Hallo zusammen,
Ich wollte hier auch mal meine Erfahrungen mit der Glücksspielsucht teilen.

Mit knapp 16 Jahren habe ich das erste Mal gewettet. Damals ging es noch um geringe einstellige Beträge.

Dann hatte ich das Pech und gewann aus 2€ knapp über 2000€. Als Schüler hat man sich damals wie im Paradies gefühlt. Ab hier würde ich den Beginn der eigentlichen Spielsucht einschätzen.

Nun über 6 Jahre später geht es um weitaus größere Summen...

Ich habe es geschafft über ein halbes Jahr das Glücksspiel komplett zu vergessen. Selbst Werbungen habe ich einfach weggedrückt ohne Hintergedanken. Ich würde als Grund benennen, dass ich zu dem Zeitpunkt ausgezogen bin und das erste Mal Fixkosten selber zahlen musste.

Eine banale Wette mit meiner Freundin ,,10€ das du dich nicht traust...", die ich verloren habe, hat meine Sucht wieder "entfacht" und ich wollte das Geld wieder reinholen. 2.500€ waren weg.

Dann hatte ich ein paar Wochen Ruhe und jetzt letzte Woche sind meine Aktien gefallen (aufgrund von Knock Out Derivaten) und ich wollte das Geld wieder reinholen. Das hat dann auch geklappt.
Heute aber der große Rückfall.. Ich habe mein ganzes Erspartes aus der spielfreien Zeit, 15.000€, gesetzt in der Hoffung mir endlich einen Mustang kaufen zu können ohne mich zu verschulden aufgrund einer Finanzierung. Schon vor dem Setzen habe ich mir vorgenommen, egal ob ich gewinne oder verliere, mich bei einer Suchtberatung zu melden. Ergebnis: ich habe alles verloren und habe mein Erstberatungsstermin nächste Woche. Meine Freundin hat jetzt alle Bankdaten.

Zu mir: ich bin eigentlich ein sehr rationaler Mensch, der im Wetten auch nie die Gefühle sah, sondern Mittel zum Zweck. Ich habe nie Geld von anderen angefasst und auch immer alles meiner Freundin oder mein Familienangehörigen erzählt. Normal achte ich im Alltag jeden Cent zu sparen, aber beim Wetten stelle ich mir immer nur vor, was wäre wenn ich jetzt beim 200x Win gesetzt hätte...

Eine allgemeine Frage: da ich bereits vor mehreren Jahren eine OASIS Sperre gesetzt habe, bin ich den Umweg über Kryptowährungen gegangen und habe darüber gewettet. Jetzt hatte ich einen Umsatz von knapp 30k aufgrund des Kryptowährungsumtauschs. Gibt es da bekannte Probleme von zB dem Finanzamt? Da alle Konten beim Kryptocasino geschlossen sind mit Wegwerf-Emails wird der Nachweis sehr schwierig.

Danke euch fürs Lesen.

Hi und herzlich willkommen!

Ich würde als Grund benennen, dass ich zu dem Zeitpunkt ausgezogen bin und das erste Mal Fixkosten selber zahlen musste.

Brrr .... da war also ein Zwang ... #schüttel#

"Ach, was war das schön ... ich bin umgezogen, in meine eigene kleine Wohnung! Mensch, was war ich stolz darauf, nun zu lernen auf eigenen Beinen zu stehen! Es hat Spaß gemacht ... es war toll ... es hat funktioniert!"

Merkst Du den Unterschied? Du hattest Deine Prioritäten verlagert, weil es da etwas gab, was Du absolut wolltest. Und als Du es dann hattest, da geschah das, was immer passiert! Du hast Dich an die Situation gewöhnt und das anfängliche Hochgefühl ebbte ab. Stattdessen hast Du Dich zu einem "Spielchen" verleiten lassen. Natürlich ... sozialer Zwang ... ich weiss ... Doch wenn Du nicht bereit dazu gewesen wärest, dann hättest Du es auch nicht getan!
So etwas geschieht, wenn man intuitiv meint, dass sich eine Glücksspielsucht einfach so "herauswächst". Nun, diese Vorstellung ist weit verbreitet ... hilft aber nur der Sucht. Ängste, Scham, Schuld reden einem gerne ein ... "Es wird schon ..."

Die Erfahrung zeigt aber, dass das nicht reicht. Das hier ... Dein Beitrag in einem Forum für Gleichgesinnte, Leidensgenossen ... wie immer Du das auch betiteln magst, das ist ein Anfang in die richtige Richtung! Es wird aber auch nicht reichen ...

