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ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...

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Offline ela46

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ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« am: 19 April 2015, 20:29:03 »
Hallo zusammen,

ich bin 46 Jahre alt, berufstätig, geschieden und Mutter zweier erwachsener Kinder, die momentan noch bei mir leben.

Ich bin spielsüchtig, wahrscheinlich schon mein Leben lang, exzessiv spiele ich seit etwa neun Jahren. Online. Poker und Casinospiele. Verspielt habe ich schätzungsweise ca. 150.000 Euro. Ich hatte nie größere Gewinne. Ich wußte immer, dass das Geld weg sein würde, sobald ich einzahlte. Mir war die Sucht von Anfang an bewußt - schon nach ein paar Monaten hatte ich es nicht mehr im Griff. Ich baute mir ein Doppelleben auf, niemand weiß oder ahnt davon. Anfangs hatte ich genügend Erspartes und die letzten Jahre geht die Hälfte meines Gehalts drauf. Mein Dispo (zwei Monatsgehälter) ist ausgeschöpft, ab Mitte des Monats habe ich kein Geld mehr zur Verfügung. Außerdem musste ich mein Auto  und sämtliche Erbstücke (Schmuck, Münzen) verkaufen. Momentan bezahle ich zu den Dispozinsen noch einen Kredit ab (bis April nächsten Jahres). Ich wohne zur Miete, hier habe ich keine Rückstände.

Bis auf zwei/drei Freundinnen habe ich alle sozialen Kontakte abgebrochen. Ich mag die meisten Menschen nicht, sie langweilen mich. Außerdem würde es Zeit kosten, Leute zu treffen. Das kann ich nicht, denn dann könnte ich nicht spielen. Außer ab Monatsmitte, wenn das Geld weg ist - fange ich an, nach Alternativbeschäftigungen zu suchen. Ich lese oder gehe zu kostenlosen kulturellen Veranstaltungen, ich engagiere mich sozial. Doch es ist alles nur ein "Nebenbei" ... eine Überbrückung bis zum nächsten Gehalt. Denn ich kann mich an nichts mehr erfreuen, außer am Spielen eben.

Ich habe ein permanent schlechtes Gewissen, meinen Kindern gegenüber. Ich konnte ihnen wegen der Spielerei nie etwas bieten, wir lebten immer "von der Hand in den Mund". Viele Leute fragten sich schon, weshalb ich nie Geld habe, wo ich doch gut verdiene, weshalb ich nie in den Urlaub fahre oder mir keine neuen Klamotten kaufe, wieso ich auf ein Auto verzichte etc. Ich log sie an, ich erzählte z.B. ich bekäme keinen Unterhalt für die Kinder oder ich hätte teuere Zahnoperationen hinter mir oder ich sei auf einen Mann hereingefallen, der mich finanziell ausgenutzt hätte etc. Es funktioniert wunderbar. Ich bin sogar recht beliebt, da ich - am Monatsanfang - immer recht großzügig bin, immer gut drauf, lustig, unterhaltsam. Ich kann gut zuhören, helfen und werde schnell zu "Robin Hood", wenn ich irgendwo Ungerechtigkeiten erlebe.

So, ich rede schon wieder drum rum. Das Drumrum hat aber mit der eigentlichen Sache - meinem Wunsch aus der Sucht zu kommen- nichts zu tun. Denke ich.

Weshalb ich "reinkam" glaube ich zu wissen. Aus dem Gefühl heraus - von Klein auf - nichts zu können und zu nichts nutze zu sein. Die Erwartungen anderer sowieso nicht erfüllen zu können. Weder besonders hübsch - noch besonders intelligent zu sein. Kein Talent zu haben. Ich machte mit Spielautomaten meine ersten Erfahrungen. Ich war 15. Und täglich vor und nach der Schule in der Bahnhofskneipe - meist alleine. Ich schmiss rein, bis nichts mehr da war. Irgendwann - nach vielleicht zwei Jahren - hat es mich plötzlich nicht mehr interessiert. Die nächste Situation an die ich mich erinnere, ist ein Casino in Amsterdam. Mein Freund- und späterer Mann - jetzt Exmann - kriegte sich gar nicht mehr ein vor Erstaunen, als ich nicht mehr von dieser Glaskugel mit den ganzen Münzen wegzukriegen war. Er fand es witzig, dass ich mich so hineinsteigerte. Nach einer Stunde fand er es nicht mehr witzig, er wollte gehen. Ich nicht. Ich blieb. Als wir dann verheiratet waren, ein Haus gebaut hatten und ich Vollzeitmutter war, begann ich mich zu langweilen und entdeckte Online-Spiele. Ich spielte wie besessen sobald die Kinder versorgt oder nicht da waren. Allerdings ohne Geld. Dennoch war ich süchtig. Ich sperrte mich zuhause ein, ließ die Rollos runter, damit mich ja niemand besucht. Ich ging nicht mehr weg, wollte nur noch zocken, obwohl man nicht mal was gewinnen konnte. Nach drei/vier Jahren langeweilte es mich, von einem Tag auf den anderen, ich hörte auf damit. Ohne dass es mich noch weiter gedanklich beschäftigt hätte.

Meine Ehe war zu Ende, wir verkauften das Haus, ich zog mit den Kindern in die Stadt. Ich war drei Jahre glücklich, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich unternahm viel, mit den Kindern ... und alleine. Ich arbeitete in Teilzeit und aufgrund des Hausverkaufs hatte ich Reserven. Dann lernte ich irgendwann einen Mann kennen, in den ich mich sofort verliebte.

Er hat mich damit um den Finger gewickelt, dass er mir Aufmerksamkeit schenkte ohne Ende und mir das Gefühl gab, etwas Besonderes zu sein. So dass ich es selbst fühlte. Irgendwann kam er auf die Idee ein Casino in Tschechien zu besuchen (das war 2005). Ich spielte ziemlich verhalten (kleine Summen/vorsichtig). Er ging in die vollen und gewann eine Menge Geld (dass er tief verschuldet war, wegen seiner langjährigen Casinokarriere, verschwieg er mir). Auch er führte damals ein Doppelleben und hatte allerlei Ausreden parat, weshalb er ständig pleite sei, und das als Großverdiener. Er lebte zu dieser Zeit auf meine Kosten. Es hat mich nicht gestört, ich hatte ja noch genügend. Diesem Casinobesuch folgten mehrere. Nach einigen Monaten waren wir jedes Wochenende dort. Alles andere interessierte uns nicht mehr. Ich hab mich jedoch immer noch zurückgehalten, mir reichte es, einfach zuzuschauen. Dann kam ich mit nem Casinobesucher ins Gespräch, der auch nur zuschaute, er erzählte mir vom Online-Poker und wie toll/einfach das sei und man könnte da locker so 500 Euro im Monat hinzuverdienen. Ich hatte damals noch keine Geldsorgen, dachte aber, mit 500 Euro mehr könnte ich meinem Freund helfen, seine Schulden zu begleichen. Meinem Freund sagte ich nichts davon. Er war zu dieser Zeit im Außendienst tätig und unter der Woche nicht zuhause. So meldete ich mich bei einem Casino an und begann zu pokern. Völlig blauäugig.

