Hallo,
nach mehrtägigem Einlesen in viele Beiträge hier, möchte ich mich auch zu Wort melden und meine Geschichte teilen.
Ich bin 32, habe eine Frau, ein Haus und 5 Katzen zu Hause.
Meine Sucht sind die Online-Sportwetten. Dort habe ich bereits mit ca. 14 Jahren angefangen, abgegeben an einem Stand von einem Kumpel. Ein einfacher Kombi-Schein, der mit 70 € Gewinn den Himmel zum Strahlen brachte. In diesem Alter wahnsinnig viel Geld, was man da "geschenkt" bekam. Direkt mit 18 meldete ich mich dann bei einem Online-Sportwettendienst an und spielte immer mal wieder, was aber noch nicht zu großen Problemen führte.
Mit Aufkommen der sozialen Medien rutschte ich dann tiefer in diese Szene rein, indem ich auch sogenannte "Experten" bezahlte, damit diese Tipps für mich raussuchten, die ich dann nur nachspielen musste nach einem gewissen System. Quasi doppelt Geld verschleudert. Dem konnte ich mich dann gottseidank lossagen, aber ich probierte es auf eigene Faust, weil ich dachte das bekommst du auch hin.
Fußball ist, war und bleibt auch immer ein riesiger Teil in meinem Leben. Ich spiele selbst aktiv seit ich 6 Jahre alt bin und bildete mir daraufhin ein, dass ich das Spiel ja kenne und demnach auch bei den Profis vorhersagen könne, wie es laufen wird.
Pustekuchen, aber das wollte ich mir nicht eingestehen. Es kam einmal ein hoher Gewinn dabei raus, von dem kaufte ich meiner Frau ein neues Handy. Ich mag es anderen eine Freude zu bereiten und ihnen Wünsche zu erfüllen, aber vernachlässige mich selbst dabei auch oft, indem ich mich zurückstelle, damit andere zufrieden sind. Ich dachte mir immer wieder, das kannst du wieder schaffen. Ich will damit Geld verdienen und mir selbst und anderen damit eine Freude machen. Es war immer klar, dass eigentlich nur der Buchmacher gewinnen kann, aber ich war so bereit den Buchmacher "auszutricksen" und mir selbst den Gewinn zu holen. Neben Fußball kamen dann noch andere Sportarten dazu, nur damit irgendwie ein Schein läuft. Aber mehr als kleine Gewinne kamen dabei nie raus, schon gar nicht solche die den bisherigen Verlust aufwiegen würden.
Jeder Schein, der nur an einem Tor scheiterte (und das waren viele), war ein "Fast-Gewinn" - Das Geld gehörte eigentlich mir, also hol ich es mir auch wieder.
So zog sich dann der Teufelskreis bis meine Frau einen Kreditantrag von mir fand, von dem sie nichts wusste.
Das war mir so peinlich und beschämend, weil ich immer nach Außen so wirken will, dass bei mir alles läuft. Das Schlimmste war diese Enttäuschung und den Vertrauensbruch bei ihr ausgelöst zu haben. Aber gleichzeitig fühlte ich mich auch befreit, dass es nun endlich raus ist und sie mir sofort Unterstützung zugesichert hat. Ich beichtete ihr dann, dass ich auch nach der Kreditaufnahme im Dispo bin und ihr verspreche, dass ich das Spielen jetzt sein lasse.
Wir sperrten sofort mein Konto beim Wettanbieter und ich schrieb eine Suchtberatung an mit der Bitte um ein gemeinsames Beratungsgespräch, wie man diese Sache angehen kann. Dieses wird in der kommenden Woche stattfinden.
Für den ersten Schritt, dass die Zinsen des Dispos nicht noch mehr Geld wegnehmen, überwies mir meine Schwiegermutter Geld, damit ich wieder auf dem Konto zumindest im Plus bin. Das zahle ich ihr dann in monatlichen Raten zurück.
Der Vorschlag meiner Frau ist ebenso, den Kredit vollständig abzulösen. Aber ich habe hier sehr oft gelesen, dass mir nicht alles abgenommen werden darf. Diese Abzahlung des Kredites erinnert mich daran, weshalb ich nicht mehr spielen will. Diese Konsequenz für mich selbst, den Kredit eigenständig abzuzahlen, sollte bei mir bleiben. Oder sehe ich das falsch? Ich muss dadurch lernen, dass es ein Fehler war diesen Kredit aufzunehmen und mir dieser Fehler nicht einfach wieder abgenommen werden sollte. Das sollte quasi als Narbe zurückbleiben.
Ich werde mein PayPalKonto löschen, nachdem ich die fixen Abgänge von dort umgeändert habe, dass sie von woanders abgehen sollen und auch meiner Frau die Einsichtnahme in mein Konto überlassen. So kann ich ihr auch beweisen, dass ich es wirklich ernst meine und nicht mehr spielen werde.
Und auch mir selbst will ich beweisen, dass ich das nicht brauche. Ich will endlich wieder ein Sportevent anschauen ohne auf irgendein bestimmtes Ereignis oder Ergebnis zu hoffen. Dafür liebe ich diesen Sport zu sehr und diese Freude ist mir in letzter Zeit sehr abhanden gekommen.
Ich will mehr in unserem Garten machen, im Haushalt und auch wieder mehr Sport und unterwegs sein. Ich habe zwar mein Fußballteam, aber so wirkliche Freunde und andere soziale Kontakte eher nicht, was ich denke auch ein entscheidender Faktor für meine Sucht ist, da ich dahingehend sehr unzufrieden mit mir selbst bin. Alles was mir hilft nicht mehr an dieses leidige Thema denken zu müssen. Ich hab es mir immer wieder vorgenommen, aber es zog mich immer wieder an den Laptop oder Handy, weil ich dieses Gefühl brauchte, irgendwas läuft jetzt nebenbei, wo ich Geld gewinnen kann.
Ich danke schon jetzt für die vielen hilfreichen Beiträge hier im Forum, die mich in meinem Vorhaben bestärkt haben und auch hoffentlich weiter bestärken werden.
Das tat sehr gut mal alles loszuwerden und zu wissen, dass es Leute hier gibt, die sowas ähnliches durchgemacht haben. Auch wenn der Text wieder länger geworden ist, als ich es geplant hatte.
Achso, ich habe jetzt seit 2 Tagen nicht mehr gespielt. Das wird ein Neuanfang in meinem Leben, auch wenn sicher schwere Tage dazwischen sein werden, die ich aber überstehe, da bin ich mir sicher.
Ich will das nicht mehr.