist herzlichst eingeladen daran teilzunehmen.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #3 am: 19 Februar 2024, 18:59:04 »
Hi Ladybug,
Ich finde es hört sich doch vernünftig an was dein Mann versucht. Aus eigener Erfahrung weiß ich dass es auch schwer ist mit dem Partner auszutauschen weil die normale Seite der Partnerschaft es auch nur wenig nachvollziehen kann. Das ist auch normal. Ich selbst habe ja zwei Jahrzehnte gebraucht um den Irrsinn zu stoppen ohne genau zu wissen warum weshalb wieso. Was ich aber sagen kann ist dass einer der großen Trigger bei mir Vorwürfe war. Nicht Anfangs aber nach meiner Öffnung und der Zug fachen Aufzählung was wir haben würden wenn ich den Mist nicht gemacht hätte. Das muss Vergangenheit sein denn es ist nicht reparabel.
Und als Zocker geht rechnen einfach, 30000 Euro kann ich nicht durch ehrliche Arbeit mal schnell aufholen, ergo mit Glück beim zocken könnte es klappen. Nur schnell Kohle um die Frau ruhig zu stellen.

Will sagen, schaut in die Zukunft legt was beiseite und gestaltet das jetzt und hier so schön wie möglich. Nehme dir Zeit für dich und macht Sachen zu zweit und mit den Kindern.
Da müsste eigentlich die Zeit ausgefüllt sein um nicht auf dumme Gedanken zu kommen.

Ich wünsche euch alles erdenklich Gute!

LG Roy
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #4 am: 19 Februar 2024, 19:04:47 »
Danke Rubbel, für deine Antwort. Ich glaube du hast Recht. Ich bin zu ungeduldig. Mein Mann ist schon ein gutes Stück seines Weges der Heilung gegangen und ich stehe gerade am Anfang, weil ich erst eben gesehen habe, dass da ein Wegweiser an Rande meines Sichtfeldes steht. Ich möchte, dass es auch mir gut geht, nicht nur ihm...
Ich lerne es gerade, mir Zeit nur für mich zu nehmen. Es ist schwer und bereitet mir oft ein schlechtes Gewissen.
Natürlich bekommt er die Zeit, die er benötigt. Gerade fällt es mir nur sehr schwer, dies ohne Wut zu tun, weil ich mich- wie immer schon - mal wieder zurücknehme.
Wahrscheinlich ist es eine Reise, die ich alleine antreten muss. Ich fühle mich gerade nur so unendlich einsam und verloren. Und das ist schwer auszuhalten.

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Offline Rubbel

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Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #5 am: 19 Februar 2024, 19:10:30 »
Das verstehe ich, und ich finde klasse, dass Du das so benennen kannst.
Ab jetzt ist Frauenpower angesagt :)
Lass' es Dir gut gehen, auf jeden Fall! Das brauchst Du auch. Dein Mann geht jetzt seinen Weg, und das macht er auch richtig so. Das ist nichts gegen Dich, es ist nur so, dass der Weg aus der Sucht auch anstrengend ist. Lass' ihm die Zeit.
Deine Zeit sollte jetzt damit gefüllt werden, dass Du Spaß hast, was Interessantes für Dich tust und raus gehst, wohin auch immer - Du wirst schon was finden!
Kopf hoch, Brust raus, und los geht's :)

Alles Gute!!!
--Meist ist Geist geil--

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #6 am: 19 Februar 2024, 19:27:05 »
Lieber Olli, danke dir für deine Worte. Ich werde mich hier definitiv noch weiter belesen. Das Webmeeting muss ich ausschlagen, weil es zeitlich nicht passt und ich dort vermutlich auch meinen Mann finde  ;D.
Ich hoffe, dass er vielleicht bald bereit ist, über gewisse Dinge zu sprechen. Z.B. über Trigger, damit ich diese vermeiden kann. Das würde mir einfach mehr Sicherheit geben.

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #7 am: 19 Februar 2024, 20:13:56 »
Hi Roy,
Danke, dass du mit mir deine Erfahrungen teilst. Ich glaube, davor hat mein Mann auch die größte Angst oder könnte auch ein starker Trigger sein, die Vorwürfe. Lustigerweise durfte ich mir immer anhören, wir hätten Schulden, weil ich zuviel für unsere Essenseinkäufe ausgebe :). Ich glaube, ich schaffe es gut, keine Vorwürfe zu machen. Auch wenn ich mir mehr als einmal auf die Zunge beißen musste. Aber mit Vorwürfen macht man sich die Kommunikation kaputt. Dann kommt da nichts Konstruktives mehr bei rum.
Ich weiß nicht so recht, wie ich mit dem Vertrauensverlust umgehen soll. Wie kann ich das verarbeiten und braucht es dafür seine Mitarbeit oder einfach nur Zeit? Denn die Zukunft hat für mich mit der Diagnose Sucht verändert, mit der Gefahr praktisch jederzeit einen Rückfall erleiden zu können.
Ich habe gerade das Gefühl, ich drehe mich im Kreis. Danke dir!