Der Rest ist schnell erzählt. Die Beziehung ging nach 2 Jahren in die Brüche. Ich hatte also noch mehr Zeit zu spielen, meine Ersparnisse schrumpften usw. usw.

Unzählige male habe ich mich selbst gesperrt, um mich dann am nächsten Tag auf einer anderen Seite anzumelden. Ich spielte zum Teil 24h am Stück, ich konnte nicht aufhören. Obwohl ich wußte, ich kann nicht mithalten, ich bin ein "Fish". Mein Geld war weg, ein Kredit musste her ... der Dispo wurde erhöht, Versicherungen wurden aufgelöst usw.

Nun sitz ich hier - und habe zum xten Mal beschlossen, aufzuhören. Ich weiß es ist eine Krankheit, Willensstärke reicht nicht, Rückfälle sind vorprogrammiert. Seit Jahren lese ich in den diversen Foren die Erfahrungsberichte, die Tipps usw. Ich lese von Therapien, Selbsthilfegruppen, usw.

Ich habe - bevor ich hier anfing zu schreiben - einen Gameblocker installiert. Ich weiß, es wäre eine Selbshilfegruppe nötig. Ich kann es nicht. Nicht weil ich nicht vor Fremden reden könnte, sondern weil - ACHTUNG.... jetzt kommt das Kuriose ... ich dort arbeite. Mein Arbeitgeber ist der Initiator der Suchtberatung und der Selbsthilfegruppe. Auch die Beratungsstellen in näher gelgenen Städten, die ich ohne Auto erreichen könnte - gehören zu meinem Arbeitgeber. Man kennt mich. Ich arbeite selbst in diesem Bereich - wenn auch nur administrativ. Ich kenne alle bzw. viele Geschichten. Bei meiner Arbeit dreht es sich um nichts anderes als um Suchterkrankungen. In diversen Arbeitskreisen bin ich protokollführend selbst dabei.

Bei einem Psychologen war ich bereits, nur ein halbes Jahr lang, er konnte mir nicht helfen, da er meinte, ich wisse alles, ich würde ihn quasi manipulieren, weil ich genau wisse, was er mit welchen Fragen bezweckt und ich dementsprechend antworte. Also nicht dass ich ihn angelogen hätte, jedoch verwickelten wir uns immer in Fachgespräche, da ich seine Thesen in Frage stellte usw.

Dann war ich noch bei einer Online-Beartungsstelle angemeldet, diese gehört auch zu meinem Arbeitgeber - es war jedoch anonym. Dort kamen wir aber auch nicht weiter.
Natürlich bliebe noch der Gang zum Hausarzt und eine stationäre Therapie, aber das schaffe ich (noch) nicht. Ich weiß nicht genau was mich abhält, wahrscheinlich die Scham.
Ein einziges Mal hatte ich mich während der ganzen Zeit einem Bekannten anvertraut, der daraufhin mein Geldmanagement übernahm. Doch ich schaffte es immer wieder, durch glaubhafte Geschichten - an Geld zu kommen. Er nervte mich mit seinen Nachfragen, daher gab ich vor "geheilt" zu sein. Er glaubte es, da er date, der Psychologe hätte mich therapiert.

Mein erster Gedanke - als ich vorhin den Gameblocker installierte - war: "Im schlimmsten Fall kauf ich mir halt einen neuen Laptop". Krass ....

Eigentlich wollte ich mich hier nur kurz vorstellen ... nun wisst ihr alles ...
Gibts ne Hoffnung? Ohne Offline-Outing? Wie schafft man es, sich wieder an Alltäglichem zu erfreuen? Die Menschen wieder interessant zu finden? Eigentlich wollte ich nicht für immer alleine bleiben ... doch im Moment kann ich mir nicht vorstellen, an irgendwas/irgendwem Interesse zu haben.

Ich danke Euch, fürs Lesen ... und ggf. für Antworten.
Ela.

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Offline Olli

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #1 am: 20 April 2015, 06:57:43 »
Hi Ela!

Herzlich willkommen!

Warst Du absolut ehrlich Dir selbst gegenüber beim Schreiben dieses Beitrages?
Wie hat es sich angefühlt das alles nieder zu schreiben?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline ela46

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #2 am: 20 April 2015, 10:15:32 »
Hallo Olaf,

danke für die Begrüßung :-)

Ob ich ehrlich gegenüber mir war?

Das einzig Unehrliche an meiner gestrigen Vorstellung (das erkenne ich jetzt nach nochmaligem Lesen), dass ich mich quasi selbst bescheisse, in dem mir sofort die Option "neuer Laptop" einfällt. Daraus könnte man eben schließen, dass ich gar nicht wirklich aufhören will. Das Problem ist, dass ich schon so oft beschlossen hab aufzuhören ... und 24h später waren alle Vorsätze weg und ich fand wieder Möglichkeiten. 

Unehrlich ist es vielleicht auch, die Verantwortung abzuschieben. Es meinen Eltern anzulasten, dass aus mir ein kranker Mensch geworden ist oder meinem Exfreund erwähnen, dass er mich quasi ins Casino "gezogen" hat. Schließlich bin ich erwachsen und weiß um die Risiken.

Ich denke pausenlos ans Spielen. Es war mein erster Gedanke heute morgen. Und es wird mich den ganzen Tag begleiten. Ich weiß sonst nichts mit mir anzufangen. Ich versuche das mit dieser "STOP-Regel", also dass ich ... sobald der Gedanke da ist, innerlich Stop sage und mich zwinge an etwas anderes zu denken.

In anderen Beiträgen las ich am meisten beeindruckte mich Rainers Herangehensweise), dass es um viel mehr geht als ums "Aufhören". Nämlich um einen selbst ... sich aushalten zu können, ohne Ablenkung quasi. Ich weiß nur nicht, wie man das anfängt, ich habs einfach vergessen/verlernt. Einfach nichts tun? Nachdenken?

Ich möchte wirklich aufhören. Ich traue es mir nur mittlerweile nicht mehr zu. Ich kann mich nicht mehr auf mich verlassen. Früher war ich ein sehr pragmatischer, verlässlicher und strukturierer Mensch. Jetzt bin ich getrieben .... ständig.

