Unterstützen Sie unsere Arbeit Jetzt spenden!
Hallo Gast
Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
» Mittwochsgruppe    |    » Samstagsgruppe
     

Meine Geschichte

  • 4 Antworten
  • 1622 Aufrufe
Meine Geschichte
« am: 05 September 2020, 00:33:21 »
Ich bin 22 und nun seit 2 Jahren am Spielen(nur Online).
Süchtig wurde ich gefühlt innerhalb des ersten Monats schon, im 2. hatte ich mein gesamtes Geld verspielt.
Insgesamt habe ich ca. 9000€ in den 2 Jahren verspielt, das ist zwar wenig aber für mich als Azubi mit ca. 800€ Einkommen minus Miete und Versicherung etc. doch recht viel.
Meine Familie habe ich vor 1 Jahr eingeweiht, geholfen hat mir das nicht, außer dass ich mich schlechter und schuldiger fühlte, da ich meinen Eltern so viel zumute.
Winter 2019 habe ich es geschafft 1 Monat durchzuhalten und danach 3k verspielt.
Während Corona war ich nun 4 Monate clean, was vmtl. auch daran lag dass ich nicht wirklich Geld hatte. Nun vor 3 Wochen beim ersten Gehalt(1000€) direkt 500 verspielt und Anfang dieser Woche erneut 500.
Ich dachte wirklich ich könnte es in den Griff kriegen, aber jedes mal überzeuge ich mich selbst wieder zu spielen und ich weiß nicht mal wie.
Bisher habe ich es auch immer geschafft meine Miete etc. nicht zu verspielen, das ist nun bei dem letzten Rückfall auch den Bach runter gegangen.

In diesen Jahren habe ich deutlich an Freunden verloren und Mental geht es mir zunehmend schlechter.
Grund ist oft das Geld und meine schlechte Laune aufgrund dessen.
Ich will nun meine gesamten Finanzen an meine Eltern übergeben.

Meine Ängste sind, dass ich nie wieder richtig mit Geld umgehen kann und die Sucht mich immer verfolgen wird.
Von dem was ich so lese begleitet Sie einen wirklich ein Leben lang.
Außerdem habe ich Angst meinem Gehirn dauerhaft schaden zugefügt zu haben, da ich Risikos einfach nicht mehr richtig einschätzen kann.

Youtube drückt mich auch dauernd mit Glückspielvideos zu, was sicher nicht hilft.

Wie erlange ich meine Kontrolle zurück und wie lange dauert es, 4 Monate scheinen ja schonmal nicht zu reichen?
Wie fühlt man sich nach 1,2,5,10 Jahren Spielfrei im Bezug auf Suchtdruck?

Wollte einfach mal meine Geschichte loswerden.
Andere Geschichten gelesen habe ich hier bisher eher wenig.

*

Wolke

Re: Meine Geschichte
« Antwort #1 am: 05 September 2020, 06:00:03 »
Hallo Marsmensch,

was hast du bisher denn unternommen,um die Kontrolle über dein Leben.wieder zu bekommen und die Sucht in Schach zu halten?

Du hast es deinen Eltern erzählt und dann? Was habt ihr gemeinsam besprochen und unternommen? Da hättet ihr schon eine Aufstellung deiner Finanzen machen müssen und du hättest ihnen deine Karte gegeben.
Bist du dann in eine Beratungstelle oder SHG gegangen? Oder zu einem Therapeuten?
Wenn du es selber nur durch Geldmangel schaffst, mal kurzfristig nicht zu spielen,erwartest du doch nicht allen ernstes ,dass so der Spieldruck verschwindet oder?