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #8 am: 19 Februar 2024, 20:49:44 »
Hi Ladybug, wie lange ist dein Mann jetzt spielfrei? Wenn ich mich nicht irre, habe ich keine Dauer gesehen.
Ich schreibe einfach schon, warum ich das frage.

Viele haben gesagt, das wars jetzt. Gerade wenn man frisch aufgehört hat. Ich hoffe, du hast Einblick in alle Finanzen und kannst das prüfen, ob das auch wirklich alles so stimmt, was er sagt.

Ich möchte dich nicht verunsichern und ein Leben zu fünft ist anstrengender als alleine, aber Stimmungsschwankungen finde ich nachträglich schon seltsam. Wenn doch alles offenbart ist, dann sollte er auch ruhig mit dir sprechen können.

Wahrscheinlich hat Olli und Rubbel Recht und er braucht Zeit. Vielleicht bin nur ich da misstrauisch.

Grüße

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #9 am: 19 Februar 2024, 21:21:37 »
Hallo RoHi, ehrlich gesagt, wissen wir es beide nicht ganz genau. Es müssten ca. 7/8 Monate sein?
Wir hatten früher getrennte Konten, er ist Hauptverdiener und hat alle Fixkosten überwiesen. Ich bekomme mein Gehalt (bzw damals nur Kindergeld, als ich in Elternzeit war) und das Kindergeld auf mein Konto und habe damals alle Flexiblen Kosten getragen. Ich war praktisch immer im Minus. Jetzt haben wir ein gemeinsames Konto, jeder hat noch ein eigenes Konto, doch Fixkosten werden von dem gemeinsamen abgezogen. Auf das gemeinsame habe ich Zugriff, auch auf das Tagesgeldkonto. Da habe ich allerdings unseren kleinen Notgroschen auf ein neu eröffneten Tagesgeldkonto verschoben, das auf meinen Namen läuft. Das riet uns seine Beraterin und da zeigte er schon Widerstand nach der ersten Zustimmung.
Ich habe gestern durchgesetzt, dass wir sein Konto einmal pro Woche gemeinsam "kontrollieren". Das Geld zur Umschuldung ist auch nicht mehr auf seinem Konto. Die Kreditkarten sind zerschnitten, allerdings können die erst bis Mitte März komplett ausgeglichen und dann gelöscht werden. Ich wusste nie, wie viel er damit bezahlt. Da hatte ich nie Einsicht.
Er möchte nicht, dass ich die komplette Kontrolle über sein Konto bekomme. Er meint, was denn sei, wenn wir uns trennen. Nicht, dass er dann nicht mehr an sein Geld kommt.

Wie hast du das damals denn gehandhabt?
Für mich wäre eine Last, wenn ich alles Finanzielle regeln müsste, die ich für uns allerdings tragen würde, wenn er mich ließe.

Auf die Konten der Kids haben wir beide Zugriff, allerdings hat er sich meine ich, nie angemeldet. 8ch schaue das regelmäßig rein, denn da sparen nicht nur wir und die Kids, sondern auch ab und zu die Omas und Opas. Er hat nämlich schon mal Geld von den Kids genommen und bisher nicht zurück gezahlt. Die stehen praktisch an letzter Stelle für eine Rückzahlung.

Noch zu den Stimmungsschwankungen, die hat er tatsächlich noch immer, nur nicht mehr so extrem wie früher. Stress ist natürlich immer noch da, ein Geräuschpegel, den man sich nicht vorstellen kann und immer ist da jemand, der was von einem will, wenn man eigentlich gerade gar nichts mehr machen möchte. Ich verstehe schon, dass da auch Nerven blank liegen. Das geht mir ja ganz ähnlich, wobei ich deutlich ruhiger bin als er ( würde ich meinen). Ich behalte das mal im Blick! Das ist nämlich genau so etwas, wo ich mir denke - kann das ein Warnsignal sein? Wann darf / soll ich ihn darauf ansprechen, ob er vlt wieder gespielt hat, oder einen Spielzeuge verspürt?
« Letzte Änderung: 19 Februar 2024, 21:25:44 von Ladybug »

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #10 am: 19 Februar 2024, 21:36:47 »
Ich bin ein Mann und Single. Trotzdem wollte ich das fragen, weil ich es von mir kenne. Die Euphorie, endlich paar Tage/Wochen spielfrei. Danach schleicht sich so langsam wieder der Gedanke ein… hmm naja komm bisschen kann man es ja versuchen.
Gerade nach dem Totpunkt (heute vor einem Jahr) habe ich es meiner Mutter gebeichtet und sie musste mir finanziell aushelfen, da mein Konto gepfändet wurde.
Warum ich das erzähle - zumindest nach dem Outing kann sie mich darüber alles fragen, ohne dass ich darauf allergisch reagiere.

