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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Spielsüchtiger Freund

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Spielsüchtiger Freund
« am: 19 März 2006, 23:49:36 »
Keine Ahnung, was das jetzt wird, ich blicke hier noch nicht ganz durch. Wenn ich eure Ordnung durcheinanderbringe, tut es mir leid. Ich muss nur echt mal mit jemandem reden, der vielleicht ein paar schlaue Ideen hat.
Ein guter Freund von mir ist spielsüchtig. Er hatte schon 50.000€ Schulden, hat mir aber gestern gesagt, dass er noch einen Kredit aufgenommen und seit Anfang des Jahres zusätzlich 15.000€ verzockt hat. Ich kann verstehen, dass man da so ganz langsam reinrutschen kann. Ich kann mir auch vorstellen, dass da solche Beträge zusammenkommen können. Wo ich nur einfach nicht mitkomme ist, dass er beim Thema "Therapie" total blockt. Was macht es angenehmer für einen Menschen, nachts vor Sorgen nicht schlafen zu können, nicht zu wissen, wie man das nun auch noch der Freundin sagen soll und darüber nachzudenken, ob es nicht doch besser wäre, von einer Brücke zu springen, als sich wegen einer Therapie zu erkundigen? Ich würde es wenigstens gerne verstehen, wenn ich schon nichts machen kann.
Das ist meine nächste Frage: Kann ich etwas machen? Ich versuche, für ihn da zu sein und ihn nicht zu sehr in eine Richtung zu drängen, aber es ist echt schwer, einfach zuzuschauen, wie jemand, den man mag, sich so unglücklich macht. Was soll ich tun? Ist es besser, jemandem die Pistole auf die Brust zu setzen oder macht das alles noch schlimmer?
Ich hoffe sehr, jemand von euch hat ein paar Ideen. Jedenfalls schonmal vielen Dank, Christina

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Offline Mavrole

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  • 30
  • Am Ende des Tunnels gibt es immer ein Licht!
Re: Spielsüchtiger Freund
« Antwort #1 am: 20 März 2006, 12:39:01 »
Hi Christina!

Hast Du Dir schon mal die anderen Beiträge im Forum angeschaut?
Da steht viel drin, was Dir weiterhelfen sollte.
Wenn es Dir nicht hilft, dann schreib noch mal.

Gruß
Mavrole
Wenn das Leben Dir ein Citrone schenkt, dann mach Limonade draus!!!!

Re: Spielsüchtiger Freund
« Antwort #2 am: 20 März 2006, 14:58:22 »
Hallo Mavrole!

Irgendwie komme ich damit nicht so richtig weiter. Ist es jetzt besser, quasi den Kontakt abzubrechen und zu sagen "melde dich, wenn du was dagegen tust", oder soll ich mir das weiter anhören und garnichts machen? Mit besser meine ich, was ihm mehr helfen wird. Ich habe die Geschichte von Mike gelesen, und das klang ja nicht so, als sollte man es jemandem zu bequem machen. Ich käme mir aber echt scheiße vor, einen Freund, dem es schlecht geht, "im Stich zu lassen", denn so fühlt es sich trotz allem an.
Kann ich irgendetwas tun, damit er sich das mit der Therapie vielleicht wenigstens mal ernsthaft überlegt?

Viele Grüße und danke; Christina

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Online Ilona

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  • 3.673
    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Spielsüchtiger Freund
« Antwort #3 am: 20 März 2006, 16:46:59 »
Hallo Christina,

man kann natürlich nur spekulieren, was deinen Freund hindert, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Viele Spieler schämen sich sehr. Sie empfinden es als sehr peinlich, quasi öffentlich zu bekennen: Ich kann meine Probleme nicht selbst lösen. Ich brauche Hilfe! Sie glauben dann eher daran, dass sie alles selbst in den Griff kriegen. Vielleicht kannst du ja da ansetzen, indem du  ihn fragst, was er ganz konkret vorhat, um sein Problem zu lösen und von der Spielsucht wegzukommen.

Dann könntest du ihm noch sagen, dass es ja außer professioneller Hilfe noch das Angebot von Selbsthilfegruppen gibt und schließlich könntest du ihm anbieten, ihn zum Gespräch zu begleiten, falls er „Schiss“ hat. Also alles was in Richtung Unterstützung geht. Vermeiden solltest du alles, was in Richtung „ich mach das für dich“ geht. Also, nicht für ihn bei der Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe anrufen, keine Schulden von ihm übernehmen, ihm nichts leihen (auch dann nicht, wenn ansonsten irgendwas Negatives passiert –Anzeige etc), nicht für ihn lügen etc. Wir nennen das eine Ja / Aber Haltung. Ja, ich stehe zu dir, ich mag dich  und unterstütze dich bei deinem Vorhaben das Problem zu bewältigen. Aber ich mache das nicht für dich und ich finde es nicht gut, wenn du nichts gegen dein Problem unternimmst. Wie heißt es so schön: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
 