Was also bist Du bereit noch zu tun?

Ich habe mir mehrere Barrieren gesetzt (Bankdaten weitergegeben, Sperren gesetzt, Konto unwiderruflich bei der Kryptobörse gelöscht, alle möglichen Kreditkarten welche ich zum Glück nie fürs Wetten benutzt habe gekündigt) und gestern einen Termin bei einer Beratungsstelle ausgemacht.
Am liebsten würde ich heute schon zu einer Beratungsstelle gehen aber im Umkreis von 30km habe ich alle Beratungsstellen kontaktiert und die Wartezeit beträgt überall mindestens 1 Woche oder der Anruf führt ins Leere.
Gestern habe ich auch noch die Hotline für Spielsüchtige angerufen, wo ich auf die Beratungsstellen hingewiesen wurde.

Mein Ziel ist eine stationäre Behandlung. Ich möchte nichts Halbes und damit abschließen.

Meine ganze Familie ist eingeweiht.

Den Satz 'Du hattest Deine Prioritäten verlagert, weil es da etwas gab, was Du absolut wolltest.' Finde ich sehr gut! Genau das war nämlich auch der Grund für mein Wetten. Entweder das Auto jetzt oder nie haben. Ich bin leider jemand der nicht warten kann. Das zieht sich über den ganzen Alltag hinweg, wenn ich eine Aufgabe auf Arbeit habe möchte ich diese vor der Mittagspause oder einem Meeting erledigen. Wenn wir einkaufen müssen, möchte ich das auch so früh wie möglich hinter mir haben. Beim Auto war das nun genauso. Bei der Beratung dasselbe, lieber jetzt als erst in einer Woche..

Irgendwie sehe ich das aber auch als Chance, wenn ich mich im Bezug auf meine Impulsivität ändere und alles ein bisschen gelassener angehe.
Meine Sucht, die klar vorhanden ist, bezieht sich zum Glück aber nicht auf das Adrenalingefühl, denn das verabscheue ich allgemein.

Abschließend haben mir die 6 Monate Abstinenz (ohne professionelle Hilfe) auch gezeigt, dass ich es kann und willensstark genug bin, sodass es mit professioneller Hilfe und Arbeiten an mich selbst, zu einer langfristigen Abstinenz kommen sollte.

Heieiei ... Deine Pläne stehen ja schon ausgereift da ... Cool ...

Abschließend haben mir die 6 Monate Abstinenz (ohne professionelle Hilfe) auch gezeigt, dass ich es kann und willensstark genug bin, sodass es mit professioneller Hilfe und Arbeiten an mich selbst, zu einer langfristigen Abstinenz kommen sollte.

Deine Kernaussage ist absolut richtig! Einhaken möchte ich hier nur bei dem Wort "willensstark". Der Wille ist meist ein Fähnchen im Winde. Mal schlägt er in die eine, dann in die andere Richtung aus. Nur weil wir den Willen auch für das Glücksspiel einsetzen, heißt das nicht gleich, dass wir willensschwach sind. Der Wille interagiert mit etlichen anderen Dingen ... Entscheidungsfreude, -bereitschaft, -findung ... Durchhaltevermögen ... Prioritätensetzung ... Gefühlen ...

Zu: Immer alles jetzt und sofort ... das haben Spieler häufig, dieses Verhalten. Eben nicht zu prokrastinieren reicht doch völlig aus.
Mache also ruhig einen Termin in einer Woche ... nach dem Gespräch wirst Du nicht geheilt sein. Naja, es sei denn Du gehst zu so einem indischen Guru, der Dir die blutige Sucht aus dem Leibe schnibbelt, ohne eine Wunde zu hinterlassen ... Ja dann ....

Sucht ist eine Gewohnheit und sie lässt sich zu einem sehr großen Teil wieder abgewöhnen. Sie ist auch eine Art Selbstmedikation, die aber hinfällig wird, wenn wir uns mit der Sucht und ihren Auslösern beschäftigt haben.

Ganz oder gar nicht, sagst Du ... Im Sinne des bereits Geschriebenen ... erwarte nicht, dass Du nach der Stationären geheilt bist! Das muss auch gar nicht sein ... Hier wirst Du wohl oder übel Geduld üben müssen, denn die Sucht begleitet Dich nun mal ein Leben lang.

Wenn Du magst, dann schaue am Samstag ins Webmeeting. 19 Uhr - bitte pünktlich sein, der Link steht in meiner Signatur.