Aber wie du schon sagst, als Familienvater steht man immer unter Strom und das kenne ich nicht. Und bevor ich es vergesse zu schreiben - 7/8 Monate ist schon top. Das sind schon mehr als paar Tage oder Wochen.

Grüße

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Offline Olli

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Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #11 am: 20 Februar 2024, 06:40:43 »
Guten Morgen!

Zitat
Er möchte nicht, dass ich die komplette Kontrolle über sein Konto bekomme. Er meint, was denn sei, wenn wir uns trennen. Nicht, dass er dann nicht mehr an sein Geld kommt.

Ich denke, dass es Zeit wird, ihm mal den Marsch zu blasen! Das da oben, das sind ungelegte Eier. Deine eigenen Ängste sind aber real! Und sie beziehen sich auf das Jetzt und das Morgen zugleich!

Du musst Dich nicht zurücknehmen! Du bist genauso wichtig wie er! Auch wenn er der "Alleinverdiener" ist, so hälst Du die Familie doch bisher zusammen! Du managst .. Du regelst ...

Ein Geldmanagement ist zudem immer befristet! Die Regelungen werden nie auf Dauer eingerichtet. Es ist ja gerade Sinn und Zweck eines Geldmanagements, dass der Glücksspieler irgendwann selbst wieder die volle Verantwortung übernimmt.

Wenn er das alles jetzt nicht will ... egal ... da muss er durch ... Packe Deinen Mann nicht in Watte!

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Online andreasg

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Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #12 am: 20 Februar 2024, 10:36:44 »
Hall Ladybug,

vo mir auch ein Herzliches Willkommen.

Gerade eben habe ich den Satz gelesen: "ich muß nichts mehr alleine tun". Also, ich denke gerade um, vom Spielsüchtigen zu dem Angehörigen von Psychisch Kranken Menschen. Ich weiß aus meinen Erfahrungen, daß es Schizophrene, Bipolare, Narzissen, Psychopaten gibt, die irgendwo liebenswerte charmante Seiten haben, aber eine ungeheure Aggression in sich tragen.

Und dann ist der Spieler in der Halle, sitzt am Automaten, steckt sein Geld in den Schlitz, starrt auf die Scheiben und Walzen, dürckt die Knöpfchen und die Risikoleiter, und zum Abschluß schlägt es seine linke Faust gegen die Panzerscheibe des Gerätes. Entschuldige bitte, ich hätte in der Ich - Form schreiben sollen, es ist aber schon über 33 Jahre her, und der Gedanke daram tut noch immer weh.!

Mir hat es nicht gereicht, einfach nur mit dem Spielen aufzuhören, aber nicht einmal das wollte ich wirklich: "nur einfach mal wissen, ob ich der einzige Mensch bin, der jeden Tag spieln muß"?. Heute bin ich spielfrei.

Das wichtigste Ziel aus meiner jetztigen Sicht ist die Wiedergutmachung.! Und die fängst bei der Inventur im Inneren an. Der Alkoholiker denkt zuerst an die Auswüchse seiner Aggressionen. Er arbeitet also an seinem Groll, seinem Jähzorn, und auch an seiner Angst.
Ein Spieler wird zuerst an die Finanzen denken, und "eine Finanzielle Inventur " schreiben. Aber, er muß auch seine niedere Gefühlswelt mit auf die Wagschale legen, sonst bleiben die positiven Eigenschaften außen vor.
Das Verhalten eines anderen Menschen an mir kann mich wütend machen, und das kann ich demjenigen auch sagen. Wenn aber Groll, Angst &Co da mit hineingehen, wird es gefährlich für beide.

Du brauchst aber nicht Dich auf seine dunklen Seiten zu konzentrieren, sondern nur auf Deine eigenen. Wie schwer es für einen Süchtigen ist, sich auf seine positiven Seiten zu kommen, erfolt später, wenn die Negationen Platz gemacht haben. Es hilft nicht, einen Menschen, den man an sich binden will, ändern zu wollen, es ist lediglich eine Form der Selbstverletzung.