Soviel auf die Schnelle


Viele Grüße, Ilona
Juristische Beratung: Kanzlei Kraft, Geil und Kollegen / Bielefeld http://www.kguk.de/
Ansprechpartnerinn: Dr. Iris Ober und Juliane Brauckmann  (Fachanwältinnen für Bankenrecht)  Terminanfragen: 0521-529930
Weitere Infos  hier: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php?topic=3737.0

Re: Spielsüchtiger Freund
« Antwort #4 am: 21 März 2006, 19:28:31 »
Hallo Ilona!

Vielen Dank für deine Antwort! Den "ich mach das für dich"- Fehler habe ich schon durch. Das war so ziemlich meine erste Reaktion, als er mir vor einem Jahr oder so gesagt hat, dass er spielt. Ich habe gleich voll auf "da muss man doch was dagegen tun" geschaltet und zwei Tage lang in der Gegend rumgesucht und mit allen möglichen Leuten telefoniert, von Therapie bis Schuldnerberatung. Er hat sich das alles angehört und danke gesagt, es war aber schnell klar, dass er nicht vorhat das, was ich rausgefunden habe, zu nutzen. Das war für mich ziemlich schwer, denn was kann man groß tun, wenn jemand eben nicht will? Ich habe ihn dann noch zu der einen Beratungsstelle geschleppt, er ist mir zuliebe mitgegangen. Zuerst war er auch froh darüber- hat er jedenfalls gesagt. Aber das war vermutlich die nette Version, damit ich zufrieden bin, denn er hat keinen Folgetermin ausgemacht und irgendwann gesagt, die Leute seien ihm zu "alternativ" gewesen. Und gegen Selbsthilfegruppen hat er Vorurteile. In die Richtung, dass da lauter Leute mit Jesuslatschen und Strickpullover sitzen und das eben so "Ich bin der Martin, ne"- mäßig ist. Naja, ganz vorurteilsfrei war ich in dem Punkt auch nicht, aber
ich war im Sommer drei Monate in der Psychotherapie, und gerade von den Gesprächsgruppen habe ich unheimlich profitiert. Nur kann er es halt nie ausprobieren, wenn er sich nicht mal darauf einlässt.
Vielleicht ist auch viel Getue dabei und der wahre Grund ein ganz anderer. Er hat sowieso Probleme, unter fremden Menschen zu sein und geht überhaupt nicht gerne raus. Dann ist die Vorstellung, in einem Raum mit lauter Unbekannten zu sitzen und von solchen Problemen zu reden, sicher doppelt so schlimm.
Dieses "ich schaffe das auch alleine, ich bin doch nicht blöde", das Mike beschrieben hat, kommt von ihm auch ab und zu. Ich habe außerdem das Gefühl, er redet sich das alles schön, so nach dem Motto "naja, ganz aufgeben muss ich es ja nicht gleich, ich reduziere es und dann kann ich ja ab und zu mal nur so aus Spaß für ganz wenig Geld...". In einer Therapie würden sie ihm ziemlich deutlich sagen, dass das eine Lüge ist, was er ja auch weiß. Aber vielleicht lässt es sich dann schlechter ignorieren?

"Ja, aber..."- Haltung gefällt mir jedenfalls gut. Das ist ein wertvoller Gedanke für mich. Sonst käme ich mir vor, als lasse ich ihn einfach fallen, nur weil es mal ein Problem gibt.

Es tut wirklich gut, das mal loszuwerden. Für dich ist das vermutlich ziemlich nervig, weil es ja irgendwie immer die gleichen Probleme sind, aber mir hilft es sehr. Vielen Dank für´s "Zuhören"!!!!

Was mich noch interessieren würde: Gibt es Gemeinsamkeiten im Leben von Spielern, die mit dazu führen, dass jemand gerade anfängt zu spielen und nicht meinetwegen heroinsüchtig wird oder sonstwas? Warum gerade das, meine ich. Und weißt du etwas darüber, ob das auch "von selbst" wieder aufhören kann (die große Hoffnung meines Freundes)? Das kann ich mir halt nicht vorstellen. Ich würde denken, entweder "schläft" es dann nur, oder man hat mittlerweile eine Ersatzdroge gefunden. Aber ich weiß da ja auch nicht besonders viel drüber.

Vielen Dank nochmal, dass ich das hier schreiben kann! Ich hoffe, dir und allen anderen geht es gut und ihr habt einen richtig schönen Abend!
Viele liebe Grüße, Christina

 

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