Ergänzung:
Zu deiner zweiten Frage... es fühlte sich erleichternd an. Und traurig. Als ich danach nochmal alles durchgelesen habe, fühlte ich mich als "Zuschauer", versteht das jemand? Also dissoziiert. Als würde ich ein Buch lesen ....
Und nochmal zu der ersten Frage: Ich war unehrlich in meinem Beitrag bezüglich Alter/Name. Ich musste hier ein wenig schwindeln, weil ich wg. meines Arbeitgebers einfach darauf achten muss, unerkannt zu bleiben.

« Letzte Änderung: 20 April 2015, 10:18:44 von ela46 »

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freitagessen

Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #3 am: 20 April 2015, 10:31:43 »
 Hi Ela,

Um mal mit der Tür ins Haus zu fallen, natürlich gibt es Hoffnung und würde es die nicht geben wäre ich mit Sicherheit auch nicht hier.
Du die Täglich mit Sucht erkrankten arbeitest (mehr oder weniger) weißt das auch ganz genau!

Schau ich mal bei mir selber nach, habe ich solang gespielt wie ich spielen wollte.
Lange Zeit gab es für mich auch keinen Grund um jetzt auch nicht mehr zu spielen (so redete ich mir ein), schließlich war mein leben bedingt durch „Sucht“ so was von heruntergekommen und öfters fragte ich mich  „habe bzw. kann ich denn überhaupt noch etwas verlieren“?
Zusammengefasst, jammern auf hohen Niveau steht uns gut, nur ändert das nichts an der jeweilige Situation wenn wir nicht bereit sind diese bzw. uns zu ändern!

Natürlich kannst du zu einem Psychologen rennen, dich einer SHG anschließen oder was weiß ich was noch tun, niemand allerdings wird der helfen können, wenn du nur halbherzig an dieses Unding „Spielsucht“ herangehst bzw. kein wirklich aufrechter Wille deinerseits besteht um dieses zu beenden.

Willensstärke reicht nicht, Rückfälle sind vorprogrammiert schreibst du.... nun, das erste was ich dachte bei diesen Satz von dir war  „was ist das denn für ein Schwachsinn, hat noch nicht richtig aufgehört und stellt jetzt schon vergleiche mit anderen Spielern!

Ich bin da ganz anderer Meinung und „Willensstärke“ mag vielleicht nicht reichen um einiges aufzuarbeiten (Spielursachen), wird aber der Anfang vom ende sein „wenigstens vom aktiven Spiel“ .
Also frage ich mich grade „wie hätte ich jemals aufhören können wenn ich nicht den absoluten Wille dazu gehabt hätte“, wie solltest du, wie kannst du jemals aufhören ohne den Wille dazu zu haben?
Und auch was deine angesprochene Rückfälle bzw. Rückfallgefahr betrifft, klaro gibt es nicht wenige die Rückfälle haben, keine Frage.....viele aber lernen hierdurch noch besser mit sich selber umzugehen bzw. entwickeln  bessere Strategien um das Zukünftig zu vermeiden (wenigstens sollte es so sein),
andere wiederum (und auch die gibt es auch) vermeiden diese gänzlich!

Zitat
Wie schafft man es, sich wieder an Alltäglichem zu erfreuen? Die Menschen wieder interessant zu finden? 
Indem du „wieder“ Ehrlich zu dir und auch zu anderen bist, wenn du fest entschlossen bist deine Fantasiewelt zu verlassen und wenn du bereit bist hier auch alles für zu tun!

und was mein angesprochenes "kann ich denn überhaupt noch etwas verlieren" betrifft (irgendwo oben im Beitrag)
ich habe diese Frage damals auch für mich gestellt, anfänglich gab es allerdings noch sone dicke Nebelwand, wollte mich trotzdem noch nicht gänzlich aufgeben (so wie du jetzt), kann dir aber ganz ehrlich sagen....das einzige was mir bis heute jemals in mein leben Leid getan hat, ist das ich nicht schon viel früher mit diesen Mist aufgehört habe -und das es noch eine ganze menge zu verlieren gibt.

Noch bist du nicht am ende Ela, Beispiele zu genügend wohin dein Weg dich letztendlich führen wird, aber auch für Wege hinaus, solltest du haben! 
 
   
Rainer
« Letzte Änderung: 20 April 2015, 10:35:46 von freitagessen »

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Offline ela46

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #4 am: 20 April 2015, 11:37:41 »
Hallo Rainer,

es freut mich total, dass du was dazu geschrieben hast. Herzlichen Dank!

@ Arbeit
Ich arbeite nicht direkt mit den Leuten sondern in der Verwaltung. D.h. ich bin im Vorzimmer des Leiters. Ich organisiere Tagungen/Schulungen, erarbeite Einsatzpläne und mache halt alles, damit die Pädagogen/Psychologen ihre Arbeit mit den Klienten machen können, ohne sich mit dem Verwaltungskram beschäftigen zu müssen. Ich bin mittlerweile etwas realitätsfremd - glaube ich - durch die Zusammenarbeit mit den "Sozialgeprägten" verbringe ich mehr Zeit damit nachzudenken, x Lösungswege zu suchen, mich ständig in andere hineinzuversetzen, etwas aus anderer Perspektive zu betrachten - statt wie früher - einfach mal was anzupacken.

@ Spielen
Es gibt Grund genug nicht mehr zu spielen.
Zum einen wird es finanziell nun wirklich eng, ich muss in diesem Jahr noch umziehen, da meine Kinder ausziehen werden und die Wohnung für mich allein zu groß/teuer wird. D.h. ich benötige Geld für Kaution, Renovierung, Umzug. Wenn ich es jetzt schaffe, es sein zu lassen, dann könnte alles noch irgendwie klappen - wenn auch knapp.
Zum anderen bin ich es leid, dass mein Leben an mir vorüberzieht. Es kann doch nicht sein, dass ich ... irgendwann mal erzähle, wenn mich jemand nach meinem Leben fragt ... dass ich gespielt habe. Sonst nichts!!!