Es geht um das Loslassen, dem anderen seine Freiheit, seinen Frieden zu geben. Dann wird die Liebe ihren Weg finden. Und das iist das erreichbare Ziel.

schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #13 am: 20 Februar 2024, 14:45:25 »
Hallo Ladybug,

ich bin auch Angehörige eines momentan (seit 3 Wochen) abstinenten Spielers und ich kann deine Sorgen gut verstehen. Als ich deinen Eingangstext gelesen habe, dachte ich als erstes, ich hoffe du packst deine Finanzen ab jetzt gut zur Seite. Diese Zukunftssorgen und Existenzängste wegen einer Sucht auf die du keinen Einfluss hast, können extrem fertig machen. Das ist weder für dich gut noch für die Beziehung. Wenn du diesbezüglich zumindest weißt, dass er ab jetzt nicht mehr so leicht an dein Geld kommt, ist schon viel gewonnen. Die Wut auf ihn kann ich auch gut verstehen. Mir hilft sehr in die Angehörigen Online Gruppe zu gehen. Ich gehe in die vom blauen Kreuz, da sind zwar hauptsächlich Angehöriger von Alkoholikern, aber soo groß sind die Unterschiede da nicht, zumindest nicht für uns Angehörige. Mir tut das sehr gut, dort über meine Sorgen zu sprechen und auch zu hören, wie es den anderen geht. Vielleicht gibt es ja sogar eine Gruppe vor Ort bei dir.
Wegen des Redens: Ich habe gemerkt, dass es mich erstmal beruhigt, mit ihm über Suchtdruck, Sucht generell etc. zu sprechen und dass es ihn auch erleichtert. Aber manchmal wird das Miteinander Reden speziell über diese Thematik vielleicht auch überschätzt. Natürlich ist es gut, wenn Betroffene sich mehr öffnen, auch vor den nächsten Personen. Aber wenn dein Mann das erstmal an anderer Stelle tut, und aus der Beziehung raushält, kann das ja fürs Erste auch in Ordnung sein. Auch wenn es als Partnerin schmerzt, dass man nicht die engste Vertraute in dieser Sache ist. Unabhängig davon finde ich aber, dass es dein gutes Recht ist, für dich Klarheit zu bekommen. Vor allem darüber, dass er nicht an dein Geld geht oder das deiner Kinder. Darüber darfst du meiner Meinung nach, absolut Offenheit fordern.

Liebe Grüße

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Offline Rubbel

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Re: Verloren als Angehörige
« Antwort #14 am: 20 Februar 2024, 15:40:42 »
Hi Ladybug,

Du bekommst jetzt viele Antworten, und in jeder - je nach Person - befinden sich auch Projektionen aus eigenem Verhalten oder Befürchtungen.
Nichts davon muss in Eurem Leben stattfinden, nichts davon muss Deinen Mann und/oder dessen Verhaltensweisen widerspiegeln.
Er ist immerhin seit mehreren Monaten spielfrei. Er tut was dafür, dass es so bleibt. Ein anhaltendes Misstrauen ihm gegenüber kann ihn auch sauer machen. Das braucht er jetzt nicht, und auch DU brauchst das jetzt nicht. Es entzieht Euch beiden Kraft für die Realität und Euren Alltag, den es ja in erster Linie zu bewältigen gilt. Du schriebst sinngemäß, dass (wie in seiner aktiven Spielerzeit) es auch jetzt, während er 'Therapie macht', es hauptsächlich um ihn geht und Du Dich eher einsam fühlst. Ich finde super, dass Du das so erkannt hast für Dich und würde Dir weiterhin gerne raten wollen, für Dich tolle Aktivitäten zu finden mit anderen Menschen, und damit dafür zu sorgen, dass Du aktuell dadurch zu Selbstvertrauen findest.
Im übrigen bin ich davon überzeugt, dass Dein Mann Dich um Vieles mehr respektiert, wenn Du Dein eigenes Ding machst und ihm damit auch ein wenig Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit beweist. Wenn Du allerdings Deinen Alltag jetzt nur auf Deine Pflichten und Ängste verlagerst, entzieht Dir das viel zu viel Energie, um eigenständig für Dein Wohl zu sorgen.
Möglich, er geht .. sagen wir ... immer Mittwochs in die Gruppe - dann kannst Du für Dich auch mindestens einen Wochentag freimachen: Mal ist er weg, mal Du. Bei 2 Tagen entsprechend er 2 - Du 2 Tage.
Bleibst Du zu Hause und sammelst Sorgen und Befürchtungen, bist Du zu sehr fixiert auf Deinen Mann - und er wird im Zweifel schon deshalb genervt sein. Also mein Rat: Tu es Dir nicht an, Dich nur auf ihn einzustellen. Beanspruche für Dich und auch der Familie gegenüber Deinen Raum. Er steht Dir zu!

VG, Rubbel
« Letzte Änderung: 20 Februar 2024, 15:43:32 von Rubbel »
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