Du musst was an deinem Verhalten ändern und das schaffst du in einer SHG oder mit einem Profi (Verhaltenstherapeut)

Ich bin 3 Jahre spielfrei mit Hilfe von einer Freundin,die das Geldmanagement übernommen hat,einer SHG und einer Verhaltenstherapie.
Ich habe noch öfters Suchtdruck,den ich mit erlernren Hilfen ,im Griff habe. Solche Skills lernst du in der Therapie oder in der SHG. Jeder muss für sich testen,was am Besten davon hilft und eine größere Auswahl davon haben.
Spielfreiheit bedeutet viel Arbeit und Beschäftigung mit sich selbst........ein Leben lang.....aber mit der Zeit wird es einfacher,aber Achtsam muss man sein Leben lang bleiben.

Du hast dich letztes Jahr hier schon eingelesen,wie du dein Geld zurück holen möchtest,du hättest diese Zeit besser in deine Genesung investiert.

Als erstes solltest du keine YT Videos mehr gucken,denn die triggern und steigern den Suchtdruck . Als zweites wäre es gut,deinen Eltern deine Karte zu geben und sie teilen dir das Geld ein. Dann würde ich dir raten eine Beratungsstelle der Caritas aufzusuchen,dort ein Erstgespräch zu führen und dann in eine SHG zu gehen. Die Caritas leitet solche Gruppen . Wenn du eine stationäre oder ambulante Therapie machen möchtest,helfen dir die auch dabei.

Vielleicht weihst du auch einen Freund ein,mit dem du darüber reden kannst,vor allem.dann,wenn der Suchtdruck kommt.

Und dann solltest du dich hier mal durchs Forum lesen,da findest du ganz viele Tipps und Tricks gegen die Spielsucht. Von alleine geht sie nicht weg,du musst selbst was dagegen tun ,du musst die ersten Schritte machen. Fang heute noch an!!!

LG Wolke


*

Wolke

Re: Meine Geschichte
« Antwort #2 am: 05 September 2020, 06:05:20 »
Ach ja,da du online spielst,Gamban auf alle Geräte installieren und kein Online-Banking mehr machen. Ändere das so,dass du bzw deine Eltern erstmal nur am Geldautomaten oder in der Bank selbst Geld abheben können. Deine Fixkosten kannst du abbuchen lassen.


*

Offline Olli

  • *****
  • 7.323
Re: Meine Geschichte
« Antwort #3 am: 05 September 2020, 07:54:18 »
Hi Marsmensch!

Mensch, wenn ich mir Deinen ersten Beitrag anschaue, dann ist Dein Zweiter ja schon ein richtiger Roman ... ;)
Schön, dass Du Dich vorstellst und etwas über Deine Leidensgeschichte schreibst. Ich finde das mutig und dieses Herauslassen ist der einzig richtige Weg.
Belese Dich bitte hier im Forum. Du wirst schnell viele Gemeinsamkeiten erkennen. Dies nicht nur im Leidensweg, sondern mit der Zeit auch auf Deinem Genesungsweg.

Wie Wolke Dir schon nahe legte, gehe in eine SHG und/oder eine Beratungsstelle. Du brauchst hier keine Scham zu haben.
Schließlich gehst Du da ja nicht hin um etwas Verwerfliches zu tun, sondern Du möchtest für Dich und an Dir etwas zum Guten verbessern.
Was das dann sein wird, das wirst immer nur Du alleine entscheiden.

Nein, Du darfst Dich nicht wundern, wenn Du mal einen Monat oder wie jetzt sogar 4 Monate spielfrei bist und dann mit vollem Karacho die Karre gegen einen Baum setzt.
Schließlich hast Du ja an Dir nichts verändert und es kam dann so, wie es eigentich immer wieder passiert.
Es ist nicht schlimm, dass dies nun passiert ist, denn dadurch hast Du den Mut aufgebracht hier zu schreiben - einen ersten Schritt gemacht, der Dir helfen soll.
Und? Wie hast Du Dich gefühlt, als Du den Beitrag geschrieben hast? Als Du ihn abgeschickt hast und nun die ersten Antworten liest?