@ Willensstärke
Ich schrieb das mit den Rückfällen und der Willensstärke, weil ich hier und in anderen Foren von vielen Leuten las, die ganz euphorisch und fester Willensstärke begannen, ein Tagebuch zu führen um von Ihrer Abstinenz zu berichten. Die wenigsten schafften es auf Dauer. Da ich in den letzten Jahren irgendwie das Gefühl habe fremdgesteuert zu sein, traue ich es mir nicht zu, zu sagen: "Ich schaffe es". Es erscheint mir dann wie eine Phrase. Mir selbst gegenüber. Weil ich eben schon so oft versagte. Was nutzt es mir, jetzt den Willen zu haben aufzuhören, wenn mich in 3 Stunden die Sucht wieder packt und ich keinen anderen Gedanken mehr fassen kann? Ich mir mit irgendeiner Ausrede irgendwo 10 Euro leihe, nur um die zu verpokern? Ich kann dann bis zum Ausleihen dieses Geldes keinen anderen Gedanken fassen. Es ist als würde mich eben jemand zwingen zu einer Kollegin zu gehen und um die 10 Euro zu bitten. Erst dann stellt sich Ruhe in mir ein.

Natürlich kann ich mich nicht mit anderen Spielern, die es schon geschafft haben oder seit längerem dabei sind es richtig zu versuchen, vergleichen. Sorry, falls das so anmaßend rüber kam.

@ Alles tun
Du schreibst, ich müsse bereit sein "alles zu tun". Genau das ist schwierig. Ich bin eben nicht bereit, mich zu outen ... und das wäre notwendig wenn ich eine SGH besuchen würde.
Heißt das dann aus Deiner Sicht, mein Wille ist nicht ehrlich? Sonst würde ich alles geben?

Wenn ich Deine Beiträge richtig verfolgt habe, hast Du es geschafft - ohne fremde Hilfe? Ist das richtig?

Rainer, ich danke dir für Deinen Input und ich würde mich freuen, wenn Du nochmal etwas schreibst.
« Letzte Änderung: 20 April 2015, 11:43:33 von ela46 »

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Offline Olli

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #5 am: 20 April 2015, 13:44:44 »
Hi Ela!

Meine erste Frage war eigentlich eine Suggestivfrage, die die Zweite vorbereiten sollte.  ;D

Aber Dankeschön, dass Du so ausführlich darauf eingegangen bist und ich Dich so näher kennenlernen darf.

Weshalb habe ich Dir die Fragen gestellt ...
Normalerweise "knalle" ich die Neuankömmlinge mit Informationen voll.
Dies kann ich mir bei Dir aber sparen, weil Du diese alle schon kennst.

Wenn Dich das Rationale nicht erreicht - dann vielleicht das Emotionale?
So war meine erste Intuition - die Du mit Deinen eigenen Worten mittlerweile zu bestätigen scheinst.

Bei mir war es so. Ich wollte nicht mehr der Lügner und Versager sein.
Ich habe damals aufgehört, weil ich mich einfach besser fühlen wollte.
Ich wollte im Spiegel nicht mehr die Augen vor mir selbst niederschlagen.

Was ich dazu treffen musste, war eine Abstinenzentscheidung.
Die erste ... die wichtigste ... die, die mir auch heute hilft jede weitere leichter zu fällen.

Du bringst als Grund für eine Abstinenzentscheidung z.B. den Umzug an.
Gut ... wenn es primär hilft ...
Langfristig jedoch wird er nicht reichen. Du bist dann umgezogen - hast die Wohnung - die Kaution ist bezahlt.
Du sitzt dann in Deinem Wohnzimmer und Dich überfällt die deprimierende Erkenntnis - Die Kinder sind weg ... sehe sie nur noch alle X Tage. Jetzt bin ich alleine!
Und was dann?

Wie können wir Dir also helfen Deine Abstinenzentscheidung zu treffen und aufrecht zu erhalten?

Vielleicht, indem wir Dein Selbstbildnis ein wenig gerade rücken?

Zitat
Zum anderen bin ich es leid, dass mein Leben an mir vorüberzieht. Es kann doch nicht sein, dass ich ... irgendwann mal erzähle, wenn mich jemand nach meinem Leben fragt ... dass ich gespielt habe. Sonst nichts!!!

Na klar steckt hier eine Menge Sarkasmus drin. Aber auch Selbstmitleid?
Deine Kinder haben auf viele materielle Dinge verzichten müssen, schreibst Du.
Aber auch auf Deine Liebe? Zuneigung? Hingabe? - Wohl kaum.
Wie hast Du sie erzogen? Welche Werte hast Du ihnen vermittelt?
Wenn Deine Kinder so gut geraten sind, wie ich es vermute  ;D, dann haben sie weit mehr in Dir gesehen, als die "Spielerin", die Du siehst.
Frage sie doch einmal, was sie von Dir für ein Bild haben.
Wird Dir dieses Bild gefallen?
Welche der Kritikpunkte könntest Du Schritt für Schritt eliminieren?
Welche könntest Du davon einfach akzeptieren?
Welche Lobpunkte/-Preisungen  ;D könntest Du Dir vorstellen ausbauen zu wollen?

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline ela46

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #6 am: 20 April 2015, 14:07:13 »
Vielen lieben Dank Olli,
ich muss/möchte darüber nachdenken, was Du geschrieben hast.
Es hat mich ziemlich berührt (und ja, ich bin wohl eher die Emotionale).
Ich antworte abends (dann hab ich den heutigen pokerlosen Abend schon mal sinnvoll verplant) :-D (der erste .... seit .... hm ... ich kann mich nicht mehr erinnern ...)

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Offline ela46

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #7 am: 20 April 2015, 21:40:30 »
so, mein erster spielfreier Abend seit langem - komisch irgendwie.
Selbst wenn ich in den letzten 9 Jahren mal hin und wieder weggegangen bin, waren meine Gedanken nur beim Spiel und ich hoffte, dass mein Gegenüber die Rechnung übernimmt, so dass ich im Anschluss an mein Date oder Treffen mit Freundinnen meine eingeplanten 10 Euro anderweitig "investieren" konnte. Zum Teil hab ich mich sogar mit einer Notlüge frühzeitg verabschiedet, weil ich ja wußte, um 22.00 beginnt ein Turnier ... ich könnte es noch rechtzeitig schaffen, wenn der Tankstellenverkäufer nicht so lang braucht um die Paysafecard rauszulassen (Kreditkarte hatte ich zum Glück noch nie).

Ich frag mich heute, weshalb ich diesen Blocker nicht schon viel eher installiert habe. Ich fand für mich selbst immer die Ausrede, dass ich jetzt ja nicht aufhören könne, denn zum Monatsersten bekäme ich ja wieder Bonusgeld/Cashback und es wäre ja wirklich dumm, darauf zu verzichten! Heute empfand ich Erleichterung, den ganzen Tag über. Ich hab sogar länger gearbeitet (ging ja sonst nicht, da ich um 17.15 zuhause sein musste, da dann das erste für mich interessante Turnier startete. Heute fand sich sogar noch Zeit zum Putzen, was mal wieder dringend nötig war. Und es fühlte sich auch prima an, dass ich heute niemanden um Geld bitten musste. Auch habe ich keine Einzugsermächtigung stornieren müssen (was mittlerweile schon fast Ritual war ... Lastschrift zurückbuchen um Kohle zu haben, und bei Gehaltseingang wieder begleichen). Mich wunderts, dass das immer hingenommen wurde (mit entsprechenden Gebühren natürlich).

