OLG Zweibrücken verneint Zuständigkeit deutscher Gerichte für Spielerklagen durch ausländische Forderungskäuferin
12. März 2025
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Alicia Pointner
Mit einem richtungsweisenden Urteil hat das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken eine Referenzentscheidung getroffen, die folgenreich für die gesamte Glücksspielbranche sein könnte. Im vom Melchers Litigation Team geführten Verfahren 7 U 113/23 wurde am 26.02.2025 erstmals von einem OLG entschieden, dass die internationale Zuständigkeit in Klagen zwischen einer ausländischer Forderungskäuferin gegen ein Online-Casino mit ausländischer Lizenz grundsätzlich nicht in Deutschland liegt. Dieses wegweisende Urteil könnte als Katalysator für einen Wandel der Rechtsprechung im Bereich der Glücksspielklagen im Bereich Online-Casino betrachtet werden.
Im Kern geht es um den Konflikt zwischen einer Forderungskäuferin und einem in Malta ansässigen Online-Casino-Anbieter. Die Klägerin, die den deutschen Spielern deren Forderungen gegen einen Bruchteil der Verlustsumme abkauft und dann im eigenen Namen Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüche geltend macht, hatte sich darauf berufen, dass gleich aus mehreren Normen der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) die deutsche Gerichtsbarkeit folgen würde. Dem hat das OLG Zweibrücken eine klare Absage erteilt, indem es die internationale Zuständigkeit insgesamt verneinte. Weder der Leistungsort – also, der Ort der tatsächlich erbrachten Dienstleistung nach Art. 7 Nr. 1 b) EuGVVO– liege in Deutschland, noch der Erfüllungsort. Dieser liege eindeutig in Malta.
Besonders hervorzuheben ist, dass sich erstmals ein deutsches Oberlandesgericht fundiert und in der ausreichenden Tiefe ausschließlich mit der Frage zur Internationalen Zuständigkeit und damit verbunden, mit der Rechtsprechung des EuGH befasst hat. Es hat auch die zutreffenden Anknüpfungstatsachen für die Frage der Zuständigkeit nach unerlaubter Handlung gem. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO herausarbeitet.
Die klägerische Argumentation, wonach die Anknüpfungstatsache zur Bestimmung des „Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ am Wohnort des Spielers sei, weil dort die schädigende Kontobelastung erfolgt (Erfolgsort) bzw. an dem Ort, auf den die Beklagte ihre Tätigkeit ausgerichtet habe (Handlungsort), reichte dem Gericht nicht aus. Vielmehr entschied das Gericht ausdrücklich, dass weder Handlungs- noch Erfolgsort in Deutschland gegeben seien. Der Begriff des Erfolgsorts dürfe nicht so weit ausgelegt werden, dass er jeden Ort erfasse, an dem die schädlichen Folgen eines Ereignisses spürbar werden können, obwohl der Schaden tatsächlich an einem anderen Ort entstanden sei. Dies würde zu einem generellen Klägergerichtsstand führen, der mit Art. 7 Nr. 2 EuGVVO nicht intendiert sei.
Die Entscheidung verdeutlicht: Auch wenn sich das Angebot mit einer deutschsprachigen Webseite an deutsche Verbraucher richtet, ist der maßgebliche Erfüllungsort – gemessen an der technischen Kontrolle und dem Sitz des Betreibers – in Malta anzusiedeln.
Diese Entscheidung eröffnet einen Perspektivwechsel: Deutsche Gerichte könnten zunehmend, dieser Rechtsprechung folgend, die Klagen von Forderungskäufern auf Rückerstattung der Spielverluste, bereits an der Zulässigkeit scheitern lassen. Dadurch wären Forderungskäufer zukünftig gezwungen, die Ansprüche der Spieler vor maltesischen Gerichten geltend zu machen und das könnte sich als besonders schwierig erweisen. Immerhin hat ein jüngst ergangenes maltesisches letztinstanzliches Gerichtsurteil bestätigt, dass die Ablehnung der Vollstreckung zweier österreichischer Urteile in Malta rechtmäßig war. Damit wird es für Spieler, die ihre verlorenen Einsätze zurückfordern möchten, zukünftig noch komplizierter, ihr Geld zurückzubekommen. Das Geschäftsmodell, durch den Erwerb von Forderungen an der Welle von Spielerklagen zu profitieren, steht damit auf dem Prüfstand; mit diesem Befund einher geht die Insolvenz eines großen Forderungskäufers Anfang März.
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken könnte somit in Richtung einer stärkeren Beschränkung der Rechtsdurchsetzung durch Forderungskäufer weisen und eine Änderung des Geschäftsmodells einleiten. Ob die Klägerin Revision gegen die Entscheidung einlegt und wie sich dann der Bundesgerichtshof ggf. zu der Frage verhält, bleibt abzuwarten.
Die Entscheidung des OLGs setzt jedenfalls schon jetzt einen entscheidenden Impuls, der nicht nur die Rechtsprechung, sondern auch die Strategie der Forderungsankäufer nachhaltig beeinflussen dürfte.