Wenn Du eine Beratungsstelle aufsuchst, dann nicht mit dem Druck eine ambulante oder stationäre Therapie machen zu müssen. Das sind alles ungelegte Eier.
Gehe hin, damit Du erst einmal Vertrauen ins Hilfesystem bekommst. Vielleicht tun Dir diese ersten Gespräche ja gut?!
Erst im späteren Verlauf kannst Du mit dem Berater entscheiden, wie es weiter gehen kann.
Einige Beratungsstellen haben geleitete Gruppen. Siehe zu, dass Du da in eine rein kommst. Ich verspreche Dir, dass das sehr interessant werden wird.

Zu Deinen Fragen: Wenn Du fleissig an Dir arbeitest, dann dauert es erfahrungsgemäß zwischen einem halben und einem dreiviertel Jahr, bis Du die Kontrolle wieder erlangt hast.
Die Zeiträume hängen nun mal individuell davon ab, wie sehr Du mitarbeitest. Auch wissen wir noch nicht, wie sensibel Du auf Anreize, negative Gefühle etc. reagierst.
Eine Abstinenz kann Dir da niemand garantieren - diese Entscheidung triffst ja immer Du alleine.
Jetzt hört sich vielleicht die Zeitspanne ziemlich lange an. Das macht aber nichts. Denke immer in kleinen Schritten und die Zeit wird wie im Fluge vergehen.

Ich bin jetzt 14 Jahre spielfrei. Suchtdruck habe ich keinen mehr und ich kann Dir gar nicht sagen, wie lange es her ist, dass ich ihn verspürt habe.
Auch hier ist der Zeitraum unwichtig. In der SHG habe ich gelernt mit Suchtdruck umzugehen. Anfänglich tauchte er natürlich immer wieder mal auf, doch ich hatte ja Werkzeuge in die Hand bekommen, ihm zu wiederstehen. Sehe den Suchtdruck nicht als Deinen Feind an, sondern als etwas, was einfach da ist. Wichtig ist ihn nicht zu füttern (z.B. mit YT-Videos) und ihn auszuhalten ohne ihm nachzugeben. Suchtdruck ist immer nur temporär - er geht immer vorbei!
« Letzte Änderung: 05 September 2020, 07:57:24 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

*

Somewhere87

Re: Meine Geschichte
« Antwort #4 am: 05 September 2020, 12:10:06 »
Hi Marsmensch.

Deine Situation kann ich gut nachvollziehen. Ich hatte mich anfangs auch meiner Familie geöffnet und dachte, ich hätte es im Griff. Aber irgendwann schleicht sich doch die Gewohnheit wieder ein.

Lass es nicht soweit kommen wie bei mir. Bei dir sind es erst 2 Jahre, bei mir 8 oder 9. Mach einen Termin bei der Suchtberatungsstelle. Dort ist es eigentlich sehr angenehm, man kann offen sprechen und wird nicht verurteilt. Ich wünschte ich hätte das viel früher getan, habe mich aber immer nach 1-2 Monaten Abstinenz sicher gefühlt.

Wenn du dein Geldmanagement in die Hände deiner Eltern gibst, solltest du ihnen aber auch deinen weiteren Plan schildern.

Das Wichtigste ist aber, dass du auch wirklich aufhören willst.

Zum Thema YouTube. Du kannst die Videos als Nicht relevant markieren.
Für deinen PC kann ich dir Betblocker.org empfehlen. Kostenlos und lässt sich nicht umgehen.

Für dein Handy empfehle ich Goodbyegambling App. Kostet zwar minimal etwas, ist aber sehr sicher. Dort lässt du dir von deinen Eltern eine PIN setzen ohne die die App nicht zu deinstallieren geht. Weiter kannst du dort eine Email Adresse hinterlegen, die benachrichtigt wird sobald du die App deinstallierst.

 

Wir danken dem AOK Bundesverband für die Finanzierung des technischen Updates dieses Forums