@olaf
Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich alle Informationen kenne, nur die üblichen halt, aus allen Foren. Die "Sachlichen" quasi ... die kenne ich. Ich glaube, dass "Psychisches" bei mir eher von Nutzen ist. Auch wenn ich glaube, gar nicht schlecht im Selbstreflektieren zu sein, so helfen mir andere Sichtweisen immer wieder, Neues zu entdecken oder Festgefahrenes zu revidieren.

Was mir grad noch einfällt - wenns auch nichts mit meiner Sucht direkt zu tun hat - ich wundere mich schon die ganze Zeit (seit ich in den Foren lese), dass es sich bei den meisten Abhängigen oder Abstinenten um Leute mit eher gehobenem Bildungshintergrund handelt. Soweit ich das zumindest beurteilen kann ... Die Leute, die Rat suchen ... und auch die Ratgebenden können sich alle gut ausdrücken, schreiben i.d.R. fehlerfrei und machen generell einen gebildeten Eindruck. Heißt das, statistisch gesehen, eine Spielsucht trifft hauptsächlich solche Menschen? Oder macht es nur den Eindruck, weil nur einigermaßen gebildete Menschen sich in Foren outen? Heißt das im Umkehrschluss, dass Menschen mit "niedrigerem Niveau" gar nicht auf die Idee kommen zu gamblen? Weil sie zufriedener sind, da sie sich eben nicht so viele Gedanken übers Leben machen? Ich hoffe, das kommt jetzt nicht arrogant rüber, es ging mir heut nur so durch den Kopf.

Olaf, ich möchte auch keine Lügnerin mehr sein. Ich möchte gerne wieder so sein wie früher. Lebenslustig, vielseitig interessiert und zufrieden. Ich möchte mich wieder mögen!!

Wg. meiner Wohnung und dem (auch) damit verbundenem Wunsch, mit der Scheisse aufzuhören ...
daran hab ich auch schon gedacht, was dann ist, wenn ich es geschafft habe (also Umzug hinter mir, Kinder "verräumt"), dann bin ich allein ... weiß womöglich immer noch nichts mit mir anzufangen. D.h. ich muss vorbeugen? Mir überlegen, wo meine Interessen früher lagen und daran anknüpfen? Also VHS-Kurse besuchen ... solche Sachen. Das wollte ich auch die letzten Jahre. Konnte mich aber nie dazu überwinden mich irgendwo anzumelden, bzw. habs immer aufgeschoben. Da mir die 100 Euro für nen Kurs zu schade waren und auch die Zeit, die ich dafür aufbringen müsste. Wie paradox ;-)

Wie ihr mir helfen könnt? Ihr tut es schon. Durchs Fragenstellen. Fragen, die mir selbst nicht mehr einfallen. Durchs Hinterfragen meiner Rechtfertigungen oder Behauptungen. Durch Eure Erzählungen Eurer eigenen Geschichten. Auch wenn ich schon jahrelang mitlese, so habe ich dennoch erst jetzt durch die Registrierung das Gefühl, "dabei" zu sein. Vorher war es eher so ein oberflächliches darüberlesen.

Ja, ich bitte darum mir mein Selbstbild gerade zu rücken!!! Und mich nicht zu schonen. Ich mag klare Worte. Und ich mag es, konfrontiert zu werden, auch mit Unangenehmem.

Sarkasmus? Ja, darin bin ich prima! :-D

Als Selbstmitleid würde ich es nicht bezeichnen (ich überlege aber noch). Ich sehe mich ja nicht als Opfer. Ich bin eher sauer auf mich, als dass ich mich bemitleiden würde. Sauer, dass ich nicht stark genug war/bin. Dass ich, die ich mich immer über andere erhoben habe - so was Saudummes mache. Etwas, was völlig sinnfrei ist. Ich ... die immer pragmatisch, vernünftig gehandelt hat und "Schwaches" verurteilt hat? Vielleicht ist das mein Lernprozess? Dass ich quasi erst soweit kommen musste, um mich nicht mehr zu erheben? Ist es das was ich lernen sollte? Hm, ich bin weder gläubig noch glaube ich an Schicksal ... aber vielleicht ist es psychologisch irgendwie so zu begründen?

Ja, meine Kinder mussten verzichten. Auf Materielles, aber sicher auch auf meine Aufmerksamkeit.
Sie werfen mir nichts vor. Sie wissen nichts vom Spielen (sie denken ich zocke halt ohne Geld, just for fun). Da wir nie was hatten, ist ihnen Materielles auch nicht wichtig. Sie werfen mir also nie vor, nix gehabt zu haben, weil wir stattdessen ne Menge Spaß zusammen hatten. Es war nie eine richtige "Mutter-Kind-Beziehung", eher WG-ähnlich. Beide sind sehr selbständig und gehen ihren Weg. Sie haben beide einen Job, eine vernünftige Einstellung zum Leben, sind sehr sozial und kommunikativ. Die Schulzeit war nicht einfach (da geb ich mir wieder die Schuld, da ich zu wenig Zeit investiert habe, sie entsprechend zu fördern). Mit meiner Liebe oder Sorge habe ich sie manchmal ein wenig überfordert oder eingeengt ... aber auch die Sorge war größtenteils meinem schlechten Gewissen geschuldet. Weil ich immer im Hinterkopf hatte, dass sie hoffentlich nicht genauso abrutschen könnten wie ich, wenn ich nicht genau aufpasse. Ich denke, dass wenn ein Außenstehender sie fragen würde, wie ihre Kindheit war, würden sie sagen ... es war lustig und wir hatten viele Freiheiten, und wir wußten, dass Mama immer alles regelt und auch zu uns hält, wenns Ärger gibt.

Und dennoch leide ich darunter (nun doch Selbstmitleid?), dass ich z.B. mein Auto verkaufen musste und sie ab dann keinen "Fahrer" mehr hatten. Dass sie nur Standardklamotten bekamen, sich Sonderwünsche alle selbst erarbeitn mussten. Dass ich ihnen keinen Urlaub bieten konnte, sie stattdessen zu Oma geschickt habe. Dass sie mein Gejammer über das "geldlose Dasein" ertragen mussten usw. Bevor ich Kinder hatte, hab ich mir immer vorgestellt, dass wenn es mal so sein würde, ich für meine Kinder alles tun würde ... ihnen Hobbys ermögliche, Sport, Privatschule ... whatever. Nichts davon ging ... (nochmal ein wenig Selbstmitleid).

Die Werte, die ich versucht habe ihnen zu vermitteln ... waren/sind ... Toleranz, Neugierde, Bildung (sofern das als Wert zählt), Stärke ... (also Position zu beziehen, sich nicht drücken, sich für Schwächere einzusetzen usw.). Wenn ich sie mir so ansehe, dann ist mir das ganz gut gelungen. Auch dass sie konventionelles hinterfragen, sich ihre eigene Meinung bilden und diese auch kundtun, gefällt mir. Das hab ich hingekriegt. Sie sind und werden keine Spießer. Das war mir irgendwie wichtig :-D

Wir reden oft/viel und ich ermutige sie auch zur Kritik an mir, daher ist mir das nicht fremd.
Wenn ich sie jetzt fragen würde, dann kämen Kritikpunkte wie:
- Ich sorge mich zuviel (wenn ich den 22-jährigen frage, ob er auch seine Mütze dabei hat)
- Ich flippe zu schnell aus (wenn ich z.B. Essensreste von vor 3 Wochen in ihren Zimmern vorfinde)
- Ich übertreibe maßlos
- Ich bin intolerant (obwohl ich Toleranz von Ihnen einfordere)
- Ich hätte einen Putzfimmel (stimmt defintiv nicht)
- Ich würde mich zu sehr einmischen (wenn ich versuche, alles zu organisieren ... Arzttermine, Bewerbungen, Wohnungssuche etc)
- Ich wäre zu neugierig (weil ich halt immer wissen will, wie ihre Abende waren, wies auf Arbeit läuft, wies Ihnen geht ...  zu viele Fragen stelle ... --> wir haben uns mittlerweile auf drei Fragen geeinigt, die bekomme ich beantwortet und dann muss gut sein)

Was gibt das nun für ein Bild von mir? Also wo könnte ich ansetzen?

Danke ... schon im Voraus :-)
Mir gehts gut grad.

 




 

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Offline andreasg

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #8 am: 21 April 2015, 10:28:11 »
[Ich habe - bevor ich hier anfing zu schreiben - einen Gameblocker installiert. Ich weiß, es wäre eine Selbshilfegruppe nötig. Ich kann es nicht. Nicht weil ich nicht vor Fremden reden könnte, sondern weil - ACHTUNG.... jetzt kommt das Kuriose ... ich dort arbeite. Mein Arbeitgeber ist der Initiator der Suchtberatung und der Selbsthilfegruppe. Auch die Beratungsstellen in näher gelgenen Städten, die ich ohne Auto erreichen könnte - gehören zu meinem Arbeitgeber. Man kennt mich. Ich arbeite selbst in diesem Bereich - wenn auch nur administrativ. Ich kenne alle bzw. viele Geschichten. Bei meiner Arbeit dreht es sich um nichts anderes als um Suchterkrankungen. In diversen Arbeitskreisen bin ich protokollführend selbst dabei.]

Hallo Ela, ich heiße Dich in unserem Forum willkommen. Ich habe aufmerksam Deine Geschichte gelesen und erkenne mich in vielem selber.
Ich bin Spieler und Co - abhängig.
der im Kopf eingefügte Textteil von Dir bringt mich an meine Wut 'ran. Deshalb erlaube ich mir, Dir keine Fragen zu stellen, sondern meine Meinug zu schreiben. Grund, ich muß hier eine Grenze setzen.
Ich gehöre zu den Spielsüchtigen, die keine Angst und scheu haben, aus ihrer Anonymität herraus zu treten. Mein Argument ist: Durch Langzeitarbeitslosigkeit, HartzIV - ist mein Guter Ruf sowieso zerstört. So bin ich Heute frei in Beratungsstellen zu gehen, - und laufe wie im Februar und März diesen Jahres geschehen, offene Türen ein.
Ein Statement von eine Landesstelle für Suchtfragen:
"Die Spielsucht in in Wirklichkeit weiter verbreitet, als in der Öffentlichkeit angenommen".
Aber gerade in diesen Einrichtungen brauche ich den Geschützten Rahmen als Sicherheit der Geborgenheit, damit ich nicht in meine Opferrolle zurückfalle und die scheinbare Geborgenheit der Spielstätte sich wieder nähert. Ich brauche einen festen Raum, an dem ich sicher bin vor Menschen die noch spielen, - das Spiel mit Menschen, der Co - abhängigkeit. Doch die Frage: hast Du kein Vertrauen in Dich und Deine Stärke oder hast Du kein Vertrauen zu Deinen wahrscheinlich akademisch gebildeten Vorgesetzten? Mir mach das Angst!
Wenn Du in diesem oder in anderen Spielsuchtforen liest, wirst Du in vielen Treads und Beiträgen dahin konfrontiert, daß Spielstättenbetreiber sich an der Spielsuchtprävention beteiligen. In der Vergangenheit ist das nach meiner Erkenntnis geschehen, um das Spielverhalten der Probanten auf Geldspielautomaten umzumünzen. Viele, nicht nur ich, haben Scheu, sich an Umfragen namentlicher Universitäten zu beteiligen, wenn das Sponsoring von Spielstättenunternehmen betrieben wird.
Ich möchte Dir keine Rat-schläge geben, Das Wutschreiben reicht wohl schon, um dieses Forum mit Entsetzen zu verlassen?
Wenn nicht, freue ich mich auf eine Antwort.

noch zwei Dinge: Anfang der 1990er Jahre habe ich an einem Workshop teilgenommen. Dort trat ein Psychotherapeut auf, der sich zu seinem Alkoholismus bekannte. So erzählte er, wie er seine Patienten unter Einwirkung des Stoffs begegnete - und später dann, als Trockener Alkoholiker. Das ist mir unvergeseen.
Wenn Du zur Entspannung vielleicht einen Film sehen möchtest, geh' in die Videothek und besorge Dir den Film: "You kill me" mit Ben Kingsley in der Hauptrolle von Kochmedia-DVD.com - hat mir ein Freund meiner Spieler SHG geschenkt..

Schöne 24 Stunden
Andreas
« Letzte Änderung: 21 April 2015, 12:39:35 von andreasg »
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline Master

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #9 am: 21 April 2015, 11:51:48 »
Huhu Ela, Deine Story ist so heiß, dass ich da mich lieber heraushalten werde, sonst bekomme ich die Angst, wenn ich am 11.05. meinen nächsten Termin beim Psychologen wahrnehme.

Ich habe mich bei meinen Besuchen beim Psychologen immer schon gefragt, warum bei ihm immer die aktuelle ODSET- Sportwetten Zeitschrift ausliegt….
 :D

Ein bissel vom Master gibt es hier trotzdem:

Besonders wenn immer „frische“ Geldmittel vorhanden sind, bekommt die „Sucht“ Nahrung.
 
Dieses war bei mir immer vorhanden, somit kann ich da mitreden.

„Abstinenz erreichen wir nur durch eine Entscheidung…“ (Olli aus dem FORUM)

Ich habe zahlreiche Anläufe gebraucht, um das zu begreifen!

Depressive Stimmungsschwankungen (Zwangserkrankungen) beeinflussen den Suchtgedanken, lassen den Druck immer wieder aufglühen. Hier kann man mit ärztlicher Aufsicht ansetzen, mir hat es nachweislich geholfen.

Nur durch Gameblocker, abgegebenes Geldmanagement usw., ist so ein Ausstieg aus der Sucht definitiv nicht zu schaffen.

Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg! Mario 48 Jahre
 :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D :D

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Offline Master

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #10 am: 21 April 2015, 15:24:15 »
NACHTRAG:

Verschließen kann man sich gegenüber der Wett Welt (Sportwetten, Casinos, Poker usw.) heutzutage nicht, zu groß ist der Einfluss.

Schon morgens, wenn ich die digitale Bild- Zeitung öffne, springt mir die Wettmafia ins noch trockene Auge. (Schlafspuren)

Sofort wieder zumachen & so tun, als ob man nichts gesehen hat, Nein!

Noch ist nichts passiert!

Dann interessiert mich doch die eine oder andere Quote, man hat ja lange Zeit nichts anderes verglichen…

Noch ist nichts passiert!

Aber nun sollte der „Gameblocker“ im gesunden restaurierten Gehirn anspringen!

Sollte dieser gerade „Mittag“ machen, dann ist Schluss mit Lustig…!
 :'(

Ich gebe diesem „Blocker“ seit dem 11.03.2015 zwischendurch so viel Nahrung (Tischlein deck dich), dass er ständig vollgefressen ist und seine Wampe, mir schon manchmal meinen Kopf nach hinten zieht… (was ist ein schlechter Gang, gegen die Befreiung einer Sucht)
 ;D

Trotzdem ist für ihn konsequentes Fitnessverbot von meiner Seite ausgesprochen …!
 ???

Und bitte nicht mit einem manuellen Gameblocker für Medien verwechseln, da könnte man auch „Birnen mit Äpfeln“ vergleichen!

Alles Gute, ma.
 :o :o :o :o :o

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Offline ela46

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #11 am: 21 April 2015, 16:35:18 »
@andreas
Vielen Dank für das Schreiben Deiner Sichtweise!

Ich verstehe das mit der Wut nicht ganz.
Weshalb macht es Dich wütend, wenn ich schreibe, ich arbeite bei einem Träger der Suchtberatung? Nochmal deutlich, ich selbst arbeite nicht mit Klienten, ich bin nur im "Back Office"! D.h. falls es Dich wütend macht, weil Du denkst, in der Suchtberatung sei unqualifiziertes Personal, da selbst betroffen/krank/gefährdet, dann war das ein Missverständnis.

Oder meinst Du, ich solle meinen Job kündigen, da ich als Betroffene meine Arbeit nicht richtig machen könne und damit andere womöglich in Gefahr bringe? Auch das ist nicht korrekt, es sind hier alle sehr zufrieden mit mir, meine Arbeit hat seltsamerweise nie darunter gelitten. Die Klienten würden mich als freundlich/hilfsbereit bezeichnen, ansonsten haben sie mit mir nicht viel zu tun.

Oder macht es Dich wütend, dass ich es trotz beruflichem Background nicht schaffe, mich meinen Kollegen oder Chefs anzuvertrauen? Ich kanns nur so begründen: Ich stehe bei meinem Arbeitgeber in einem Abhängigkeitsverhältnis, ich will das Risiko nicht eingehen, meine einzige Sicherheit die ich noch habe (also eben meinen Job) zu verlieren. Selbst wenn ich weiß, dass die Leute um mich rum Verständnis hätten usw, so bräuchte nur ein einziger dabei zu sein, der es dem Träger (kirchlich) meldet und ich wäre weg. Nicht direkt/ offensichtlich - sondern irgendwie hintenrum. Plötzliche Versetzung ... sowas in der Art. Kannst Du verstehen, dass ich daher lieber heuchle?

Oder habe ich Dich überhaupt nicht verstanden und Du meintest ganz etwas anderes?

@master
auch Dir vielen Dank für Deine Gedanken!
Was den Gameblocker anbelangt, so war das für mich ein Riesenschritt - denn gewußt habe ich von dieser Möglichkeit schon lange - aber ich hatte Angst, wegen der Endgültigkeit.
Zu diesem Thema ist mir heute eingefallen, dass ich - jederzeit eine Deinstallation vornehmen könnte. Ich hab zwar das Passwort (wirre Zahlen/Buchstabenkombi) vernichtet, allerdings kann man sich dieses ja zuschicken lassen. Und für einen kurzen Moment "hüpfte mein Herz" und dachte: Genial, dann hab ich ja, wenn ichs gar nicht mehr aushalte doch noch ne Chance. Dann aber hüpfte mein Hirn (oder so) ... schrie STOP ... und ich löschte sofort meinen E-Mail-Account (den ich für den k9 verwendet hab ... den ich für alle Casinos nutze ... usw).
Nun geht nix mehr :-) Denn es gab keine Sicherheitsfrage und auch sonst nix!

Ja, Leute, die Geldautomaten spielen oder sich in Wettbüros aufhalten haben es da schwerer. 

Für mich war es ein guter Einstieg - denke ich. Dass der Gameblocker im Hirn noch folgen muss, ist logisch. Nur wie das geht, weiß ich noch nicht.

Ich hab Mittag nen Plan gemacht, so ne Art Finanzplan mit allen fixen Ausgaben/Einnahmen ... und wenn ich klarkomme (der Hirngameblocker also anspringt), dann bin ich bis April 16 schuldenfrei. Selbst wenn 150.000 verzockt sind. Ich hab noch eine Chance "ganz normal" leben zu können. Dieser Gedanke, also dass es noch nicht zu spät ist ... der motiviert mich (Vor ein paar Tagen/Wochen dachte ich noch: Jetzt ists eh schon wurscht, was will ich in dem Alter noch ...).

„Abstinenz erreichen wir nur durch eine Entscheidung…“ (Olli aus dem FORUM)
--> Ich habe mich entschieden!
Und genau deshalb werde ich versuchen, mich rund rum abzusichern, mit den Mitteln, die mir halt für mich geeignet erscheinen.

Klingt das zu "sicher"? Zu naiv? Hm ...



« Letzte Änderung: 21 April 2015, 19:53:03 von ela46 »

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Offline Olli

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #12 am: 21 April 2015, 16:50:38 »
Hi Ela!

Mir raucht der Kopf, wenn ich all die Informationen von Dir verarbeiten muss ...  ;D
Prima - weiter so!

Ich kann leider gerade nicht auf Alles eingehen - das sprengt meinen zeitlichen Rahmen.

Wenn ich den Statistiken, die ich auf der letzten Jahrestagung zu hören bekam, Glauben schenken darf, dann sind die im Suchthilfesystem erfassten Klienten wohl eher nicht so intelligent und haben sogar noch einen Migrationshintergrund.
Dies deckt sich mit meiner eigenen Erfahrungswelt überhaupt nicht.
Als aktiver Spieler begegnete ich Menschen aus allen Gesellschaftsschichten.
In den Foren halten sich diejenigen, die des Schreibens nicht so mächtig sind, oftmals zurück.
Da bekomme ich dann z.B. PNs, in denen sich zunächst einmal für die Rechtschreibung entschuldigt wird, bevor das eigentliche Begehren aufgeführt wird.
Werden sie beruhigt und wird ihnen mitgeteilt, dass dies vollkommen schnuppe ist, dann blühen sie auch auf und schreiben sich die Finger wund.  ;D
Gerade den Hochintelligenten aber steht ihre Intelligenz oft im Wege.
Sie versuchen oft selbst für sich eine Lösung zu finden und finden zu schnell "logische" Argumente, wieso etwas gerade für sie nichts ist.

Ich finde aber, dass auf einem Genesungsweg man zuerst einmal "back to the roots" gehen muss.
Dort sind wir alle gleich - wir sind Menschen - haben zwei Arme, zwei Beine ... und und und ...
Wir haben einen Verstand und wir haben Gefühle.
Jeder hat seine eigenen Sorgen und Probleme und jeder meistert sie, so gut er kann.
Unsere Art ist nicht von Grund auf schlecht und jeder versucht auf seine Weise sich gut in unsere sozialen Systeme einzugliedern.

Als ich Deinen ersten Beitrag gelesen hatte, da sah ich oft genug in mein Spiegelbild.

Wie oft gab es in meinem Leben diese Pawlowschen Paradoxien ...
(Ist beschrieben unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Doppelbindungstheorie#Gedankenexperiment:_Das_Pawlowsche_Paradoxon)

Hier ein Auzug:
Zitat
Verbot authentischer Empfindungen[Bearbeiten]

Beispiel 1:
„Wie kannst du bloß unglücklich sein. Haben wir dir nicht alles gegeben, was du willst? Wie kannst du nur so undankbar sein, dass du sagst, du bist unglücklich, nach allem, was wir für dich getan haben, nach all den Opfern, die für dich gebracht worden sind?“Decodiert heißt dies: „Du hast nicht die Erlaubnis, dich unglücklich zu fühlen, weil wir es nicht so wollen; wenn du dich unglücklich fühlen willst, dann fühle dich auch schuldig dabei.“Das Bemühen des Sohnes, der Erwartungshaltung seiner autoritären Eltern zu entsprechen, hat ihn unglücklich gemacht. Die Eltern sind nun uneinsichtig und nicht bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Sie machen den Sohn dafür verantwortlich, indem sie sein Unglücklichsein als Rebellion aus Undank interpretieren und nicht als psychische Verfallserscheinung: „Er ist nur unglücklich, weil er uns ärgern will!“Der Sohn kann sein Unglücklichsein im Sinne einer Anpassung an seine Eltern nur verdrängen, wenn er seine Lebenserfahrungen und somit einen Bestandteil seiner Persönlichkeit verleugnet. Anpassungsdruck und Autoritätsdominanz sind also sehr hoch.

Das könnte aus meinem (nicht existierenden) Tagebuch stammen ...  ;D

Muss leider aufhören und noch ein wenig arbeiten ...
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline Master

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #13 am: 21 April 2015, 16:57:14 »
Huhu Ela, also wenn ich mich kurz noch mal melden darf, also ein funktionierender „Hirngameblocker“ nach so kurzer Zeit, unvorstellbar!
 ???

Das ist meine persönliche Meinung, mal sehen, wie die Experten das beurteilen…

Übrigens war ich nie in einer Spielhalle oder in einem Wettbüro, sowie Casino,  nur Neue Medien!

Lg ma.
 ::) ::) ::) ::) ::) ::) ::) ::) ::) ::) ::)

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Offline ela46

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Re: ich möchte, dass es endlich vorbei ist ...
« Antwort #14 am: 21 April 2015, 17:11:35 »
@olaf
dankeeeeeeeeeeeee!
Das wird meine heutige Abendlektüre!
Hat mich gleich gepackt...

@master
neue Medien? Also Internet? Dann versteh ich nicht, warum Du den Gameblocker in Frage stellst?
Und wg. des Hirngameblockers, vielleicht installiert sich dieser nicht innerhalb so kurzer Zeit, ich könnt jedoch schon die Rahmenbedingungen schaffen, dass wenn es so weit ist, er sich "andocken" kann. :-D

Mein täglicher "Kampf" fand zwischen 16.00 und 18.00 Uhr statt. Das ist die Zeit in der ich üblicherweise nach Hause gehe und an drei Tankstellen vorbeikomme, wo ich besagte Paysafecards kaufen kann. Bis dahin ... war ich felsenfest davon überzeugt, heute nichts einzuzahlen, keine Aufladekarte zu holen. Es ging nicht. Ich dachte nur an 10 Euro oder so. Dann kämpfte es in mir weiter: "10 Euro, was für ein quatsch, da brauchst gleich gar nicht spielen, wenn dann schon 50 Euro ... obwohl, es sind gerade noch 100 Euro drauf, dann heb ich die einfach ganz ab, dann hab ich ne reelle Chande die 150.000 wieder reinzuholen (höhöhö). Es wiederholte sich Tag für Tag und nicht ein einziges Mal konnte ich widerstehen. Weil ich den Zustand nicht aushielt, zuhause zu sein, Zeit zu haben, den PC anzuhaben und nicht zu spielen! Es war nicht möglich, ich fing direkt an zu zittern, bekam nen Kloß imn Hals, mir wurde fast schlecht bei dem Gedanken, dass ich die Möglichkeit hätte, aber es nicht tue!

UND JETZT HABE ICH KEINE MÖGLICHKEIT!!! Das ist schön. Finde ich.

 

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